Ein Leben zwischen Kopenhagen und Paris
Annas LiedKoppel erzählt in Teilen die Lebensgeschichte seiner Großtante Anna, die nach dem 2. Weltkrieg von Dänemark nach Frankreich ging. Neben den Fakten ist der Roman aber auch mit viel Fiktion gefüllt.
Hannah ...
Koppel erzählt in Teilen die Lebensgeschichte seiner Großtante Anna, die nach dem 2. Weltkrieg von Dänemark nach Frankreich ging. Neben den Fakten ist der Roman aber auch mit viel Fiktion gefüllt.
Hannah Koppelmann lebt in Kopenhagen mit ihren vier hoch musikalischen Brüdern und den Eltern, die eigentlich nach Amerika wollten, denen aber in Dänemark das Geld ausging. Die jüdische Familie lebt ein geselliges Leben mit zahlreichen Verwandten und Freunden. Bruche, die dominante Mutter, hält viel auf Tradition und bricht schier zusammen, als alle Söhne keine konventionelle jüdische Ehe eingehen. Alle Hoffnungen ruhen nun auf Hannah, die sich aber auch bereits verliebt hat und deren Traum es ist, Konzertpianistin zu werden.
Der erste Teil des Romans bis zum Kriegsende hat mir sehr gefallen. Das Familienleben, die hysterische Mutter (erinnert sehr an Mrs. Bennet), die Flucht nach Schweden und Hannah, die einen sehr selbstbewußten Eindruck macht. Das ändert sich jedoch im zweiten Teil der Geschichte, der in Frankreich spielt und Hannahs weiteres Leben erzählt. Hier ging es mir in der Handlung zu rasch, Teile der Geschichte schienen irgendwie zu fehlen und mit Hannahs Verhalten konnte ich wenig anfangen. Am schlimmsten war die Aussprache mit ihrer alten Mutter, die ja nur das Glück ihrer einzigen Tochter im Sinn hatte, aber die Söhne, deretwegen sie einst fast viermal gestorben wäre, waren nun die Helden, die besten aller Söhne und überhaupt. Das hat mich wirklich betroffen gemacht. Auch wenn das Ende etwas Versöhnliches hatte, stand mir immer das Wort "Vergeudung" vor Augen.
Insgesamt ein Roman, der die Lebensgeschichte einer jüdischen Frau von 1929 bis 2019 mit allen Höhen und Tiefen nachzeichnet. Der Roman läßt sich sehr gut lesen, hat mir im zweiten Teil aber nicht mehr so gut gefallen, aber das ist ja immer subjektiv. In jedem Fall einmal eine interessante Perspektive auf die NS- und Kriegszeit. Bei "Melnitz", den ich vorher gelesen hatte, aus der sicheren Schweiz heraus, hier aus dem besetzten Dänemark.