Profilbild von Magdas_buecherwelt

Magdas_buecherwelt

Lesejury Profi
offline

Magdas_buecherwelt ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magdas_buecherwelt über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2024

Nichts für Zartbesaitete

Und Großvater atmete mit den Wellen
0

Da mir „Als Großmutter im Regen tanzte“ sehr gut gefallen hat, habe ich mich sehr auf die Geschichte des Großvaters gefreut.
Asien, 1943: In der ganzen Welt herrscht Krieg. Die beiden Norweger Konrad und ...

Da mir „Als Großmutter im Regen tanzte“ sehr gut gefallen hat, habe ich mich sehr auf die Geschichte des Großvaters gefreut.
Asien, 1943: In der ganzen Welt herrscht Krieg. Die beiden Norweger Konrad und Sverre fahren zur See und arbeiten auf einem Handelsschiff im Indischen Ozean. Ihr Schiff wird von einem japanischen U-Boot torpediert, Sverre gerät in japanische Gefangenschaft, Konrad schafft es, mit einem Rettungsboot zu entkommen. Nach 19 Tagen Überlebenskampf wird er von einem japanischen Boot gerettet und ins Krankenhaus auf die indonesische Insel Java gebracht. Die norwegische Krankenschwester Sigrid pflegt ihn wieder gesund. Sie lebt mit ihren Eltern und der kleinen Schwester Ingerid seit vielen Jahren in Indonesien. Als Java von den Japanern besetzt wird, werden alle Europäer in Internierungslager geschickt. Konrad, Sigrids Vaters und ihre Mutter mit den beiden Töchtern leben von nun an in verschiedenen Lagern. Ein weiterer Überlebenskampf beginnt, sie bekommen sehr wenig zu essen, müssen zwölf Stunden täglich hart arbeiten, kleinste Vergehen wie Schwarzmarkthandel oder das Rauchen werden sehr hart bestraft. Eine Frau wird über Nacht in ein Erdverlies gesperrt, ohne Wasser und Nahrung, eine andere muss stundenlang in der prallen Sonne stehen, ebenfalls ohne einen Schluck Wasser, die Strafen, die Sigrid und Agatha auf sich nehmen mussten, sind furchtbar grausam und unmenschlich.
Der Großteil des Romans spielt im Lager. Das Leben im Internierungslager ist mit dem in einem Konzentrationslager vergleichbar, das Vorgehen der Japaner gleicht dem der Nazis. Sehr oft musste ich schlucken und mir kamen die Tränen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Erlebnisse und Geschichten auf wahren Begebenheiten beruhen. So diente das Tagebuch einer Krankenschwester und Heilsarmeeoffizierin als Nachschlagewerk, und die Autorin hat aus Gesprächen mit einem Psychiater und Sanitätskapitän viel über den Krieg in Asien, die damaligen Krankheiten und Traumata erfahren.
Die Geschichte von Konrad und Sigrid wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Es ist mir wieder bewusst geworden, was Menschen im Krieg ertragen müssen, und dass diese Erlebnisse sie bis an ihr Lebensende in ihren Albträumen begleiten.
Ein weiterer großartiger Roman von Trude Teige, den ich allen Leser*Innen von historischen Romanen empfehle, wobei diese harte Kost nichts für zartbesaitete Gemüter ist. Triggerwarnung: (sexualisierte) Gewalt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.03.2024

Eine Journalistin in einer Düsseldorfer Zeitungsredaktion in den 1950er Jahren

Neue Zeiten auf der Kö – Die Journalistin
0

Düsseldorf, 1950: Die 20jährige Eva ist mit Konditormeister Gert verlobt. Ihr Vater arbeitet als Übersetzer für die Briten und trauert dem Nationalsozialismus nach. Das Foto, auf dem Eva als 4jährige Hitler ...

Düsseldorf, 1950: Die 20jährige Eva ist mit Konditormeister Gert verlobt. Ihr Vater arbeitet als Übersetzer für die Briten und trauert dem Nationalsozialismus nach. Das Foto, auf dem Eva als 4jährige Hitler einen Blumenstrauß überreicht, ist sein größter Stolz – und Evas größte Schande. Sie möchte wie ihr verstorbener Großvater Journalistin werden, doch ihr Vater drängt sie zu einer Ausbildung als Kinderpflegerin.
In der Berufsschule verliebt sie sich in ihren Politiklehrer Johann Winkler, der ihre Zuneigung erwidert. Da eine Verbindung zwischen einem Lehrer und seiner Schülerin undenkbar ist, beschließt Eva, die Ausbildung abzubrechen.
Es braucht mehrere Anläufe, bis sie ein Volontariat bei den Düsseldorfer Nachrichten machen darf. Beim ersten Vorstellungsgespräch bekommt sie vom Chefredakteur zu hören: „Die Männer der Stadt brauchen die Arbeit, um ihre Familien zu ernähren. Für Frauen ist in der Redaktion kein Platz.“
Es stört Eva, dass ihre Familie viele Geheimnisse vor ihr hat. Sie weiß nicht, was ihr Vater im Krieg gemacht hat, und warum drängt er sie so, den Sohn seines Freundes zu heiraten? Was tut ihre Mutter einmal im Jahr auf dem Friedhof?
Als Evas Bruder Kurt traumatisiert aus Kriegsgefangenschaft heimkehrt, hat ihr Vater kein Verständnis für seinen Sohn, er soll arbeiten gehen anstatt seine Wunden zu lecken. Nur Großmutter Ida versteht, was Kurt durchmacht, da auch ihren Mann schlimme Erlebnisse im Krieg geprägt haben.
Evas beste Freundin Helga bekommt ein Kind von einem Briten. Als Eva Helgas Leben mit einem Baby hautnah miterlebt, beschließt sie, das Kinderkriegen auf später zu verlegen und sich zunächst auf eine Karriere bei der Zeitung zu konzentrieren. Doch wird Johann einer Berufstätigkeit seiner Frau zustimmen?
Ein wunderbarer historischer Roman mit viel Düsseldorfer Lokalkolorit. Mit Eva hat die Autorin eine starke und mutige Frauenfigur geschaffen, die sich in der damals komplett von Männern beherrschten Zeitungsdomäne durchsetzt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd. Ich empfehle den Roman allen Leser*Innen von historischen Romanen und denjenigen, die Düsseldorf kennen und lieben, da sie viele Orte und Straßen wiedererkennen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.03.2024

Eine Familie in Deutschland zwischen 1914 und 1945

Für immer, dein August (Mühlbach-Saga 2)
0

Bei „Für Immer, dein August“ handelt es sich um die Fortsetzung der Geschichte der Urgroßeltern und Großeltern der Autorin. Der zweite Teil steht dem ersten „In Liebe, deine Lina“ in nichts nach und konnte ...

Bei „Für Immer, dein August“ handelt es sich um die Fortsetzung der Geschichte der Urgroßeltern und Großeltern der Autorin. Der zweite Teil steht dem ersten „In Liebe, deine Lina“ in nichts nach und konnte mich genauso begeistert. Ich empfehle, den ersten Teil zuerst zu lesen, um sich auf das Wiedersehen mit vielen Bekannten zu freuen.
Der Roman beginnt 1914 mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. August ist zu der Zeit mit anderen Musikanten auf einer Tournee durch England und gerät in Kriegsgefangenschaft. Die Gefangenschaft nutzt er, um Englisch zu lernen, indem er Tom Sawyer liest und die deutsche und englische Ausgabe Satz für Satz vergleicht. Was für eine fabelhafte Idee! Er freut sich immer besonders auf die Briefe von Lotte, seiner Kindheitsfreundin. Lotte lebt mit ihrer Familie in Bremen und ist in Mühlbach nur selten zu Besuch, es ist die alte Heimat ihrer Eltern. Lotte liebt ihr Leben In Bremen, sie genießt die häufigen Besuche im Theater und in der Oper und hat viele Freunde und Freundinnen. Doch dann kommt alles anders, und Lotte zieht zu August nach Mühlbach.
In Mühlbach bleibt sie für die meisten das „Bankert“, die Dorfbewohner haben nicht vergessen, dass sie unehelich geboren wurde. Auch August wird von vielen schief angesehen, da er nicht im Krieg gekämpft hat. Nichtsdestotrotz finden Lotte und Albert im Dorf viele Freunde, von denen einige jüdischer Abstammung sind. Entsetzt müssen sie die Machtergreifung der Nazis und deren gewaltsames Vorgehen gegen Juden miterleben. Doch es gibt ein Projekt, dass die Mühlbacher zusammenschweißt, sie bauen zusammen eine Kirche. Die Einweihung der neuen Kirchenglocken wird groß gefeiert.
Als der zweite Weltkrieg ausbricht, läuten die Glocken immer dann, wenn wieder ein Mühlbacher gefallen ist. Lotte und August leben in ständiger Angst um ihren Sohn Walter, der bei der Marine ist. Tochter Martha muss fern der Heimat den Reichsarbeitsdienst absolvieren.
In dem Roman erfahren wir sehr viel über das Leben deutscher Familien in und zwischen den Weltkriegen, das Leben in einem kleinen Dorf in der Pfalz und das in der Großstadt Bremen. Lottes Herz hängt an Bremen, sie vermisst ihre Eltern und Geschwister. Die Nazis treiben ihr Unwesen in ganz Deutschland und haben auch in Mühlbach glühende Anhänger. In einigen kurzen Kapiteln erfahren wir, was mit Lottes Bremer und Mühlbacher jüdischen FreundInnen passiert ist, die deportiert wurden.
Ich mag den flüssigen und emotionalen Schreibstil der Autorin sehr und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Protagonist
Innen sind sympathisch und authentisch, eine Familie, die man einfach gernhaben muss. Von mir eine große Leseempfehlung für Leser*Innen von historischen Romanen und allen, die sich für die deutsche Geschichte in und zwischen den Weltkriegen interessieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.03.2024

Drei starke Frauen rund um die Frauenkirche in Dresden

Schicksalsjahre. Die Frauen vom Neumarkt
0

Da ich bereits Die Freundinnen vom Strandbad der Autorin mit großer Begeisterung gelesen habe, habe ich mich sehr auf ihr neues Buch gefreut.
Der Roman spielt in Dresden auf zwei Zeitebenen. Die Protagonistinnen ...

Da ich bereits Die Freundinnen vom Strandbad der Autorin mit großer Begeisterung gelesen habe, habe ich mich sehr auf ihr neues Buch gefreut.
Der Roman spielt in Dresden auf zwei Zeitebenen. Die Protagonistinnen sind Lotte, Marlene und Hanna.
1947: Die 24jährige Lotte lebt mit ihrer Tante Viktoria im zerstörten Dresden. Ihre Tante hat sie bei sich aufgenommen, nachdem Lottes Eltern gestorben sind. Vor dem Krieg besaßen ihr Mann und sie das mondäne Hotel Elbflorenz. Um ihre Tante und sich selbst durchzubringen, arbeitet Lotte als Bauhilfsarbeiterin, im Volksmund Trümmerweib. Das Enttrümmern ist Schwerstarbeit, umso mehr genießt Lotte die kurzen Pausen mit ihren Kolleginnen Susi, Kerstin, Gudrun und Carola. Eines Tages sieht sie einen Mann, der über die Brüstung der Augustusbrücke in die Elbe springen will. Sie schafft es, ihn vom Selbstmord abzubringen und nimmt ihn mit nach Hause. Erst einige Zeit später erfährt sie, dass er Jakob Sternlieb heißt und Jude ist. Jakob hat das KZ überlebt, seine Frau Marietta hat es nicht geschafft. Jakob bekommt eine Arbeit auf der Baustelle, auf der auch Lotte und ihre Freundinnen arbeiten.
Während Jakob Marietta nicht vergessen kann, beherrscht Leo Lottes Gedanken und ihr Herz. Leo war ihre erste große Liebe und wie Jakob jüdischer Abstammung. Seit Kriegsbeginn hatte Lotte ihn nicht mehr gesehen.
1993: Hannah hat soeben ihr Architekturstudium abgeschlossen und arbeitet am Wiederaufbau der Frauenkirche, die bei einem Bombenangriff vollständig zerstört wurde. Sie ist in Malte Schumann verliebt, den Stardirigenten der Semperoper und fällt aus allen Wolken, als sie aus einem Zeitungsartikel erfährt, dass er verheiratet ist. Am Tag, an dem sie von Maltes Ehefrau erfährt, lernt sie Harry, einen jungen Engländer, kennen. Harrys Vater war einer der britischen Flieger, die am 13. Februar 1945 Dresden bombardiert haben. Als ausgebildeter Steinmetz möchte er im Zuge von Versöhnung und Wiedergutmachung beim Wiederaufbau der Frauenkirche mitarbeiten und die Arbeit der Steinmetze unterstützen.
Hannahs Mutter Marlene kandidiert als Bürgermeisterin, sie hat Hannah sehr früh bekommen und allein aufgezogen. Seit Jahren hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter Lotte, gegen die sie schwere Vorwürfe erhebt.
Was für ein wunderbarer, packender und emotionaler Roman! Von Lottes Erlebnissen war ich zu Tränen gerührt. Eine Frau, der ihre große Liebe zweimal wieder genommen wurde, und die daran fast zerbrochen ist. Ich habe sehr viel über Dresden, die Frauenkirche und den Wiederaufbau nach der Wende erfahren, aber auch über den unmittelbar nach dem Krieg in der DDR herrschenden Antisemitismus. Jakobs Geschichte basiert auf wahren Erlebnissen von Juden in der DDR, die in Folge einer antisemitischen Hetzkampagne aus der DDR fliehen mussten. In dem Roman kommen auch historische Persönlichkeiten vor, wie Torsten Remus, Hannahs Kollege, der am Wiederaufbau der Frauenkirche gearbeitet hat.
Ich empfehle den Roman allen, die gern historische Romane lesen, die in der ehemaligen DDR spielen und ganz besonders denjenigen, die Dresden kennen und lieben, da sie bestimmt viel Neues erfahren, aber auch einiges wiedererkennen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.03.2024

Der Jahrhundertwinter 1946/47 in Köln

Trümmermädchen
0

Nach Sturmmädchen und Findelmädchen habe ich jetzt auch das dritte (bzw. für mich das dritte, für die Autorin das erste) Buch von Lilly Bernstein gelesen. Es hat mich genauso begeistert wie die anderen ...

Nach Sturmmädchen und Findelmädchen habe ich jetzt auch das dritte (bzw. für mich das dritte, für die Autorin das erste) Buch von Lilly Bernstein gelesen. Es hat mich genauso begeistert wie die anderen beiden Bücher.
Köln, 1941: Marie ist mit Bäckermeister Matthias sehr glücklich verheiratet. Als Matthias an die Front muss, betreibt sie die Bäckerei allein mit Hilfe ihrer Tochter Anna. Während eines Bombenangriffs bringt Marie im Bunker ihren Sohn Karl zur Welt.
Anna verliebt sich in Joseph, der der Bäckerei als polnischer Kriegsgefangener zugeteilt wurde. Aufgrund einer böswilligen Verleumdung verliert Marie die Bäckerei und muss schauen, wie sie sich und ihre beiden Kinder durchbringt. Sie bekommt eine Stelle in einer Bäckerei, in der sie ausgebeutet wird und bis zum Umfallen schuften muss. Der Bäckermeister stellt ihr und Anna nach, bis es im Mehlraum zum Übergriff kommt.
Anna schließt sich einer Gruppe von Kindern an, die Kohle von vorbeifahrenden Zügen stehlen und auf dem Schwarzmarkt gegen Lebensmittel und Dinge, die sie zum Leben brauchen, eintauschen. Der kleine Karl ist mit seinen vier Jahren auch mit Feuereifer dabei. Helga ist eins der Kinder, mit denen Anna zusammenarbeitet, sie ist die Protagonistin im Buch „Findelmädchen“.
Lilly Bernstein hat mich ins Nachkriegs-Köln versetzt, sie hat den Jahrhundertwinter 1946/47 authentisch dargestellt, Medikamente wie Penicillin waren unbezahlbar, weswegen viele Menschen an der weißen Pest bzw. Tuberkulose gestorben sind.
Ich habe mit den frierenden und hungernden Menschen gelitten und gehofft, dass Marie die Bäckerei wiederbekommt und Matthias vom Krieg heimkehrt. Ein fesselnder und emotionaler historischer Roman, der mich an manchen Stellen zu Tränen gerührt hat und den ich sehr gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere