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Veröffentlicht am 04.04.2024

Bizarrer Tatort

Schatten im Glashaus
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Kit Darling ist eine emsige Haushaltshilfe und putzt über ihre Agentur in den elegantesten und teuersten Häusern am Strand von Vancouver. Eine Schwäche jedoch begleitet sie regelmäßig: sie schnüffelt in ...

Kit Darling ist eine emsige Haushaltshilfe und putzt über ihre Agentur in den elegantesten und teuersten Häusern am Strand von Vancouver. Eine Schwäche jedoch begleitet sie regelmäßig: sie schnüffelt in den Kleiderschränken ihrer Auftraggeber und durchstöbert deren Computerdateien. Ihr Freund Boon warnt davor, dass sie irgendwann vielleicht auf gefährliche Dinge stoßen könnte – und behält prompt Recht – das Leben von Kit und das des Ehepaars Rittenberg gerät in Gefahr. Sergeant Mallory Van Alst und ihr Partner Corporal Benoit Salumu werden zu einem blutigen Tatort gerufen, allerdings fehlt die Leiche. Nichts ist so, wie es anfänglich scheint bei diesem spannenden Thriller.

Sehr gut aufgebaut präsentiert sich die fesselnde Geschichte, Loreth Anne White lässt unterschiedliche Figuren zu Wort kommen, dazwischen liest man im Tagebuch der Haushaltshilfe. So erfährt der Leser nach und nach, warum die Polizei erst so spät beim „Glashaus“ eintrifft, in welchen Beziehungen die Figuren untereinander stehen und welche Geheimnisse gewahrt werden. Geschickt lenkt White die Aufmerksamkeit auf kleine Details, um die logische Auflösung des Falles zu bekräftigen, wobei der Leser natürlich auch auf falsche Fährten gelockt werden könnte. Abwechslungsreiche Szenen, ein hervorragender Schreibstil, eine nicht abstreifbare Vergangenheit – das sind nur einige der Gründe, die für dieses Buch sprechen, geniale Wendungen und Überraschungen, dazu ein Ende am Anfang – alles hält, was der Klappentext verspricht. Die Spannung beginnt bei der betagten Nachbarin und Zeugin und bleibt aufrecht bis zur letzten Seite, bis zum phantastischen Instagram-Post.

Auch diesmal wieder bin ich begeistert von Loreth Anne Whites Ideen und ihrer perfekten schriftstellerischen Umsetzung einer bewegenden Handlung, die ich so nicht erwartet habe. Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus für Freunde guter Spannungsromane und psychologisch begründeter Thriller! Ganz klar gibt es auch für dieses Buch wieder fünf verdiente Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.04.2024

Nibelungengau

Im Schatten des Thronfolgers
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1909: Polizeiagent Johann Pospischil und sein Assistent Doktor Leopold Frisch werden nach Artstetten gerufen, da unter der Schlosskapelle von Thronfolger Erzherzog Ferdinands Landsitz ein toter Säugling ...

1909: Polizeiagent Johann Pospischil und sein Assistent Doktor Leopold Frisch werden nach Artstetten gerufen, da unter der Schlosskapelle von Thronfolger Erzherzog Ferdinands Landsitz ein toter Säugling gefunden wird. Bei den Ermittlungen im schönen Nibelungengau werden nach und nach unglaubliche Dinge offenbar, welche höchste Beamte in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie betreffen.

Anders als bei den meisten Krimis stolpert der Leser hier nicht gleich auf der ersten Seite über eine Leiche, nein, man darf geruhsam Land und Leute kennenlernen und mit Dampflokomotiven und Telegrammen tief eintauchen in die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts. Bildhaft und detailreich beschreibt Christine Neumeyer die Gegend um Schloss Artstetten, erzählt Wissenswertes über Erzherzog Ferdinand und seine Ehefrau Sophie, charakterisiert die handelnden Figuren überaus lebendig und gut vorstellbar. Es wäre schade, wenn man die beiden vorangehenden Bände rund um Pospischil und Frisch nicht kennt, nichtsdestotrotz ist fürs Verständnis der persönlichen Entwicklung der sympathischen Ermittler keinerlei Vorkenntnis notwendig. Die beiden könnten gegensätzlicher nicht sein und doch bilden sie ein hervorragendes Team mit dem eher konservativen Pospischil, dessen Menschenkenntnis unübertreffbar ist und dem jungen wissenschaftsorientierten Frisch, der gerne Automobile lenkt und an einer Heißluftballonfahrt interessiert ist. Die Handlung bietet einen gut ausgewogenen Mix aus dem Flair der Donaumonarchie, einem außergewöhnlichen Kriminalfall und privaten Details zu den Wiener Geheimagenten. Zentrale Themen sind neben Intrigen und Betrug die Rolle der Frau zur damaligen Zeit, Vergewaltigung, ungewollte Schwangerschaft und Abtreibung. Sorgfältige Recherche und ein einfühlsamer Umgang mit delikaten Problemen zeichnen diesen Kriminalroman aus, kurze Kapitel aus unterschiedlichen Blickwinkeln (stets mit übersichtlichen Orts- und Zeitangaben) fachen die Neugierde des Lesers an. Ein wenig Dialekt darf natürlich nicht fehlen, um alles recht authentisch darzustellen.

Auch Band Drei aus der Reihe der erfrischenden Schlosskrimis überzeugt in allen Belangen guter Unterhaltung: ein angenehmer, der Zeit entsprechender Schreibstil, ein charakterstarkes Ermittlerduo und die perfekt eingefangene Atmosphäre in den kleinen Ortsteilen rund um Schloss Artstetten. Mir hat´s wiederum sehr gut gefallen, ich empfehle „Im Schatten des Thronfolgers“ jedenfalls gerne weiter! 5*

Veröffentlicht am 28.03.2024

Kunst und Literatur

Kuckuckskinder (Ein Falck-Hedström-Krimi 11)
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In seiner Galerie wird der Fotokünstler Rolf Stenklo überrascht und ermordet, kurz darauf erfolgt ein Anschlag auf die Familie des Literaturnobelpreisanwärters Henning Bauer. Patrik Hedström stehen schwierige ...

In seiner Galerie wird der Fotokünstler Rolf Stenklo überrascht und ermordet, kurz darauf erfolgt ein Anschlag auf die Familie des Literaturnobelpreisanwärters Henning Bauer. Patrik Hedström stehen schwierige Ermittlungen bevor, Erica Falck sieht einen Zusammenhang mit dem Tod einer Dragqueen im Jahre 1980.

Viele Namen und verwandtschaftliche Verhältnisse verwirren den Leser anfangs vielleicht, noch dazu schwenkt die Handlung immer wieder zurück ins Jahre 1980, nichtsdestotrotz können Camilla Läckbergs flotter Schreibstil und die sich nach und nach entspinnende Handlung immer mehr Begeisterung bei mir hervorrufen. Obwohl ich als Quereinsteigerin in diese Krimireihe die Figuren noch nicht gekannt habe, sehe ich Patrik, Erica und andere Personen aus dem Ermittlerteam rasch bildhaft vor mir, kann auch den privaten Hintergründen gut folgen. In große Kapitel nach Wochentagen ist der gesamte Ablauf eingeteilt, jedes einzelne Kapitel ist jedoch geprägt von kurzen, oft wechselnden Szenen, wodurch Aufmerksamkeit gefragt ist und stets Abwechslung geboten wird. Immer wieder ergeben sich Überraschungen und unerwartete Wendungen, obwohl unauffällig ins laufende Geschehen eingeflochtene Details sehr wohl Hinweise auf mögliche Täter liefern. Die Spannung steigt stetig und fesselt den Leser von einem Ermittlungstag auf den nächsten, sodass man kaum eine Pause einlegen möchte. Auch die Auflösung lässt keine Wünsche übrig, alles ist logisch durchdacht und nachvollziehbar zu Ende gebracht.

Dies ist mein erstes Buch der Autorin Camilla Läckberg, aber bestimmt nicht mein letztes. Mein Interesse ist aufgrund des Schreibstils und der überaus gut vorstellbaren Handlung jedenfalls geweckt.

Veröffentlicht am 27.03.2024

Gefangen auf Java

Und Großvater atmete mit den Wellen
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„Ich tue, was ich tun muss, ertrage, was ich ertragen muss, und vergesse, was ich vergessen muss, um durchhalten zu können.“ (Ärztin Dr. Melrose, kindle, Pos. 1585)

1943, weitab von Heimat und Krieg sind ...

„Ich tue, was ich tun muss, ertrage, was ich ertragen muss, und vergesse, was ich vergessen muss, um durchhalten zu können.“ (Ärztin Dr. Melrose, kindle, Pos. 1585)

1943, weitab von Heimat und Krieg sind die norwegischen Brüder Konrad und Sverre im Indischen Ozean an Bord der Anitra mit 13000 Tonnen Dieselöl unterwegs. Doch als die USA Japan den Krieg erklären, sind sie plötzlich auch hier in Gefahr. Nach einem Angriff auf das Schiff verlieren sie einander aus den Augen. Was erwartet die jungen Männer in der Nähe von Java, wie geht es in den hiesigen Krankenhäusern und japanischen Gefangenenlagern zu? Nach Teklas Geschichte in „Als Großmutter im Regen tanzte“ erfahren wir nun, wie es Großvater Konrad während der Kriegsjahre ergangen ist.

Juni Bjerke setzt sich nach dem Tod ihrer Mutter Lilla mit dem Schicksal ihrer Großeltern auseinander und erzählt im vorliegenden Roman über die schrecklichen Zeiten, welche ihr Großvater Konrad durchstehen musste, aber auch von Lichtblicken und von Momenten der Zuversicht, ohne die man kaum überleben konnte. Viele Dokumente und Berichte von Zeitzeugen untermauern die Kriegsgräuel, von denen hier zu lesen ist. Auch wenn die Handlung rund um Konrad und Sverre fiktiv ist, so liegen dieser doch wahre Begebenheiten zugrunde. Trude Teige versteht es, erschütternde Szenen zu schildern, und dort, wo es nötig ist, nur auf Andeutungen zurückzugreifen, ohne dem Leser allzu brutale Details zuzumuten. Viele Bücher handeln vom Zweiten Weltkrieg in Europa, Java unter japanischer Besatzung als Schauplatz ist eher unbekannt und daher besonders fesselnd und erschütternd ob der barbarischen Zustände, welchen die Gefangenen hier ausgesetzt sind. Bei ihrer sorgfältigen Recherche stößt die Autorin aber auch auf Hilfsbereitschaft, Kameradschaft und Hoffnung, an die sich die Internierten trotz aller Widrigkeiten klammern, um eines Tages wieder einfach nur frei zu sein.

Hervorragend schafft es Trude Teige, Realität und Fiktion zu einem bewegenden Roman zu verquicken, spürbare Emotionen und lebendige Figuren ziehen den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in ihren Bann. Bestimmt ist es extrem schmerzhaft, sich mit der Vergangenheit seiner eigenen Familie zu beschäftigen, insbesondere, wenn es so einschneidende und dramatische Zeiten betrifft wie hier bei Konrad. All das Erlebte hat ja auch immer Auswirkungen auf die jeweiligen Nachkommen. Umso mehr danke ich Trude Teige dafür, die beiden Bücher über Großmutter und Großvater verfasst zu haben und das zusammengetragene Wissen mit sehr vielen Lesern zu teilen. Mir bleibt nur, eine Empfehlung aus tiefstem Herzen auszusprechen für beide Romane, welche mich sehr berührt haben.

Veröffentlicht am 21.03.2024

Eine Pastorin auf Föhr

Liebe von Meer zu Meer
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Pastorin Paula Ahmling ist eine früh verwitwete Alleinerzieherin von drei Kindern. Als sich die Gelegenheit ergibt, mietet sie für ein Jahr lang eine Doppelhaushälfte auf der Insel Föhr, um die reetgedeckte ...

Pastorin Paula Ahmling ist eine früh verwitwete Alleinerzieherin von drei Kindern. Als sich die Gelegenheit ergibt, mietet sie für ein Jahr lang eine Doppelhaushälfte auf der Insel Föhr, um die reetgedeckte Kate am Meer zu suchen, in der ihr verstorbener Ehemann Tom glückliche Stunden bei seiner Oma Margrethe verbracht hat. Ob sie das Häuschen finden wird und was Föhr sonst noch alles zu bieten hat? Auf in den Norden mit der sympathischen Paula, ihren Kindern Marie, Mats und Lisbeth, sowie Hund Boomer, Kater Mr. Stringer und Ratte Ratatouille!

Wunderbare Landschaftsbilder von Föhr untermalen diesen wunderbaren Roman von Heike Denzau, welche nicht nur fesselnde Krimis zu Papier bringt, sondern auch warmherzige Geschichten wie diese, die einem einfach nahe gehen und das Gute im Menschen in den Vordergrund rücken. Humorvolle Szenen mit lebhaften Kindern und feldwebelähnlichen Nachbarn, wehmütige Episoden im Gedenken an den verstorbenen Ehemann und Vater, hoffnungsvolle Momente auf dem Weg zu Toms Kindheit im reetgedeckten weißen Friesenhäuschen – abwechslungsreich und voller unterschiedlicher Facetten aufgrund der mitunter recht gegensätzlichen Figuren präsentiert sich dieser neue Roman aus der Feder Heike Denzaus und lädt ein an den schönen Nordseestrand im Verlauf der Jahreszeiten. Man spürt die Verbundenheit der Autorin zu diesem Landstrich, fühlt sich schnell wohl in der Umgebung und mit den meisten Personen, welche bestens vorstellbar in die Handlung eingeflochten sind. Besonders gut gefällt mir Hauptfigur Paula, die stets bemüht ist, wohlwollend über ihre Mitmenschen zu denken und mit ihren Gedichtzitaten und Sprüchen auch schwierigen Situationen positive Aspekte abgewinnen kann.

Überraschungen erwarten den Leser ebenso wie ein sehr stimmiges Ende dieser überaus liebenswerten Geschichte. Einige Ohrwürmer (That´s Amore, Que sera, Que sera, whatever will be, will be,... oder Unchained Melody) werden mich wohl noch länger begleiten. Ich hatte eine wunderbar unterhaltsame Lesezeit und empfehle „Liebe von Meer zu Meer“ sehr gerne weiter.