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Veröffentlicht am 18.04.2024

Augenöffnender Überblick

Beklaute Frauen
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Die meisten großen Entdeckungen, Erfindungen und Entwicklungen der Vergangenheit verbinden wir mit Männern. Dabei ist es nicht so, als wären Frauen untätig gewesen – ihr Einfluss wird nur seit jeher aus ...

Die meisten großen Entdeckungen, Erfindungen und Entwicklungen der Vergangenheit verbinden wir mit Männern. Dabei ist es nicht so, als wären Frauen untätig gewesen – ihr Einfluss wird nur seit jeher aus der Geschichte radiert oder mit Begriffen wie »Sekretärin«, »Ehefrau von ...« etc. abgetan. Diesen Frauen – Wissenschaftlerinnen, Autorinnen, Kämpferinnen, Künstlerinnen – wird hiermit die Aufmerksamkeit geschenkt, die sie von Anfang an verdient hätten.


»Hinter jedem erfolgreichen Mann steht ein System, das ihn bestärkt; vor allen anderen steht ein System, das sie aufhält.« Mit diesem Satz hab ich gleich schon im Klappentext von »Beklaute Frauen« eine Aussage bekommen, die sich in meinem Kopf festgesetzt hat. Generell gab es so einige Passagen in dem Buch, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Die mir auch nochmal vor Augen geführt haben, wie begrenzt mein Horizont, meine Wahrnehmung eigentlich ist, obwohl ich das zu vermeiden versuche. Dabei hebt das Buch aber nicht den belehrenden Finger hoch, sondern klärt lediglich auf.

Ich finde es gut und richtig, wie viele verschiedene Bereiche dabei in diesem Buch aufgemacht werden. Es geht um Revolutionen und den Kampf um Rechte, um Physik und generell Naturwissenschaften, um Kunst, um die Ehe an sich, um Bildung, um Autorinnenschaft, … denn in jedem dieser Bereiche gibt es genug zum Thema zu sagen. Dabei bezieht sich Leonie Schöler auch immer wieder auf unsere heutige Zeit, vergleicht und verbindet mit der aktuellen Situation; und die letzten Kapitel bzgl. Bildung oder auch dem Internet setzen sich ganz explizit mit der Welt auseinander, in der wir in diesem Augenblick leben. So gibt »Beklaute Frauen« ein wirklich gutes Rundumpaket.

Außerdem findet die Autorin eine gute Balance zwischen dem Bericht von einzelnen Frauen, und ihrem Leben im Speziellen, und dem großen Ganzen. Die meisten Kapitel haben jeweils eine Frau im Fokus, wie zum Beispiel Mileva Marić oder Rosalind Franklin. Trotzdem gibt es auch breite Überblicke, und trotzdem wird immer wieder klargemacht, dass das keine 'Einzelschicksale' sind, auch wenn hier eben nur ausgewählte Frauen genannt werden (können). Das ganze hat System und das wird in dem Buch auch immer wieder herausgearbeitet. Diese ganze Mischung aus verschiedenen Oberbereichen, verschiedenen Frauen, verschiedenen Herangehensweisen hat mir extrem gut gefallen an dem Buch.

Man darf beim Lesen allerdings nicht vergessen, dass es immer noch ein Geschichtsbuch und die Autorin Historikerin ist. Das merkt man, das darf man auch merken; aber trotzdem hab ich mich (nach dem eingängigen Prolog) etwas schwer getan, ins Buch reinzufinden. Es geht mit dem Thema Revolutionen los, und dort wurden erstmal viele Zusammenhänge erklärt, die für mich zunächst etwas trocken wirkten. Die aber natürlich trotzdem wichtig sind. Generell gibt die Autorin auch immer einen Grundriss über die Situation, in der sich die »Protagonist
innen« des Kapitels befinden, damit man das ganze einordnen kann. Das ist nämlich unerlässlich, um die Zusammenhänge zu verstehen und die Gegebenheiten nachvollziehen zu können. Trotzdem liest es sich dadurch nicht gerade locker runter – wobei schon hier und da auch mal Alltagssprache und -Formulierungen auftauchen, und Leonie Schöler stets so schreibt, dass man es auch versteht, wenn man nicht im Thema ist. Das ist auf jeden Fall gelungen.


Ich habe mit diesem Buch einige Frauen neu kennengelernt, von denen ich hoffe, dass sie mir im Gedächtnis bleiben. Und ich hab auf jeden Fall wieder einiges daraus mitnehmen können. Es ist ein Geschichtsbuch, das nicht als lockere Abendlektüre funktioniert (was es auch gar nicht soll), aber meiner Meinung nach unbedingt gelesen werden sollte, weil ich es inhaltlich extrem wichtig finde und es wirklich gut gemacht ist. Ich bin froh, es gelesen zu haben und empfehle es auf jeden Fall weiter. 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 18.04.2024

Italienisches Flair und tolle Charaktere

Shape of Love - Mit jeder meiner Fasern (Love-Trilogie, Band 1)
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Voller Eupohrie und Hoffnung macht sich Cleo auf den Weg nach Venedig, um ihre Praktikumsstelle bei der gefeierten Designerin Ornella Russo anzutreten. Doch sie bekommt schnell einen Dämpfer, als ihr das ...

Voller Eupohrie und Hoffnung macht sich Cleo auf den Weg nach Venedig, um ihre Praktikumsstelle bei der gefeierten Designerin Ornella Russo anzutreten. Doch sie bekommt schnell einen Dämpfer, als ihr das gesamte Team klar macht, dass sie dort eigentlich nichts verloren hat. Zum Glück ist ihr neues Zuhause da positiver. Nicht zuletzt wegen ihres Nachbarn Alessandro – der sich plötzlich ausgerechnet als Model von Ornellas Kollektion entpuppt. Cleo und Alessandro kämpfen beide mit ihren Unsicherheiten und Zweifeln und es fällt ihnen nicht leicht, sich aufeinander einzulassen. Doch sich voneinander fernhalten klappt auch nicht ...

Nicht ich hab das Buch gefunden, das Buch hat mich gefunden und aus diversen Gründen angesprochen, sodass ich nicht widerstehen konnte. Es hatte mich ja gleich mit dem Italiensetting. Ich liebe Italien, sowohl in echt als auch in Büchern. Ich hab selbst mal ein halbes Jahr dort gelebt, und Cleos Ankunft in Venedig, wie sie mit zwei schweren Koffern aus dem Bahnhof tritt, mit viel zu dickem Pullover für das sonnige Wetter gekleidet, und sie direkt Italiener ansprechen und (manchmal suspekte) Hilfe anbieten – das war eins zu eins meine Erfahrung und hat mich so extrem in Nostalgie versetzt! Das hat direkt was in mir berührt, weil ich das so nachvollziehen konnte. Aber auch für Nicht-ehemals-in-Italien-Wohnende ist der Anfang sicher ziemlich charmant. Witzig geschrieben, sympathisch und Italien kommt gut zur Geltung. Ich hab zwar nicht in Venedig gelebt, aber mal ein Wochenende dort verbracht, und klar gibt es auch unschöne Seiten an dieser Stadt. Aber sie hat absolut ihren Charme und ihre Schönheit, und das kommt gut zur Geltung in diesem Buch. Durch den Schreibstil wurde der Ort sehr lebendig in meinem Kopf.

Cleo war mir direkt sympathisch. Real und authentisch, mit Humor, freundlich, bestimmt und lässt sich nicht unterkriegen. Da sie etwas mehr Kurven hat als dem typischen Schönheitsideal entspricht, hat sie schon viele unschöne Erfahrungen machen müssen, die mein Mitgefühl geweckt haben. Aber auch, wenn man gemerkt hat, dass sie manchmal noch zu kämpfen hat, mochte ich ihr Selbstbewusstsein und dass sie sich durch sowas nicht von ihren Träumen abhalten lassen will. (An dieser Stelle kurz der Einwurf, dass der Klappentext etwas in die Irre führt, denn der eigentliche Grund, warum Cleo in dem Job unerwünscht ist, ist gar nicht ihr Gewicht ...).
Alessandro ist ebenso sympathisch. Er verkörpert das typische hot male model, und das merkt man ihm auch bei gewissen Gesten und in einigen Situationen an. Aber das macht ihn niemals unangenehm, da wir viel von seinen echten, weichen Seiten zu sehen bekommen. Gerade in Verbindung mit seiner Nonna und seiner Cousine mochte ich ihn bzw. alle richtig gerne. Ich liebe diese als typisch italienisch empfundene Beziehungsdynamik mit italienischen Nonnas. Und sie haben insgesamt einfach ein herzliches, manchmal aber auch realistisch schwieriges Umfeld geschaffen, das mich überzeugt hat.
Wie Cleo und Alessandro näher gekommen sind, hat mir gut gefallen. Mit viel Witz und Empathie und sehr berührend. Ich mochte ihre Dynamik, und wie sie sich unterstützt haben. Natürlich gab es auch Drama, und das war für mich in manchen Punkten nicht ganz nach meinem Geschmack verlaufen. Aber die Problempunkte der beiden Charaktere wurden gelungen umgesetzt. Denn sowohl Cleo als auch Alessandro haben zu kämpfen, was ich hier vor allem wegen Spoilern zu Alessandro nicht weiter ausführen möchte. Aber ich finde es super, dass die Autorin es geschafft hat, dieses generelle Thema sensibel und mit positiver Message zu verpacken, den Ernst aufzuzeigen und gleichzeitig eine Leichtigkeit im Buch beizubehalten.

Ein bisschen fehlte mir zum Highlight- oder Lieblingsbuchpotenzial, denn auch wenn mich das italienische Flair und die tollen Charakteren sehr verzaubert haben, hat das Buch nicht ganz diesen mitreißend-emotionalen Sog in mir ausgelöst, wie ich es mir erhofft hatte. Der Sog, der dafür sorgt, dass ich gar nicht aufhören kann zu lesen und der mir schon zeigt, dass das Buch noch lange im Gedächtnis bleibt. Das ist aber wirklich nur so ein kleines persönliches Gefühl, das ich gar nicht richtig beschreiben kann. Aber deswegen ziehe ich minimal was ab und vergebe 4,5 Sterne. Eine deutliche Empfehlung gibt es aber und ich freu mich auf die weiteren Bände und die Rückkehr nach Venedig ...

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Wahnsinns-Entwicklung

Prison Healer (Band 2) - Die Schattenrebellin
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Kiva ist frei, nicht länger Insassin von Zalindov. Nun kann sie den Plan ihrer Familie, den Thron zurückerobern, endlich vorantreiben. Praktischerweise ist sie mit Jaren an den Hof seiner königlichen Familie ...

Kiva ist frei, nicht länger Insassin von Zalindov. Nun kann sie den Plan ihrer Familie, den Thron zurückerobern, endlich vorantreiben. Praktischerweise ist sie mit Jaren an den Hof seiner königlichen Familie gefolgt und kann dort als Spionin agieren. Doch je länger sie dort lebt, desto weniger überzeugt ist sie von ihrer Mission, denn sie schließt die Menschen, vor allem Jaren, immer mehr ins Herz. Auf wessen Seite steht sie?

Woooow. Nach Band 1 hätte ich nicht gedacht, dass mich diese Reihe noch so sehr kriegt. Band 1 fand ich etwas zäh und nicht so super fesselnd, aber durchaus voller Potenzial und mit sehr spannendem Ende. Band 2 durfte also einziehen und was soll ich sagen? Ich liebs! Also vor allem jetzt nach Beenden. Denn zu Beginn des Buches hat es trotzdem noch ein wenig gedauert, bis es mich in seinem Bann hatte. Kiva lebt nun am Königshof, wir erfahren noch ein wenig über die Reise dorthin, und ansonsten geht es dort direkt mit der Handlung los. Das ist erstmal noch relativ ruhig und unspektakulär. Kiva setzt sich mit ihrer Situation auseinander, denkt nach, was sie unternehmen kann, verbringt Zeit mit Jaren und lernt weitere Charaktere kennen, die im Laufe der Geschichte immer wichtiger werden. Nachdem Band 1 mich noch nicht so vollends gepackt hat, hat das also erstmal nicht ausgereicht, um mich in Begeisterungsstürme ausbrechen zu lassen. Aber es war trotzdem sehr spannend und hat vor allem meine Neugier entfacht, wie Kiva sich durch diese schwierige Situation manövrieren will. Außerdem hat Jaren es geschafft, sich immer weiter in mein Herz zu schleichen, wie auch in Kivas, was dafür gesorgt hat, dass ich mich emotional immer tiefer verstrickt habe. Auch Kiva ist mir hier deutlich sympathischer geworden, weil sie sich mehr geöffnet hat, mich als Leserin besser eingelassen hat in ihre Gedanken und Gefühle. Darüber hinaushab ich mein Herz auch an Caldon verloren, der ein wahnsinnig witziger, toller, handlungsbereichender (Neben-)Charakter war, der mich einige Male überrascht hat und der eine wirklich schöne Verbindung zu Kiva hatte.

Im Laufe dieses Buches hab ich gemerkt, wie krass ich immer mehr emotional involviert wurde, wie tief ich mich in dieser Welt und bei diesen Charakteren verloren habe. Ich hab alles so wahnsinnig stark in mich aufgesogen. Dieses Buch hat es geschafft, mich quasi aus jeglicher Realität abzukapseln. So sehr hatte ich das schon lange nicht mehr und ich hab es so unfassbar geliebt! Kiva, Jaren, Caldon und einige andere - sie haben mich so tief berührt, ihre Freude war meine Freude, ihr Schmerz meiner und jegliches Entstetzen, Nervosität, Aufregung hab ich gespürt wie meine eigene. Das Ende hat mich komplett zerstört und in Panik versetzt, sodass ich doch tatsächlich direkt am nächsten Tag zur Buchhandlung rennen und Band 3 kaufen musste.


Also einfach Wow. Weil das Buch erstmal ein wenig brauchte, um richtig bei mir anzukommen, ziehe ich ein wenig ab, aber trotzdem gibt es 4,5 Sterne und diese Reihe ist mit diesem Buch zu einer meiner Lieblingsreihen geworden!

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Etwas langatmig, trotzdem episch!

Crescent City – Wenn ein Stern erstrahlt
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Eigentlich müsste Bryce nach der Rache für den Tod ihrer besten Freundin und nach dem Retten von Crescent City etwas durchatmen können. Doch sie und Hunt stehen unter genauster Beobachtung der Asteri, ...

Eigentlich müsste Bryce nach der Rache für den Tod ihrer besten Freundin und nach dem Retten von Crescent City etwas durchatmen können. Doch sie und Hunt stehen unter genauster Beobachtung der Asteri, sie dürfen sich keine Fehler mehr erlauben. Trotzdem kann Bryce es nicht lassen, Nachforschungen anzustellen, als sie von den Aktivitäten der Rebellen erfährt. Schon bald hat sie erneut einen Plan ausgeheckt, der für sie und ihre Freunde mehr als gefährlich ist ...

Ich habe sehr lange gewartet, um Band 2 zu lesen, damit ich Band 3 dann direkt hinterherschieben kann. Was allerdings zur Folge hatte, dass ich Band 1 nicht mehr so im Kopf hatte. Über die inhaltlichen Geschehnisse hatte ich mich nochmal informiert, emotional war ich aber nicht mehr so tief drin in dieser Reihe. Das hab ich hier deutlich gemerkt. Die Bindung zu den Charakteren war nicht mehr so stark, ihre Schicksale haben mich durch die lange Pause nicht mehr so berührt, wie sie es sonst vielleicht getan hätten. Dadurch habe ich nicht ganz so tief mitgefiebert und mitgelitten, wie erhofft. Das hat sich im Laufe des Buches, als ich wieder mehr drin war, aber durchaus gebessert und ich konnte wieder besser abtauchen! Zu Beginn war es nämlich auch erst wieder noch etwas langatmig, was bei einem so dicken Buch schnell passieren kann. Bis alle Handlungsstränge vorangeschritten waren und sich langsam miteinander verflochten haben, hat es eine Weile gedauert.

Diese beiden Punkte sind zwar nicht zu verachtende, aber auch meine einzigen Kritikpunkte, die auf den letzten Seiten des Buches, als so richtig Fahrt aufkam, immer mehr in den Hintergrund gerückt sind. Ich hab die Dialoge wieder geliebt, wie die Charaktere alle miteinander umgehen - Bryce, Hunt, Ruhn, Ithan, Tharion, Juniper und Fury und einige weitere. Jeder scheint in jeder Relation ganz unterschiedliche Dynamiken mitzubringen, was das ganze echt aufregend gemacht hat. Dabei mangelt es nicht an Humor und Witz, an dämlichen Situationen, die mich echt zum Schmunzeln gebracht haben, und die die ansonsten ziemlich ernste Handlung immer wieder aufgelockert haben. Die weiter oben schon angesprochenen Handlungsstränge waren zwar am Anfang ein wenig zäh, aber irgendwie ist auch das gerade das geniale an der Reihe: Wir verfolgen unterschiedliche Charaktere, mit unterschiedlichen Motivationen und können abwechselnd erleben, wie sie in ihren Vorhaben vorankommen - nur um im Laufe der Zeit immer mehr festzustellen, dass alles in die gleiche Richtung steuert. Dann kreuzen sich Handlungsstränge, werden zu einem einzigen und so läuft irgendwann alles zusammen, mit unterschiedlichen Hinweisen, Entdeckungen und Ideen, die allen Charakteren währenddessen so gekommen sind. Das ist wahnsinnig gut konstruiert und macht richtig Spaß, das zu beobachten.

Gegen Ende hat es auch so an rasanter Spannung gewonnen, dass ich dann doch noch ziemlich an den Seiten geklebt habe. Das Finale war heftig, und der Cliffhanger ein riesiger Plottwist und Moment, der einem den Atem raubt. An der Stelle war ich extrem froh, so lang gewartet zu haben, bis Band 3 erscheint.


Insgesamt hat Band 2 ähnlich wie sein Vorgänger eine ganze Weile gebraucht, um richtig Schwung aufzunehmen, aber dann ist es absolut episch geworden. Man braucht für diese Reihe einen langen Atem, aber wenn man dranbleibt, lohnt es sich! 4-4,5 Sterne für diesen Band!

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Bittersüß und tiefgründig

Like words on our skin
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Sadia und Ibrahim. Ibrahim und Sadia. Vor mehr als einem Jahr verbanden sie endlose Gespräche und magische Momente, nachts, im Büchercafé. Doch dann brach Ibrahim den Kontakt ab, von jetzt auf gleich, ...

Sadia und Ibrahim. Ibrahim und Sadia. Vor mehr als einem Jahr verbanden sie endlose Gespräche und magische Momente, nachts, im Büchercafé. Doch dann brach Ibrahim den Kontakt ab, von jetzt auf gleich, ohne Erklärung. Sadia hat die schmerzhafte Funkstille noch immer nicht überwunden, als Ibrahim plötzlich wieder vor ihr steht. Sie weiß, dass sie sich nicht nochmal auf ihn einlassen sollte, aber sie beide zusammen, das ist, als würde alles wieder an seinen Platz rücken. Doch die Frage nach dem Grund seines Verschwindens steht zwischen ihnen. Haben die zwei eine Chance?



Nachdem ich Band 1 so sehr geliebt habe, war ich unfassbar neugierig auf Like words on our skin. Ibrahim kennen wir schon aus dem Vorgänger als Bruder des Protagonisten, Sadia lernen wir neu kennen. Mit ihr beginnt das Buch, mit einem direkt sehr stimmungsvollen Prolog indem wir einer besonderen Tradition in ihrer Familie begegnen. Das Buch ist danach immer in wechselnder Perspektive geschrieben, und so kommen wir beiden Charakteren sehr nahe. Ich habe mit beiden nicht sonderlich viel gemein und trotzdem konnte ich sie so gut verstehen, so sehr nachvollziehen, warum sie sind, wie sie sind.

Das wichtigste bei diesem Buch ist wohl, zu sagen, dass es nicht einfach eine Liebesgeschichte ist. Ja, die ist es auch – ich mag die zarten Entwicklungen zwischen den beiden, wie sie aufeinanderzugehen, aber beide mit inneren Dämonen kämpfen. Wie viel sie sich bedeuten, aber beide nicht wirklich damit umgehen können, es erst lernen. Wie sie ohne es wirklich zu wissen sich gegenseitig aufbauen. Das ist so wunderschön und auch ein wenig herzzerreißend und ich liebe es, wie sie vorankommen und aufeinanderzugehen. Aber da steckt eben noch so viel mehr hinter, gegründet auf ihrer Herkunft aber auch auf ganz individueller Ebene. Und da hat Mehwish Sohail schon in Band 1 bewiesen, wie gut und gefühlvoll und wunderschön und schmerzhaft sie da schreiben kann. Das ist hier definitiv wieder der Fall.

Sadia und Ibrahim sind beide Pakistani, kommen beide aber aus völlig unterschiedlichen Familien und bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit. Ihre Herkunft und ihre Aufwachsen beeinflussen sie stark, und ich find es so gelungen, wie die Autorin mir, einer weißen Europäerin, mit so viel Einfühlsamkeit näherbringt, was das für sie jeweils bedeutet. Und was sie aus Traditionen ihres Landes und speziell ihrer Familien mitnehmen. Dabei hab ich einige Gemeinsamkeiten mit dem, was ich kenne, gefunden, aber es hat mir auch neue Perspektiven gegeben und an der ein oder anderen Stelle die Augen geöffnet. Davon abgesehen waren die beiden auch sehr spannende Charaktere – Sadias Liebe zum Kochen, ihre Unsicherheiten und ihr starker Wille. Ibrahims Schlagfertigkeit, seine komplexe Beziehung zu seinen Geschwistern, seine Liebe für gute Bücher. Ich hab die beiden, genau wie einige Nebencharaktere (z. B. die Geschwister Sadeem generell) sehr ins Herz geschlossen.
Eine zusätzliche enorme Tiefgründigkeit bekommt die Geschichte aber auch noch durch die Probleme, die Ibrahim mit sich, seinem Leben und den Ansprüchen seiner Familie und an sich selbst hat. Man leidet mit ihm mit, es ist nicht immer leicht mit ihm, aber man kann seine Gedanken nachvollziehen. Ich möchte nicht spoilern, aber für ihn ist es ein längerer Weg, der nicht nur sein eigenes Leben, sondern eben auch die Beziehung zu Sadia beeinträchtigt und der rückblickend einfach so vieles erklärt. Ich find es so schön, dass die anderen ihn nie aufgegeben haben und für ihn da waren.

Der Schreibstil von Mehwish Sohail ist einfach besonders. Er ist so schön, so ruhig und dabei so eindringlich. Die Geschichte fühlt sich beim Lesen irgendwie leise, aber dafür umso intensiver an. Mir persönlich hat der erste Band noch besser gefallen, weil ich Tariq und Arwa noch mehr geliebt habe, sie mich noch tiefer berührt haben. Aber auch Sadias und Ibrahims Geschichte hat mich sehr mitgenommen und einen schönen, aber auch bittersüßen Nachgeschmack hinterlassen. Deshalb gibt es eine große Empfehlung und ich freue mich sehr auf Band 3!

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