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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2024

Die sich wandelnde Beziehung von Geschwistern

Cascadia
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Sam und Elena sind auf der Insel San Juan im Nordwesten der USA in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Zusammen mit ihrer schwerkranken Mutter wohnen sie noch heute in dem kleinen, sanierungsbedürftigen ...

Sam und Elena sind auf der Insel San Juan im Nordwesten der USA in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Zusammen mit ihrer schwerkranken Mutter wohnen sie noch heute in dem kleinen, sanierungsbedürftigen Haus, das einst ihre Großmutter gekauft hatte. Obwohl beide arbeiten gehen, haben sie in den vergangenen Jahren immer größere Schulden für die Arztbesuche und Medikamente ihrer Mutter angehäuft. Die Schwestern träumen von einer besseren Zukunft und so entsteht der Plan, nach dem Tod der Mutter das Haus zu verkaufen und anderswo neu anzufangen. Als eines Tages ein Bär die Insel betritt, ändert sich Sams und Elenas Leben jedoch drastisch...

Julia Phillips erzählt in „Cascadia“ von dem Band zwischen Geschwistern. Dazu erschafft sie mit Sam und Elena zwei Figuren, die sich zunächst recht ähnlich scheinen, im Laufe der Geschichte jedoch kaum gegensätzlicher handeln könnten. Dem Schreibstil der Autorin lässt sich gut folgen, dennoch hatte ich Schwierigkeiten, die Gedanken und das Verhalten insbesondere von Elena gegenüber dem Bären nachzuvollziehen. Hier war die Figur für mich einfach zu realitätsfern gezeichnet, sodass sie mir immer ein wenig fremd blieb. Gleiches gilt für die eine oder andere Textstelle zu Sam, die im Laufe ihres Lebens einige Eigenheiten entwickelt hat. Für den Verlauf der Handlung war das Verhalten der beiden Protagonistinnen jedoch essenziell: Anfangs wirken die Schwestern unzertrennlich. Sie teilen innige Erinnerungen an ihre gemeinsamen Erlebnisse in Kindertagen. Sam und Elena verstehen sich augenscheinlich gut, halten in schweren Zeiten zusammen und ziehen an einem Strang. Erst der Bär offenbart Differenzen zwischen den Schwestern. Es wird deutlich, dass vor allem Elena mit zunehmendem Alter begonnen hat, ein eigenständiges Leben zu führen und sich von Sam abzugrenzen, während diese sich wiederum an die Vergangenheit klammert.
Julia Phillips macht mit ihrem Buch darauf aufmerksam, wie stark sich die Beziehung zwischen Geschwistern mit dem Erwachsenwerden wandeln kann. Während in der Kindheit gemeinsame Erlebnisse und womöglich auch ähnliche Interessen zusammenschweißen, emanzipieren sich Brüder und Schwestern später und verfolgen ihren individuellen Lebensweg.

Veröffentlicht am 27.05.2024

Ein unerwartetes Spiel mit den Genres

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
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Als die Transsibirische Eisenbahn nach einer längeren Pause im Jahr 1899 wieder zur Durchquerung des Ödlands aufbricht, ahnen die Passagiere noch nicht, welch außergewöhnliche Reise vor ihnen liegt. Unter ...

Als die Transsibirische Eisenbahn nach einer längeren Pause im Jahr 1899 wieder zur Durchquerung des Ödlands aufbricht, ahnen die Passagiere noch nicht, welch außergewöhnliche Reise vor ihnen liegt. Unter ihnen sind Maria, die nicht die ist, die sie vorgibt zu sein, Dr. Grey, der als Wissenschaftler die Besonderheiten des Ödlands erforscht und dafür jegliche Gefahren in Kauf nimmt, sowie Weiwei, die im Zug geboren wurde und ihn seither ihr Zuhause nennt. Alle Passagiere treten die Fahrt aus unterschiedlichen Gründen an, werden den Zug jedoch nicht so verlassen, wie sie sich das vorgestellt haben…

Nachdem ich den Klappentext, der vom Verlag veröffentlicht wurde, gelesen hatte, konnte ich nicht so recht erkennen, in welche Richtung sich dieser Roman entwickeln wird. Auch während des Lesens habe ich mich stetig gefragt, wohin uns die Autorin mit ihrer Geschichte führt. Vor allem in der ersten Hälfte des Buches werden viele Dinge nur angedeutet, sodass manche Zusammenhänge lange im Argen bleiben. Das wiederum sorgte aber dafür, dass meine Neugier und Spannung auf einem hohen Niveau gehalten wurden und ich immer weitergelesen habe. Ab der Mitte der Geschichte verdichtet sich das Erzählte und nimmt zunehmend an Tempo auf, sodass es bis zum Schluss fesselt.
Inhaltlich war mir vorab nicht klar, worauf ich mich einlasse. Handelt es sich um einen Fantasyroman oder doch eher einen historisch angelegten Krimi? Die Autorin spielt während der gesamten Geschichte geschickt mit den Genres, sodass ich das Buch auch nach dem Lesen nicht eindeutig zuordnen kann. Das „Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland“ spielt in der Vergangenheit, enthält unwirkliche und magische Elemente, die jedoch als überzeichnete Symbole gedeutet werden könnten, sodass der Roman für mich fast ein wenig den Charakter einer Parabel erhält.
Während des gesamten Romans, dessen Genre mich so sehr in die Irre geführt hat, habe ich nach dem tieferen Sinn der Geschichte gesucht. Mit ein wenig Abstand kann ich nun sagen, dass ich diese für ein Zusammenspiel halte aus Kritik an der Gesellschaft, der Industrialisierung und Kommerzialisierung, mächtigen Konzernen sowie als Mahnung hinsichtlich der mit alldem zusammenhängenden Umweltzerstörung. Das „Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland“ kann als Aufbruch in ein neues Zeitalter verstanden werden, in dem die Welt nicht mehr durch einen skrupellosen Machtapparat und dessen finanzielle Interessen bestimmt wird, sondern in dem man in Einklang mit der Natur lebt und diese schützt.

Veröffentlicht am 24.05.2024

Guter Ansatz mit verbesserungswürdiger Umsetzung

So bist du - Wähle das, was zu dir passt
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„So bist du“ ist ein Buch, das sich an junge Kinder richtet. Es besteht aus Hartpappe und ist daher recht stabil. Auf insgesamt 30 Seiten verteilen sich kurze Texte und eine großflächige Bebilderung. Die ...

„So bist du“ ist ein Buch, das sich an junge Kinder richtet. Es besteht aus Hartpappe und ist daher recht stabil. Auf insgesamt 30 Seiten verteilen sich kurze Texte und eine großflächige Bebilderung. Die Texte erzählen von mehreren Tieren, die unterschiedliche Situationen durchleben. Dabei widmet sich jeweils eine Doppelseite einem Thema, sodass es entgegen meiner Erwartung keine fortlaufende Geschichte gibt.
Kinder werden beim Vorlesen dazu eingeladen, mitzumachen und Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise soll der schönste Luftballon benannt oder ein Spielzeug ausgewählt werden. Die Auswahl der angesprochenen Themen gefällt mir gut, da sie aus der Lebenswelt der Kinder stammen. Neben den bereits genannten Beispielen finden sich hier auch noch Inhalte zur Ernährung, zu Kleidung und Gefühlen usw. Das Buch versucht dazu anzuregen, über sich selbst nachzudenken und sich dadurch besser kennenzulernen. Ich persönlich empfinde viele Fragen allerdings als sehr oberflächlich und würde mir wünschen, dass nach tiefergreifenden Erklärungen oder Begründungen gefragt wird. Denkbar ist für mich z.B. Folgendes: Warum möchtest du gerne mit diesem Spielzeug spielen? Weshalb fühlst du dich gerade glücklich/traurig/wütend? Auch wenn sich das Buch ausdrücklich an Leser ab 2 Jahren richtet, glaube ich, dass einige Kinder auch in diesem Alter durchaus schon in der Lage sind, bereits über die Gründe für ihre Entscheidungen/ihr Handeln nachzudenken.
Etwas kritisch sehe ich außerdem die Zusammenfassung auf der letzten Doppelseite. Hier beantworten alle Tiere die gestellten Fragen. Nils mag beispielsweise Apfelsaft, während Kasimir zuerst mit der Murmelbahn spielen möchte. Für manche Kinder mag das ganz unterhaltsam sein, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass das bei einigen zur Folge hat, dass sie die Fragen beim zweiten Lesen nicht mehr für sich beantworten, sondern mit dem, was sie sich über das jeweilige Tier gemerkt haben und ihnen nun als die „erwünschte“ bzw. „richtige“ Antwort erscheint. Damit wäre der eigentliche Sinn des Buches verfehlt.
Hinsichtlich der Gestaltung lässt sich festhalten, dass alle Seiten farbenfroh umgesetzt wurden, wobei die Illustrationen Geschmackssache sind.

Veröffentlicht am 15.04.2024

Ein Thriller, der zu Natur- und Umweltschutz mahnt

Die Stimme der Kraken
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Seit Jahrhunderten ranken sich Legenden um die Ungetüme in den Gewässern vor Don Cao. Nachdem sie mehrere Menschenleben auf dem Gewissen haben, wächst das Interesse großer Konzerne an den hochentwickelten ...

Seit Jahrhunderten ranken sich Legenden um die Ungetüme in den Gewässern vor Don Cao. Nachdem sie mehrere Menschenleben auf dem Gewissen haben, wächst das Interesse großer Konzerne an den hochentwickelten Lebewesen. Die Bewohner der Insel werden mit einer großzügigen Abfindung umgesiedelt und schon bald beginnt die Wissenschaftlerin Ha unter größter Geheimhaltung mit der Erforschung der Tiere. Während sie erstaunliche Entdeckungen zur Sprache und Kultur der Kraken macht, geschehen im Rest der Welt ungeheuerliche Dinge…

Die Handlung spielt in der Zukunft, in der Künstliche Intelligenz längst zum Alltag gehört. Mit selbststeuernden Schiffen, allgegenwärtiger Überwachung durch Drohnen und dem ersten Androiden wird aufgezeigt, in welche Richtung sich unsere bisherigen technischen Errungenschaften noch entwickeln könnten. Teils empfinde ich das Szenario als sehr beängstigend!
Eingebettet in dieses Setting erleben wir abwechselnd die Wissenschaftlerin Ha, den Hacker Rustem und den Sklaven Eiko. Neben den drei genannten Figuren tauchen etliche Nebencharaktere auf. Die in dem Buch gewählten Namen sind für mich eher ungewöhnlich, weshalb ich anfangs einige Mühe hatte, mir diese zu merken und sie auseinanderzuhalten. Man lernt jede der Hauptfiguren ein wenig kennen und erfährt, was sie in ihre aktuelle Lebenssituation gebracht hat. Auffallend ist, dass alle drei eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber ihren Mitmenschen aufweisen. Sie haben daher kaum soziale Kontakte und sind sehr einsam. Nach meiner Auffassung ist dies eine Folge der fortgeschrittenen Technisierung der Welt. Leider wurde ich mit keiner der drei Figuren wirklich warm, bis zum Schluss blieben sie mir fremd. Vieles bleibt in den Erzählungen nur vage umschrieben – allen Voran die Auftraggeber der Charaktere bzw. deren Interessen. Hier erfährt man lediglich, dass hinter den Machenschaften Großkonzerne stecken, für die ein Menschenleben nichts wert ist. Um ihre Interessen durchzusetzen, nehmen sie daher auch Sklaverei und Mord in Kauf. Damit wird in dem Buch ein sehr düsteres Weltbild gezeichnet. Die drei Erzählstränge werden am Ende zusammengeführt, sodass mir einige Inhalte und Verbindungen erst dann klar wurden.
Im Lauf der Geschichte werden an mehreren Stellen die Funktionsweisen des menschlichen Gehirns oder des Körpers einer Krake beschrieben. Auch beinahe philosophische Absätze darüber, was Verstand bedeutet oder die Seele ist, sind enthalten. An diesen Stellen fiel es mir zeitweise etwas schwer zu folgen. Die Kapitel sind kurz gehalten, sodass sie sich meist zügig lesen lassen. Der Autor versteht es dabei, jeden Leseabschnitt so zu gestalten, dass er mit einer Situation endet, die neugierig auf die weiteren Ereignisse macht.
„Die Stimme der Kraken“ behandelt mehrere Themenkomplexe. Das Buch ist eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die uns die KI bietet ebenso wie eine Auflistung der Gefahren, die von ihr ausgehen. Vor allem aber übt der Roman deutliche Kritik an uns Menschen, die wir uns oft als die am weitesten entwickelte Spezies sehen und keine anderen Lebewesen mit ähnlicher Kultur und Sprache neben uns dulden. In der Geschichte klingt die Aufforderung an, sich nicht als überlegener Herr der Welt anzusehen, sondern im Einklang mit der Umwelt und in Verbundenheit mit anderen Spezies zu leben. Dazu gehört es, ab und an die Perspektive zu wechseln: Wir Menschen nehmen unsere Umgebung auf eine ganz bestimmte Art und Weise wahr. Doch wie sieht unsere Umwelt uns? Wie sieht die Krake die Spezies Mensch, die in ihren Lebensraum eindringt, diesen gefährdet und zahlreiche Tiere jagt? Nur dann, wenn man sich diese Fragen stellt, ist ein gegenseitiges Verständnis möglich. Damit ist „Die Stimme der Kraken“ ein eindringliches Plädoyer für die Auseinandersetzung mit der Natur und unserer Umwelt sowie eine Aufforderung zu deren Schutz.

Veröffentlicht am 04.03.2024

Das bedrückende Schicksal zweier Familien

Leuchtfeuer
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Eine Familie, die ein Geheimnis mit sich trägt, und eine Familie, deren Sohn besondere Interessen hegt. Beide Nachbarn. Ihr Schicksal führt sie zusammen. Dies sind - knapp formuliert - die Zutaten für ...

Eine Familie, die ein Geheimnis mit sich trägt, und eine Familie, deren Sohn besondere Interessen hegt. Beide Nachbarn. Ihr Schicksal führt sie zusammen. Dies sind - knapp formuliert - die Zutaten für den Roman "Leuchtfeuer".
Nachdem die Geschwister Theo und Sarah einen schweren Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang verursacht haben, liegt ein dunkler Schatten über der bisher glücklichen Familie. Statt jedoch über das Geschehene zu reden und die Ereignisse aufzuarbeiten, schweigt Familie Wilf.
Als Jahre später auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein junges Paar einzieht, bringt der Zufall Ben Wilf mit deren Sohn Waldo zusammen. Zwischen ihnen, die beide ihr Päckchen zu tragen haben, entwickelt sich eine enge Beziehung.

Nachdem dieses Buch so intensiv beworben wurde, wollte ich es unbedingt lesen. Leider kann ich die Begeisterung hierfür nicht teilen, was schon mit der Erzählweise beginnt: Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern enthält Rückblenden und Vorausschauen. Bis zum Schluss konnte ich mich damit nicht richtig anfreunden, da es mir das Verständnis erschwerte und teilweise auch Ereignisse vorweggenommen wurden.
Auch inhaltlich ist das Buch hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. So hatte ich darauf gehofft, dass alle Familienmitglieder die Einsicht gewinnen, man müsse über den schlimmen Unfall sprechen und dass sie ihr Trauma dadurch gemeinsam bewältigen. Hier hätte ich mir also ein versöhnliches Ende gewünscht. Stattdessen hat das Geschehene die Familie jahrelang belastet und die einzelnen Mitglieder entzweit. Erst viel zu spät haben Theo, Sarah und Ben begonnen den Unfall aufzuarbeiten, sodass die negative Grundstimmung des Buches für mich bis zum Ende bestehen blieb.
Ein nicht unerheblicher Teil des Romans dreht sich um Familie Shenkman, die zwar keinen direkten Bezug zu dem Autounfall hat, die jedoch ebenfalls ein schwieriges Schicksal ereilt. Deren Sohn Waldo ist eine bezaubernde Figur, die mir definitiv ans Herz gewachsen ist. Er ist es, der beide Familien zusammenbringt. Die Umstände, unter denen Waldo aufwächst und lebt, empfinde ich als traurig, sodass mich auch dieser Teil des Romans bedrückt zurücklässt.
Wenn ich ein positives Resümee aus "Leuchtfeuer" ziehen müsste, dann die persönliche Erkenntnis, dass innerhalb der eigenen Familie belastende Themen nicht unausgesprochen bleiben sollten.