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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.05.2024

schweres Thema toll umgesetzt

Die Zeit im Sommerlicht
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Die Autorin erzählt aus dem Leben von fünf samischen Kindern, die von den schwedischen Behörden zwangsweise von ihren Familien getrennt und in sogenannte Nomadenschulden gesteckt worden. Anfang des 20. ...

Die Autorin erzählt aus dem Leben von fünf samischen Kindern, die von den schwedischen Behörden zwangsweise von ihren Familien getrennt und in sogenannte Nomadenschulden gesteckt worden. Anfang des 20. Jahrhunderts war das in Schweden noch gängige Praxis. Man versuchte unter dem Deckmantel der nötigen Schulbildung die Samen so zur Anpassung zu zwingen. Wie oft in solchen Kinderheim-ähnlichen Schulen gab es Erwachsene, die die Kinder schikanierten und unnötig hart, ja sogar grausam, mit ihnen umgingen. Die Mutter der Autorin hat wohl eigene Erfahrungen einfließen lassen, das merkt man dem Buch wohltuend an. Es liest sich ergreifend und glaubwürdig. Ich bin wieder mal schockiert, dass die Urvölker überall auf der Welt von den scheinbar so gebildeten Großnationen unterdrückt und ihrer Kultur beraubt wurden. Inuit, Indianer, Samen und viele andere mehr. Es funktioniert überall ähnlich und es ist ein Wunder, dass die Naturvölker teilweise doch überlebt haben und jetzt versuchen, ihre Riten und Gebräuche, ihre Schätze der Vergangenheit zu finden, wiederzuerlernen und in ihrer Kultur zu verankern.

"Die Zeit im Sommerlicht" beleuchtet sowohl die harte Vergangenheit in der Schule als auch das, was aus den Kindern geworden ist. Ihre Erfahrungen und Schicksale haben sie geformt und als Erwachsene haben sie teilweise große seelische Nöte, die es zu verarbeiten gilt.

Trotz des traurigen harten Themas ein tolles Buch.

Veröffentlicht am 12.05.2024

Lesehighlight

Vor einem großen Walde
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Ich hatte es nach der Leseprobe schon im Gespür, dass da eine richtig gute Geschichte auf mich waren könnte. Das Cover und der Buchtitel stimmten auf etwas Großes ein.

Saba verlässt als Kind mit Vater ...

Ich hatte es nach der Leseprobe schon im Gespür, dass da eine richtig gute Geschichte auf mich waren könnte. Das Cover und der Buchtitel stimmten auf etwas Großes ein.

Saba verlässt als Kind mit Vater und Bruder Georgien. Die Mutter bleibt zurück. In England angekommen versucht der Vater jahrelang seine Frau nachkommen zu lassen. Aber es bleibt ein sehnlicher Wunsch bis die Nachricht von ihrem Tod den Vater aus der Bahn wirft. Schließlich geht er zurück in sein Heimatland, wo bald seine Briefe versickern. Sabas Bruder reist dem Vater hinterher und auch seine Stimme verstummt. Beide bleiben verschwunden. Saba entschließt sich also zur gleichen Reise, wie seine Familie und hofft, dass seine Fragen beantwortet werden und er womöglich seinen Vater und seinen Bruder wiederfindet. Diese Suche wird auf sehr fazinierende Weise erzählt. Man lernt Saba ganz nah kennen und lieben. Man erfährt sehr viel über das Land und die Menschen, die trotz Armut und hartem Leben, so herzlich und optimistisch sind, dass einem beim Lesen das Herz aufgeht. Das Ende wird nicht verraten.

Fazit: Ein Lesehighlight, nicht zuletzt der Sprache wegen, mit der berauschend klar und temporeich erzählt wird. Aber auch das fremde Land und die Menschen haben mich berührt und gefesselt. Bitte mehr von diesem tollen Autor.

Veröffentlicht am 12.05.2024

tolles Buch

Windstärke 17
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Caroline Wahl ist seit ihrem ersten Roman "22 Bahnen" ein sogenannter Shootingstar im großen AutorINNen-Dschungel. Und das überrascht nicht nur wegen ihrer Jugend sondern auch, weil ihre Bücher ziemlich ...

Caroline Wahl ist seit ihrem ersten Roman "22 Bahnen" ein sogenannter Shootingstar im großen AutorINNen-Dschungel. Und das überrascht nicht nur wegen ihrer Jugend sondern auch, weil ihre Bücher ziemlich schmal sind; weit unter 300 Seiten dünn. Aber es gibt Autorinnen, die können mit der deutschen Sprache so souverän umgehen, dass es nur wenige Sätze braucht, um eine Szene zu entwerfen und nebenbei die Charaktere auszuloten und ein Feeling für sie zu transportieren.

Im Mittelpunkt steht Ina, die nach dem Tod der Mutter erst mal weg muss. Sie landet an der Ostsee bei einem warmherzigen Ehepaar. Dort verkriecht sie sich. Gerade als sie langsam aus ihrem dunklen Loch wieder herauskommt, erfährt sie, dass ein weiterer geliebter Mensch krank ist und ihre Unterstützung braucht.

Fazit: Kraftvolle schöne Sprache, warmherzige und wunderbar traurige Geschichte, ein Licht, das am Ende angezündet wird. Toll.

Veröffentlicht am 05.04.2024

volle Punktzahl

Bad Axe County
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Bad Axe County, irgendwo in Wisconsin. Eine ländliche Gegend, eine Kleinstadt, eine Frau, die zum Interim-Sheriff ernannt wird. Heidi hat ihre ganz eigene Vergangenheit an diesem Ort. Ihr Vater hat vor ...

Bad Axe County, irgendwo in Wisconsin. Eine ländliche Gegend, eine Kleinstadt, eine Frau, die zum Interim-Sheriff ernannt wird. Heidi hat ihre ganz eigene Vergangenheit an diesem Ort. Ihr Vater hat vor Jahren erst ihre Mutter und dann sich selbst erschossen. Lange hat sie die Gegend gemieden, hat einen erfolgreichen Baseballspieler geheiratet, drei Kinder bekommen, ihre Polizeikarriere voran getrieben. Dann ist sie zurück. Und viele Alteingesessene wollen sie wieder weghaben. Weil sie eine Frau ist aber auch, weil Geheimnisse geheim bleiben sollen. Heidi muss eine Teenagerin suchen, will klären, was mit ihren Eltern wirklich geschehen ist und wird von Gangstern und ehrbaren Bürgern bedroht, verfolgt und an ihre Grenzen gebracht.

Wow, was für ein lakonischer, knallharter, spannender Thriller. Ich bin hellauf begeistert. Hier trifft Wilder Westen auf die Gegenwart, Frauenhass auf Frauenpower, Krimirecherche auf Hardboil-Action. Ich mochte es, wie Heide mit Mut und Hartnäckigkeit und einer großen Portion Mut ihren eigenen Weg geht und es allen zeigt. Wie sie hinfällt und aufsteht, strauchelt und doch nie das innere Gleichgewicht verliert. Es werden schwere Themen abgearbeitet. Kein oberflächlicher Roman. Der hat Tiefgang und lebt von komplexen Charakteren.

Volle Punktzahl. Bitte mehr davon.

Veröffentlicht am 05.04.2024

Unbedingt hören

Und Großvater atmete mit den Wellen
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Diese Geschichte ist Vergangenheit, zeitlos, aktuell. Zwei Brüder werden im zweiten Weltkrieg von den Japanern gefangen genommen und getrennt voneinander inhaftiert. Man erfährt in klaren Worten, was in ...

Diese Geschichte ist Vergangenheit, zeitlos, aktuell. Zwei Brüder werden im zweiten Weltkrieg von den Japanern gefangen genommen und getrennt voneinander inhaftiert. Man erfährt in klaren Worten, was in solchen Lagern geschieht. Gestern, heute und leider wohl noch lange. Die Japaner verhalten sich dabei sicher nicht anders als Deutsche zur gleichen Zeit oder Russen genau in unserer Zeit. Dennoch ist es nicht weniger erschütternd, wie hier Menschlichkeit mit Füßen getreten wird, wie der Hass auf den Feind eskaliert in Gewalt und Härte.

Wie schon im ersten Roman von Trude Teiges Großmutter, so ist auch diese Geschichte in einer sehr einfühlsamen schönen Sprache geschrieben. Man gewinnt die zwei Brüder lieb und leidet mit ihnen. Und hofft mit ihnen. Ich konnte nur schwer aufhören und habe das Hörbuch sehr schnell durchgesuchtet.

Die Vorleserin Jara Blümel hat eine angenehme Stimme und Betonung, die gut zu dieser Geschichte passte. Unbedingt hören.