Ken Follet beweist einmal mehr, dass er ein großer Erzähler ist. In "Das Fundament der Ewigkeit" entführt er auf 1.168 Seiten den Leser in ein unruhiges Europa des 16. Jahrhunderts. Dort lässt er seine Charaktere inmitten der realen Geschichte ihre beeindruckenden Rollen spielen. Eine mitreißende Kombination von Historie und Fiktion.
Zum Inhalt:
Ned Willard kehrt 1558 nach einer Auslandsreise zurück in seine Heimatstadt Kingsbridge. Dort ist er in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufgewachsen. Ned hofft auf ein glückliches und Leben mit Margery, die er heiraten möchte.
Doch der Zwist zwischen Katholiken und Protestanten verhindert diese Hochzeit, sorgt für weiteres Unglück und Ned verlässt schließlich Kingsbridge. Er tritt in die Dienste von Elisabeth Tudor ein, die kurze Zeit später Königin von England wird. Sie tritt offenbar für eine Welt ein, in der niemand mehr wegen seines Glaubens hingerichtet werden muss. Ein Ideal, das auch Ned teilt.
Elisabeth richtet mit Neds Hilfe ein Netz von Geheimagenten in ganz Europa ein, der es ihr für Jahrzehnte ermöglicht, auf dem Thron zu bleiben. Doch der Frieden zwischen den christlichen Glaubensrichtungen steht überall in Europa auf wackeligen Beinen und große Mächte haben sich gegen die Königin verschworen.
Mein Eindruck:
Es ist gar nicht so einfach, eine Rezension zu diesem mittlerweile dritten Kingsbridge Roman zu verfassen. Zu viele Eindrücke, Erlebnisse und Bilder haben die knapp 1200 Buchseiten bei mir hinterlassen.
Der erste Eindruck dieses Buches war zunächst wie ein wohliges nach Hause kommen. Gemeinsam mit Ned Willard kehrt man nach Kingsbridge zurück und wird sofort an die Geschichten und Legenden erinnert, für die diese Stadt steht. Man selbst blickt voller Wehmut an die Geschichten von Prior Philip und Tom Builder zurück, die seinerzeit die große Kathedrale erbaut hatten. Aber auch an Merthin und Caris, die im zweiten Kingsbridge Roman für diese großartige Stadt standen.
Jetzt allerdings geht es um eine ganz andere, nicht minder historisch bedeutsame Zeit. Das 16. Jahrhundert, in dem Königin Elisabeth I. 1559 den Thron Englands bestieg und in dem Katholizismus seine Macht immer mehr an die Protestanten verlor. Die Folgejahre waren geprägt von großen Konflikte zwischen den beiden christlichen Glaubensrichtungen. Zudem tritt noch eine dritte Partei auf, die für Toleranz und ein friedliches Miteinander eintritt - und das alles in einem Europa mit Monarchen, die die aufkommende Toleranz in England mit Misstrauen beäugten.
In diese Welt wirft Ken Follet seine Charaktere und es entsteht ein Wechselspiel zwischen Realität und Fiktion. Das Beeindruckende an diesem Roman ist nämlich die Verknüpfung der echten Geschichte mit den fiktiven Charakteren und ihren bildhaften Erlebnissen. Ob es (als Beispiele) das Massaker in der Bartholomäusnacht 1572 in Paris oder die große Seeschlacht des berühmten Sir Francis Drake sind. Die realen und die fiktiven Charaktere agieren so nahtlos miteinander, das Fiktion und Realität wie aus einem Guss erscheinen. Auch die schottische Königin Maria Stuart, die als Konkurrentin auf den englischen Thron in Erscheinung tritt, wird in diesem Roman Leben eingehaucht. Ein Konzept, dass mich bereits bei den beiden Vorgängern überzeugen konnte.
Geschichtlich drängen die Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten in den Vordergrund. Die unterschiedlichen Positionen, Ziele und Bemühungen werden aus der jeweiligen Sicht ganz unterschiedlicher Personen mit unterschiedlichen Interessen und Motiven dargestellt. Dabei wird natürlich nicht vor Intrigen, Verschwörungen und gar Mord zurückgeschreckt. Auch die Belange der unterschiedlichen Monarchen und des Papstes werden dabei berücksichtigt, so dass man in Summe die politischen Wirren jener Zeit hautnah mitverfolgen kann. Das immer schwankende Gleichgewicht der Kräfte verleiht dieser Geschichte nicht nur ihre Spannung, sondern auch ihren ganz besonderen Reiz.
Ned Williams, der sich in die Dienste der Königin Elisabeth stellt, steht für den Wunsch nach Toleranz und Frieden unter den Konfessionen. Seine Lebensgeschichte, auch seine private, steht im Mittelpunkt. So erlebt er zusammen mit dem Leser zahllose Erfolge und Rückschläge, Höhen und Tiefen. Vor allem sein nicht erfüllter Wunsch sein Leben mit seiner großen Liebe Margery zu verbringen, gibt seinem Leben eine bedeutende Wendung. Doch auch die zahllosen weiteren Charaktere, die im Laufe der Geschichte auch aufeinander treffen, haben ihre ganz eigenen Facetten und Interessen. Einige Personen wird der Leser lieben, andere wiederum hassen.
Interessant sind aber auch die in diesem Roman geschilderten diplomatischen Arbeitsweisen. Mit viel List und Überlegung, werden Pläne gestrickt, wieder verworfen oder durchkreuzt. Die Mächtigen bedienen sich oftmals ihrer Helfer wie beispielsweise auch Ned Willard einer ist.
Der Informationsvorsprung gegenüber dem Gegner erscheint oft als entscheidender Vorteil, so dass sich Netzwerke von Informanten und Spionen bilden. Der Klappentext spielt nicht umsonst auf die Anfänge der Geheimdienst hin. Auch der Einblick in diese Tätigkeiten und Vorgehensweisen machen die Geschichte viel interessanter.
Das Buch ist nicht nur dick und schwer, sondern verlangt vom Leser ein echtes Grundinteresse an der realen Geschichte des 16. Jahrhunderts ab. Man benötigt keinesfalls besonderes Vorwissen, da viele Erläuterungen einen tieferen Einblick geben. Aber gerade diese „bildenden“ Abschnitte könnten weniger Interessierte Leser abschrecken und das Buch abbrechen lassen. Wer sich aber mit ein wenig Interesse auf diesen historischen Ausflug einlässt, dürfte von dieser real-fiktiven Geschichte restlos begeistert sein. Für meinen Teil hat mich die Geschichte auch nach den letzten Seiten nicht losgelassen.
Fazit:
Vorausgesetzt man hat Interesse an Europas Geschichte ist "Das Fundament der Ewigkeit" ein großartiges Werk, in dem genau diese Geschichte wahrhaft lebendig wird.