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Veröffentlicht am 22.04.2024

Die wunderbare Wiederauferstehung der Freya Lockwood

Der falsche Vogel
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So ein richtig gemütlicher britischer Krimi, der in einem idyllischen englischen Dorf und auf einem etwas heruntergekommenen Landgut spielt! Die Protagonistin ist Freya, geschiedene Mutter einer inzwischen ...

So ein richtig gemütlicher britischer Krimi, der in einem idyllischen englischen Dorf und auf einem etwas heruntergekommenen Landgut spielt! Die Protagonistin ist Freya, geschiedene Mutter einer inzwischen erwachsenen Tochter. Nach dem Tod ihrer Eltern ist sie bei ihrer etwas exzentrischen Tante Carole aufgewachsen und hat bei deren Lebensgefährten Arthur in seinem Antiquitätenladen gelernt und mit ihm zusammen als Kunst- und Antiquitätendetektivin gearbeitet, bis eines Tages in Kairo etwas Furchtbares passiert ist. Was das war, wird im Laufe der Handlung peu à peu erklärt. Seitdem hatte Freya den Kontakt zu Arthur und auch zu ihrer Tante komplett abgebrochen, war nach London gezogen und hatte geheiratet. Nun ist Arthur tot, und wir als Leser wissen, dass er ermordet wurde - auch Tante Carole hat einen diesbezüglichen Verdacht. Und Arthur hatte in weiser Voraussicht auch schon alles vorausgeplant, denn Freya soll seinen Tod aufklären. Und außerdem zu ihrer wahren Berufung als Antiquitätenfahnderin zurückfinden, denn darin ist sie richtig gut - ihre Phase als Hausfrau und Mutter hat sie nicht wirklich befriedigt. Zunächst läßt Freya sich nur widerwillig darauf ein, blüht aber förmlich auf während der Ermittlungen auf dem Gut des verstorbenen Kunstsammlers Lord Metcalf, der möglicherweise in dubiose Geschäfte verstrickt war, und in Anwesenheit einer suspekten Gruppe von dessen Verwandtschaft, Personal und Anwalt. Zu ihrer Freude entdeckt sie, dass sie immer noch über ihre früher erlernten Fähigkeiten verfügt.
Humorvoll, unterhaltsam und spannend, genau das, was das Herz des Cosy-Fans begehrt. In gut lesbarem, flüssigen Schreibstil wird die Handlung aus je unterschiedlicher Perspektive einzelner Protagonisten geschildert und kommt dann zu einem überraschenden und befriedigenden Ende. Und läßt den Leser in der Hoffnung auf baldige Fortsetzung zurück. Für Fans des Genres eine klare Empfehlung!

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Literarische Erinnerungen an die Pandemie

Die Verletzlichen
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Sigrid Nunez' flüssiger Schreibstil hat mich von Anfang an wieder in seinen Bann gezogen, aber ich war zuerst doch etwas irritiert: ein richtiger Roman ist das eigentlich nicht, denn es gibt auch keine ...

Sigrid Nunez' flüssiger Schreibstil hat mich von Anfang an wieder in seinen Bann gezogen, aber ich war zuerst doch etwas irritiert: ein richtiger Roman ist das eigentlich nicht, denn es gibt auch keine richtige Geschichte, es ist eher eine Reflexion über die Zeit der Pandemie, eine Erinnerung daran. Ich habe öfter mal den Begriff "Stream of Consciousness" aus der Literaturwissenschaft gehört, und dieser Begriff kam mir beim Lesen in den Sinn. Vielleicht habe ich da etwas falsch verstanden, aber hier schien mir diese Bezeichnung sehr zutreffend, Sigrid Nunez' Text wirkt wie die Niederschrift von Gedankengängen, bei denen man vom Hundertsten ins Tausendste kommt, sozusagen vom Hölzchen aufs Stöckchen. Nachdem ich mich darauf eingestellt hatte, bin ich ihr bei ihren Gedankengängen sehr gern gefolgt. Die Autorin ist eine brillante Schriftstellerin, die mit Worten umzugehen weiß, und natürlich ist das nicht einfach so vor sich hin gedacht, sondern genau geplant und gespickt mit kurzen literarischen Zitaten von unterschiedlichsten Schriftstellern zum Thema "Schreiben", denn auch mit diesem Thema beschäftigt sich die Autorin.
Wie auch "Eine Feder auf dem Atem Gottes" ist dieses Buch eindeutig biographisch, die Ich-Erzählerin ist Sigrid Nunez. Ob die zentrale kleine Geschichte über das Hüten des Papageis in der Wohnung einer Freundin und das Zusammentreffen mit dem auch dort wohnenden Studenten sich tatsächlich genauso zugetragen hat oder nicht, jedenfalls ist es auch eine typische Geschichte aus der Zeit der Pandemie. Da wir alle die Pandemie erlebt haben, wird jeder ein paar Begebenheiten finden,die ihn an sein eigenes Erleben erinnern.
Ich fand das Buch sehr gut lesbar, klug und amüsant und bedaure nur, dass ich mir so wenig davon merken kann, denn es quillt über vor interessanten Denkanstößen. Wenn man sich auf diese Art Buch einlassen kann, ist es eine sehr lohnende und unterhaltsame Lektüre.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Von Mal zu Mal besser

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt (Die Mordclub-Serie 4)
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Das hat man selten bei Krimireihen: Der erste Band des Donnerstagsmordclubs hat mir schon gut gefallen, aber seitdem hat sich das Lesevergnügen bei jedem folgenden Band weiter gesteigert. Oft erlebt man ...

Das hat man selten bei Krimireihen: Der erste Band des Donnerstagsmordclubs hat mir schon gut gefallen, aber seitdem hat sich das Lesevergnügen bei jedem folgenden Band weiter gesteigert. Oft erlebt man es ja eher, dass nach einem tollen Debut der zweite Band auch noch ganz nett ist und danach die Qualität eher abnimmt. Der Autor wird seiner selbst immer sicherer, nachdem ihm anfangs die Skurrilität seiner 4 Rentner genug war, bringt er inzwischen auch ernste Themen ein, die ihm am Herzen liegen, so dass diese Krimis nicht nur amüsant und spannend sind, sondern auch Tiefgang haben. In diesem, bisher besten, 4. Band geht es u.a. um die Themen Altersdemenz und Sterbehilfe und Online-Betrügereien. Die handelnden Personen werden jeweils um einige interessante Neuzugänge erweitert und ich freue mich jedes Mal, viele alte Bekannte wiederzutreffen, wobei besonders die 4 Mitglieder des Donnerstagsmordclubs trotz ihres hohen Alters sich auch immer noch weiterentwickeln.
In diesem Fall geht es um den Mord an einem Antiquitätenhändler, einem guten Freund von Elizabeths Mann Stephen, der sich leichtsinnigerweise in ein Drogengeschäft hat verwickeln lassen. Und als Nebenhandlung um einen neuen Mitbewohner in Cooper's Chase , der, wie die 4 Freunde bemerken, sich von einer Internetbekanntschaft, einer angeblichen Traumfrau aus dem Ostblock finanziell ausnehmen lässt.
Ein Krimi, der rundum gut unterhält, Spaß macht, aber auch zum Nachdenken anregt und etwas traurig macht. Für Cosy-Fans eine unbedingte Leseempfehlung!
P.S. Die Cover haben zwar einen Wiedererkennungswert, gefallen mir aber trotzdem nicht, da ist noch Luft nach oben.

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Veröffentlicht am 09.01.2024

Leben nach dem Tod? Ja, der Titel ist sehr treffend!

Kant und das Leben nach dem Tod
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Dieser „München-Krimi“ unterscheidet sich sehr von den üblichen Regionalkrimis, die zumeist gemütlich und folkloristisch daherkommen. Hier geht es eher realistisch und gesellschaftskritisch zu.
Den ersten ...

Dieser „München-Krimi“ unterscheidet sich sehr von den üblichen Regionalkrimis, die zumeist gemütlich und folkloristisch daherkommen. Hier geht es eher realistisch und gesellschaftskritisch zu.
Den ersten Band der Reihe um Kommissar Kant hatte ich schon gelesen, den zweiten noch nicht, was aber kein Problem war, denn diesen 3. Band kann man auch als Einzel-Krimi ohne Kenntnis der Vorgeschichte gut lesen.
Von Münchner Glamour ist hier nichts zu spüren, die handelnden Personen leben größtenteils in einer schon in die Jahre gekommenen Hochhaussiedlung am Stadtrand.
Kant und sein Team arbeiten an einem Fall, bei dem zuerst nur der Arm einer Leiche gefunden wird und erst nach und nach weitere Leichenteile auftauchen. Anhand der Hüfte samt Implantat lässt sich endlich die Identität des Toten feststellen, es handelt sich um einen 81-jährigen Mann, der von niemandem als vermisst gemeldet wurde und den die meisten der Siedlungsbewohner nicht kannten.
Parallel dazu wird die Geschichte der 19jährigen Antonia (Toni) erzählt, die mit ihrer Hippiemutter in Portugal gelebt hat. Nach dem Tod der Mutter beschließt sie, nach Deutschland zu gehen – ihre erste Anlaufstelle ist ihr Opa, „der Schweißer“ wie ihre Mutter ihn nur nannte, denn sie hat kaum Geld und muss sich erst einmal darüber klar werden, wie es mit ihr weitergehen soll. Auch ihr Großvater mit seiner jüngeren Lebensgefährtin lebt in derselben Stadtrandsiedlung wie der Tote.

Wie diese beiden Handlungsstränge zusammenhängen, wird dem Leser erst gegen Ende klar, und der Weg dahin ist sehr spannend. Es handelt sich um ein wirklich perfides Verbrechen, und ich ahnte schon einige Zusammenhänge, wurde aber von der Auflösung trotzdem überrascht!

Am Rande erfährt man auch ein wenig über Kants Privatleben, aber das nimmt nicht allzu viel Raum ein. Auch seine Mitarbeiter sind interessante Charaktere, die aber nicht so schrullig gezeichnet werden wie in manchen anderen Reihen. Personen und Orte wirken sehr authentisch, und obwohl es um Mord und Verbrechen geht, finden sich hier keine blutrünstigen Gewaltorgien. Es geht eher um den Zustand einer Gesellschaft, in der solche Verbrechen möglich sind.

Gut lesbarer, wirklich spannender Krimi mit Tiefgang!

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Veröffentlicht am 04.09.2023

Franco und die Deutschen

Die Akte Madrid
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Auch der zweite kunsthistorische Krimi um Lennard Lomberg ist wieder sehr unterhaltsam, spannend und informativ.
Der Kunstexperte Lomberg wird von seinem britischen Freund und Geschäftspartner Peter mit ...

Auch der zweite kunsthistorische Krimi um Lennard Lomberg ist wieder sehr unterhaltsam, spannend und informativ.
Der Kunstexperte Lomberg wird von seinem britischen Freund und Geschäftspartner Peter mit dem deutschen Verteidigungsminister Franziskus Ritter zusammengebracht, denn Ritter braucht Lombergs Hilfe. Er steht kurz davor, zum Nato-Generalsekretär gewählt zu werden und sieht seine Karrierere gefährdet durch Vorkomnisse um seinen Vater, der nach dem Krieg in Spanien eine wichtige Rolle für das Franco-Regime und die deutsch-spanischen Beziehungen spielte und generell einigen Dreck am Stecken hatte. Aktueller Anlass für Lombergs Ermittlungen ist der Diebstahl des Bildes einer spanischen Malerin, das die drei Freunde Lorca, Dali und Bunuel im Madrider Café Gijón zeigt und lange als verschollen galt, also nicht im Besitz der Familie Ritter hätte sein dürfen.
Es geht also wieder um das Thema Beutekunst, der Roman spielt auf drei Zeitebenen, 2016, 1943 und 1968, hauptsächlich in Bonn und in Granada. Es gibt eine Vielzahl an Personen, eine ausführliche Personenliste am Ende des Buches erleichtert den Überblick.
Ein anspruchsvoller Krimi, der sich nicht ganz leicht liest, trotzdem aber sehr spannend ist und gut unterhält. Alles ist sehr gut recherchiert, man bekommt viele interessante politische, zeit- und kunstgeschichtliche Informationen, aber eben nicht in einem trockenen Sachbuch, sondern bei unterhaltsamer Lektüre.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich freue mich schon auf den nächsten Band, der vermutlich etwas mit dem britischen Königshaus zu tun haben wird, wenn ich die Anspielung am Ende des Buches richtig gedeutet habe.

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