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Veröffentlicht am 04.08.2024

"Der Teufel steckt nicht im Detail."

Verbrannte Gnade
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„Und jeder ist imstande, sich zu verändern. Selbst ich.“

Seit der Lektüre von „Südbalkon“ bin ich ein großer Fan des Imprints des Berliner Aufbau-Verlags, Blumenbar. Jede neue Publikation wandert ...

„Und jeder ist imstande, sich zu verändern. Selbst ich.“

Seit der Lektüre von „Südbalkon“ bin ich ein großer Fan des Imprints des Berliner Aufbau-Verlags, Blumenbar. Jede neue Publikation wandert auf meine Wunschliste.
Das Cover des Romans „Verbrannte Gnade“ mit seinem stilisierten Buntglasfenster sprach mich sofort an. New Orleans als Handlungsort ist immer eine gute Wahl. Die Protagonistin scheint eine unkonventionelle Heldin zu sein (der Untertitel „Die Punkrocknonne ermittelt“ deutet es schon an). Ein Krimi im Kirchenmilieu? Immer her damit!

Worum geht’s?
Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen, daher hat man als Leserin das Gefühl, hautnah dabei zu sein, andererseits bringt diese Perspektive gewisse Einschränkungen mit sich. Die kettenrauchende, nicht – heterosexuelle, tätowierte Nonne Holiday ist überzeugt, dass teuflische irdische Mächte am Werk sind, als die Klosterschule St. Sebastian ins Visier eines Killers gerät – als der Hausmeister Jack tot aufgefunden wird und ein Brandanschlag das Institut, an welchem die eigensinnige Nonne unterrichtet, erschüttert, muss etwas unternommen werden. Für die Heldin beginnt eine fieberhafte Suche…
Vor der Lektüre hatte ich mich auf einen knackigen Kriminalroman gefreut. Ich mag es, wenn die Ermittler in Whodunits keine Polizisten oder Forensiker sind. Der Katholizismus in New Orleans mag auf manche Leser exotisch wirken, ich mochte die philosophisch – religiösen Dilemmata in der Erzählung sehr gern. Allerdings müssen Glaubensfragen und gläubige Menschen in meinen Augen nicht unkonventionell oder „cool“ sein, um eine Daseinsberechtigung zu haben. Insofern spielt der Zeitgeist in „Verbrannte Gnade“ eine nicht unerhebliche Rolle. Die Exposition las sich noch flüssig. Meine anfängliche Begeisterung ließ jedoch rasch nach, da die Autorin Margot Douaihy stellenweise viel zu dick aufträgt & auf erzähltechnisch ausgetretenen Pfaden wandelt – New Orleans, ein (klimatisch) schwüles, heißes Sündenbabel? Obwohl die Figuren diverse Probleme haben und schlimme Erfahrungen verarbeiten müssen, sind sie teils seltsam flach. „Verbrannte Gnade“ ist kein Krimi, in welchem es Schlag auf Schlag geht, man sollte als Rezensent/in daher keinen temporeichen Actionkracher erwarten. Wenn man sich beim Lesen konzentriert, wird man relativ schnell auf des Rätsels Lösung kommen.
„Verbrannte Gnade“ ist der ausbaufähige Auftaktband einer neuen Reihe. Aus dem Stoff hätte die Autorin viel mehr machen können, daher werde ich den Folgeband „Gesegnetes Wasser“ wohl nicht lesen.




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Veröffentlicht am 31.07.2024

Eine Reise ins GLÜCK

Die Sommer mit ihm
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Vorab:

Die Umschlaggestaltung des Romans lädt zum Träumen ein, das Cover macht richtig Lust auf’s Lesen!

" Das Bild lässt mich nicht mehr los, sogar in meinen Träumen werde ich in diese Strandszene versetzt.“

Sophie ...

Vorab:

Die Umschlaggestaltung des Romans lädt zum Träumen ein, das Cover macht richtig Lust auf’s Lesen!

" Das Bild lässt mich nicht mehr los, sogar in meinen Träumen werde ich in diese Strandszene versetzt.“

Sophie „Soph“ hat es nicht leicht – sie muss Abstand von ihrem toxischen Exfreund gewinnen, außerdem trauert sie um ihre verstorbene Mutter, die als Künstlerin tätig war. Eines der Gemälde der Mutter gilt als verschollen; Recherchen führen Sophie indes nach Griechenland, in den kleinen Küstenort Methoni. Die Herzlichkeit der Menschen tut der jungen Britin so gut, dass sie sogar offen für eine neue Liebe ist, der fesche Fischer Theo angelt sich das Herz der Engländerin. Doch es gibt einige Hindernisse auf dem Weg zum Glück …

„Die Sommer mit ihm“ ist eine nette Urlaubslektüre, allerdings sollte man keine locker – flockige, primär heitere Geschichte (nach Art einer Sophie Kinsella) erwarten. Es gibt auch ernste Untertöne und dramatische Passagen, glücklicherweise aber keinen reinen Problemplot wie bei Emily Henry. Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen, daher hat man als Leserin das Gefühl, hautnah dabei zu sein, andererseits bringt diese Erzählperspektive gewisse Einschränkungen mit sich, leider auch Wiederholungen. Mir gefiel Emma Cowells Stil einigermaßen gut – die farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen lassen perfektes Ferienfeeling aufkommen, kulinarische Köstlichkeiten machen Appetit. Die Figurenzeichnung fand ich insgesamt auch okay, obwohl die eine oder andere Charakterisierung doch etwas schematisch war (die frankophone Agentin etwa); manche Erzählelemente fand ich unlogisch.

Der Handlungsverlauf ist (wie könnte es in diesem Genre anders sein) natürlich einigermaßen vorhersehbar, mich hat das happy ending aber nicht gestört, zumal der positive Abschluss der Erzählung ein gutes Gegengewicht zu Themen wie Gewalt & Infertilität bietet.

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Veröffentlicht am 20.05.2024

'Die Liebe ist ein seltsames Spiel ...'

Funny Story
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„Jahrzehnte, in denen ich der Welt gepanzert gegenübergetreten bin, und jetzt finde ich dieses Gefühl nicht mehr, diese Trennwand zwischen mir und allen anderen, und das ist beängstigend und ...

„Jahrzehnte, in denen ich der Welt gepanzert gegenübergetreten bin, und jetzt finde ich dieses Gefühl nicht mehr, diese Trennwand zwischen mir und allen anderen, und das ist beängstigend und befreiend und intensiv.“

Das blaue Cover (und überhaupt die verspielte Umschlaggestaltung) von Emily Henrys “Funny Story“ versprach gute Unterhaltung. Ich stellte mich auf eine witzige und heitere Lektüre à la Sophie Kinsella ein. Manchmal muss es eben Chicklit sein!

Worum geht’s?

Die Ich-Erzählerin Daphne führt durch das Geschehen. Nachdem sie von ihrem Liebsten verlassen wurde, macht sie aus der Not eine Tugend – sie gründet mit Miles, der von Petra verlassen wurde, eine WG. Daphnes Ex Peter und Petra lieben sich nämlich neuerdings. Wie der Zufall es will, sind Miles & Daphne bald gezwungen, ein glückliches Paar zu mimen – in einer Kleinstadt ist das nicht eben leicht …
Emily Henry präsentiert in „Funny Story” eine Kombination aus beliebten Stilmitteln des NA – bzw. Liebesromangenres:
Fake Dating trifft auf Kleinstadtromantik (kann man von Slow Burn sprechen, wenn die Hauptpersonen relativ schnell fast im Bett landen?). Die Charakterisierung der Figuren ist vor allem zu Beginn etwas klischeehaft geraten. Daphne ist rational und zugeknöpft (Berufsrisiko?), Miles ein liebenswerter Chaot; die Protagonisten entwickeln sich jedoch im Verlauf der Geschichte. Da ich bereits „Happy Place“ und „Book Lovers“ gelesen habe, war mir klar, dass die amerikanische Autorin versucht, Frauenliteratur mit Anspruch zu produzieren. Stilistisch kann man Henry daher am ehesten mit Mhairi McFarlane vergleichen, obwohl es bei Henry ernstere Untertöne als bei der schottischen Autorin gibt. Schon in ihrem Roman „Book Lovers“ schickte Emily Henry „Büchermenschen“ ins Rennen – die Lektorin Nora war Teil einer Small Town Romance. In „Funny Story“ kämpft die Kinderbuchbibliothekarin Daphne um ihr Glück. Anfangs ist die Geschichte noch ganz unterhaltsam. Ungefähr ab der Mitte kommt es leider zu Längen in der Erzählung, und der Handlungsverlauf ist auch nicht unbedingt unvorhersehbar. Wie in allen Romanen der Autorin (die übrigens kreatives Schreiben studierte) spielen Kindheitstraumata und ihre Auswirkungen auf das Beziehungsverhalten eine Rolle. Der Grundgedanke hinter den Geschichten der Amerikanerin ist klasse, die Umsetzung gefällt mir persönlich eher weniger. Henrys Romane finde ich insgesamt ausbaufähig; ich hatte mir von „Funny Story“ jedoch eine Steigerung versprochen, ein routiniertes Ausmerzen vorheriger Schwächen. Die Autorin schien jedoch Schwierigkeiten mit der Strukturierung der sperrigen Story zu haben. Ich hätte den Plot definitiv gestrafft; stellenweise musste ich mich zum Weiterlesen regelrecht motivieren. Für einen lockerflockigen Sommerroman gibt es zu viel Drama, vielleicht ist es einfach Geschmackssache – wenn ich problemorientierte Literatur lesen will, greife ich nicht zu Chicklit. Obwohl es ein paar nette Passagen gibt, konnte mich „Funny Story“ insgesamt nicht so richtig „abholen“.




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Veröffentlicht am 16.04.2024

Summer in the city

Happy Hour
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„Der amerikanische Barkeeper entpuppte sich als doch ziemlich skrupellos und suchte am Ende doch bloß wieder eine Frau mit einer Wohnung. Ich wiederum suchte Zerstreuung, doch dafür erinnerte ...

„Der amerikanische Barkeeper entpuppte sich als doch ziemlich skrupellos und suchte am Ende doch bloß wieder eine Frau mit einer Wohnung. Ich wiederum suchte Zerstreuung, doch dafür erinnerte er mich zu sehr an mich selbst. “

Isa & Gala wollen das pralle Leben genießen, daher reisen die beiden Twens von London nach New York. Da sie kein Arbeitsvisum erhalten, müssen sie allerlei dubiose Jobs annehmen; etwa als Aktmodell. Außerdem verkaufen sie Waren auf dem Markt. Einer ihrer Mitbewohner verkündet, weißen Frauen könne man nicht trauen, woraufhin die einundzwanzigjährige Ich-Erzählerin Isa (es wird auf ihre Herkunft/Hautfarbe angespielt) kontert, dass Gala für eine Weiße ziemlich leiderprobt sei (die Critical Race Theory lässt grüßen), da gebürtig aus „Ex-Jugoslawien“ stammend. Ein Roman über junge Menschen, für junge Menschen? Einen Sommer lang wollen sich die Mädels die Drinks finanzieren lassen und einfach Spaß haben. Hedonismus pur!
Doch unter der Oberfläche brodelt eine große Unsicherheit, außerdem gibt es im 21. Jahrhundert immer noch so etwas wie Klassenschranken und soziale Ungerechtigkeit, da ist die Ansage, dass die Welt ein Dorf sei, eigentlich nur das hohle Geschwätz der Privilegierten. Vordergründig ist „Happy Hour“ ein spritziger Sommerroman. Wenn man zwischen den Zeilen liest, ist er aber auch eine Milieustudie, ein Gesellschaftsroman & ein sozialkritischer Kommentar. Es werden auch psychologische Profile entworfen, da die Geschichte eher character – driven als plot – driven ist, wirkt die Haupthandlung wie eine Aneinanderreihung von oberflächlichen Ereignissen, eine Party jagt die nächste; die Erzählung will aber gar keine Chronik der Begebenheiten sein. Ist alles mehr Schein als Sein? „Es ist so viel einfacher, sich albern und leichtfertig zu geben, als wirklich die Summe der eigenen Erfahrungen zu sein.“ Stil und Sprache in „Happy Hour“ passen zum Sujet, ich hätte mir stellenweise jedoch ein wenig mehr Abwechslung gewünscht, da sich die Szenen wiederholen, der episodenhafte Charakter der Erzählung legt nahe, dass die story als Film womöglich besser funktioniert, die Handlung erstreckt sich von Mai bis September.
Jammern auf hohem Niveau?
Ob „Happy Hour“ gelungene Weltschmerz - Literatur ist, muss jeder Leser für sich entscheiden. Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche wird meines Erachtens in Emma Clines „Die Einladung“ pointierter dargestellt, insofern ist der Sommerroman („Happy Hour“ findet wie Emmas Roman, in welchem die Heldin um jeden Preis ein Ticket für die Hamptons lösen will, auch vor dem Hintergrund einer Hitzewelle statt) Clines die bessere Kapitalismuskritik. Marlowe Granados versucht komplexe Figuren zu erschaffen, weswegen sie die Freundschaft von Gala & Isa als eine Art Hassliebe präsentiert. Diese mehr oder weniger toxische Beziehung erinnerte mich an die Verbindung der Protagonistinnen in Lana Bastašićs „Fang den Hasen“, insofern ist Granados‘ Ansatz so innovativ auch wieder nicht, die Autorin hätte insgesamt mehr aus der Geschichte machen können.

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Veröffentlicht am 14.01.2024

Dialoglastiger Histokrimi

Paris Requiem
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„Ohne ein Wort tat er so, als nähte er seine Lippen zusammen.“

1940: Das nationalsozialistische Deutschland hat Frankreich unterworfen. Mit dem Verfassungsgesetz vom 10. Juli löst das Vichy ...

„Ohne ein Wort tat er so, als nähte er seine Lippen zusammen.“

1940: Das nationalsozialistische Deutschland hat Frankreich unterworfen. Mit dem Verfassungsgesetz vom 10. Juli löst das Vichy – Regime die Dritte Französische Republik ab, bis 1944 sollte der autoritäre Staat unter Pétain bestehen; es kam zur Kollaboration, aber auch zum Widerstand. Dies zum geschichtlichen Hintergrund von Chris Lloyds historischem Kriminalroman „Paris Requiem“. Es handelt sich hierbei um den zweiten Band der Reihe rund um Inspecteur Eddie Giral. Obwohl ich den ersten Teil der Serie („Die Toten von Gare d’Austerlitz“) nicht gelesen habe, hatte ich bei der Lektüre von „Paris Requiem“ keine Verständnisschwierigkeiten.

Worum geht’s?

Paris wird von mysteriösen Morden erschüttert. In einem abgewrackten Jazzclub wird eine Leiche entdeckt. Die Lippen des Opfers sind zugenäht, und als Édouard „Eddie“ Giral herausfindet, dass der Tote ein Sträfling war, der eigentlich im Gefängnis hätte sitzen müssen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Cui bono? Giral muss gegen mächtige Gegner antreten und sich durch ein Dickicht von Kollaboration und Intrigen kämpfen…

Ein Ich-Erzähler führt durch das Geschehen. Stil und Sprache sind (wie so oft in dem Genre) nicht kompliziert, daher kann man das Buch relativ zügig lesen; es bleibt die Frage, ob die einigermaßen moderne Sprache (bzw. die deutsche Übersetzung) zu der beschriebenen Ära passt. Der Ansatz des Autors, seine Geschichte im Zweiten Weltkrieg spielen zu lassen, ist natürlich nicht neu. Auch sind manche Motive nicht neu – vernähte Münder gehören in Thrillern fast schon zum Inventar. Logisch, dass Giral traumatische Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg eher verdrängt als verarbeitet hat (man denke nur an Thomas Shelby von den Peaky Blinders oder an Volker Kutschers Gereon Rath). Lloyds Ausarbeitung ist dennoch reizvoll, die kurzen, dialoglastigen Kapitel ließen mich an spannende Filmszenen denken, nur manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Charaktere mit dem heutigen Wissen vergangene Ereignisse kommentierten. Als Autorin hätte ich die Handlung stellenweise ein wenig gestrafft.
Am besten gefiel mir der historische Hintergrund des Krimis sowie die plastische Darstellung von Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Epoche, auch die Figuren haben durchaus Potential, die Charakterisierung kann mit jedem neuen Band vertieft werden.

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