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Veröffentlicht am 24.04.2024

Cozy Fantasy über Familie und Gemeinschaft

Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen
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Mika Moon ist eine Hexe – und einsam. Da die Regeln ihrer Gemeinschaft es so vorsehen, ist ihr nicht erlaubt, andere Hexen zu treffen oder gar mit ihnen zusammenzuleben. Um trotzdem ihre Magie mit anderen ...

Mika Moon ist eine Hexe – und einsam. Da die Regeln ihrer Gemeinschaft es so vorsehen, ist ihr nicht erlaubt, andere Hexen zu treffen oder gar mit ihnen zusammenzuleben. Um trotzdem ihre Magie mit anderen teilen zu können, eröffnet sie einen YouTube-Kanal und gibt für ihre Follower*innen vor, mit Spezialeffekten zu arbeiten. Doch dann meldet sich eines Tages Ian bei ihr und bittet sie, nach Nowhere House zu kommen, um dort drei junge Hexen zu unterrichten. Also macht Mika sich mit ihrer Golden Retriever-Hündin Circe auf, um sich die Sache einmal anzusehen.

„Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen“ ist der erste Cozy Fantasy-Roman der Autorin Sangu Mandanna, die zuvor bereits Kinder- und Jugendbücher sowie im Genre Science Fiction veröffentlicht hat. Erzählt wird die Handlung von einem personalen Erzähler, der hauptsächlich die Perspektive von Mika einnimmt, uns aber auch gelegentlich einen Blick in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Figuren werfen lässt.

Mika wird in Nowhere House unterschiedlich gut aufgenommen. Während ihre Schützlinge Altamira und Rosetta sich freuen, endlich auf eine andere Hexe zu treffen, sind das dritte Mädchen – Terracotta – und der Bibliothekar Jamie ungewöhnlich misstrauisch. Terracotta boykottiert den Unterricht mit Mika und Jamie wäre es wohl am liebsten, sie würde einfach wieder verschwinden. Warum will er sie unbedingt loswerden? Und wo ist eigentlich die geheimnisvolle Hausherrin, Hexe Lillian Nowhere?

In ihrer Kindheit wurde die Waise Mika (aufgrund eines Fluches sind alle Hexen Waisen) von den unterschiedlichsten Kindermädchen aufgezogen, die nichts von ihren Kräften wissen durften. Ihren Vormund Primrose sah sie nur selten und hat daher nicht gelernt, konstante Beziehungen zu Menschen aufzubauen. Umso schöner ist es zu sehen, wie sie in Nowhere House zum ersten Mal lernt, was es bedeutet, Teil einer Gemeinschaft, ja einer Familie zu sein und sich gegenseitig zu unterstützen. Hier erinnert mich der Roman stark an TJ Klunes „Mr. Parnassus Heim für magisch Begabte“ - wer dieses Buch geliebt hat, sollte hier unbedingt zuschlagen.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Ein gewaltiger Roman über Wut und Solidarität

Und alle so still
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Elin ist Anfang zwanzig und arbeitet seit der Pandemie als Influencerin. Sie hat zwar eine große Anzahl an Followern, aber auch mit Anfeindungen zu kämpfen, die in einer gewaltvollen Erfahrung mit einem ...

Elin ist Anfang zwanzig und arbeitet seit der Pandemie als Influencerin. Sie hat zwar eine große Anzahl an Followern, aber auch mit Anfeindungen zu kämpfen, die in einer gewaltvollen Erfahrung mit einem Mann gipfeln. Nuri ist neunzehn und hält sich mit zahlreichen Nebenjobs über Wasser: als Barkeeper, als Kurier oder als „Bettenschubser“ in einem Krankenhaus. In eben diesem arbeitet Ruth, Mitte fünfzig, als Pflegerin und sieht sich jeden Tag einer scheinbar unlösbaren Aufgabe gegenüber. Die Lebenswege dieser drei kreuzen sich, als eines Tages Frauen aus Protest auf der Straße liegen.

„Und alle so still“ ist der vierte Roman aus der Feder der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl. Erzählt wird wechselnd aus der Perspektive von Elin, Nurin und Ruth in der dritten Person und der Gegenwartsform, die dem Geschehen eine enorme Unmittelbarkeit verschafft. Wir befinden uns mitten im Geschehen und entdecken nach und nach mit den Figuren selbst, was sich da draußen in der Welt gerade abspielt. Zwischen die Kapitel der Charaktere sind immer wieder andere Erzählstimmen eingeschoben, die einer Pistole z.B. oder die einer Gebärmutter, die auf eine drohende Eskalation hinzuweisen scheinen.

Der Kern der Handlung mutet zwar dystopisch an, ist aber von erschreckender Realität. Die Mehrheit der Frauen hat im Roman genug von einem Leben im Patriarchat und protestiert, in dem sie von Zuhause fortgeht, Beruf, Mann und manchmal auch Kinder zurücklässt und still auf der Straße liegt. Vor einer Bestrafung fürchten die Frauen sich nicht, denn was soll man ihnen noch antun, was ihnen nicht schon längst angetan wurde? In diesem Chaos finden Elin, Nuri und Ruth zueinander, werden in Beziehung gesetzt und spielen, jede*r auf ganz eigene Art, eine große Rolle im Protest. Auch alte Bekannte aus „Die Wut, die bleibt“ treffen wir wieder.

„Und alle so still“ ist ein gewaltiger Roman über die Wut auf das Patriarchat und Solidarität untereinander, besonders aber unter Frauen. Er stellt sich die Frage, was alles möglich wäre, wenn wir irgendwann einfach nicht mehr mitmachen – was gleichzeitig Hoffnung und Schrecken bedeutet.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Bedeutsamer Roman über die Erwartungen an Mütter

Liebesmühe
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Es ist Anfang August und die namenlose Protagonistin hat gerade ihren Sohn zur Welt gebracht. Sie sollte glücklich sein, wie alle anderen Mütter auch (?), doch sie fühlt sich zunehmend überfordert. Von ...

Es ist Anfang August und die namenlose Protagonistin hat gerade ihren Sohn zur Welt gebracht. Sie sollte glücklich sein, wie alle anderen Mütter auch (?), doch sie fühlt sich zunehmend überfordert. Von all den Menschen um sie herum, die ständig etwas von ihr wollen, von der riesigen Veränderung in ihrem Leben und vor allem von ihrem eigenen Kind. Eines Tages hält sie es nicht mehr aus und bricht zusammen. Diagnose: Postpartale Depression.

„Liebesmühe“ ist das neuste Werk aus der Feder der Historikerin und Kulturwissenschaftlerin Christina Wessely. Die Handlung wird von der Protagonistin selbst in der dritten Person dokumentiert, denn ohne diese bewusste Distanzierung könnte sie nicht in Worte fassen, was sie denkt und fühlt. Empfindungen, die so gar nicht zu Konzepten wie „bedingungsloser Mutterliebe“ passen wollen. Auf der anderen Seite ist da aber auch die Wissenschaftlerin in ihr, die gnadenlos analysiert: die Erwartungen, die die Gesellschaft an Mütter stellt, die verschiedensten Erziehungsmethoden, die das Leben mit Kind nur noch zu erschweren scheinen und vieles mehr.

Der Blick, den die Protagonistin aus ihrer Depression heraus auf ihr neues Leben mit Kind wirft, ist ebenso beängstigend wie wichtig. In ihrem Unglück hat sie das Glück, dass sie schnell eine passende Therapeutin findet und Familie und Partner sie unterstützen, dennoch liegt ein langer und dunkler Weg vor ihr. Auf diesem findet sie irgendwann auch eine neue Freundin, die noch tiefer in die Depression versunken zu sein scheint, wie sie selbst und die Schuld dafür beim eigenen Kind sucht. Wer selbst gerade mit ähnlichen Gedanken zu kämpfen hat oder es in der Vergangenheit tat, sollte hier auf sich achten, denn die Beschreibungen sind schonungslos.

Christina Wessely hat einen bedrückenden, aber wichtigen Roman darüber geschrieben, mit welchen Erwartungen die Gesellschaft Müttern gegenübertritt. Dabei vermittelt sie auch die bedeutsame Botschaft, dass nach einer Geburt eben nicht immer alles eitel Sonnenschein ist und es völlig in Ordnung ist, sich Hilfe zu suchen. Ich hoffe, dass sie damit viele (werdende) Mütter erreicht.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

Roman über Verlust mit feinem Humor

Noto
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Vor einigen Jahren haben Konrad und sein Partner Adriano sich auf Sizilien zusammen mit Freunden ein Grundstück gekauft, um darauf ihre Traumhäuser zu bauen. Nun ist das Haus der beiden endlich fertiggestellt, ...

Vor einigen Jahren haben Konrad und sein Partner Adriano sich auf Sizilien zusammen mit Freunden ein Grundstück gekauft, um darauf ihre Traumhäuser zu bauen. Nun ist das Haus der beiden endlich fertiggestellt, doch Adriano ist fort. Er starb bei einem ebenso unnötigen wie tragischen Unfall und Konrad macht sich nun mit Mischlingshund Jack auf den Weg nach Noto. Dort will er sich nicht nur darüber im Klaren werden, was er nun mit dem Haus voller Erinnerungen anfangen soll, sondern auch einen Teil von Adrianos Asche verstreuen, die er in einer Blechdose mit sich trägt.

„Noto“ ist der erste Roman des Journalisten und Autors Adriano Sack. Die Handlung wird aus der Sicht des Protagonisten Konrad in der Ich- und Gegenwartsform erzählt; wir begleiten ihn also hautnah in seiner Trauer und dem Versuch, dem Leben ohne Adriano wieder eine Richtung zu geben. Neben Konrad mischt sich auch immer wieder Adriano selbst ein und kommentiert die Ereignisse. Konrads Therapeutin findet das ganz normal und ein Zeichen der Verbundenheit zwischen den beiden; seltsam werde es erst, wenn Konrad auch antworte. Für mich war das eine schöne Gelegenheit, Adriano als Charakter zu erleben, auch wenn er zu Beginn des Romans schon verstorben ist.

Konrad wird in seiner Trauer von seiner besten Freundin Jenny unterstützt, die mit Ehemann Johannes und den Kindern Loki und Skadi das zweite Ferienhaus auf dem Grundstück besitzt. Sie selbst hat allerdings auch gerade mit Eheproblemen zu kämpfen und Konrad fühlt sich abwechselnd überfordert und angenehm vom eigenen Schmerz abgelenkt. Zu allem Überfluss reist dann auch noch Adrianos Mitbewohner Santi nach Noto und verursacht Chaos in Konrads (Gefühls-)Leben.

Was wie ein schwerer Roman über Tod und Trauer klingt, ist viel mehr als das. Adriano Sack besitzt einen sehr feinen, wenig plakativen Humor, den er in Figurenzeichnungen, Beschreibungen oder Einschüben verstreut. So macht er sich beispielsweise über die hippen deutschen Auswanderer lustig, die sich massenweise durchgestylte Häuser auf Sizilien zulegen und auch Gwyneth Paltrow hat einen Auftritt im Bärenkostüm – herrlich!

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Veröffentlicht am 05.03.2024

Ein wichtiges Sachbuch

Beklaute Frauen
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Es ist nichts Neues, dass Errungenschaften von Frauen in der Geschichte systematisch unsichtbar gemacht und ihre Rollen auf die einer Ehefrau, Tochter, Assistentin oder Muse reduziert wurden. Wie umfassend ...

Es ist nichts Neues, dass Errungenschaften von Frauen in der Geschichte systematisch unsichtbar gemacht und ihre Rollen auf die einer Ehefrau, Tochter, Assistentin oder Muse reduziert wurden. Wie umfassend dies war und in wie vielen Bereichen Männer Beifall für Leistungen erhielten, die sie nicht selbst – oder zumindest nicht ohne Unterstützung von Frauen – erbracht haben, zeigt Leonie Schöler in ihrem kürzlich erschienenen Sachbuch „Beklaute Frauen“.

Nach einer kurzen Einleitung setzt sich die Autorin als erstes mit Frauen in der verschiedensten Revolutionen auseinander, zum Beispiel der Französischen, der Revolution von 1848/49 oder dem Kampf der Suffragetten. Sie kämpften ganz allgemein für Menschenrechte, aber auch für so konkrete Dinge wie den Brotpreis oder das Frauenwahlrecht. Denn bereits sie mussten feststellen: Das Vorbild, an dem alles gemessen und verhandelt wird, ist der weiße Mann.

Im zweiten Kapitel des Buches geht es dann um die Ehe und was diese für Frauen bedeutet. Zusammengefasst werden kann das im so genannten Matilda-Effekt, der besagt, dass je mehr Frauen arbeiten, desto stärker profitieren Männer um sie herum und desto weniger Anerkennung erhalten sie selbst. Ein bekanntes Beispiel? Mileva Marić (Ehefrau von Albert Einstein), deren Anteil an der Relativitätstheorie ihres Mannes als beträchtlich eingeschätzt wird. Von der Wissenschaft lässt sich dieses Phänomen auch auf die Kunst übertragen, was im nächsten Kapitel zum Thema wird. Hier geht es vor allem darum, wie Männer wie Marx, Brecht oder Picasso ihr weibliches Umfeld gezielt ausnutzten.

Kapitel vier befasst sich mit Frauen, denen der Nobelpreis verwehrt blieb (z.B. Rosalind Franklin für die Entschlüsselung der DNA), aber auch mit dem Sport. Denn immer dort, wo Frauen in gemischten Wettkämpfen über Männer siegten, wurde auf einmal die Trennung nach Geschlechtern beschlossen. Auch Leistungen in Kriegen, wie die der Mujeres Libres unter Franco oder der Soldatinnen in der Roten Armee, wurden zu Friedenszeiten vergessen und die Frauen sogar dafür beleidigt. Das letzte Kapitel beschäftigt sich schließlich u.a. mit Frauen, die männliche Pseudonyme verwendeten.

Leonie Schöler ist ein wichtiges, informatives Sachbuch gelungen, das zugleich wütend macht. Schön fand ich, dass sie dabei auch persönliche Geschichten teilt. Ihr Fazit kann ich nur unterstreichen: Es ist beunruhigend und beschämend, dass Frauenrechte im Moment wieder überall beschnitten werden und Aktivismus als unnötig bezeichnet wird.

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