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Veröffentlicht am 04.05.2024

Knaller-Ende

Die Verlierer
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Niemand glaubt Fred Keller so wirklich, dass seine Frau im Urlaub verschwunden ist, zumal er sie erst bei seiner Rückkehr als vermisst gemeldet hat. Dass auch sein Stiefsohn nicht auffindbar ist und dieser ...

Niemand glaubt Fred Keller so wirklich, dass seine Frau im Urlaub verschwunden ist, zumal er sie erst bei seiner Rückkehr als vermisst gemeldet hat. Dass auch sein Stiefsohn nicht auffindbar ist und dieser zu seinem Onkel gesagt hat, dass er Fred zutraut, ihn und seine Mutter im Urlaub verschwinden zu lassen und abzukassieren, weil Kirsten Keller vermögend ist, macht es nicht besser. Dennoch kämpft Rita Voss auf verlorenem Posten. Ihr neuer Vorgesetzter lässt sich nicht von einem möglichen Doppelmord überzeugen. Und dann entdeckt Rita, dass noch mehr Frauen verschwunden sind.

Es ist schwierig, zu beschreiben, was die Story ausmacht. Es ist kein Krimi, kein Thriller, aber dennoch nicht spannungslos. Die Ermittlungen sind eigentlich Nebensache. Viel schwerwiegender ist die Erzählung von Carli. Da ahnt man schnell, wer die Verlierer sind und welche Wunden unheilbar bleiben bzw. geblieben sind. Auch ahnt man, dass Carli kein netter Mensch ist. Doch am Ende staunt man Bauklötze! Und das hat Petra Hammesfahr so genial eingefädelt, dass man ihr größten Respekt zollen muss. Dieser Kniff wirft auf die Geschichte ein völlig anderes Licht und verleitet dazu, das Ganze gleich noch einmal zu lesen bzw. zu hören. Mir gefällt das sehr gut!

Die Story hat etwas Beängstigendes, aber auch eine Prise Humor. Erzählt wurde sie mit großem Können. Man ahnt schlicht und ergreifend nicht, worauf es hinausläuft und das ist einfach großartig. Dazu braucht die Autorin weder ausführlich geschilderte Gewaltszenen noch literweise Blut. Das funktioniert subtil ganz großartig! Der Leser bzw. Hörer bekommt sein Klischeedenken geradezu vorgehalten, wie leicht man Vorurteile bildet und Dinge für gegeben hinnimmt, ohne wirklich zu wissen, ob das so denn stimmt. Das macht es dann auch so herrlich schwer, Rita Voss in ihrer Überzeugung zu unterstützen und damit gegen ihren Vorgesetzten zu sein, obwohl man auch nicht wirklich seiner Ansicht sein mag. Man tappst bis zum Schluss im Dunkeln, obwohl die Erklärung so einfach und naheliegend ist. Einfach bestens gelungen!

Frank Stieren zuzuhören hat wieder mal eine sehr große Freude gemacht. Die Wahl, ihn als Sprecher einzusetzen, war genau richtig. So ist eine erstklassige Geschichte perfekt erzählt worden. Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Monster der anderen Art

Holly
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Holly Gibney ist Privatermittlerin. Zusammen mit Pete Huntley führt sie Finders Keepers. Pete ist durch Corona vorerst außer Gefecht und Holly durch den Tod ihrer gern mal schwierigen Mutter in einer Lebenskrise. ...

Holly Gibney ist Privatermittlerin. Zusammen mit Pete Huntley führt sie Finders Keepers. Pete ist durch Corona vorerst außer Gefecht und Holly durch den Tod ihrer gern mal schwierigen Mutter in einer Lebenskrise. Da taucht die Mutter von Bonnie Dahl auf. Da die Polizei sich nicht veranlasst fühlt, Bonnie zu suchen, die seit drei Wochen unauffindbar ist, beauftragt sie Holly. Die entdeckt schnell erschreckende Hinweise und Zusammenhänge. Doch ahnt sie nicht, wie schlimm es wirklich ist!

Stephen King hat sich im Laufe seiner Schriftstellerkarriere stets weiterentwickelt und immer wieder selbst neu erfunden. King führt uns zunächst, wie er das gern macht, ganz sanft und locker in die Geschichte ein. Holly kennt und mag man als Dauerleser bereits sehr. Kein Wunder also, dass man besonders stark mit ihr fühlt und uneingeschränkt hinter ihr steht. Nach und nach merkt man, dass man auch Bonnie besonders mag. Das hat King auch gut eingefädelt. Sie schreibt! Zwar keine Romane, Thriller oder Horrorstorys, dafür aber Gedichte. Und hier muss man fast ein wenig schmunzeln. Kennt man doch die Probleme, die Schreibende bei King immer mal haben. Gleichzeitig aber ahnt man auch genau deshalb, dass das nicht gut enden kann.

Durch die Zeitwechsel erfährt der Leser immer mehr und bekommt einzelne Puzzleteile in die Hand, die sich schnell und sauber zu einem klaren Bild zusammenfügen lassen. Und dieses Bild ist nicht sehr hübsch anzusehen, sondern zeigt, wohin der Wahnsinn Menschen führen kann. Subtil aber klar zeigt King, wie blind das Umfeld sein kann, wenn die Menschen einfach nur sehen, was sie sehen wollen und damit ihre persönlichen Klischeevorstellungen als Fakt nehmen. Auch sind die aktuellen zeitgeschichtlichen Geschehnisse und dazugehörenden Gedanken, Gespräche und Handlungen sehr stimmig eingearbeitet. So wird das Geschehen noch realer.

Mir gefällt sehr gut, dass man von Anfang an weiß, wer hinter allem steckt, auch die Gründe sind recht klar. Es geht also um die Unfassbarkeit der Sache, auch der Tatsache, dass niemand Verdacht schöpfte und eben dem Fehlverhalten der Polizei. Selbst Holly wird von der Polizei nicht ernst genommen und gerät allein schon durch ihre Hautfarbe in Gefahr. Auch das ist eines der vielen akuten Themen im Buch. Keins davon wird intensiv ausgeführt, aber immer wieder dem Leser unter die Nase gerieben, damit dieser selbst die hoffentlich richtigen Schlüsse ziehen kann. King nimmt Stellung? Klar! King sagt seine Meinung? Aber sicher doch! So kennen seine Fans ihn und wer damit nicht klarkommt, nur weil er selbst eine andere Sichtweise hat, der kann sich hier wunderbar aufreiben.

Das Buch strengt an, eindeutig. Doch meine ich das nicht als negative Kritik. Im Gegenteil. Gerade diese Anstrengung beim Lesen zeigt, wie gut King es geschafft hat, eine fürchterliche Verbrechensserie in einer noch fürchterlichen Zeit für die ganze Welt anzusiedeln und zwar so, dass man all dies in der eigenen Nachbarschaft erleben könnte. Daher gebe ich insgesamt die vollen fünf Sterne, obwohl ich wohl noch nie so lange an einem Werk von King gelesen habe!

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Veröffentlicht am 19.04.2024

Backen wie die Profis

Der süße Zauner
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Ganz im aktuell so erfolgreichen Format des Rezeptbuches mit Lesestoff kommt Der süße Zauner daher. Es geht um die Liebe zur Konditorei, um die Familiengeschichte und Traditionen, um Bad Ischl und alle, ...

Ganz im aktuell so erfolgreichen Format des Rezeptbuches mit Lesestoff kommt Der süße Zauner daher. Es geht um die Liebe zur Konditorei, um die Familiengeschichte und Traditionen, um Bad Ischl und alle, die gern genießen. Das ist schön zu lesen und stimmt auf die Rezepte geradezu ein. Die Familiengeschichte und ganz besonders die Fotos aus längst vergangenen Zeiten gefallen mir sehr. Bei mir hat das Buch schon deshalb gewonnen, weil es die in Heidelbergs ältestem Café erfundenen Studentenküsse beinhaltet.

Die Rezepte sind klar strukturiert und dabei klassisch aufgebaut. Der Titel, eine kurze Bemerkung, die Zutatenliste, die Zubereitungsschritte und ein aussagekräftiges Foto – so mag ich das. Und weil es hier um edles Gebäck geht, finde ich es stimmig, dass auf Angaben von Nährwerten und sonstigem verzichtet wurde. Die Rezepte sind einfach nicht für eine Diät gedacht! Und wer sich ansonsten bewusst ernährt, kann sich auch zwischendurch mal eine solche kleine süße Sünde erlauben.

Die Rezepte sind teils aufwändig und für Anfänger nicht sehr gut geeignet. Das ist für mich jedoch kein Problem, da es immerhin Konditoren-Rezepte sind und einen Teil der Produkte widerspiegelt, die im Café Zauner verkauft werden.

Ein sehr schönes und hochwertig verarbeitetes Buch, das auch ein wunderbares Geschenk ist für alle, die gern schlemmen und backen. Von mir fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 30.03.2024

Herrlich gelungene Persiflage mit Herz

Schnitzel Surprise
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Thomas Mann ist mit Leib und Seele Kneipenwirt vom Schnitzeleck. Da sein Name so auffällig ist, spielt er gern mit ihm bzw. den Werken seines Namensvetters bei den Bezeichnungen seiner Gerichte, die sein ...

Thomas Mann ist mit Leib und Seele Kneipenwirt vom Schnitzeleck. Da sein Name so auffällig ist, spielt er gern mit ihm bzw. den Werken seines Namensvetters bei den Bezeichnungen seiner Gerichte, die sein Azubi kocht. Dieser ist bereits 60 Jahre, aber wen interessiert das schon? Das Problem ist leider völlig anderer Natur. Thom hat sich in den 1980ern verloren und den Anschluss an die angesagte Erlebnisgastronomie verpasst. Daher stehen ihm die Gläubiger Schlange und er muss Insolvenz beantragen. Doch da wird ein TV-Produzent auf ihn aufmerksam und bietet ihm an, all seine Schulden zu begleichen, wenn er sich für ein paar neue Koch-Show-Ideen zur Verfügung stellt. Was am besten im Netz ankommt, geht dann in Serie. Thom bleibt nicht viel anderes übrig, also sagt er zu. Die Folgen konnte keiner erahnen!

Markus Heitz ist sonst so gar nicht mein Autor. Die Beschreibung des Plots war aber dermaßen genial, dass ich angebissen habe. Und was soll ich sagen? Es hat sich gelohnt! Um im Wortspiel zu bleiben: mir schmeckt, was mir vorgesetzt wurde! Die Verwicklungen sind einfach urkomisch, dabei aber erschreckend logisch. Heitz legt den Finger geschickt in die eine oder andere Wunde der 2020er Jahre, zeigt uns Kindern der 1980er, wie Recht wir mit unserer Liebe zu diesen Jahren haben und macht sich auf wunderbar charmante Art und Weise über Kochsendungen lustig. Dazu muss ich sagen, dass Heitz genau wie ich Kochsendungen liebt, so ganz tief im Herzen. Es ist dennoch manchmal einfach nur noch zum Haareraufen, was den Zuschauern da manchmal geboten wird. Die deutlichen Persiflagen haben alle ihre Berechtigung und nehmen vermutlich sogar nur vorweg, was noch kommen wird.

Die Figuren sind alle unfassbar liebenswert, sogar die weniger netten. Sie alle haben herrliche Charakterzüge abbekommen und agieren wunderbar miteinander. Die eine oder andere schräge oder gar absurde Idee und Wendung sorgt für laute Lacher und Lachtränen. Ich wurde in letzter Zeit selten so gut unterhalten, wie mit dieser Story! Thomas Nicolai hat seinen Sprecher-Job unfassbar gut gemacht. So viele unterschiedliche Stimmen und Stimmlagen hinzubekommen, das verdient schon den größten Respekt!

Ganz zauberhaft finde ich die Idee der Rezepte am Ende. Das eine oder andere ist gewöhnungsbedürftig, ganz klar. Aber zu den jeweiligen Sendungskonzepten passen sie hervorragend. Wer gern kocht, wird hier auch den einen oder anderen besonderen Kniff für sich mitnehmen können.

Alles in allem bin ich, es wird nicht überraschen, komplett begeistert. Eine Persiflage vom Feinsten, mit ganz viel Humor und Herz, einfach wunderbar! Ganz klar, dass ich das mit fünf Sternen belohne!

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Veröffentlicht am 26.03.2024

Wertvolle Zeilen für wertvolle Momente

25 letzte Sommer
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Der Ich-Erzähler ohne Namen trifft auf Karl, dessen Lebenseinstellung sich komplett von seiner eigenen abhebt. Karl hat eine offene, sehr sympathische Art und der Ich-Erzähler gerät ins Nachdenken. Seine ...

Der Ich-Erzähler ohne Namen trifft auf Karl, dessen Lebenseinstellung sich komplett von seiner eigenen abhebt. Karl hat eine offene, sehr sympathische Art und der Ich-Erzähler gerät ins Nachdenken. Seine Zeit verbringt er nun sehr gern mit Karl. Ihre Gespräche drehen sich um die kleinen und großen Fragen des Lebens und regen den Leser bzw. Hörer dazu an, selbst aus einem anderen Blickwinkel auf sich selbst, das Leben und die Antworten zu werfen.

Ich habe von Anfang bis Ende ohne Pause dieser Geschichte gelauscht und fühlte mich einfach nur wohl dabei. Kein moralisch erhobener Zeigefinger, keine Besserwisserei, einfach nur eine liebevolle, sehr kluge und weise, wertvolle und auch tröstende Erzählung, die entschleunigen kann und zeigen, was man alles im hektischen Alltag verpasst, wenn man nicht aufpasst.

Der Stil ist wunderbar. Ein wenig philosophisch, ein wenig märchenhaft, warm und weich. Die beiden Charaktere sind komplett unterschiedlich und ergänzen sich dabei erstaunlich gut, denn auch Karl genießt die Zeit und zieht aus den Gesprächen eine Art von Wissen. Die meiner Meinung nach wichtigste Aussage ist, dass man sich vor anderen nicht verschließen darf und Kontakte wichtig sind. Dann vergisst man auch nicht, das Leben zu leben, zu genießen und bewusst wahrzunehmen, nicht zu vergessen, dass es endlich ist. Dass dies nicht schlimm ist, sondern nur schade, wenn man seine Zeit nicht nutzt, vergisst man viel zu leicht.

So kurz die Erzählung ist, so schön ist sie auch. Ihre Leichtigkeit lässt einen selbst leicht werden. Es ist nicht schlimm, alt zu werden. Es ist schlimm, dabei nicht gelebt zu haben. Und das liegt an jedem selbst. Wie man sein Handeln und Denken neu ausrichten kann, ohne andere dabei zu belästigen oder zu stören, vermittelt Karl nicht nur dem namenlosen Ich-Erzähler, sondern auch dem Leser oder Hörer auf einzigartige Weise. Mir fällt als Résumé zu diesem Buch ein Zitat ein: „Morgen ist kein neuer Tag, sondern ein Tag weniger“. Das mag deprimierend klingen, ist es aber nicht. Das Buch ist ein kleines Juwel und kann selbst den größten Hektiker ein bisschen erden und entschleunigen. Fünf Sterne und die dringende Bitte: lesen!

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