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Veröffentlicht am 14.06.2024

Doch lieber getrennt

It's a match – Ein Update für die Liebe
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Ich hatte mich auf den Text gefreut, weil er nach einer lustigen Verwechslungskomödie klang. Und gut geschrieben ist er. Aber extrem vorhersehbar und mit unsympatischen Charakteren. Es gibt Paare, die ...

Ich hatte mich auf den Text gefreut, weil er nach einer lustigen Verwechslungskomödie klang. Und gut geschrieben ist er. Aber extrem vorhersehbar und mit unsympatischen Charakteren. Es gibt Paare, die sich lieber trennen sollten. Die Figuren aus dem Buch sollten das.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Die Ehe zwischen Tara und Colin steckt fest, die beiden haben sich auseinanderentwickelt, sind häuslicher geworden, der Kick ist verloren gegangen. Als der dritte Versuch einer künstlichen Befruchtung fehlschlägt und sich Tara weigert weiterzumachen, bringt das das Fass zum Überlaufen. Beide suchen eine Affäre auf der App "Fling", die dem Buch im Original ihren Namen gibt.

Ein Wort zum Cover

Die englisch Ausgabe zeigt zwei liegende Figuren auf pinkem Hintergrund, für die deutsche hat man sich für eine geometrische Kombination aus Himmelblau und Braun entschieden. Einprägsam, aber Braun ist keine schöne Farbe. Immerhin passt das zu all dem Dreck mit dem sich die Figuren bewerfen.

Meine Meinung

Über 90 % schafft es der Autor, die Figuren hässlich wirken zu lassen. Besonders die weibliche Hauptfigur vermutet hinter jedem Wort ihres Mannes eine Demütigung und schießt zurück. Er wiederum wirkt eher schwach, will aber stark sein. Letztlich streben beide nach dem klassischen Rollenbild: Er will das Alphamännchen sein, sie will ihn als Alphamännchen haben. Sie sagen es nur nicht. Was ich vor allem zum Schluss unverständlich fand. Die Dialoge der beiden sind nichtmal witzig, sie sind nur verletzend.

Die beste Stelle kommt am Anfang - als die beiden über das Thema Kinder diskutieren und Tara sagt, dass sie das nichtmehr aushält. Ich fand das sehr nahbar und es hätte einen interessanten Konflikt ergeben. Der geht aber über weite Strecken unter, am Ende muss er gar nicht geklärt werden, weil Happy End. Wahrscheinlich würden die beiden aber sogar am Kind scheitern, weil sich beide wieder zurückgesetzt fühlen.

Die Probleme der beiden müssen nicht aufgearbeitet werden, ein Blick in die Vergangenheit und eine neue Frisur reichen.

Interessant ist, dass sich Tara als Feministin sieht, das aber sehr unterschiedlich auslebt. Beruflich versucht sie sich den Männern anzupassen, was dazu führt, dass sie erst recht nicht ernst genommen wird. Obwohl sich das später als Irrtum herausstellt. Auch hier: Taras Vorurteile behindern sie. Feminismus hält unsere Figur auch nicht von ihrem Cinderella-Moment ab - neues Outfit, neuer Selbstwert. Ich hatte das Gefühl, dass das Thema im Buch anklingen soll, aber nicht zuviel Raum einnehmen sollte.

Und warum die Assistentin bei einem Geschäftsessen im Auto wartet, obwohl beiden Frauen klar ist, dass ein "Meeting" in einem Restaurant zu einer Belästigung führen könnte, weil der Kunde eindeutige Signale sendet, ist mir nicht klar. Das war sehr gewollt.

Ich fand auch die Dialoge innerhalb der Dating-App nicht spritzig. Die beiden klagen sich ihr Leid und sie sind plötzlich verliebt ineinander.

Was der Autor gut hinbekommen hat, sind die Nebenfiguren: Colins promiskuitiver Kollege, Taras promiskuitive Assistentin, dazu Taras Mutter mit einem Hang zur Esoterik, die im Buch immer wieder anklingt. Der Bösewicht. Der Held. Kennt man, war aber nett.

Und die Macken der beiden Hauptfiguren waren schön, Colins Hang zu Aluminium-Schildern, Taras Angst vor vielem.

Gut gelungen sind die parallelen Handlungsstränge. Denn natürich erleben Tara und Colin Ähnliches. Man kann das gewollt finden und konstruiert, ich fand's aber handwerklich gut. Es ist eine Kunst, das so exakt hinzubekommen.

Allerdings ist der Buch durch den personalen Stil etwas trocken - am Anfang fand ich das reizvoll, weil es Distanz schafft. Letztlich gibt es dem Buch aber nichts, keine neue Ebene.

Und ich habe ein paar Stolpersteine in der Übersetzung gefunden - das war nicht so toll.

Fazit

Der Autor hat sich sicher viel dabei gedacht und ich mochte die Figuren mit ihren Besonderheiten. Man hätte viel daraus machen können. Die Geschichte ist aber SO konstruiert, dass es langweilig wirkt. Vor 30 Jahren hätte die Geschichte in einem Hollywood-Film funktioniert, der Autor schafft es aber nicht, etwas Neues, Interessantes hinzuzufügen.

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Veröffentlicht am 19.05.2024

Wichtiges Thema, zu polemisch

Beklaute Frauen
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Dieses Hörbuch hat mich einige Nerven gekostet - wegen des Erzählstils und des irreführenden Titels. Angefordert hatte ich es aufgrund des bunten Covers, das mich mit seinem leicht-abstrakten Stil entfernt ...

Dieses Hörbuch hat mich einige Nerven gekostet - wegen des Erzählstils und des irreführenden Titels. Angefordert hatte ich es aufgrund des bunten Covers, das mich mit seinem leicht-abstrakten Stil entfernt an Nofretete erinnerte.

Man sollte das Buch lesen, wenn man die Autorin mag und/oder ihre Art, Beispiele in einen historischen und gesellschaftlichen Kontext zu setzen. Und damit klarkommt, dass sie stellenweise sehr weit weg vom Thema kommt.

Rückblickend betrachtet würde ich eher das Buch lesen und parallel das Hörbuch hören.

Worum geht es?

Um Frauen. Frauen (und später BiPoCs und andere Gender und die queere Community), die ähnliche Dinge wie Männer gemacht haben, aber dafür nicht gewürdigt, sondern oft "bestraft" oder ignoriert wurden. Dazu gehören Initiatorinnen des Brotmarsches während der Französischen Revolution, Partinsaninen und Soldatinnen während der Kriege, aber auch Partnerinnen und Töchter von Künstlern sowie Wissenschaftlerinnen.

Weitere Themen sind u.a. Ehe, Algorithmen und Shitstorms, der Kunstmarkt, Preise für die Wissenschaft.

Über allem steht die Kritik an patriachalen Strukturen, die bis heute nachwirken.

Der Titel

"Beklaut" ist hier ein sehr weit gefasster Begriff. Denn die einzige Frau, die tatsächlich beklaut wurde, war Rosalind Franklin, die die Struktur der DNA entschlüsselte. Ihre Wissenschaftskollegen haben aus Neid Unterlagen abgeschrieben und einer hat das später sogar in seiner Autobiografie zugegeben. Ihre Geschichte wird im Buch sehr ausführlich erzählt.

"Beklaut" im entfernteren Sinne wurden u.a. auch die Geliebten Bertholt Brechts, allen voran Elisabeth Hauptmann, die erste Ehefrau Albert Einsteins Mileva Maric, die Geliebten Piccasos und Karl Marx' Tochter Jenny. Diese Frauen haben an den bedeutenden Arbeiten der Männer mitgearbeitet, mit ihnen diskutiert und/oder Texte redigiert oder dienten als Musen. Damit trugen sie wesentlich zum Ruhm dieser Persönlichkeiten bei. Als "Dank" wurden sie von ihnen kleingehalten, eigene Entscheidungen kritisiert. Einige Beispiele, die Schöler nennt, würde man heute wohl als Psychoterror einstufen. Brecht und Piccasso haben ihre Geliebten sogar gegeneinander ausgespielt, um von der Konkurrenz zu profitieren. Die Mitarbeit dieser Frauen ist überwiegend schlecht dokumentiert, weil nicht nachgewiesen werden kann, welche Gedanken von ihnen kamen. Sie wurden bei der Veröffentlichung der Texte und Werke selten genannt und damit ihres Ruhmes beraubt.

In welchem Sinne Frauen "beklaut" wurden, die in den Krieg zogen oder Protestmärsche anführten, ist mir nicht klar. Ich denke, dass es hier eher um Würdigung bzw. Anerkennung geht.

Kritik am Inhalt

Ich hatte erwartet, dass das Buch einzelnen Biografien auflistet und mich staunend zurücklässt. Das war es nicht. Mit manchen Persönlichkeiten setzt sich Schöler sehr ausführlich auseinander, andere wirken eher exemplarisch. Ihr Wunsch, dass der Leser die Hintergründe erfährt und die Ereignisse in einen gesellschaftlichen Kontext setzt, führt leider dazu, dass sie oft abschweift. Seitenweise erläutert, warum Wissenschaftspreise wichtig sind, warum die Ehe doof ist, welche Meinung sie zur Frauenquote hat und ob es sinnvoll ist, im Sport nach Männern und Frauen zu trennen. Später erklärt sie, wie Algorithmen den Nutzer tief in die eigene Blase ziehen und dass man sie nutzen sollte, um Gleichheit zu schaffen. Diese Erkenntnis fand ich toll und sie war ein Lichtblick.

Gefühlt 40 % des Buches bestehen aus diesen Fakten, die zwar interessant sind, aber mit "Frauen" wenig zu tun haben und öffentlich sehr oft diskutiert wurden. Ganz im Gegenteil: Oft vergisst man dadurch, um welche Person es gerade geht. Und gegen Ende des Buches versucht die Autorin People of Color einzubeziehen bzw. Frauen, die mehrfach diskriminiert sind. Für mich war damit das Chaos perfekt.

Deutlich macht das auch das Inhaltsverzeichnis - dort werden nur in Kapitel 4 die Namen der Frauen genannt, um die es geht. Das macht auch die Orientierung schwer. Die restlichen Titel sind knackig, aber nicht aussagekräftig. In vielen Büchern ist das normal, aber da es explizit um Frauen geht, sollte ich sie auch im Inhaltsverzeichnis leicht finden. Allerdings gibt es am Ende ein Personenverzeichnis.

Kritik am Erzähl-Stil

Letztlich stellt das Buch Frauen eher als "Opfer" ihrer Zeit und der Männer dar, wegen denen ihnen Anerkennung versagt blieb. Anstatt die Leistungen der Personen in den Vordergrund zu stellen, steht darüber immer, dass sie letztlich gescheitert sind. Ich fand das entmutigend. Auch wenn ich anerkenne, dass das für die Dramaturgie des Buches wichtig ist. Denn natürlich soll es wütend machen, aber ich hatte das Gefühl, dass wir eher "über" Frauen reden. Obwohl die Autorin genau das im Buch kritisiert.

Denn die Frauen selbst kommen selten zu Wort. Die Quellenlage ist hier dünn, denn nicht alle Quellen sind zugänglich, weil - auch das eine interessante Anmerkung im Buch - lange keiner nachgefragt hat. Diese Frauen waren spurenlos bzw. ihre Spuren wurden übersehen. Das Material ist nicht erschlossen. Trotzdem wäre es schön gewesen, wenn wir gelesen hätten, wie die Frauen ihre Diskriminierung wahrnehmen - oft war sie für sie so selbstverständlich, dass sie wenig Kritik daran übten oder sie herunterspielten. Das hätte dem Text eine zusätzliche Ebene gegeben. Ich hätte mich über mehr direkte Zitate gefreut. Manche Frauen haben ja Briefe usw. hinterlassen.

Was mich gestört hat ist, dass alles eingeordnet wurde. Der Text lässt die Geschichten nicht wirken, lässt den Leser nicht nachdenken oder regt ihn an, sich mit seinen Gefühlen über die Ungerechtigkeiten auseinander zu setzen.


Der Schreibstil

Auch das wird wiederum verstärkt durch den anklagenden, treibenden Tonfall, der im Hörbuch noch deutlicher wird. Teilweise driftet der Text sogar ins Polemische ab. "Sachlich" ist das Buch eher in den rein biografischen Teilen. Außerdem bemerkt die Autorin, dass manche Sätze zu komplex sind - und vereinfacht sie dann. Unnötige Schnörkel.

Im Buch wird mit Stern gegendert, im Hörbuch wird's aber kompliziert, wenn nicht mehr klar ist, ob es weibliche Personen geht oder um Personen aller Gender. Der Unterschied zwischen Glottis-Schlag und Nicht-Glottisschlag war kaum wahrnehmbar.

Etwas paradox war, dass im letzten Drittel zuerst von "Twitter" gesprochen wird, später von "X, ehemals Twitter" - hier wäre Einheitlichkeit schön gewesen.


Dennoch: Das Buch ist gut les- und hörbar, ich stolperte selten über komplizierte, akademisch anmutende Sätze. Auch die Fremdwörter waren verständlich.

Was mir gut gefallen hat

Ich fand die Auswahl der Personen sehr gut. Die Autorin legt den Schwerpunkt auf die Bereiche Kunst und Wissenschaft, und auch wenn ich mir mehr Beispiele gewünscht hätte, war das toll. Auch die Einbeziehung von Frauen im Krieg fand ich überraschend, aber sinnvoll. Auch wenn Krieg nicht schön ist, ist es interessant, dass Frauen nicht gleichberechtigt mitkämpfen durften, weil man sie in eine Schublade gesteckt hat. Außerdem konzentriert sich die Autorin tatsächlich auf die berufliche Leistung der Frauen, Kinder und Ehemänner kommen nur am Rande vor.

Der Rechercheaufwand ist riesig. 771 Fußnoten bzw. Literaturverweise gibt es im Text. Man merkt, dass die Autorin mit viel Leidenschaft an das Thema gegangen ist.

Die Sprecherin

Felicity Grist war ein Highlight. Ihre Rhythmik ist fordernd, die Aussprache akzentuiert, ohne künstlich zu sein. Ihre Art, das R zu rollen, besonders "Mileva Maric" sorgt für Freude und Gänsehaut. Ihr "Frauen", mit einer extra hellen Betonung der ersten Silbe, gruselte mich, weil es so deutlich war. Sie verschmolz so sehr mit dem Text, dass ich oft vergaß, dass sie nicht die Autorin ist. Schölers Stimme ist eher unauffällig, daher war es eine sehr gute Entscheidung, auf diese Sprecherin zurückzugreifen.

Felicity Grist unterstützt den anklagenden Tonfall brilliant, was dem Text sehr gut tut.

Fazit

"Beklaute Frauen" beglückte mich mit einigen Erkenntnissen, war mir aber oft zu polemisch und zu sehr am Thema vorbei. Die Autorin hat viel recherchiert und sich wirklich bemüht, Probleme in der Gesellschaft aufzuzeigen. Dabei schreibt sie aber selten Neues. Thema top, Umsetzung leider Flop.

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Verlust- und Versagensängste.

The Girl of her Dreams
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Die Grundgeschichte der Braut, die sich nicht traut, fand ich reizvoll, daher habe ich das Buch angefordert. Letztlich behandelte der Text realistische Probleme unrealstisch überzeichnet. Besonders die ...

Die Grundgeschichte der Braut, die sich nicht traut, fand ich reizvoll, daher habe ich das Buch angefordert. Letztlich behandelte der Text realistische Probleme unrealstisch überzeichnet. Besonders die Hauptfigur war mir nicht sympatisch.

Worum geht es?

Lizzie ist mit Leib und Seele Empfangs-Frau und Mädchen-für-Alles in einem Fitnesstudio. Als sie Freund und Kollege James bittet, mit ihm zur Hochzeit der Schwester Cara zu kommen, nimmt das Unheil, seinen Lauf. Denn die Braut flieht. Und Lizzie mag sie ein bisschen mehr, als sie geplant hatte.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Der Text lebt von der Hauptfigur: Lizzie hat ein toxisches Verhältnis zur alkoholkranken Mutter, im Gegensatz dazu James, Cara und, als das personifizierte Böse, Mutter Stella. Der Familie neidet sie das Geld.

Lizzie bezieht alles, was passiert, auf sich und geht davon aus, dass sie wegen ihrer Armut verachtet wird. Das hat mich genervt. Ihre Gegenspielerin Cara, die sogar die Konflikte mit ihr ohne Vorwürfe und mit viel Verständnis löst, geht immer wieder auf sie zu, aber egal, was Cara mach, Lizzie interpretiert das so, dass es in ihr Selbstbild von der ausgenutzten, wertlosen Frau passt. Als Cara sie auf dem Höhepunkt fragt, "Du würdest mich nie ... ausnutzen?", interpretiert Lizzie das als Vorwurf, obwohl die Frage ja schon andeutete, dass es nicht wahr ist.

Außerdem tut Lizzie, wenn sie Figuren nicht von sich stößt, um jeden Preis gefallen, sie opfert sich für andere auf - wahrscheinlich aus Schuldgefühl gegenüber ihrer Mutter. Auch das ist ein Aspekt, der im Buch nicht aufgearbeitet wird.

274 Seiten mit einer so selbstgerechten Figur zu verbringen, das war anstrengend. Hinzu kommt, dass das Buch, bis auf dem Konflikt mit der Mutter als Nebenschauplatz, keine Ablenkungen bietet. Das Problem der Mutter verläuft am Ende im Sande, wir erfahren nicht, wie sich Lizzie genau von ihr löst. Außerdem lesen wir nur Lizzies Ich-Perspektive, was das Gefühl von Frust in mir verstärkte.

Dadurch gerät auch die Handlung in den Hintergrund, sodass ich stellenweise vergessen habe, worum es ging. Denn wichtig war ja, dass sich Lizzie benachteiligt fühlte.

Auch die Armut Lizzies wirkte auf mich irgendwie schwer greifbar, auch wenn sie ständig erwähnt wird. Lizzie hat eigentlich kein Geld, gibt es aber trotzdem für Dinge aus, wenn es notwendig ist. Ich habe sie nie in Armut leben sehen.

Dazu Matriarchin Stella und Schoßhündchen aka Ehemann George. Die beiden waren mir einfach zu klischeehaft.

Gut gefallen hat mir das Drumherum: Lizzies Leidenschaft für das Fitnessstudio war gut dargestellt, für mich war es die richtige Informations-Menge. Ihre Vorliebe für Horrorfilme war witzig.

Der Schreibstil tut sein Übriges: Er ist metaphernreich und frech, auch wenn's für mich manchmal zuviel war. Die Dynamik war toll. Trotzdem werde ich gern andere Bücher der Autorin lesen.

Explizit wird es im Buch nicht; es gibt ein paar erotische Szenen, dort wird aber eher mit Andeutungen gearbeitet. Und Schlüsselbeinen.

Was mich ein bisschen gestört hat, war das Cover. Es wurde von der Original-Ausgabe übernommen und ist nett gestaltet. Aber die rechte Figur (Lizzie) wirkt perspektivisch komisch. Leidet hat man das englisch Wortspiel "Love at first set" ("Set" ist eine Einheit von Übungen, die wiederholt wird) nicht ins Deutsche übertragen und sich für einen austauschbaren, englisch Titel entschieden.

Fazit

Wer die Konstellation und die klischeehafte Figurenzeichnung mag, wird hier seine Freude finden. Die Konflikte sind gut angelegt, aber nur mäßig ausgeführt. Dafür glänzen Schreibstil und Setting. Für mich als Text ein Flop, aber ich sehe in der Autorin Potential.

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Veröffentlicht am 14.04.2024

Viel Liebe, geringe Fallhöhe

Zeilenflüstern (Sweet Lemon Agency, Band 1)
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Ich habe das Buch gelesen, weil es um einen Hörbuchsprecher geht und nach einer leichten Lektüre klang. Leider war's für mich zu leicht, zu schwärmerisch und eher ein Jugendbuch. Die Liebe steht klar im ...

Ich habe das Buch gelesen, weil es um einen Hörbuchsprecher geht und nach einer leichten Lektüre klang. Leider war's für mich zu leicht, zu schwärmerisch und eher ein Jugendbuch. Die Liebe steht klar im Mittelpunkt. Und es gibt sehr, sehr viele Themen, die das Buch aussführlich durch- und zerdenkt.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Klara hat gehörlose Eltern und hadert mit dieser Rolle. Außerdem hat sie nach einigen Rückschlägen ihren ersten Job bei einer Werbeagentur angefangen und ist unsicher, ob sie das hinbekommt. Ihre Stütze ist die Stimme eines Hörbuchsprechers, der sie jeden Nacht in den Schlaf begleitet. Als sich die beiden treffen, sprühen Funken. Doch auch Noel ist gescheitert: Der Schaupsieler ist nach einer Durststrecke wieder bei seinen Eltern eingezogen und kann sich nicht aufraffen, weiterzumachen. Zwei Menschen, die geschaffen sind, einander zu stützen.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Als erstes aufgefallen ist mir, dass Klaras CODA-Dasein behandelt wird, aber nicht im Mittelpunkt steht. Ich fand das gut, weil das ein Teil ihrer Kultur ist, aber nicht ihr Leben definiert. Als Kind gehörloser Eltern muss sie oft die Vermittlerrolle zwischen der "hörenden" Welt und der Welt der Hörbehinderten einnehmen. Sie ist es gewohnt, Verantwortung zu tragen, kann diese aber schwer ablegen. Außerdem eckt sie in beiden Kulturen an. Interessant fand ich, dass sie oft laute Geräusche macht, weil diese in ihrer Kultur keine Rolle spielen. Deswegen hat sie manchmal Probleme mit Hörenden. Das klang für mich realistisch. Ich hätte aber gern mehr davon gelesen. Die Eltern spielen eher eine Nebenrolle, was ich später beim Thema "Abnabeln" nicht so gut fand.

Klara kämpft mit der Ablehnung und heilt langsam.

Im Gegensatz dazu ist Noels Probleme komplexer und ich hatte leider das Gefühl, dass es in 70 % des Buches um ihn geht. Noel kommt aus einer Handwerker-Familie, die sein Dasein als Schauspieler nicht wertschätzt. Er überdeckt das mit vermeintlicher Selbstsicherheit, spricht aber oft davon, dass er es nicht ist. Als er ein wichtiges Angebot für seine Ex-Freundin ablehnt, gibt er sich dem Selbtsmitleid hin und versinkt in Frust. Gerettet wird er nicht durch Klara, sondern durch ein Angebot seines Mentors.

Noel war für mich als Charakter interessant, aber nicht stimmig. Er redet ständig davon, arrogant zu sein, ist es aber nicht. Ohnehin sind die Figuren im Buch selten wirklich gemein, sondern eher selbstmitleidig. Er will ständig Rauchen, tut es aber oft nicht - ich wusste nicht, ob ich das witzig finde oder unnötig. Ich fand's interessant, dass er gern Theater spielt, aber TV usw. ablehnt. Ich hätte gern mehr über das Theater und seinen Ansatz gelesen, das ging aber unter. Stattdessen liest man die üblichen Phrasen, dass sich ein Schauspielender durchsichtig machen müsse. Das ist leider ein Klischee.

Gut fand ich den Konflikt mit der Familie. Denn dort wird klar, dass beide Seiten ihren Teil dazu beigetragen haben, dass Noel sich unwohl fühlt.

Ein Schwerpunkt des Buches ist das Kollektiv, vor allem in der Werbeagentur. Ob Feministin Franka, die überkorrekte Amelie, Chef-mit-Herz Felix oder Jesse, jeder hat eine Rolle und diese machen das Buch bunt. Vor allem Franka tritt immer wieder für Klara ein und legt sich gern mit Felix an. Auch wenn die Fallhöhe bei allen Konflikten gering ist, empfand ich Franka als Fels in der Brandung. Das hat großen Spaß gemacht, ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.

Der zweite Schwerpunkt sind die Gefühle. Liebe wird in aller Ausführlichkeit geschildert, das Schwanken zwischen Zweifel und Freude, später Leiden. Ich wähnte mich deswegen eher in einem Jugendbuch und man hätte das Buch gern um 50 Seiten kürzen können. Es war nett zu lesen, aber irgendwann hatte ich genug davon. Außerdem nervte mich, dass die Figuren lieber denken als reden.

Die Ausführlichkeit betrifft auch die erotischen Szenen - sie sind wenig vorhanden, sind explizit, aber sanft geschildert. Aber auch sie ziehen sich sehr in die Länge, ohne, dass es interessant ist. Immerhin wird erwähnt, dass Klara ihren Körper nicht überall mag.

Was nicht hätte sein müssen, war die Nebengeschichte um einen Kunden, der Klara belästigt. Es fügte sich gut ein, wirkte aber wie ein Spannungspunkt, der nicht nötig war. Es ist ein wichtiges Thema, aber hier hätte man das weglassen können. Vor allem, weil es nach Klaras Rettung wieder nur um Noels Problem geht; sie selbst scheint das so gut verkraftet zu haben, dass sie danach problemlos körperlich werden kann.

Auch einen Ex-Freund Klaras fand ich unnötig, weil die Idee eines anderen CODAs toll war, aber sein Auftritt zu klein ist.

Allgemein hat mich gestört, dass Konflikte schnell gelöst werden oder nie so schlimm sind, dass ich als Leser:in leide. Ein Satz, der oft vorkommt ist "Ich habe mich damit gerechnet, dass ..." - und dann passiert es trotzdem. Deutlich wird das am Anfang, als Klara sich innerlich aufregt, dass niemand wertschätzt, wie anstrengend die Übersetzung von Gebärden ist - aber einige Moment später Noel genau DAS feststellt.


Die Geschichte spielt überwiegend in Frankfurt, viele Orte werden genannt. Als Einheimischer hat man sicher Spaß dabei. Dresden als zweiter Schauplatz wird erwähnt, die Stadt aber nicht beschrieben. Ich habe mich gefreut, dass endlich mal eine ungewöhnliche Kleinstadt im Mittelpunkt steht, aber letztlich hätte es auch Annaberg, Chemnitz oder Buxtehude sein können.

Fazit

"Zeilenflüstern" ist ein gemütlicher Liebesroman mit interessanten Themen. Man leidet nicht viel, die Liebe wird in aller Ausführlichkeit geschildert, nebenbei gibt es ein tolles Kollektiv. Meins war es nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass viele Leser:innen genau das lieben werden.

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Veröffentlicht am 20.01.2024

Gutes Cover, wenig dahinter

TV-Tod
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Ich habe das Buch über eine Leserunde bekommen und mich hat das Umfeld in den Medien gereizt. Ich war gespannt, auf welche kreativen Arten gemordet wird und wieviel Kritik enthalten ist. Spoiler: Kreativ ...

Ich habe das Buch über eine Leserunde bekommen und mich hat das Umfeld in den Medien gereizt. Ich war gespannt, auf welche kreativen Arten gemordet wird und wieviel Kritik enthalten ist. Spoiler: Kreativ ist es selten, die Kritik ist aber vorhanden.

Rezi enthält Spoiler.

Worum geht es?

Bei einer fiktiven Promi-Tanz-Show steht zuerst eine Tänzerin in Flammen, später gibt es weitere Morde. Der Leser verfolgt die Spurensuche von Journalist Alex und Tänzerin Lara, die eine der Hauptverdächtigen wird.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Das Buch lässt sich leicht lesen und auch der österreichische Einschlag hat mich nicht gestört. Ganz im Gegenteil, ich fand das sympatisch und habe die meisten Worte verstanden.

Die Geschichte gibt leider nicht viel her. Nach einem spektakulieren ersten Mord und einem interessanten zweiten Mord flaut die Spannung schnell ab. Die Morde sind erwartbar, zu den Opfern baut man nur selten eine Beziehung auf.

Hinzu kommt, dass sich Alex und Lara nach sehr kurzer Zeit verlieben, was nicht glaubwürdig war. Lara ist die einzige Figur, die näher charakterisiert wird, ein stimmiges Ganzes ergibt das aber nicht. Ich wusste nicht, ob ich sie für stolz oder arrogant halten sollte; mit ihr als Opfer fühlen konnte ich nicht.

Alle anderen Figuren haben wenig Profil, die Arbeit der Polizei wird nur am Rande beleuchtet. Nur der vermeintliche Antagonist bekommt ein paar Zeilen, aber der Versuch, ihn als möglichen Täter aufzubauen, scheitert schnell.

Auch der Kunstkniff, die Perspektive des Täters einzubauen, verpufft nach den ersten Seiten. Anfangs fand ich das sehr interessant, aber letztlich ist der Täter eine Person mit Wahnvorstellungen und einem Trauma. All das hat man in anderen Krimis schon oft gelesen.

Was ich gut fand, war eine Stelle, an der Medienkritik geübt wird - hier spürt man, wieviele Potiential einer Satire vorhanden war, aber nur selten durchblitzte.

Die TV-Show gerät auch schnell in den Hintergrund, auch wenn Potential dagewesen ist.

Das Ende ist kein Feuerwerk, sondern eine Knallerbse.

Ebenfalls gestört hat mich die personale Perspektive, die manchmal sogar innerhalb einer Szene wechselt. Beispielsweise liegt Lara in der Badewanne und hört Musik. Der Blick liegt auf ihr. Dann ertönen Sirenen - die sie aber nicht hört, die aber erwähnt werden. Wenn wir in ihr drin sind, hätte man das über die Optik machen können.

Letztlich kann sich das Buch nicht entscheiden, ob es ein klassischer Krimi oder eine Mediensatire ist. Als Krimi ist es extrem klischeehaft, als Satire nicht bissig genug.

Fazit

Wundervolles Cover, hinter dem sich ein überwiegend stimmiges Ganzes verbirgt. Aber das hat man schon vor 20 Jahren besser gelesen.

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