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Martinchen

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Falsche Erwartung

Der falsche Vogel
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Die Rezension bezieht sich auf die englische Ausgabe.
Freya Lockwood hat sich 20 Jahre lang geweigert, den Ort zu besuchen, wo sie aufgewachsen ist. Als ihr Mentor und Antiquitätenhändler Arthur Crockleford ...

Die Rezension bezieht sich auf die englische Ausgabe.
Freya Lockwood hat sich 20 Jahre lang geweigert, den Ort zu besuchen, wo sie aufgewachsen ist. Als ihr Mentor und Antiquitätenhändler Arthur Crockleford unter mysteriösen Umständen stirbt, kehrt sie zurück und versucht den Täter zu finden. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Tante Carole.

Angekündigt wurde dieser Krimi als in der Nachfolge Miss Marple stehend, was mich neugierig gemacht hat, so dass ich um eine Exemplar für eine Leserunde beworben habe. Mit diesem Hinweis hatte ich eine hohe Erwartungshaltung, die, um es vorweg zu nehmen, nicht erfüllt wurde, vielleicht auch nicht erfüllt werden konnte.

Es ist der erste Krimi von C.L. Miller, eine Fortsetzung ist bereits erschienen. Die Autorin kennt sich in Antiquitäten aus, so dass im Laufe der Geschichte viele interessant Informationen dazu zu finden sind. Insbesondere von den Keramiken der Martin Brothers hatte ich noch nie etwas gehört.
Arthur Crocklewood, bei dessen Tod die Polizei an einen Unfall glaubt, ist immer präsent, wird doch jedes Kapitel mit einer seiner Lebensweisheiten begonnen. Sie enthalten viel Wahres und haben Bezüge zum Inhalt des jeweiligen Kapitels.

Die Protagonisten sind gut vorstellbar beschrieben, insbesondere Aunt Carole hat mir ausgesprochen gut gefallen, eine Seele von Mensch, aber immer eine Spur zu dick auftragend. Das jedoch führt zu köstlichen Szenen, mal ganz abgesehen von den Kupplungsversuchen, mit denen sie ihre Nichte traktiert. Freya, eben diese Nichte, erscheint mit unglaubwürdig. Sie hat nach ihrer Ehe und Scheidung überhaupt kein Selbstbewusstsein, kann jedoch den Spuren, die Arthur gelegt hat nicht widerstehen und verwandelt sich innerhalb weniger Tage in eine taffe und selbstbewusste Frau, die völlig angstfrei die Ungeheuerlichkeiten aufdeckt. Auch gibt es einige Ungereimtheiten, die mich jedoch nicht gestört haben.
Am Ende bleiben offene Fragen, die geschickt auf den zweiten Band hindeuten.

Die englische Ausgabe ist gut verständlich, auch wenn man länger kein englisches Buch gelesen hat.

Gelungen finde ich auch das Cover mit Prägung und dem Lupengriff, der einen Bezug zum Inhalt hat.

Die Bewertung ist mir nicht leicht gefallen. Ich habe mehr erwartet, habe mich auf der anderen Seite gut unterhalten gefühlt und einiges über Antiquitäten gelernt. Es hat mir Spaß gemacht, mal wieder ein Buch in der Originalsprache zu lesen.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Zerstörte Leben

Das Schweigen des Wassers
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Anfang der 90er Jahre wird Hauptkommissar Groth aus Hamburg zurück in seine Heimatstadt Wechtershagen in Mecklenburg geschickt. Sein erster Fall ist der Bootsverleiher, der aus dem See gezogen wird. Selbstmord? ...

Anfang der 90er Jahre wird Hauptkommissar Groth aus Hamburg zurück in seine Heimatstadt Wechtershagen in Mecklenburg geschickt. Sein erster Fall ist der Bootsverleiher, der aus dem See gezogen wird. Selbstmord? Groth glaubt nicht daran und ermittelt gegen alle Widerstände.

Susanne Tägders Debütroman wurde von einem realen Fall inspiriert. Das auffällige Cover und die Inhaltsangabe haben mich neugierig gemacht.

Es ist ein düsterer Krimi, den die Autorin vorlegt. Sie beschreibt die Atmosphäre Anfang der 90er sehr genau. Alles wirkt irgendwie hoffnungslos: das Kommissariat, Groths noch nicht renovierte Wohnung, die Gaststätte am See. Alle Charaktere haben eine Vergangenheit, die sie nicht loslässt und sich auf die Gegenwart auswirkt. Sie stehen in Zusammenhang mit dem Tod des Bootsverleihers Eck, der zehn Jahre zuvor wegen Mordes an der jungen Jutta Timm angeklagt wurde, aber freigesprochen wurde. Da ist Juttas Schwester Regina, die keine Ruhe findet, da ist Groths Kollege Gerstacker, der von dem Fall abgezogen wurde und einige Geheimnisse hütet. Da ist der Lokalreporter Hennemann, der mehr von Regina weiß als ihr lieb ist. Und natürlich Hauptkommissar Groth, der sich auf seine Intuition verlässt, was zu seiner Versetzung geführt hat. Trotz seiner Verletzungen ist er empathisch und bleibt es auch.
Die ostdeutschen Kollegen beäugen Groth misstrauisch und lassen ihn außen vor. Sein Kollege Gerstacker erkennt dann jedoch, dass es Groth darum geht, herauszufinden, was geschehen ist. Sie ergänzen sich auf eine gute Weise, insbesondere als ihr Vorgesetzter den Fall zu den Akten legen will.
Jeder einzelne ist gut und authentisch beschrieben. Die Schicksalsschläge der Charaktere und ihre Folgen sind nachvollziehbar, insbesondere, je mehr über sie erzählt wird.


Fazit: ein ruhiger, melancholischer, sehr eindringlicher Kriminalroman


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Veröffentlicht am 17.02.2024

Klassisches Krimi-Lesevergnügen

Mit dem Schnee kommt der Tod
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Cornwall1938: Ermittler Archie Penrose wird zum Weihnachtsfest auf St. Michael's Mount, eine kleine Insel vor der Küste Cornwalls, eingeladen. Die Gastgeberin möchte jüdischen Kindern die Flucht aus Deutschland ...

Cornwall1938: Ermittler Archie Penrose wird zum Weihnachtsfest auf St. Michael's Mount, eine kleine Insel vor der Küste Cornwalls, eingeladen. Die Gastgeberin möchte jüdischen Kindern die Flucht aus Deutschland ermöglichen und hat aus diesem Grund ihr Haus zahlenden Gästen geöffnet.
Die Insel wird durch einen Schneesturm vom Festland abgeschnitten, dann werden zwei Tote entdeckt.

Nicola Upson ist nicht die erste Autorin, die ein solches Setting als Ausgangspunkt für die Ermittlungen nimmt. Eine besondere Idee macht den Unterschied, denn nicht nur Marlene Dietrich, sondern auch die Gastgeberin Hilaria St. Aubyn und Josephine Tey, Krimiautorin und gute Bekannte von Archie Penrose waren reale Persönlichkeiten. Damit scheiden jedoch schon mal einige Figuren aus dem Kreis der Verdächtigen aus.

Die Autorin schreibt einen flüssigen Stil und hält die Spannung hoch, so dass man das Buch nicht aus der Hand legen möchte. Natürlich gibt es Hinweise und falsche Spuren, Spannungsträger ist aber auch die Frage, was die Geschehnisse des im Jahr 1920 angesiedelten Prologs mit den Morden zu tun haben.

Fazit: ein klassischer Krimi für gemütliche Lesestunden

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Beginn einer Trilogie

Der Bär und die Nachtigall
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Meine Erwartungen an diesen gehypten Roman konnten nicht erfüllt werden, vielleicht waren sie zu hoch.

Sehr langsam, sehr ausführlich erzählt Katherine Arden die Geschichte von Wasja, einem wilden und ...

Meine Erwartungen an diesen gehypten Roman konnten nicht erfüllt werden, vielleicht waren sie zu hoch.

Sehr langsam, sehr ausführlich erzählt Katherine Arden die Geschichte von Wasja, einem wilden und unangepassten Mädchen, später junge Frau, die ihren Weg sucht. Sie liebt die verbotenen Geschichten der Amme Dunja, die von Zauberei, magischen Wesen und den Winterkönig erzählt. Doch sind es alles Märchen oder gibt es doch etwas Geheimnisvolles in den dunklen Wäldern im Norden von Rus? Wasja sieht und spürt die Geister.

Der Roman ist inspiriert von den alten Märchen und Mythen, die die Autorin in die Geschichte hineinwebt. Vieles wird nicht ausgesprochen, sondern lässt sich nur erahnen oder zwischen den Zeilen lesen, vor allem die Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen. Das gilt aber auch für den jungen, attraktiven und redegewandten Priester, der dem Gehorsamsgelübde verpflichtet ist.

Die Charaktere werden lebendig beschrieben, ebenso wie das Setting, das mir so manchen Schauer über den Rücken laufen ließ.

Fazit: ein Buch für alle, die Märchen und Mythen lieben, ein Buch für die dunkle Jahreszeit

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Der Kopf der Königin

Das Lächeln der Königin
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Das Debüt der als Übersetzerin bekannten Autorin Stefanie Gerhold bewegt sich zwischen Roman und Sachbuch. Sie verwebt die Fakten um den Fund und die Reise der Büste der Königin Nofretete mit Teilen der ...

Das Debüt der als Übersetzerin bekannten Autorin Stefanie Gerhold bewegt sich zwischen Roman und Sachbuch. Sie verwebt die Fakten um den Fund und die Reise der Büste der Königin Nofretete mit Teilen der Biographie des Mäzens James Simon, der seinen Reichtum für soziales Engagement und die Förderung der Kunst und insbesondere der Grabungen in Ägypten nutzte.

Der Roman umfasst die Zeit von 1912, als Ludwig Borchardt bei seinen, von Simon geförderten Grabungen u.a. die schöne Königin findet bis etwa 1930, als der Streit um das Eigentum an der Büste auf dem Höhepunkt ist und auch Ludwig Borchardt persönlich angegriffen wird, ein Zeitabschnitt, der Kaiserreich, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik mit Weltwirtschaftskrise und das Aufkommen des Nationalsozialismus umfasst.

Stefanie Gerhold beschreibt die Zeit Anfang des letzten Jahrhunderts sehr lebendig. Ihr ausgezeichnet recherchierter Roman lässt die fiktiven Passagen sehr lebensnah wirken. Vor allem wird der immer vorhandene Antisemitismus an vielen Stellen deutlich sichtbar, ohne direkt angesprochen zu werden. Ihr Schreibstil erscheint eher sachlich, transportiert jedoch an vielen Stellen Gefühle, die zur damaligen Zeit nicht unbedingt öffentlich gezeigt wurden. Der Besuch bei James Simons Schwester etwa oder insbesondere die erste Begegnung von James Simon mit der Büste der Nofretete. Sehr detailliert ist die schöne Königin beschrieben, auch die Beschädigungen, die sie erleiden musste.

In weiten Teilen steht der Mäzen Simon im Vordergrund, ein Mann, der viel Gutes für Berlin getan hat, am Ende aber allein und vergessen stirbt. Über Ludwig Borchardt, der für die Ausgrabungen lebte und alles daran setzte, diese fortzusetzen, hätte ich gern noch mehr erfahren. Das weitere Schicksal der Büste der Nofretete wird im Epilog erzählt und rundet so den Roman ab.

Das Coverbild, ein Foto eines verregneten Tages der damaligen Zeit, sehe ich als Sinnbild für den Roman. Das schöne Detail des Büstenprofils im Titel ist sehr gelungen.

Fazit: ein sehr gut recherchierter Roman

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