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Veröffentlicht am 11.04.2024

Die folgenschweren Auswirkungen des Vietnam-Krieges

Wo die Asche blüht
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Dieses Buch zu lesen, war eine große Bereicherung für mich. Nicht nur, weil ich erstmalig einen Roman einer vietnamesischen Schriftstellerin lesen durfte, sondern auch wegen des in seinem Vordergrund stehenden ...

Dieses Buch zu lesen, war eine große Bereicherung für mich. Nicht nur, weil ich erstmalig einen Roman einer vietnamesischen Schriftstellerin lesen durfte, sondern auch wegen des in seinem Vordergrund stehenden Themas des Vietnam-Krieges. Natürlich war er mir schon vage bekannt, habe ich insbesondere davon gehört, wie traumatisch er bis in die Gegenwart für die amerikanischen Kriegsveteranen war. Doch er trug sich zu einer Zeit zu, als ich noch Kind war und deshalb wenig berührt von dem weltweiten Geschehen. Nun aber habe ich überhaupt erst gelernt, worum es bei dem Krieg ging, welche Gruppierungen gegeneinander kämpften und weshalb und in welcher Weise die USA an ihm beteiligt war. Die Redensart „Lesen bildet“ hat sich also mich betreffend voll und ganz bewahrheitet. Abgesehen von den militärischen Einzelheiten zu besagtem Krieg habe ich mit großem Interesse gelesen, welche großen gesellschaftlichen, bis in die Gegenwart reichenden Auswirkungen er hatte, indem so viele amerikanische Soldaten Verbindungen zu vietnamesischen Frauen unterhielten, aus denen häufig Kinder entstammten, die sog. Amerasier. Diese erfuhren dann Zeit ihres Lebens eine kaum zu glaubende Diskriminierung in ihrer Heimat. Ebenso wenig fassbar ist es, wie immens die Sexindustrie während des Krieges war. Die Autorin hat zu allem gut recherchiert und alles schlüssig und verständlich erzählt. Sie bereitet das Thema- angesiedelt im Jahr 2016 - anhand eines amerasischen, farbigen Mannes, der verzweifelt auf der Suche nach seinen Eltern ist, und eines Veteranen, der seine Vergangenheit während eines Urlaubs in Vietnam aufarbeiten und sich seiner Verantwortung gegenüber seinem seinerzeit gezeugten Kind stellen will, auf. Einzig vermisst habe ich ein Glossar, in dem vietnamesische Vokabeln erklärt werden, die doch zahlreich eingestreut werden, was natürlich authentisch wirkt.
Ein sehr lesenswerter Roman, insbesondere für historisch interessierte Leser.

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Biografie einer bemerkenswerten Frau

Gussie
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Wer geschichtliches Interesse an historischen Persönlichkeiten hat, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Es handelt von Auguste Adenauer, genannt Gussie, der zweiten Ehefrau des ersten deutschen Bundeskanzlers. ...

Wer geschichtliches Interesse an historischen Persönlichkeiten hat, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Es handelt von Auguste Adenauer, genannt Gussie, der zweiten Ehefrau des ersten deutschen Bundeskanzlers. Ihren Lebenslauf hat der Autor akribisch und mit viel Liebe zum Detail hervorragend recherchiert und zur Grundlage seines Romans gemacht. Vergleicht man seine diesbezüglichen Ausführungen im Buch mit der im Netz zu findenden Vita von Frau Adenauer, z.B.
https://www.konrad-adenauer.de/personen/seite/auguste-gussie-adenauer/
so wird man feststellen, dass Wortberg tatsächlich alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat, vielleicht mit Ausnahme des Anfangs der Liebesgeschichte zwischen Gussie und ihrem so völlig unterschiedlichen, weil erheblich älter und verschlossen statt lebenslustig, Nachbarn Konrad, die in der Realität doch sehr viel mehr Raum einnahm als im Buch geschildert. Auf eine inhaltliche Wiedergabe von Gussies Lebenslauf möchte ich an dieser Stelle verzichten; sie sollte jeder selbst anhand des Romans nachlesen. Hervorheben möchte ich einzig, dass der Leser schon sehr früh erfährt, dass Gussie todkrank ist und die Rolle ihres Mannes als späterem erstem Bundeskanzler nicht mehr erleben wird. Da vage Andeutungen zur Ursache ihrer Erkrankung gemacht werden – sie soll mit ihrem Suizidversuch während ihrer Inhaftierung durch die Nationalsozialisten zusammenhängen – bleibt der Leser „am Ball“. Schöne Formmittel sind es auch, zu Beginn jeden Kapitels Auszüge aus Briefen wiederzugeben, die Gussie mit ihrem so geliebten Vater wechselt, und abwechselnd aus der Gegenwart im Jahr 1948 und der Vergangenheit im Wesentlichen seit 1919 zu erzählen.
Mich hat das Buch von Anfang an fasziniert.

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Lesenswerte Familien- und Dorfgeschichte

Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht
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Der Buchtitel mutet in seiner Länge etwas merkwürdig an, sollte aber nicht vom Lesen des Buches abhalten. Es handelt sich um eine wirklich lesenswerte Familien- und Dorfgeschichte, die 1994 in einem Kärntner ...

Der Buchtitel mutet in seiner Länge etwas merkwürdig an, sollte aber nicht vom Lesen des Buches abhalten. Es handelt sich um eine wirklich lesenswerte Familien- und Dorfgeschichte, die 1994 in einem Kärntner Dorf am Fuß der Karawanken angesiedelt ist und in der Rückschau auch die davor liegenden Jahre einbezieht. Erzählt wird alles von einem 11jährigen Mädchen, das viel lieber ein Junge wäre und sich entsprechend benimmt und ausschaut. Anlässlich des Umzugs seiner Familie aus dem eigenen Gasthof sitzt es unter einem der Umzugs-LKWs und beobachtet die zahlreichen Umzugshelfer aus der Familie und der Dorfgemeinschaft. Zu jedem weiß es erstaunliche Geschichten zu erzählen, die sich für den außenstehenden Leser zu einem Besorgnis erregenden Bild über Kärnten zusammenfügen. Anstelle eines Dorfidylls wird uns von einem Haufen braun Gesonnener berichtet, von Burschenschaften und Landjugend, von dem Vater der Erzählerin und seinem Stolz auf geerbten Mutterorden und Ariernachweis sowie seinem Hang zur Gewalt gegenüber seinen Kindern, der Vertuschung eines Unglücks, das die Erzählerin noch über Jahre nicht loslässt. Es wundert jedenfalls nicht, dass sie misstrauisch beäugt wird. Der Erzählstil ist nicht unbedingt der Sprache eines Kindes angepasst, ist aber in seiner Mischung aus Sachlichkeit und feinem Humor gut gelungen. Das Tüpfelchen auf dem i sind für mich die vielen eingestreuten Dialoge und Begriffe in Kärntner Dialekt, die alle Personen so authentisch wirken lassen.

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Veröffentlicht am 08.02.2024

Der Traum von der ewigen Jugend wird wahr

Wir werden jung sein
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Der Name des Autors verspricht lesenswerte Literatur. So ist jedenfalls meine Erfahrung bei seinen Romanen „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ sowie „Wo wir zu Hause sind“ und jetzt erneut bei seinem ...

Der Name des Autors verspricht lesenswerte Literatur. So ist jedenfalls meine Erfahrung bei seinen Romanen „Der Held vom Bahnhof Friedrichstrasse“ sowie „Wo wir zu Hause sind“ und jetzt erneut bei seinem neuesten Buch.
In ihm greift er ein Thema auf, das uns schon seit Menschen Gedenken beschäftigt – der Traum von der ewigen Jugend. Die medizinische Forschung zur biologischen Verjüngung, betrieben von einem Professor der Berliner Charité, verzeichnet nun tatsächlich erfolgreiche Ergebnisse; vier an einer Herzmuskelschwäche erkrankte Probanden, denen im Rahmen einer Medikamentenstudie ein neues Präparat verabreicht wird, werden als Nebenwirkung immer jünger. Das verändert erst ihr Leben drastisch und rasant, hat aber auch weltweite politische, gesellschaftliche und moralische Auswirkungen. Zu den verschiedenen Aspekten erhalten die vier Patienten, der Professor und eine Ethikerin abwechselnd das Wort, so dass die Problematik umfassend dargestellt wird. Das geschieht keinesfalls in einer trockenen Abhandlung, sondern sehr lebendig und mit feinem Humor. Ganz nebenbei werden weitere interessante Themen behandelt, die vom Autor gut recherchiert wurden, wie z.B. der Schwimmleistungssport oder die Kinderwunschtherapie.
Das Buch kann ich jedem empfehlen.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Über einen liebenswürdigen alten Kauz mit philosophischen Anwandlungen

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
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Eigentlich gilt der Endsiebziger Heinz Labensky zeit seines Lebens als geistig minderbemittelt. Nur selbst erfundene Geschichten lassen ihn das Leben aushalten und vor allem aber die sich selbst auferlegte ...

Eigentlich gilt der Endsiebziger Heinz Labensky zeit seines Lebens als geistig minderbemittelt. Nur selbst erfundene Geschichten lassen ihn das Leben aushalten und vor allem aber die sich selbst auferlegte Beschützerrolle gegenüber seiner gleichfalls vom Leben bestraften Jugendfreundin Rita. Im Alter dann erhält er Gelegenheit zum Philosophieren, insbesondere sich interessante Gedanken darüber zu machen, ob es besser ist, die manchmal schonungslose Wahrheit ans Licht zu bringen oder mit Luftschlössern zu leben. Anlass ist ein Brief von der Tochter der vermeintlich toten Rita, in dem sie ihn zu ihren Eltern befragt. Heinz macht sich kurzerhand im Flixbus auf den Weg zur Tochter. Unterwegs sinniert er über sein Leben und erzählt er Mitreisenden haarsträubende Episoden aus seinem Leben in der DDR.
Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen. Allein schon die Zeitreise durch die DDR-Vergangenheit vermittelt viele Informationen, die einem wie mir nicht dort groß gewordenen Leser bis dato eher unbekannt waren. Das geht etwa von speziellen DDR-typischen Gegenständen über sich dort eingebürgerte Abkürzungen bis hin zu den dubiosen Bespitzelungen ihrer eigenen Bürger und wichtiger westdeutscher Personen der Stasi. Das Tüpfelchen auf dem i sind aber die Fabulierkünste des Protagonisten. Hier bleibt der Leser bis zum Ende im Unklaren, ob die Geschichten wahr sind oder nur der Fantasie von Heinz entspringen. Denn kann er – weltfremd und naiv – tatsächlich ein solches Leben geführt haben?
Der Roman ist sehr unterhaltend und erhält von mir eine volle Leseempfehlung.

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