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Veröffentlicht am 21.04.2024

Ein Blick hinter die Kulissen

Das Nord
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Ein Sterne-Restaurant als Setting ist mir bisher in einem Thriller noch nicht untergekommen, und genau dort ist „Das Nord“ verortet, die erste Gemeinschaftsproduktion des Autorinnenduos Anna Winberg Sääf ...

Ein Sterne-Restaurant als Setting ist mir bisher in einem Thriller noch nicht untergekommen, und genau dort ist „Das Nord“ verortet, die erste Gemeinschaftsproduktion des Autorinnenduos Anna Winberg Sääf und Katarina Ekstedt, beide keine Neulinge in der schwedischen Buchszene. Winberg Sääf kennt man als erfolgreiche Romanautorin und Ekstedt als Verlagsleiterin und Autorin von Kinder- und Jugendbüchern.

„Das Nord“ wird als Kulinarik-Thriller vermarktet, und hier wird es interessant, ist Katarina Ekstedt doch mit dem Sterne- und Ausnahmekoch Niklas Ekstedt verheiratet, kann also sowohl ihre eigene Kenntnisse als auch Informationen aus erster Hand in die Story einfließen lassen und Leserinnen/Lesern einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen.

Zum Inhalt: Alex kämpft. Er hat zwar erfolgreich eine Kochausbildung abgeschlossen, aber dennoch findet er keine Arbeit. Niemand will ihn einstellen, denn da ist noch immer die Beteiligung an einem Unfall, die einen großen Schatten auf seine Vita wirft und ihm alle Chancen auf einen Neuanfang verbaut. Deshalb zögert er nicht, als ein alter Freund ihm seine freigewordene Stelle als Hilfskoch im Sterne-Restaurant Nord anbietet. Er sagt zu, ist das doch die Chance, auf die er gewartet hat. Aber die anfängliche Euphorie weicht bald einem unbehaglichen Gefühl, ausgelöst durch das unberechenbare Verhalten der Chefin…

Es dauert lange, sehr lange, bis sich die Story entwickelt. Lange Zeit passiert kaum etwas von Belang, so dass die Protagonisten und ihre Persönlichkeit eher unberücksichtigt bleiben, zur Nebensache degradiert werden. Das Äußere wird mit durchaus atmosphärisch gelungenen Beschreibungen des verschneiten Jämtlands aufgezeigt, das Innere ermöglicht einen detaillierten Blick in die Restaurantküche sowie auf die stupiden Aufgaben, die einen Jungkoch aufgetragen werden (ich sage nur Thymianblätter abzupfen). Was definitiv viel zu kurz kommt, ist die Charakterisierung der Personen und, was für einen Thriller unabdingbar ist, der kontinuierliche Spannungsaufbau.

Von daher wurden meine Erwartungen nur eingeschränkt erfüllt. Die Küchenszenen waren zumindest interessant, die Story leider ziemlich langatmig und vorhersehbar.

Die Fortsetzung „Das Syd“ (gleiche Personen, anderer Ort) erscheint am 23.07.24.

Veröffentlicht am 15.04.2024

Wie ein Bestseller gemacht wird

Vom Kochen und Leben auf dem Land
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Wie wird ein Bestseller gemacht? Eine Frage, die ich mir insbesondere im Fall von Julius Roberts‘ „Vom Kochen und Leben auf dem Land“ gestellt habe, weckt der Untertitel „Homefarming-Kochbuch mit über ...

Wie wird ein Bestseller gemacht? Eine Frage, die ich mir insbesondere im Fall von Julius Roberts‘ „Vom Kochen und Leben auf dem Land“ gestellt habe, weckt der Untertitel „Homefarming-Kochbuch mit über 100 leckeren, saisonalen und naturnahen Rezepten und Geschichten über das Landleben“ doch Erwartungen, die der Autor meiner Meinung lediglich hinsichtlich der Geschichten über das romantische Landleben erfüllt. Stellt sich nun natürlich die Frage, warum dieses Lese-/Kochbuch so erfolgreich ist.

Dazu muss man sich vor Augen halten, wie dieser Bestseller gemacht wurde. Roberts‘ kochtechnische Qualifikation kann dafür ja wohl nicht verantwortlich sein, hat er doch weder eine Ausbildung als Koch noch sonderlich lange als Angelernter in der Küche des Londoner Restaurants durchgehalten. Meiner Meinung nach liegt das in erster Linie an der ausgezeichneten Arbeit (dafür auch die drei Sterne der Gesamtwertung) der Fotografin Elena Heatherwick, zumindest was Coverfoto und die idyllische Darstellung des Landlebens betrifft.

Nicht vergessen sollte man außerdem, dass der charmant lächelnde Julius Roberts vom Coverfoto extrem gut vernetzt und über die Maßen präsent in den sozialen Medien (TikTok, Instagram) ist. Die 847.000 Follower bei Instagram sprechen für sich. Und sowohl in Interviews als auch in seiner Kochshow „Taste of the Country – Sommer auf dem Land“ präsentiert er sich sympathisch und gibt genau die Antworten und Statements, die die Leser und Zuschauer hören wollen und erwarten.

Die Rezepte an sich haben mit Landküche, speziell mit der, die ich aus England kenne, wenig bis nichts gemeinsam. Das fängt schon bei den Zutaten an: Sardellen und Chilischoten in gefühlt jedem zweiten Rezept, französischer Comté anstelle englischen Cheddars auf der Quiche (?), italienische Rohwürste statt Bangers im Wursteintopf. Pastinaken, Möhren etc. Mangelware. Meiner Meinung nach sind die vorgestellten Gerichte eher eine wilde Mischung aus verschiedenen Länderküchen, überwiegend Italien und Frankreich, die in englischen, bäuerlichen Haushalten auf dem Land so nicht zubereitet werden. Und das schon mangels der Zutaten, die der schmal sortierte Dorfladen üblicherweise nicht im Angebot hat. Des Weiteren ist mir auch absolut unverständlich, warum ein Kochbuch, das mit vegetarischen Rezepten wirbt, dermaßen fleischlastig sein muss.

Für mich ist das Buch die Mogelpackung eines Aussteigers mit monetärer Sicherheit im Hintergrund, der seine Nische gefunden hat. Mit der bäuerlichen Realität, auch der in Dorset/England, hat es allerdings überhaupt nichts zu tun. In erster Linie ist es ein Lesebuch für Stadtmenschen, die von einem Idyll auf dem Land fernab der Städte träumen.

Veröffentlicht am 11.04.2024

Leichen im Keller und jede Menge Drama

Sommerhaus am See
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Es ist Sommer, die Zeit im Jahr, in der sich Familie Starling (Eltern und die beiden erwachsenen Söhne samt Partner), in ihrem Sommerhaus in North Carolina versammelt. Zum letzten Mal, denn Lisa und Richard ...

Es ist Sommer, die Zeit im Jahr, in der sich Familie Starling (Eltern und die beiden erwachsenen Söhne samt Partner), in ihrem Sommerhaus in North Carolina versammelt. Zum letzten Mal, denn Lisa und Richard haben beschlossen, nach Ende ihres Berufslebens nach Florida umzusiedeln und das Haus zu verkaufen. Die Bezeichnung Haus für den umgebauten und in die Jahre gekommenen Trailer klingt für außenstehende Beobachter doch recht optimistisch und scheint mir eher den Zustand der brüchigen Beziehungen innerhalb dieser Familie zu symbolisieren, in der weitestgehend der äußere Schein dominiert und die Leichen im Keller gut verborgen bleiben.

Was als entspannte Sommerferien beginnt, nimmt allerdings eine unvorhersehbare Wendung. Ein Kind ertrinkt im See, die Starlings werden Zeuge, können die Tragödie aber nicht verhindern. Es ist dieser tragische Unfall, der lang Verdrängtes aus Vergangenheit und Gegenwart an die Oberfläche spült und die damit verbundenen Auseinandersetzungen befeuert, was Sichtweisen und Beziehungen innerhalb der Familie verändert.

Es ist jede Menge Drama, die der Autor der Familie auflädt. Kaum ein Thema, das ausgelassen wird: Kindstod, Alkoholismus, Depression, Homosexualität, Medikamentenabhängigkeit, Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Schwangerschaft, Suizid, Untreue. Etwas zu viel für meinen Geschmack. Aber vielleicht sind das ja die Probleme, mit denen die typisch amerikanische Mittelschichtsfamilie zu kämpfen hat. Who knows?

Veröffentlicht am 17.02.2024

Eher eine ausführliche Psychostudie als ein spannender Krimi

Verborgen
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„Verborgen“, Band 3 der Island-Krimis von Eva Björg Ægisdóttir, konnte im Vergleich mit den beiden Vorgängern meine Erwartungen leider nicht erfüllen. Stellt sich die Frage nach dem Warum.

In den Trümmern ...

„Verborgen“, Band 3 der Island-Krimis von Eva Björg Ægisdóttir, konnte im Vergleich mit den beiden Vorgängern meine Erwartungen leider nicht erfüllen. Stellt sich die Frage nach dem Warum.

In den Trümmern eines ausgebrannten Hauses in Akranes, einer Kleinstadt im Westen Islands, wird die verkohlte Leiche eines jungen Mannes gefunden. Ein tragischer Unglücksfall? Zur falschen Zeit am falschen Ort? Oder steckt mehr dahinter?

Bei der Untersuchung des Brandortes wird schnell klar, dass der Brand vorsätzlich gelegt wurde und Marino, der Tote, kein Zufallsopfer ist. Aber wer könnte ein Interesse an seinem Tod haben?

Es gibt viele Fragen, wenige Anhaltspunkte, keine Antworten, weshalb Kommissarin Elma und ihr Team zur Unterstützung der west-isländischen Kollegen hinzugezogen werden. Je tiefer sie in den Fall eintauchen, desto verworrener stellt sich dieser dar und desto mehr Verdächtige gibt es. Aber eine besondere Spur kristallisiert sich bald heraus, denn es scheint, als gäbe es eine Verbindung zu der überstürzten Abreise des holländischen Au-pair-Mädchens.

Wen wundert es, dass dieses gerne genommene Ausgangsszenario dafür sorgt, dass bei der erfahrenen Krimileserin schon früh sämtliche Alarmglocken läuten? Und das wirkt sich leider ziemlich abträglich auf den Lesegenuss aus.

Ein Kriminalroman lebt von falschen Fährten, überraschenden Erkenntnissen, der einen oder anderen Finte, alles Mittel, die Spannung erzeugen, aber diese will sich - aus Gründen – hier so leider überhaupt nicht einstellen. Eher ist es hier auf Dauer langatmig und ermüdend, wenn immer noch ein/e Verdächtige/r im Laufe der zähen Ermittlungen hinzukommt, noch ein weiteres Könnte-sein-Motiv auftaucht.

Eva Björg Ægisdóttir ist Sozialwissenschaftlerin, und wie wir es von ihr kennen, taucht sie auch hier tief in das Leben der an dem Fall beteiligten Personen ein. Peu à peu entblättert sie so das Psychogramm einer Vorzeigefamilie, die sich nach und nach als höchst dysfunktional entpuppt, was durchaus seinen Reiz haben kann, aber bei mir über weite Strecken das Gefühl erzeugte, eher eine ausführliche Psychostudie als einen spannenden Kriminalroman zu lesen. Schade!

Veröffentlicht am 08.02.2024

Überladen, unglaubwürdig und zerfleddert

Der stille Vogel
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Mit „Der stille Vogel“ setzen die beiden schwedischen Autoren Peter Mohlin und Peter Nyström ihre Reihe um den ehemaligen FBI-Agenten und gebürtigen Schweden John Adderley fort, der im Zuge des Zeugenschutzprogramms ...

Mit „Der stille Vogel“ setzen die beiden schwedischen Autoren Peter Mohlin und Peter Nyström ihre Reihe um den ehemaligen FBI-Agenten und gebürtigen Schweden John Adderley fort, der im Zuge des Zeugenschutzprogramms in seine Heimat zurückgekehrt ist. Obwohl dies bereits der dritte Band der Reihe ist, muss man die beiden Vorgänger nicht zwingend gelesen haben, da immer wieder Informationen zu den Ereignissen aus seinem früheren Leben in die Handlung eingebettet sind, beispielsweise warum seine achtjährige Nichte bei ihm lebt.

Der aktuelle Fall hat es in sich. Alles beginnt mit dem Knochen, der aus einem Vogelnest gefallen ist. Dieser zufällige Fund erweckt einen alten Fall wieder zum Leben, da die forensische Analyse auf eine Verbindung mit dem Fall der vor Jahrzenten verschwundenen Brodin-Zwillinge hinweist. Es gab und gibt keinerlei Hinweise auf deren Verbleib, weshalb der Fall als ungelöst zu den Akten gelegt wurde. Doch das könnte sich nun ändern. Zumindest, wenn es nach dem Dafürhalten der Dorfgemeinschaft geht, die von Anfang an den Vater der beiden Buben wegen seines absonderlichen Verhaltens im Visier hatten.

Das ist zwar die Ausgangssituation, aber noch längst nicht alles, denn etwas über 500 Seiten wollen gefüllt werden. Es reicht nicht, dass noch einen Toten gibt. Nein, um diesen Fall gruppieren sich zusätzlich noch mehrere Nebenhandlungen: ein dubioser Heimkehrer, ein Ehepaar mit Problemen, die Schwester des Protagonisten, die etwas zu verbergen hat und nicht zuletzt Adderley selbst, der der Verantwortung für seine Nichte nicht mehr gerecht werden kann.

Zusätzlich dazu gibt es, und das kennen wir ja von den skandinavischen Kriminalromanen, die Verweise auf aktuelle gesellschaftliche Themen wie Drogen, Migranten, Demenz und psychische Erkrankungen. Also jede Menge Stoff, die noch für zwei weitere, dafür aber besser geplottete Krimis, gereicht hätte. Obwohl man der Handlung die Spannung nicht absprechen kann, wirkt diese doch viel zu überladen, durch die Vielzahl der Wendungen im Verlauf höchst unglaubwürdig und durch die gewählte Form der verschiedenen Perspektiven nicht wie aus einem Guss sondern zerfleddert.