Wieder hochspannend, komplex und gut recherchiert
Der Kampf der HighlanderinAls die Autorin Eva Fellner sich Anfang März wieder mir meldete und ankündigte, dass ihre "Highlanderin"-Reihe mit "Der Kampf der Highlanderin" in eine nunmehr vierte Runde gehen wird, war ich sofort begeistert. ...
Als die Autorin Eva Fellner sich Anfang März wieder mir meldete und ankündigte, dass ihre "Highlanderin"-Reihe mit "Der Kampf der Highlanderin" in eine nunmehr vierte Runde gehen wird, war ich sofort begeistert. Schon in "Die Highlanderin", "Der Weg der Highlanderin" und "Der Clan derr Highlanderin" hat Eva Fellner auf eindrucksvolle und unterhaltsame Art und Weise bewiesen, dass es möglich ist, eine Geschichte über Assassinen, Medikusse und Highlander vor der Kulisse des schottischen Unabhängigkeitskrieges am turbulenten Anfang des 14. Jahrhunderts zu erzählen und hat mich total süchtig nach dieser verrückten Mischung werden lassen. Band 4 der Reihe führt nun nach Irland ins Jahr 1317 und erzählt ein neues Kapitel im Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer sowie ein neues Kapitel im Leben unserer Heldin Enja...
Das Cover des Aufbau Verlags zeigt wieder eine Frau mit wehendem Kleid und rotem Umhang, die mit gezücktem Schwert vor einer schroffen, aber grünen Landschaft umgeben auf einen grauen Gewitterhimmel blickt, über der der Titel in großen, goldenen Letter schwebt. Auch wenn diese Aufmachung sehr typisch für das Genre ist, gefällt mir die Gestaltung als Ganzes wieder sehr gut. Sehr schön finde ich auch, dass das Covermodel nun endlich hellblonde und nicht rote Haare hat und mit dem gezückten Schwert deutlich stärker an unsere Protagonistin Enja erinnert als die abgebildete Frau auf den vorherigen Bänden. Innerhalb der Buchdeckel ist die Geschichte in 17 größere Kapitel geteilt, die wieder abwechselnd an unterschiedlichen Schauplätzen spielen. Jene Kapitel sind dann nochmal in kürzere Szenen gegliedert, sodass man auch als Fan von kurzen Kapiteln auf seine Kosten kommt.
Erster Satz: "Die Invasion Irlands nahm im Januar 1317 mit der Landung von Robert de Bruce und seinen Truppen an der Nordküste der Insel neuen Schwung auf."
Am besten starten wir den inhaltlichen Teil der Rezension mit einer kleinen Rekapitulation, wo wir zu Beginn der Handlung von "Der Kampf der Highlanderin" stehen. Nachdem Enja ihren isländischen Liebhaber Ragnar nach einer kurzen Affäre getötet hat, ist sie zu ihrem Ehemann James nach Caerlaverock zurückgekehrt. Allerdings weiß niemand, dass sie zuvor bei ihrem Freund Cathal, der zum irländischen Provinzialfürsten aufgestiegen ist, ein uneheliches Kind von Ragnar geboren hat. Als eben dieser Sohn plötzlich verschwindet, nimmt Enja seine Fährte auf und verstrickt sich abermals im Kampf der Gebrüder de Bruce gegen die Engländer...
Wie schon bei Band 1 bis 3 hat mir wieder sehr gut gefallen, dass man die Geschichte sowohl als historischen Roman, als auch als Abenteuerroman lesen kann, da "Der Kampf der Highlanderin" sich zu keinem Zeitpunkt in langen Ausführungen oder Erklärungen des politischen Klimas verliert, sondern sich stark auf die Erlebnisse der Protagonisten konzentriert. Spannend ist auch, dass Eva Fellner hier Wahres mit Fiktion mischt und vergangene Zeiten auf eher moderne Einstellungen treffen lässt. Was genau nach historischen Überlieferungen wirklich passiert ist und welche Ereignisse ihrer eigenen Fantasie entstammen, erklärt die Autorin in einem kurzen Nachwort. Die Frage, ob alles, was hier im Laufe der Handlung passiert, wirklich realistisch ist, fegt die Autorin dabei sehr geschickt vom Tisch, indem sie die Figuren selbst erkennen lässt, dass Enja erstaunlich viel Glück zu haben scheint. "Der Kampf der Highlanderin" landet zwar nicht wirklich in der Mystik-Schiene, die Enjas weitsichtige Instinkte oder ihr Talent, sich wahnsinnig schnell anzupassen, oder zu heilen, mit Magie zu erklären versucht. Durch das Einbinden von Vorsehung, Schicksal und Religion wird das unwahrscheinlich Erscheinende jedoch passend eingebettet, sodass es im Gesamtkontext stimmig wirkt.
Genau wie in Band 3 ist der Handlungsschauplatz nun vor allem nach Irland verlegt. Dort geht es um den Unabhängigkeitskrieg von Edward de Bruce gegen die Engländer, aber auch um Enjas Verantwortung als Mutter des kleinen Conors, der überraschend zu einer politischen Schachfigur wird, als ein todgeglaubter Wegbegleiter Enjas aus der Versenkung auftaucht. Bis die Geschichte ihren Lauf nimmt, dauert es aber ein wenig, da die Figuren erst erneut in Stellung gebracht und der neuen politischen Konflikt inklusive des Papstes Johannes XXII in Avignon eingeführt werden müssen. So empfand ich das erste Drittel als etwas langatmiger als sonst und die historischen Fakten wirkten im Gegensatz zu den vorherigen Bänden, die durch die unterschiedlichen Zeitebenen abwechslungsreicher waren, manchmal ein wenig träge.
Dafür hat Band 4 allerdings genau wie Band 3 den vorherigen Bänden gegenüber eine andere große Stärke: Mein Hauptkritikpunkt in meinen Rezensionen zu Band 1 und 2 waren der zeitweise fehlende rote Faden. In "Der Kampf der Highlanderin" haben wir nun wieder einen von vorn bis hinten runden Handlungsaufbau und einen abgeschlossenen Spannungsbogen, was die Geschichte deutlich leichter zu lesen macht. Auch die Beschränkung auf weniger Erzählperspektiven und eine fortlaufend chronologische Erzählung von 1317 bis 1318 machen das Folgen der Handlung hier deutlich leichter. Immer noch etwas irritierend finde ich allerdings der Wechsel der Erzählformen. So werden Passagen aus Enjas Ich-Perspektive immer wieder von auktorialen Zwischenepisoden und einem Er-Erzählers aus Perspektiven von wichtigen Nebenfiguren wie Hal oder James unterbrochen. Verbunden werden die einzelnen Perspektiven aber durch den flüssigen Schreibstil der Autorin, die sowohl von wilden Kampfszenen, abenteuerlichen Rettungsaktionen als auch ruhigeren Momenten der Einkehr und Reflexion zu schreiben weiß. Dabei werden wieder verschiedene Motive wie Wikinger, Orientalische Medikusse, Assassinen, Highlander, Provinzkönige, Kriege, Piraten, Klöster, Krankheiten, Religionen und politische Intrigen aufgegriffen, die die Handlung aufpeppen und stimmig in den historischen Kontext eingebunden, sodass eine abwechslungsreiche Geschichte entsteht.
In diesem vierten Band ändert sich neben dem Schauplatz und der Erzählweise auch die Darstellung der Hauptfigur. Über den Verlauf der Reihe haben wir Enja als stahlharte Kriegerin kennengelernt, die zwar auch mal Verletzlichkeit und Gefühle zeigen kann, für aber die ihre Identität als Kriegerin, Clanführerin und Heilerin an erster Stelle steht. Dem damaligen Frauenbild entgegengesetzt ist sie bisher nur halbherzig Ehefrau und Mutter gewesen und hat sich stattdessen mit Selbstbewusstsein, Egoismus, Stärke und Cleverness einen Platz am Tisch der Männer erkämpft. Damit ist sie im gegebenen historischen Kontext überdurchschnittlich emanzipiert und bricht stark aus dem Klischee der Historien-Protagonistinnen aus.
Auch wenn sie sich selbst auch im vierten Band treu bleibt, sehen wir hier nun einige neue, verletzlichere Seiten als mitfühlende Mutter, aber auch als langsam älter werdende Frau, die trotz Schönheit und Stärke ihre besten Jahre bereits hinter sich hat und zum Umdenken angeregt wird. Für diese Entwicklung gerät sie in diesem Band stärker in den Fokus. Ihr Ehemann James tritt in diesem Band eher als Nebenrolle in den Hintergrund, auch viele der üblichen Begleiter Enjas treten nur kurz auf und lassen so viel Raum für Enja, ihre Kinder und natürlich den Handlungsstrang um ihren Freund Cathal. Sehr spannend fand ich auch, dass wir nochmal jemanden aus dem Orient treffen, der mit ihrer Vergangenheit bei den Assassinen in Verbindung steht.
"Dann wirst du zum ersten Mal Großmutter." Ich stieß ein unsicheres Lachen aus. "Sieht man mir das an?", fragte ich halb im Ernst, halb im Scherz. Meine Mitstreiterin hob ihren Becher mit dem irischen Ale, das hier ausgeschenkt wurde. "Auf die gefährlichste Großmutter der Welt!"
Das Ende der Geschichte findet nach 513 ereignisreichen Seiten ein ausreichend abgeschlossenes Ende, das jedoch Lust auf mehr macht. Ob es einen fünften Band der Highlanderin geben wird, weiß ich noch nicht, mich würde es aber auf jeden Fall freuen! Vielleicht könnte Enja in diesem nach Island reisen und ihre dortigen Wurzeln erkunden...? Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, es gibt noch etwas zu erzählen...
Fazit
"Der Kampf der Highlanderin" führt wieder hochspannend, komplex und gut recherchiert durch die schottische Historie und zeigt dabei neue Seiten unserer besonderen Heldin auf... Dieser vierte Band startet zwar etwas gemächlicher als die Vorgängerbände, ist dafür aber deutlich stringenter erzählt!