Ich wage zu behaupten, dass dieses Buch keinen solchen Hype erlebt hätte, wäre der Verlag nicht mit so einem wirklich coolem Cover hervorgekommen. Dann noch aufgehübscht und veredelt, den begehrten Farbschnitt drauf, fertig. Die Geschichte selbst kann es jedenfalls nicht sein, denn die liest sich wie eine Mischung aus Hunger Games, ACOTAR und ein paar ähnlichen Büchern, ersetze einfach Fae durch Vampire.
Worum geht's: In einer von Vampiren dominierten Welt sind die Menschen bestenfalls geduldet, im schlimmsten Fall Beute. Als ihre Familie von Vampiren abgeschlachtet wird, ist es ausgerechnet der König der Vampire, Vincent, der das kleine Menschenkind Oraya rettet und an Kindes statt aufnimmt. Er trainiert sie, damit sie sich gegen die übermenschlich starken Vampire behaupten kann. Und als das Kejari (so eine Art Hunger Games für Arme, das alle 100 Jahre stattfindet) veranstaltet wird, meldet sich Oraya freiwillig, denn den SiegerInnen dieses Wettbewerbs winkt ein Wunsch, den die Vampirgöttin erfüllt. Oraya, die in ihrem Lebenslauf bei Hobby "Vampirkillen" angibt, möchte sich mit Vincent verbinden, um so mächtig zu werden wie er. Doch während der Wettkämpfe lernt sie Raihn kennen, einen Gewandelten, und er wandelt so nach und nach auch ihre Wünsche und Ziele ...
Das Buch liest sich, wie eine Backmischung schmeckt. Klar kann man den daraus entstandenen Kuchen auch mal essen - aber richtig gut ist was anderes. Es ist halt von allen möglichen Geschichten das entnommen, was gerade richtig gut läuft. Vampire? Check. (Aber mit Flügeln, that's USP!) Irgendwelche Battle Royals? Check. The chosen one? Check. Hottes Loveinterest? Check. Quietschiger Side Kick? Check. Natürlich muss Oraya die meiste Zeit zickig auf alles reagieren, was ihre Gegenüber (die zuletzt erwähnten Checks) als wahlweise tough oder anziehend empfinden. Was mich gestört hat, waren auch gar nicht die ganzen verwendeten Tropes oder Gleichheiten zu anderen Büchern. Das Rad neu zu erfinden, ist eh meistens recht mühsam.
Allerdings wäre etwas mehr Logik schon angebracht gewesen. Unsere Heldin wird dauernd schwerverletzt, kriegt diese Verletzungen aber jederzeit vor der nächsten Prüfung mit Wunderheilmitteln in den Griff. Beziehungsweise stören die Verletzungen auch wenig bis gar nicht während der Kämpfe. Eine mega erfahrene Vampirkämpferin drischt auf sie ein, es macht Knacks in ihrem Rücken: ach, egal. Wir kämpfen mal weiter. Weicheier, wer sich von so was auch nur verlangsamen lässt. Oder: Tagsüber ist ja mit Vampiren nicht viel anzufangen. Warum also zieht sie nicht los, und schlitzt ihren Gegnern die schwarzen Herzen heraus? Ihr kann es ja egal sein, ob sie tagsüber kämpft. Und das Töten der GegnerInnen außerhalb der Prüfungen war nicht verboten.
Was eigentlich macht Raihn während des letzten Kampfes veranstaltet, als Angelika auf Oraya losging? Wohlgemerkt, die waren nur zu dritt, er hätte locker von hinten die gute Frau abstechen können. Stattdessen tut er was? Den Popcornmaker anwerfen? Und am lustigsten war ja, was Oraya zum Schluss von der Göttin gewünscht hat. Es widersprach ihren sämtlichen Überzeugungen und dem, was sie gelernt hatte von Vincent, und ja, sie war sauer auf ihren Ziehvater, aber wirklich sinnvoll war diese Sache trotzdem nicht. Schlussendlich war das Buch weder in irgendeiner Form originell noch mega spannend, dafür zwischendrin immer mal recht langatmig. Es tut nicht weh, es zu lesen, Raihn ist - abgesehen von dem, was er so zurückhält - keine Red Flag, sondern behandelt die Heldin recht anständig. Ein typisches Hypebuch. Heute gelesen, morgen vergessen.