Der Zeichner von der Piazza del Mercato
Der Franzose Jacques Madelin bleibt nach einer enttäuschten Liebe in Neapel hängen, wo er fast jeden Tag im Café Nube die Schicksale der anderen beobachtet und auf Papier festhält. Sei es eine betrogene ...
Der Franzose Jacques Madelin bleibt nach einer enttäuschten Liebe in Neapel hängen, wo er fast jeden Tag im Café Nube die Schicksale der anderen beobachtet und auf Papier festhält. Sei es eine betrogene Ehefrau, ein Mann, der keinen Schlaf mehr findet oder eine junge Frau, die den geerbten Seidenschal ihrer Großmutter loswerden will.
In Neapel kann man einem Unbekannten einen Kaffee bezahlen, der sich gerade keinen leisten kann. In diese Tasse verpackt die Autorin nicht nur ein Stück Leben für den Geber und den Nehmer, sondern Erinnerungen, Anekdoten und Legenden einer Stadt, die selbst ein Gespür für das Schicksal zu haben scheint. Die Geschichten beziehen sich auf einen Zeitraum, der sich über einige Jahrzehnte erstreckt, dessen Episoden aber nicht chronologisch erzählt werden.
Als Leser ist man versucht, die Sichtweise des Protagonisten Jacques auf den Verfasser des Buchs zu übertragen. Immer wieder vermutet man daher auch einen Mann als Autor. Amanda Sthers führt die Leser durch die Wortwahl und manchmal durch die Darstellung der Frauen an der Nase herum. Wobei es letztlich natürlich egal ist, welches Geschlecht der Verfasser des Romans hat. Herausgekommen ist eine Sammlung sehr berührender Geschichten, die durch den Protagonisten und einige immer wieder auftauchende Personen zusammengehalten werden. Sthers beschreibt verschiedene Personen, aber auch deren Lebensraum, die Stadtviertel, macht Abstecher in die Ursprünge der Commedia dell´Arte, in die Machenschaften der Mafia, in die Mythologie, und allgemein in die Atmosphäre des lebensprallen Südens und dessen volkstümlicher Freude; es entstehen aber auch nachdenkliche Zeilen über das Leben und Sterben in Neapel. Ein Roman, der einen erfreut und gleichzeitig auch immer wieder zum Nachdenken anregt.