Im August 2022 ist der neue historische Roman von Daniel Wolf „Im Bann des Adlers“ im Goldmann-Verlag erschienen. Die Familie Osinge steht auch diesmal wieder im Mittelpunkt des Geschehens sowie die Friesische Freiheit, der sich diese Familie und Warfstede verpflichtet fühlt.
Friesland, Ende des 14. Jahrhunderts: Die Familie Osinga führt fleißig Handel mit Koggen und anderen Schiffen. Auch dem jungen Folkmar Janns liegt das Bauen von Schiffen im Blut. Als er auch noch die junge Almuth kennenlernt und sich in sie verliebt, scheint alles zunächst gut, doch dann wird ihm ein Mord angehängt und er muss Warfstede verlassen. Seine Unschuld zu beweisen, scheint unmöglich, doch dann begegnet er den Vitalienbrüdern und schließt sich den berüchtigten Piraten an.
Ich hatte mich sehr auf den neuen Roman von Daniel Wolf gefreut. Seine historischen Romane sind für mich gesetzt, auch wenn diese meist so 800 - 1.000 Seiten stark sind. Ich liebe Geschichten, die im Mittelalter oder auch der Neuzeit spielen, die sich mit Kaufmannsfamilien beschäftigen oder wie in diesem Fall eine Familie von Schiffsbauern. Ich lerne gerne etwas über die Gegend, in der ich lebe. Dieses Kriterium wird durch den Handlungsort Ostfriesland erfüllt, auch wenn ich weiter nördlich im schönen Schleswig-Holstein lebe.
Ich habe gut ins Buch reingefunden, konnte mir das verschlafene Warfstede sowie Marienhafe vorstellen und habe mich anfangs sehr auf die kommenden Ereignisse gefreut. Die Familie Osinga ist so sympathisch wie eh und je, die Lastadie läuft gut, doch schnell ziehen graue Wolken am Horizont auf als die tom Brok, die Herrschaft über Warfstede und große Teile Ostfrieslands übernehmen. Die Grundlagen der Geschichte werden sehr schnell festgelegt, was an sich ok ist, wäre die Geschichte ab dann nicht so extrem durchschaubar.
Das hat mir die Freude an diesem Roman echt sehr genommen. Es ist sehr eindeutig, wer gut und wer Böse ist. Es gibt kein Dazwischen. Die Liebesgeschichte wird im ersten Kapitel angelegt und es ist klar, dass die sich am Ende kriegen werden. Der Bösewicht dieses Romanes wird auch sehr zeitnah präsentiert und man erahnt, welche Wendungen die Geschichte nehmen wird. Vielleicht habe ich mittlerweile zu viele dieser Romane gelesen, aber hier hatte ich das Gefühl, ich weiß von Anfang an, wie die Geschichte verlaufen wird und es gab in diesem Buch absolut keine überraschenden Wendungen für mich. Einige Erzählstränge waren für mich darüber hinaus zu sehr in die Länge gezogen, manches wurde mir zum Ende hin zu einfach gelöst. Ich wollte dieses Buch lieben, aber das Buch hat es mir echt schwer gemacht.
Gut fand ich, dass wir etwas über die politischen Verhältnisse jener Zeit erfahren, auch wenn einiges eher im Nachgang erzählt wird. Ich habe die Veränderungen in Friesland gerne mitverfolgt. Ich fand es spannend dabei zuzusehen, wie Keno sich mit der Zeit verändert und habe es genossen, welche Rolle Abbe hierbei spielt. Ich fand es interessant etwas über die Rechtssprechung in Ostfriesland zu erfahren und wie die Vitalienbrüder, die Hanse und die Westsee aufgemischt haben. Historisch hatte das Buch definitiv einiges zu bieten. Schiffsbau ist mir diesmal ein wenig zu kurz gekommen. Das ist diesmal mehr ein Randthema, was ich schade finde, da mir dies am Vorgänger mit am Besten gefallen hat.
Das ebook ist ausgestattet mit einem Personenverzeichnis, einem Glossar und einem kurzen Nachwort. Das ist definitiv ganz ordentlich und Karten sind in ebooks meist eher semi-gut zu betrachten. Ich bin mir sicher im Taschenbuch gibt es auch eine Karte.
Fazit: Ein Roman, der mit einem breiten historischen Wissen, über das Leben und die Verhältnisse in Ostfriesland aufwarten kann, das mir persönlich aber leider viel zu durchschaubar war und keine Überraschungen für mich bereit hielt. Für den routinierten Histo-Leser glaube ich etwas zu langweilig. Für Interessierte an der ostfriesischen Geschichte dennoch empfehlenswert, wenn man die Romanform bevorzugt.