Wahnsinnig mitreißend und emotionsgeladen
Wir waren nur MädchenDurch meine Liebe zu historischen Romanen habe ich schon von der ein oder anderen Geschichte im Widerstand gelesen. Mich reißen solche heldenhaften Gestalten immer sehr mit und ich frage mich oft, was ...
Durch meine Liebe zu historischen Romanen habe ich schon von der ein oder anderen Geschichte im Widerstand gelesen. Mich reißen solche heldenhaften Gestalten immer sehr mit und ich frage mich oft, was das für Menschen waren, die ihr eigenes Leben für die gute Sache gegeben haben. Wer stellt sein eigenes Glück, sein eigenes Überleben hinten an, und misst dem großen Ganzen mehr Bedeutung zu? Wie entschließt man sich, sein Leben so zu gestalten? Bei den meisten Geschichten über Widerstandskämpfer blieben meine Fragen jedoch unbeantwortet, da die Protagonisten schon von Beginn an Helden sind.
Das ist bei Wir waren nur Mädchen allerdings anders, was das Besondere dieses Buches für mich ausmacht. Wir lernen Hannie Schaft, die es wirklich gegeben hat, kennen, als sie noch eine ganz normale Studentin in Amsterdam ist zur Zeit der deutschen Besatzung im zweiten Weltkrieg. Sie ist zu Beginn nicht besonders selbstbewusst und eher zurückhaltend. Als sie jedoch zufällig Feline und Sonja, zwei jüdische Mitstudentinnen, kennenlernt und sich mit ihnen anfreundet, beginnt sie sich zu öffnen. Die drei sind unzertrennlich und als die Juden immer mehr Einschränkungen im täglichen Leben auferlegt bekommen und schließlich sogar deportiert und ermordet werden, beschließt das unscheinbare, ruhige Mädchen, dass es Zeit ist zu handeln. Sie flieht mit den beiden zu ihren Eltern nach Haarlem, wo sie Sonja und Feline im Haus ihrer Eltern versteckt, um Kontakt zum Widerstand aufzunehmen. Diese sollen dann einen dauerhaften Unterschlupf für die beiden finden. Doch es kommt anders. Hannies Eltern möchten Feline und Sonja langfristig bei sich aufnehmen und Hannie schließt sich dem bewaffneten Widerstand an.
Von dem Moment an begleiten wir Hannie bei einigen mutigen und gefährlichen Aktionen des Widerstands. Vom Verteilen der Widerstandszeitung, über Sabotagen von Gleisen und Kraftwerken bis hin zu Mord ist alles dabei. Und im Verlauf wird Hannie immer mutiger, steht immer mehr für ihr Vaterland ein und denkt immer weniger an sich. Sie wird zu einer richtigen Heldin und man bekommt die Entwicklung von der braven Studentin zur mutigen Widerstandskämpferin live mit. Das hat mich total gefesselt. Ich konnte mich so gut in Hannie hineinversetzen, weil ihre Gefühle zum Greifen nah waren. Sie schildert, wie sich der Wut in ihr aufbaut, weil ihre Freundinnen so behandelt werden. Wir lesen, wie groß ihre Angst ist, wenn Juden auf offener Straße deportiert werden und wir bekommen die Stimmung in den besetzten Niederlanden hautnah zu erleben. Auch die kurze Liebesgeschichte zwischen ihr und einem der Widerstandsmitglieder trägt dazu bei, dass ich verstehen konnte, wie es damals gewesen sein muss. Denn Hannie trifft mehr als nur eine Entscheidung, die sie in Friedenszeiten niemals getroffen hätte, wie sie selbst schreibt. Ihr Fokus aber bleibt stets auf den Widerstand gerichtet und sie stellt ihr ganzes Leben hinten an. Das und auch die Emotionen, die dieses Buch transportieren, machen es zu einem ganz besonderen Lesehighlight.
Ich bin ganz begeistert von der Geschichte und noch begeisterter davon, dass es alles auf wahren Begebenheiten beruht. Am Ende des Buches gibt es nämlich zu allen Figuren des Buches eine Auflösung, was im echten Leben aus ihnen geworden ist. Danach ist mir nochmal mehr bewusstgeworden, dass das, was ich als spannende Geschichte gelesen habe, das Schicksal echter Menschen war. Wahnsinnig berührend und auf jeden Fall eine Leseempfehlung wert.