Leider bleibt der Autor die Antwort schuldig
Zerbricht der Westen?Der deutsche Historiker Heinrich August Winkler wirft mit dieser Frage ein komplexes Thema auf. Dass der „Westen“ in der Krise steckt, ist jedem klar, der nur halbwegs die Nachrichten verfolgt oder seriöse ...
Der deutsche Historiker Heinrich August Winkler wirft mit dieser Frage ein komplexes Thema auf. Dass der „Westen“ in der Krise steckt, ist jedem klar, der nur halbwegs die Nachrichten verfolgt oder seriöse Zeitungen liest.
Doch was sind die Ursachen dafür? Gibt es einen Lösungsansatz?
Bei der Ursachenforschung spannt der Autor einen weiten Bogen. Über viele Kapitel hinweg erzählt er die Geschichte einzelner Staaten.
So geht er im dritten auf die Rolle der damaligen EWG und der Türkei ein. Bereits 1963 (!) gab es Bestrebungen beiderseits, die Türkei ins Europäische Boot zu holen. Doch schon damals gab es zu viele Unterschiede in den Auffassungen der Machthaber. Also wurde das Unternehmen auf Eis gelegt, bis einige Streitpunkte ausgeräumt würden. Einiges ist davon bis heute nicht erledigt und mit dem aktuellen Staatsoberhaupt in weite Ferne gerückt.
Auch die teilweise gemeinsame und doch wieder trennende Geschichte zwischen Europa und den USA wird den Lesern spannend dargeboten. Geschickt werden historische Ereignisse auf beiden Seiten des Atlantiks in Kontext gestellt.
Der Blick in den Osten, Richtung Russland und China fehlt auch nicht. Dem Zerfall der UdSSR, dem Fall der Berliner Mauer, der Wiedervereinigung Deutschlands sowie das Heranreifen Chinas zu einer Industrie-Großmacht – all dies wird gut leserlich, mt dem einen oder anderen Seitenblick dargestellt.
Im Mittelteil des Buches können wir über die (Welt)Wirtschaftskrise lesen. Wir haben ja schon zuvor erfahren, dass vor allem Griechenland seinen Beitritt zur EU auf betrügerische Weise erschlichen hat.
Die nächsten Kapitel erscheinen wie eine Zäsur: Wir erhalten nämlich nur eine Vielzahl von Aufzählungen aus den Nachrichten, eine Art „Bestandsaufnahme“ von ohnehin Bekanntem, ohne allzu viel Mehrwert.
Als Leser vermisse ich auf den letzten 150 Seiten die Leichtigkeit der Erzählung, die Spannung, mit der ich zu Beginn des Buches gefesselt wurde.
Hat man den Autor zur raschen Fertigstellung des Buches gedrängt?
Was mir jedoch überhaupt fehlt, sind mögliche Lösungsansätze. Auf die Frage im Titel „Zerbricht der Westen?“ erhält der Leser keine Antwort, nicht einmal eine unbefriedigende. Das finde ich sehr schade.
Fazit:
Nach einem interessanten Beginn, leider eine Enttäuschung.