Die sich wandelnde Beziehung von Geschwistern
CascadiaSam und Elena sind auf der Insel San Juan im Nordwesten der USA in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Zusammen mit ihrer schwerkranken Mutter wohnen sie noch heute in dem kleinen, sanierungsbedürftigen ...
Sam und Elena sind auf der Insel San Juan im Nordwesten der USA in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Zusammen mit ihrer schwerkranken Mutter wohnen sie noch heute in dem kleinen, sanierungsbedürftigen Haus, das einst ihre Großmutter gekauft hatte. Obwohl beide arbeiten gehen, haben sie in den vergangenen Jahren immer größere Schulden für die Arztbesuche und Medikamente ihrer Mutter angehäuft. Die Schwestern träumen von einer besseren Zukunft und so entsteht der Plan, nach dem Tod der Mutter das Haus zu verkaufen und anderswo neu anzufangen. Als eines Tages ein Bär die Insel betritt, ändert sich Sams und Elenas Leben jedoch drastisch...
Julia Phillips erzählt in „Cascadia“ von dem Band zwischen Geschwistern. Dazu erschafft sie mit Sam und Elena zwei Figuren, die sich zunächst recht ähnlich scheinen, im Laufe der Geschichte jedoch kaum gegensätzlicher handeln könnten. Dem Schreibstil der Autorin lässt sich gut folgen, dennoch hatte ich Schwierigkeiten, die Gedanken und das Verhalten insbesondere von Elena gegenüber dem Bären nachzuvollziehen. Hier war die Figur für mich einfach zu realitätsfern gezeichnet, sodass sie mir immer ein wenig fremd blieb. Gleiches gilt für die eine oder andere Textstelle zu Sam, die im Laufe ihres Lebens einige Eigenheiten entwickelt hat. Für den Verlauf der Handlung war das Verhalten der beiden Protagonistinnen jedoch essenziell: Anfangs wirken die Schwestern unzertrennlich. Sie teilen innige Erinnerungen an ihre gemeinsamen Erlebnisse in Kindertagen. Sam und Elena verstehen sich augenscheinlich gut, halten in schweren Zeiten zusammen und ziehen an einem Strang. Erst der Bär offenbart Differenzen zwischen den Schwestern. Es wird deutlich, dass vor allem Elena mit zunehmendem Alter begonnen hat, ein eigenständiges Leben zu führen und sich von Sam abzugrenzen, während diese sich wiederum an die Vergangenheit klammert.
Julia Phillips macht mit ihrem Buch darauf aufmerksam, wie stark sich die Beziehung zwischen Geschwistern mit dem Erwachsenwerden wandeln kann. Während in der Kindheit gemeinsame Erlebnisse und womöglich auch ähnliche Interessen zusammenschweißen, emanzipieren sich Brüder und Schwestern später und verfolgen ihren individuellen Lebensweg.