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Veröffentlicht am 11.12.2019

Die noch auserwähltere Auserwählte

Cassardim 1: Jenseits der Goldenen Brücke
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Maia und ihre fünf Geschwister wissen, dass sie anders sind als andere. Das fängt schon mal damit an, dass sie alle uralt sind, aber trotzdem noch wie Kinder oder Jugendliche aussehen und auch deren Benehmen ...

Maia und ihre fünf Geschwister wissen, dass sie anders sind als andere. Das fängt schon mal damit an, dass sie alle uralt sind, aber trotzdem noch wie Kinder oder Jugendliche aussehen und auch deren Benehmen haben. Ihre Eltern versuchen unter allen Umständen, ihre Geheimnisse zu wahren und ziehen ständig um, außerdem sind sie in der Lage, mit Gedankenkontrolle die Kinder zu allem zu bringen, was sie wollen, einschließlich Vergessen, was sie gesehen haben. Nur Maia ist in der Lage, dieser Gedankenkontrolle zu widerstehen. Eines Tages bringen sie einen Gefangenen nach Hause und ab da ändert sich Maias Leben radikal. Sie gelangt in eine andere Welt, ihre eigentliche Heimat, und von jetzt an wird es richtig gefährlich.

Ich werde es nie verstehen, warum sich begeisterte Stimmen von Bloggern und Rezensenten überschlagen, wenn jedes Klischee aufgefahren wird, das irgendwo existiert. Mega gutaussehender Held, der kämpfen kann wie hundert andere, arrogant ist und Heldin wie Dreck behandelt? Kriegt ihr, hier, nehmt! Heldin, die noch auserwählter als auserwählt ist, noch königlicher als königlich? Hier, nehmt! Selbstverständlich verliert die Heldin beim Anblick der Heldenbrust des Helden sofort alle ihre Gehirnzellen und wird zu einem Pudding aus Begehren, sobald er ihr einen Blick aus seinen Sternenaugen zuwirft. (Keine Ahnung, was das bedeutet, vielleicht hat er eine Flutlichtanlage dahinter eingebaut?) Der Held findet es übrigens sehr cool, die Heldin in jeder erdenklichen Form öffentlich zu demütigen. Ein paar Sachen könnte man noch den Umständen zuschreiben, was aber gar nicht geht, ist Willenskontrolle und sexuelle Nötigung. Öffentliche sexuelle Nötigung in dem Wissen, dass er das darf, weil es die Gesetze so zulassen. Das ist aber in Ordnung, weil er so gutaussehend und heiß ist.

An dieser Stelle frage ich mich immer wieder, ob ein buckliger, pickliger Typ mit Schmerbauch dasselbe Entzücken bei Heldin und Leserschaft auslösen würde. Nein? Warum denn nicht? An einer Stelle bringt der Held drei Unschuldige um, weil sie ihn erkannt haben. Wohlgemerkt derselbe Held, der ihnen einfach hätte befehlen können, ihn zu vergessen, weil er nicht nur so gutaussehend und heiß ist, sondern auch den stärksten Willen von allen hat. Na, macht ja nichts. Hauptsache, Maia schmilzt bei seinem Anblick dahin. So ein paar Morde kommen schließlich in den besten Familien vor. Übrigens bedroht der beste Freund des Helden die Heldin ebenfalls mit Mord. Reiner Freundschaftsdienst, weil er so ein guter Freund ist. Soll zeigen, wie loyal und treu er ist, und wie sehr den Helden alle mögen, die ihn wirklich kennen. Was bleibt? Die Frage, welchen Sinn es hat, dass die alle so uralt sind. Maia ist über 100, benimmt sich aber wie eine 16jährige. Es ist nicht so, als hätte irgendeiner dieser uralten Leute irgendeine Art von Lebenserfahrung aufzuweisen. Muss ich noch erwähnen, dass der Antagonist böse um des Böse-sein-Willens ist? Am Ende bleibt nur die Enttäuschung, dass jemand, der eigentlich gut und flüssig schreiben könnte, sich und sein Können für so was verschwendet.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Diese unerträgliche Person!

Clans of London
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"Diese unerträgliche Person!", rief ich entnervt, bevor ich das Hörbuch abbrach. Ich hätte am liebsten auch noch um der Dramatik Willen die Arme hochgerissen, aber das ging nicht, ich saß am Steuer. Ich ...

"Diese unerträgliche Person!", rief ich entnervt, bevor ich das Hörbuch abbrach. Ich hätte am liebsten auch noch um der Dramatik Willen die Arme hochgerissen, aber das ging nicht, ich saß am Steuer. Ich habe ja schon einige stressige, minderbemittelte, naive oder furchtbare Protagonistinnen - gerade in Jugendbüchern oder Liebesgedöns - gehört oder gelesen, aber diese hier schlägt wohl 99,7 Prozent aller anderen. Gegen sie wirkt selbst Bella Swan sympathisch, clever und schlagfertig.

Worum geht's? Um Caroline, die Kopfschmerzen hat. Immer, ständig, und in Situationen, die jeder auch nur semiintelligente Mensch entschärft hätte, wenn es in seiner Macht läge. In ihrer lag es oft genug, aber sie muss sich wegen ihrer Mitbewohnerin Sachen wie Disco antun. Oder Jungs. Und Jungs gehen ja gar nicht. Schon gar nicht Womanizer wie Ash. (Gibt es irgendwo eine Vorschrift, dass die Badboys in Jugendbüchern alle wie das Abfallprodukt von Kohle heißen müssen? Ist schon mindestens das dritte mit diesem Namen, das mir auffällt.) Ash ist ein Badboy weil ... wegen ... ach so. Caroline sagt das. Und was sie sagt, muss schließlich stimmen. Oder ... vielleicht doch nicht. Sie sagt ja auch, dass sie nicht zickig ist. Dabei müsste im Duden unter dem Begriff "zickig" einfach nur als Erklärung "Caroline aus dem Hexenbuch" stehen.

Ash zeigt seine Badboy-Qualitäten, indem er furchtbar nett zu Caroline ist, die ihm gleich mal erklärt, dass sie nicht mit ihm ins Bett gehen wird. So völlig aus dem Kalten, die hatten noch keine drei Worte miteinander gewechselt. Finde ich total normal, so ein Verhalten.
Nicht.
(Ihr vielleicht? Ist das neuerdings ein Gesprächseinstieg? "Hi, wie geht's?" "Ich gehe nicht mit dir ins Bett!")
Ash ist trotzdem nett. Hilft ihr in jeder Hinsicht. Sie revanchiert sich dafür, indem sie ihn permanent anfährt, für ihre Situation verantwortlich macht (er kann nichts dafür) - oh, und im Augenrollen ist sie großartig. Geradezu Weltmeisterin. Sie ist die undankbarste Protagonistin, die mir je untergekommen ist.

In dem Buch müssen übrigens Magier aktiviert werden. Werden sie nicht aktiviert, sterben sie an ihrem 18. Geburtstag, weil ... wegen ... isso. Zum Aktivieren brauchen sie übrigens auch was von ihren Eltern. Tja, schade, liebe Waisen und Halbwaisen. War nett, euch kennengelernt zu haben. Und tschüs.

Im Übrigen wurde jedes, aber auch jedes schreckliche Klischee verarbeitet, das jemals in irgendeinem Jugendbuch benutzt wurde. Dazu müssen Leute nicht nur ständig Augen rollen, sondern auch tief Luft holen oder seufzen. Wobei ich Ashs Seufzen durchaus nachvollziehen konnte, der Kerl hatte die Geduld eines Heiligen. Zumindest blieben die Sätze kurz und einfach, damit sich niemand beim Lesen oder Hören überfordert fühlte.

Richtig leid tat mir übrigens die Sprecherin. Ich fürchte fast, sie war ZU gut, denn sie hat die Zickigkeit dieser unerträglichen Person noch so richtig herausgearbeitet. Klasse Sprecherin, die ein schlechtes Buch durch ihre Genialität (kein Witz!) noch schlechter machte. Hatte ich auch noch nie. Wie auch immer. Noch mehr Lebenszeit - selbst beim Autofahren - mit diesem Buch zu verschwenden, erscheint mir als ... nun ja. Verschwendung. Abbruch. Tiefes Aufatmen. Kein Seufzen.

Veröffentlicht am 31.12.2018

Meridas Abklatsch

Wicked – Eine Liebe zwischen Licht und Dunkelheit
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Ich hatte eigentlich nicht vor, das (Lese)Jahr mit einem Verriss zu beenden, aber mir bleibt gar nichts weiter übrig. Was zum Teufel habe ich hier gelesen?

Worum geht's überhaupt? Ganz sicher bin ich ...

Ich hatte eigentlich nicht vor, das (Lese)Jahr mit einem Verriss zu beenden, aber mir bleibt gar nichts weiter übrig. Was zum Teufel habe ich hier gelesen?

Worum geht's überhaupt? Ganz sicher bin ich nicht, aber ich reimte mir Folgendes zusammen: Das Gute kämpft gegen das Böse, wobei das Gute ein dubioser Orden aus geilen Kämpfern ist und das Böse von schönen Fae dargestellt wird, die normalen Menschen in jeder Hinsicht überlegen sind. Wie Vampire ernähren die sich von Menschen und werfen sie dann weg, wenn sie ausgetrocknet sind. So weit, so gut. Ist ja nicht das Rad neu erfunden worden, ob man das jetzt Vampir oder Fae oder Elb oder sonstwie nennt, interessiert ja nicht unbedingt, insofern es gut geschrieben ist und man sich die Mühe macht, seine erfundene Welt ein wenig zu erklären oder gar zu durchdenken. Doch was machte Frau Armentrout? Dachte sich: Fu... you all, Sex sells. Die begeisterten Stimmen ihrer Leser geben ihr Recht, also warum sich bemühen? Auftritt: der Held. So schön, dass man ihn kaum ansehen kann. Mit geriffelten Bauchmuskeln. Und einem maskulinen langen Hals. (Sieht noch jemand gerade ein Okapi doing-doing-doing durch die Gegend hüpfen?) Ich schwöre, ich nutze nur tatsächlich verwendete Wörter der Autorin. Die grünen Augen muss ich noch erwähnen. Obwohl ich es nicht brauche. Die werden pro Auftritt mindestens dreimal beschrieben. Moosgrün. Leuchtend grün. Dunkelgrün.

Auftritt: die Heldin. Für die werden gleich mal gar keine Beschreibungen benutzt, sondern nur ein Disneyfilm hingeworfen. Sieht aus wie Merida. (Also lediglich die coolste und schönste aller Prinzessinnen.) Weiß aber genau, dass sie hässlich und alle anderen Frauen auf der Welt schöner sind. Dafür ist sie megaschlau, sie studiert nämlich. Warum eigentlich? Antwort: Weil sie mehr will. Mehr was? Keine Ahnung. Vielleicht IQ? Glaube, den kann man mit dem Studieren nutzloser Fächer nicht steigern, schon gar nicht, wenn man eh nur das Niveau von Trump hat.

Also, der Orden gegen die Fae. Über den Orden wird nichts erklärt, der ist halt einfach mal da. Und er bezahlt megagut. Woher kommt eigentlich die Kohle? Es ist ja keine Regierungseinheit, weil sie auch megageheim sind. Und innerhalb der megageheimen Gesellschaft gibt's noch einmal eine megageheime ... Elite. Doch, so nennen die sich. Sind nämlich was Besseres als die anderen megageheimen Kämpfer. Die anderen dürfen nicht erfahren, dass das, was sie bekämpfen, nur der Bodensatz ist und es noch gefährlichere Fae gibt. Wenn man es denen sagt - den Megakämpfern - brechen die nämlich sofort in Panik aus und rennen kopflos durch die Gegend. Looooogisch. Übrigens darf man der Bevölkerung gleich gar nicht mitteilen, dass sie als Snack für Anderweltler herhalten. Weil ... isso. Gibt ja auch genügend Menschen auf der Welt, ein paar mehr oder weniger machen den Kohl nicht fett. Natürliche Auslese und krasse Bevölkerungsregulierung.

Die Fae mitsamt ihrer eigenen Elite: böse und hübsch. Und besser. Die können besser kämpfen und so. Merkt man bloß meistens nicht.

Und jetzt mein persönlichster Aufreger des Buches. Nein, ich meine nicht, dass der Held supermegaheiß ist. (Auf 480 Seiten kam das Wort "heiß" gefühlte 1500 mal vor.) Oder dass die tollpatschige, wunderschöne, aber es nicht ahnende Fast-Jungfrau ihren restlichen Verstand verliert, sobald der Typ sie ständig sexuell belästigt. Macht er. Dauernd. Weil er sich wahrscheinlich ihren Namen nicht merken kann, nennt er sie auch immer Süßes oder Babe. Läuft. Ich meine nicht einmal die verkrampften Sexszenen, die ab der Hälfte des Buches alle zwei Seiten für 20 Seiten beschrieben werden. (Bin mir grad unsicher, heißt das Buch im Original wirklich Wicked oder doch eher Fucked?)

Nein, was mich am allermeisten aufregt, ist Folgendes: Wenn sich ein Fae (der böse Feind) und ein Mensch (die Guten) so richtig, richtig lieb haben, entstehen ganz selten Nachkommen, Halblinge genannt. Die wohnen auch nicht in Hobbithausen, sondern ganz normal unter Menschen oder sogar im Orden. Und die ... werden mal so eben von den Guten, der Ordenselite ... elitär eliminiert. Einfach so. Und warum? Weil ... wenn die nämlich sich auch noch mal ganz doll lieb haben mit einem von der Fae-Elite, kann deren Nachfolger einfach alle Tore in die Anderwelt öffnen.

Öhm ... ja. Echt cool. Töten wir mal eben unsere eigenen Freunde. Die meisten wissen nicht mal, dass es eines ihrer Elternteile mit einem/einer Fae getrieben hat, kämpfen meistens auf Seiten des Ordens oder leben ihr Leben und denken an nichts Schlimmes. Aber egal. Kill 'em all! (Hey, wir sind die Guten, bisschen Schwund ist immer!) Allein auf die vage und völlig unwahrscheinliche Vorstellung hin, dass etwas passieren könnte. Greift sich da außer mir noch jemand an den Kopf? Nein? Okay. Dann lest mal schön solche Bücher weiter. Aber kommt bitte nicht in meine Nähe. Könnte sein, dass ihr auf komische Gedanken kommt, wenn ich blute. Und ich möchte echt nicht mit einem Stück Holz im Herzen enden.

Und an dieser Stelle ende ich lieber meinen Rant, bevor mein Gehirn platzt und ich selbst mit einem IQ wie Mister Trump dastehe.

Veröffentlicht am 18.10.2017

Das Cover ist Programm

Schreckliche Gewalten
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Man muss dem Verlag zugutehalten, dass er diesen Roman wohl selbst nicht ernst nimmt, denn das Cover haben sie bestimmt von den malenden Affen im Krefelder Zoo entwerfen lassen. Das Cover ist auch noch ...

Man muss dem Verlag zugutehalten, dass er diesen Roman wohl selbst nicht ernst nimmt, denn das Cover haben sie bestimmt von den malenden Affen im Krefelder Zoo entwerfen lassen. Das Cover ist auch noch das Beste am Buch. Und was eine Jury als Kunst betrachtet, nun, dafür kann so ein Verlag nun echt nichts.

Worum geht's? Keine Ahnung. Aber spekulieren. Ich stelle mir folgendes Szenario vor:
Verleger und/oder Agent kommen zum Autor und sagen: Weißt du was? Dein Erstlingswerk hat sich gut gemacht, schreib doch mal was Neues, was Tiefsinniges, so was, wie du immer in dein Buch da kritzelst.
Der Autor schaut pikiert auf und sagt: Hey, ich schreibe da nichts. Das ist ein Zeichenbuch für Erwachsene, ich male die Mandalas aus. Solltest du auch mal probieren, ist voll Hare Krishna und so.
Ach, egal, sagen Verleger und/oder Agent. Bald ist wieder dieses Dings, wie heißt das?
Deutscher Buchpreis?, fragt der Autor, während er sorgfältig - die Zungenspitze zwischen die Zähne geklemmt -, ein helles Rot auswählt.
Genau, das Dings. Also, schreibst du was?
Klar, wenn ich die Blüte ausgemalt habe. Apropos Blüte, hast du schon mal Bachblüten ausprobiert? (Hält ihm eine Pflanze vor die Nase.)
Das ist Hanf!, empören sich Verleger und/oder Agent.
Ja, voll gut. Wird man ruhig und kriegt auch schöne Träume. Fast wie Mandalas. Manchmal wird man auch aggressiv.
Ach, egal, wiederholen Verleger und/oder Agent. Schreib das so, Longlist ist sicher.
(Sie hatten Recht.)

Veröffentlicht am 25.09.2017

Auslöschung der Dummheit

Rauhnacht
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Diese Rezension bezieht sich auf das Hörbuch, das hier im Archiv nicht aufgeführt ist.

Alle dreißig Jahre überfällt die Wilde Jagd Tiefenfall, einen abgelegenen Ort in den Alpen. Hexen, Dämonen, Werwölfe, ...

Diese Rezension bezieht sich auf das Hörbuch, das hier im Archiv nicht aufgeführt ist.

Alle dreißig Jahre überfällt die Wilde Jagd Tiefenfall, einen abgelegenen Ort in den Alpen. Hexen, Dämonen, Werwölfe, Lamien und sonstige grausige Wesen töten, verstümmeln und entführen Menschen, sobald sie ihrer habhaft werden. Davon weiß Titus Hardt nichts, der auf Einladung seines alten Freundes Gregor Kranz in den "kleinen" Ort kommt. (Klein schreibe ich deshalb in Anführungszeichen, weil die scheinbar Millionen Einwohner haben, dazu später mehr.) Titus, der als Schriftsteller gerade unter einer Schreibblockade leidet, hofft, hier wieder zu Ideen und Bock aufs Schreiben zu kommen. Gregor, der angeblich Wissenschaftler ist, will hier übliche Gebräuche erforschen, am intensivsten die Rauhnacht, die von allen Einwohnern gefürchtet wird. Bereits am ersten Abend sieht Titus, wie Einwohner am Dorfrand eine Palisade aus geschlagenen Stämmen errichten; auch werden er und sein Freund von dem Bewohnern nicht nur misstrauisch, sondern geradezu feindlich behandelt. Und dann geht das Grauen los ...

... und hört leider bis zum Ende des Buches nicht auf. Das Grauen ist durchaus nicht den Lamien und/oder Hexen, Dämonen und anderen Wesen zuzuschreiben, die wirklich einfach nur ihr Bestes geben. (Nämlich diese unfassbare Dummheit in dem Dorf auszurotten. Go, Witches, go!) Das Grauen betrifft den Aufbau des Buches, die Handlung, die auftretenden Personen. Normalerweise ist man ja auf der Seite der Angegriffenen, hier habe ich jederzeit den Monstern die Daumen gedrückt, alles schnell zu einem Ende zu bringen. Warum? Wo soll man da anfangen? Vielleicht wegen absoluter Sympathielosigkeit sämtlichen Protagonisten gegenüber. Da fängt es nämlich schon mal an. Weder Titus, der eigentlich nur mit seinem Schwanz denkt, noch Gregor, dessen Assistentin, oder Lisa, die Haushälterin, konnten mit irgendwas punkten. Intelligenz war ohnehin nicht vorhanden, denn keiner von ihnen tat mal irgendwas, was jeder andere getan hätte. Zum Beispiel mal Hilfe von Polizei oder Armee zu holen. Wozu auch, hier verschwinden ja nur spurlos Kinder oder werden nachts Leute von Monstern zerrissen.

Dann diese "Dorf"bewohner. Es hieß, Tiefenbach sei ein kleiner, abgelegener Ort. Wie viele Einwohner erwartet man dort? 300 vielleicht? Maximal? Trotzdem werden schon in der ersten der Raunächte über 50 Männer abgeschlachtet, was nichts daran ändert, dass immer noch an allen Ecken und Enden Leute von Hannes, dem menschlichen Antagonisten auftauchen, die irgendwas beobachten können. Meistens noch, während sie auf Leben und Tod mit Monstern kämpfen. Echt aufmerksam, diese Typen, auch wenn sie nicht bis drei zählen können. Überhaupt ist Denken keine Stärke von irgendwem aus dem Buch. Am Abend vor der ersten Rauhnacht fangen sie mal gerade an, eine Palisade am Dorfende zu bauen. Das kann man nämlich nicht schon mal das ganze Jahr über tun - möglicherweise würde das stressfrei abgehen, wer will das schon? Außerdem: Welchen Sinn hat EINE Palisade an EINEM Ende, bitteschön? Es gibt doch vier Himmelsrichtungen? Und die meisten Monster konnten eh fliegen, und selbst wenn die "gesegnete" Palisade sie dort abhält - hey, fliegen wir einfach mal woanders lang, oder? Ich könnte über die unendliche Dummheit in diesem Buch seitenweise referieren. Anfangs habe ich die abwegigen Handlungen und Dialoge auf mein Fieber geschoben - ich habe das Buch während ich krank war gehört -, aber leider war dem nicht so, ich war nicht allein beim Hören, und mir wurde glaubwürdig versichert, dass alles, was ich hörte, auch dem entspricht, was der Sprecher erzählt. Überhaupt, der Sprecher. An und für sich ist er ja nicht schlecht, aber wenn er die Dialoge zwischen den Dorfbewohnern gesprochen hat, war das mit den Stimmlagen, die er wählte, so lächerlich, dass mich manchmal nicht nur das Fieber, sondern auch Lachkrämpfe schüttelten. Empfehlenswert ist also dieses (Hör)Buch nur für Leute, die sich weder um Logik oder Sinn oder auch nur Sprachgefühl scheren und außerdem die meiste Zeit in Absurdistan leben.