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Veröffentlicht am 14.04.2024

Band 3 bitter nötig

Unlearn Patriarchy 2
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Ich hätte diesem Sammelband eigentlich schon aus Prinzip fünf Sterne gegeben - denn die Reihe sollte unbedingt fortgesetzt werden! Ich lese ohnehin schon viel zu Sexismus und anderen Diskriminierungsformen. ...

Ich hätte diesem Sammelband eigentlich schon aus Prinzip fünf Sterne gegeben - denn die Reihe sollte unbedingt fortgesetzt werden! Ich lese ohnehin schon viel zu Sexismus und anderen Diskriminierungsformen. Während mir deshalb in Band 1 von „Unlearn Patriarchy“ bereits viele Themen und Autor:innen bekannt waren, kannte ich in Band 2 die meisten Verfasser:innen nicht, sodass ich, auch wenn ich die Themen kannte, einiges Neues mitnehmen konnte.

Was mich dann allerdings wirklich massiv gestört hat und was einen unfassbar bitteren Nachgeschmack bei mir hinterlässt, sind Verweise auf den Krieg in Gaza zu schwangeren Frauen und Kindern als Opfer, während mit keinem einzigen (!) Wort erwähnt wird, dass in Israel von der Hamas auch schwangere Frauen entführt wurden, Vergewaltigungen von Frauen als Waffe eingesetzt wurden und immer noch Frauen, Männer, Kinder als entführt und vermisst gelten. Warum fehlt gegenüber israelischen Menschen, teilweise Juden und Jüdinnen, die Empathie? Und warum wird das, wenn schon nicht im Kapitel zu Genozid, nicht in einem Kapitel „Unlearn Antisemitismus“ reflektiert? Ich habe noch einmal geschaut, dieses Kapitel gibt es auch in Band 1 nicht, beim Begriff Intersektionalität wird er im Vorwort auch nicht erwähnt, das scheint wirklich nicht mitgedacht zu sein. Ob bewusst oder unbewusst: Das muss dringend nachgeholt werden!

Meine Bitte also an den Ullstein-Verlag: Bitte veröffentlicht noch einen dritten Band, am besten wieder mit neuen Herausgeber:innen, gerne mit einem Kapitel „Unlearn Antisemitismus“ - leider ein Kapitel, was ebenso dringend gebraucht wird wie die Kapitel, die bereits erschienen sind.

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Veröffentlicht am 10.04.2024

Düsteres Zeitreiseepos

Das andere Tal
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Es handelt sich um einen Roman, der in einem zeitlosen Tal spielt, das von anderen Tälern umgeben ist. Geht man nach Westen in das angrenzende Tal, reist man 20 Jahre in die Vergangenheit, geht man ins ...

Es handelt sich um einen Roman, der in einem zeitlosen Tal spielt, das von anderen Tälern umgeben ist. Geht man nach Westen in das angrenzende Tal, reist man 20 Jahre in die Vergangenheit, geht man ins östliche Tal, reist man 20 Jahre in die Zukunft. Damit Vergangenheit und Zukunft nicht versehentlich von Menschen geändert werden, werden die Grenzen von autoritären Regierungen auf allen Seiten streng kontrolliert. Nur Personen mit einem triftigen Grund dürfen unter strengen Auflagen ein anderes Tal besuchen, z.B., um einen verstorbenen Menschen ein letztes Mal aus weiter Entfernung zu sehen.

In diesem Setting wächst die schüchterne Odile auf und bewirbt sich für den Rat, der über die Besuche entscheidet. Der erste Teil des Romans ist eigentlich ein Coming-of-age-Roman über Odile, die erstmals Freunde findet und sich verliebt. Das hat einen großen Sog auf mich entfaltet, sodass ich förmlich durch die Seiten geflogen bin. Auch den Schreibstil des Autors mochte ich sehr, er tendiert dazu Beschreibungen anschaulich auszuschmücken, allerdings ist er dabei nicht kitschig oder blumig. Im zweiten Teil lernt man Odile als Erwachsene kennen, dieser Teil ist deutlich düsterer und beklemmender, die Konsequenzen des autoritären Systems für die Menschen werden deutlich und sehr ausführlich beschrieben. Ich muss sagen, dass mir der zweite Teil nicht so gut gefallen hat wie der erste Teil, weil es kaum Hoffnung gibt und Odile kaum Positives erlebt. Ich war deshalb dann doch froh, als ich den Roman ausgelesen hatte, weil er mich ein bisschen heruntergezogen hat.

Wie immer bei Zeitreisenromanen gab es auch ein paar Logikfehler, die mein Leseerlebnis allerdings nicht beeinträchtigt haben. Zudem wirft der Roman moralische Fragen auf: Sollte man in die Vergangenheit reisen, um Menschen noch einmal zu sehen? Und sollte man diese Menschen sogar warnen und damit einen Tod verhindern? Wir wirken sich autoritäre Systeme auf die Gefühle und das Leben der einzelnen Menschen aus? Insgesamt hat mir der Stil des Autors so gut gefallen, dass ich schon gespannt auf sein nächstes Buch bin.

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Veröffentlicht am 07.04.2024

Tiefenanalyse familiärer Beziehungen

Ein falsches Wort
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Der Roman "Ein falsches Wort" wirft einen tiefen Blick in die zerrütteten Beziehungen innerhalb einer Familie. Die Protagonistin Bergljot hat seit 23 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und hat ...

Der Roman "Ein falsches Wort" wirft einen tiefen Blick in die zerrütteten Beziehungen innerhalb einer Familie. Die Protagonistin Bergljot hat seit 23 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und hat stattdessen eine unterstützende Wahlfamilie um sich herum aufgebaut. Als Konflikte um das Erbe ihrer Eltern entstehen und ihr Vater stirbt, werden alte Wunden aufgerissen, und Bergljots Familie sucht wieder Kontakt. Doch die Gründe für ihren Bruch werden nicht anerkannt, was zu einer komplexen und emotionalen Auseinandersetzung führt.

Der Plot des Romans ist nicht handlungsgetrieben, sondern konzentriert sich auf Bergljots innere Reflexionen, die anfangs einen gewissen Kreislauf zu bilden scheinen und oft beklemmend sind. Dennoch zog mich die Geschichte in ihren Bann, als die Gründe für Bergljots Distanz zur Familie deutlicher wurden. Gefallen haben mir auch die Verweise auf Freud, Jung und verschiedene Schriftsteller:innen, die die Erzählung bereichern und zum Nachdenken anregen.

Die Autorin schafft es in diesem Roman, komplexe emotionale Dynamiken aufzuzeigen und den Leser dazu zu bringen, über die Bedeutung von Familie und persönlicher Identität nachzudenken. Auch wenn nicht in allen Familien traumatische Ereignisse der Ausgangspunkt für Trauer, Wut und Enttäuschung sind, bin ich sicher, dass fast alle Leser:innen Teile ihrer eigenen Familiengeschichte in Bergljots Gedanken wiederfinden werden. Dies war sicher nicht der letzte Roman, den ich von der Autorin gelesen habe!

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Veröffentlicht am 31.03.2024

Flaneurinnen in New York

Happy Hour
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"Happy Hour" von Marlowe Granados ist ein Roman, der sich ideal für Leser:innen eignet, die auf der Suche nach einem leichten, aber dennoch fesselnden Leseerlebnis sind. Die Handlung folgt den Abenteuern ...

"Happy Hour" von Marlowe Granados ist ein Roman, der sich ideal für Leser:innen eignet, die auf der Suche nach einem leichten, aber dennoch fesselnden Leseerlebnis sind. Die Handlung folgt den Abenteuern von Isa und Gala, zwei 21-jährigen Freundinnen, die sich durch einen heißen Sommer in New York kämpfen, wobei nur wenige Dollar ihr Budget bestimmen. Tagsüber verkaufen sie Kleidung an einem Marktstand, während sie nachts versuchen, sich in die sozialen Kreise der Stadt zu schleichen, wo sie mit Künstlern, Sozialiten und anderen Menschen des schönen Scheins verkehren.

Besonders hervorzuheben ist die Hauptfigur Isa, deren scharfe und charmante Stimme den Leser durch das Buch führt. Ihre Beobachtungen über hedonistische, privilegierte Menschen sind treffend. Auch die Amtosphäre es sommerlichen New Yorks fand ich gut beschrieben. "Happy Hour" ist definitiv ein Buch für alle, die sich von der Leichtigkeit der Handlung mitreißen lassen möchten. Der Fokus auf junge, sorglose Zwanzigjährige, die ihre Jugend in vollen Zügen genießen, bietet aber auch einen subtil satirischen Blick auf jene, die nur der nächsten Happy Hour hinterherjagen.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Spannend

The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
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"The April Story" von Hank Green ist ein fesselnder Jugendroman, der die heutige Welt der sozialen Medien und des Ruhms in all ihren Facetten einfängt. Die Geschichte dreht sich um April, eine gewöhnliche ...

"The April Story" von Hank Green ist ein fesselnder Jugendroman, der die heutige Welt der sozialen Medien und des Ruhms in all ihren Facetten einfängt. Die Geschichte dreht sich um April, eine gewöhnliche Jugendliche, die über Nacht zur weltweiten Berühmtheit wird, als sie ein Video von einer mysteriösen Skulptur auf YouTube hochlädt. Dies führt dazu, dass sie nicht nur das Geheimnis hinter den fremden - außerirdischen? - Statuen zu lüften versucht, sondern auch mit den unerwarteten Konsequenzen ihres plötzlichen Ruhms konfrontiert wird. Die Geschichte wirft damit wichtige Fragen auf über die Auswirkungen von Viralität, sozialen Medien und Popularität auf das individuelle Selbst und die Gesellschaft als Ganzes. April ist dabei eine sympathische Protagonistin, mit der sich sicher viele junge Leserinnen und Leser identifizieren können.

Der Erzählstil von Hank Green, dem Bruder des berühmten Autors John Green, ist packend und dynamisch, wodurch die Leserinnen und Leser von Anfang an in die Geschichte hineingezogen werden. Die Verwendung von Social-Media-Plattformen und modernen Kommunikationsmitteln verleiht dem Roman eine zeitgemäße Note, auch wenn einige Elemente, wie Facebook Live, mittlerweile etwas veraltet wirken. Dazu muss man wissen, dass der Roman bereits vor fünf Jahren erstmals erschienen ist.

Insgesamt ist "The April Story" ein Jugendroman, der auch Erwachsene nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken über die heutige Gesellschaft und ihre Obsession mit Berühmtheit und Gefolgschaft auf Social Media anregt. Obwohl ich normalerweise kein Fantasy lese, ist der Roman insgesamt so realistisch angelegt, dass ich die vorkommenden Science Fiction-Elemente interessant und spannend fand. Zusätzlich ist wichtig zu wissen, dass die Geschichte mit diesem Band noch nicht abgeschlossen ist, der zweite Band allerdings noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde.

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