Die Freundinnen Anna und Paula erleben einen ereignisreichen Sommer am Ammersee zur Zeit der amerikanischen Besatzung in München. Sie sollen für die Amerikaner ein Sommercamp auf dem Gelände des ehemalgen ...
Die Freundinnen Anna und Paula erleben einen ereignisreichen Sommer am Ammersee zur Zeit der amerikanischen Besatzung in München. Sie sollen für die Amerikaner ein Sommercamp auf dem Gelände des ehemalgen Yachtclubs von Paulas Vater errichten. Dort lehren sie die Kinder Segeln, Schwimmen, aber auch Nähen und allerlei Dinge über die Natur. Und lernen dabei auch etwas über sich selbst und ihre Träume vom Leben: Anna möchte Boote bauen, Paula Lehrerin werden, nicht ganz einfach in einer Zeit, als die Männer langsam aus dem Krieg wiederkehrten und ihre alte Rolle in der Gesellschaft zurückverlangten, während sie die Frauen wieder auf die ihnen angestammten Plätze in Kirche, Küche und bei den Kindern zurückverwiesen.
Am Anfang entwickelt sich die Story etwas schleppend, aber zunehmen nimmt sie an Fahrt und auch an Tiefe auf. Aus den Figurenkonstellationen ergeben sich spannende Ent- bzw. Verwicklungen um Liebe, Sehnsucht und Selbstverwirklichung. Die beiden Mädchen treffen auf Kriegsheimkehrer, einen Juden, der ins gelobte Land auswandern möchte, aber Angst vor dem Wasser hat und auf die Amerikaner, die mit dem Bewusstsein der siegreichen Besatzer den Deutschen ein amerikanischen Lebensgefühl vermitteln, aber auch die Sonnenseiten des Siegers auskosten wollen. So beanspruchen sie die „Kranich“, Paulas geliebtes Segelboot, als Siegestrophäe für sich. Das kann Paula nicht zulassen, und mit Anna schmiedet sie einen Plan.
Mit gut leserlichem Ton, wenn auch manchmal mit ein wenig einfacher Rührseligkeit schreibt die Autorin mit dem Roman „Die Kranichfrauen“ einen netten, unterhaltsamen Sommerroman, der dem Leser das Lebensgefühl und die Stimmung im Nachkriegsdeutschland mit besonderem Blick für die sich wandelnde Rolle der Frau vermittelt.
ist weniger der Mord als der Grund, warum er geschah.
Die Krimi-Reihe um Leo Wechsler und sein Team geht in die neunte Runde. Die Krimis von Susanne Goga sind nicht für ein blutrünstiges Publikum geschrieben ...
ist weniger der Mord als der Grund, warum er geschah.
Die Krimi-Reihe um Leo Wechsler und sein Team geht in die neunte Runde. Die Krimis von Susanne Goga sind nicht für ein blutrünstiges Publikum geschrieben oder für die Fans von düsteren Psychothrillern. Im Vordergrund steht eher das historische Kolorit, das Berlin der 20er Jahre. Aber stiller als in Volker Kutschers Krimireihe. Dabei gelingt es der Autorin immer wieder, spektakuläre Details der damaligen Zeit auszugraben und zu einem spannenden Fall zu machen. Die Krimis sind nicht rasant oder actionreich, aber haben - gerade wie der neueste - häufig eine dramatische Wendung zum Schluss. Auch im "Teufel vom Tempelhof" blickt man mit Leo Wechsler ungläubig in den Abgrund menschlichen Tuns. Ein toter Artz an einem sagenumwobenen Berliner Weiher, ein aus einer Besserungsanstalt entlaufenes Mädchen und eine Dame der High Society, die eigentlich nichts verbindet, sind in den Fall verwickelt. Lange ist Leo Wechsler auf einer falschen Spur, alle Wege, die er einschlägt, enden im Nichts. Und dann gibt es ein zweites Opfer, und dann auch noch ein drittes. Ein wenig frustriert auch den Leser den immer neuen Irrgang der Abteilung Gennat der Berliner Mordkommission, auch wenn das Abtauchen in das Berlin der damaligen Zeit für manches entschuldigt.
Schmerzlich vermisst man auch in diesem Band die Familiengeschichte Leo Wechslers, die viele der vorherigen Bände so sympathisch gemacht hat. Hier hat sie eher eine Randexistenz.
Aber insgesamt verspricht auch der neunte Band ein eher interessantes als spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen, bei dem man nicht dümmer wird.
denkt man sich bisweilen als Leser, wenn man die Geschichte von Georg Himmel oder viel mehr die Geschichten von ihm liest.
Eine mysteriöse SMS seines Vaters veranlasst ihn, den Sonderling, den Andersartigen, ...
denkt man sich bisweilen als Leser, wenn man die Geschichte von Georg Himmel oder viel mehr die Geschichten von ihm liest.
Eine mysteriöse SMS seines Vaters veranlasst ihn, den Sonderling, den Andersartigen, den Sternengucker, den Träumer, den Hirngespinstler, fluchtartig die Hochzeits(vor)feier seines besten Freundes mit dem alten Familienopel Corsa zu verlassen und über die Alpen nach München zu düsen, um seinen Vater vor einem großen Fehler zu bewahren. Wie er denkt. Auf seiner Fahrt durch die Nacht sucht er in seinen Erinnerungen nach Indizien dafür, dass die Ehe seiner Eltern zu scheitern droht. Dabei ist doch seine Familie neben seinem besten Freund das, was ihn in seinem von Ängsten, Sorgen und Paranoien geprägten Leben Halt und Wärme gibt. Aber war das alles nur eine Illusion, sind seine Eltern die, für die er sie hält? Merkwürdige Dinge und Zeichen ereignen sich an einem Tag mit Schnapszahldatum, dass eine Menge Heiratswilliger auf die Straßen treibt, um dieses Datum für ihren Hochzeitstag zu nutzen, auch eine Prinzessin und einen Agenten, der diese entführen will – laut Internet. Und die Anzeichen verdichten sich – zumindest für Georg Himmel, dass er diesen Agenten besser kennt, als er sich eingestehen möchte. Oder doch nicht?
Dazu kommt noch das abrupte Verschwinden eines roten Sternes, de Beteigeuzes, der Georg Himmel schon seit Kindheit ein Wegweiser und Verbindungsglied zum Vater zu sein scheint.
So ist nicht nur der Nachname des Protagonisten ein sprechender, sondern auch der Titel des Büchleins doppeldeutig: zum einen kann man ihn auf diesen Stern beziehen, zum anderen auf Georg Himmel selbst, der die Eltern wie ein Trabant umkreist. Dass er dabei in seiner Wahrnehmung ein wenig die Umlaufbahn verlässt und sich in Phantasien, gespeist aus der nachträglichen Deutung vergangener Familiengeschichten, versteigt, in denen die Phantasie mit der Wirklichkeit ihr Spiel treibt, macht ihn für den Leser nur sympathischer.
Er ist schon wirklich ein komischer, aber herzerwämender Held, dieser Georg Himmel. Diesen Eindruck erhält der Leser sowohl aus seinen Verhaltensschrullen auf der weiten Reise heimwärts, die man noch den Umständen schulden darf, als auch aus den vielen Episoden aus seiner Kindheit. Dabei wächst er einem zusehends ans Herz, wie er vor Angst vor dem ersten Referat nicht schlafen kann, wie er nach dem Abitur aus Protest ein halbes Jahr auf einem Parkplatz vor einem Möbelhaus campiert, wie er als Hausmeister in einem Planetarium zu arbeiten beginnt und dann auf einmal mit seiner Soziophobie zum Sprecher der Sternenreise wird. Und alles immer begleitet, getragen und behütet von seinen Eltern, deren vermeintliche Trennung für Georg den Zusammenbruch seines Universums bedeuten würde, den es heldenhaft zu verhindern gilt.
Nur das vage Ende lässt den Leser ein wenig unversöhnlich zurück mit diesem ansonsten so kleinen feinen Büchlein.
In der vermeintlich neutralen Schweiz tummeln sich im Davoser Tal Spione und Agenten der verschiedenen Kriegsparteien, um auf ausgeklügelte Weise den Sieg der eigenen Nation voranzutreiben und das Spiel ...
In der vermeintlich neutralen Schweiz tummeln sich im Davoser Tal Spione und Agenten der verschiedenen Kriegsparteien, um auf ausgeklügelte Weise den Sieg der eigenen Nation voranzutreiben und das Spiel der Gegenseite zu durchkreuzen. Unfreiwillig mittendrin die junge Schweizer Krankenschwester, die durch den Pakt mit dem Teufel, wie es scheint, versucht, ihr unehelich geborenes Kind zu retten. Dabei kommt ihr – wie sollte es anders sein – die Liebe in die Quere, denn der Auserwähle spioniert für die Gegenseite.
Die Geschichte ist packend erzählt und voller interessanter historischer Bezüge, die das Grauen des 1. Weltkrieges drastisch vor Augen führt und die Handlungsmotivation der Figuren deutlich macht, auch wenn dieser nur in den Erinnerungen der Beteiligten lebendig wird und das Schweizer Tal natürlich nicht direkter Kampfschauplatz ist. Dafür passiert hier jede Menge an Intrigen, Mord und Naturkatastrophe. Von Gift, über Pistolenschüsse, Sprengungen bis hin zum Zugunglück wird der Leser in Spannung gehalten. Und mittendrin die verschiedenen Figuren mit ihren persönlichen Schicksalen, Nöten, Sorgen und Sehnsüchten. Auch wenn es nicht gerade glaubwürdig erscheint, dass sich eine junge Krankenschwester, auch mit Fronterfahrung, innerhalb weniger Buchseiten zur Nahkampf erfahrenen Topagentin entwickelt, liest sich das Buch dennoch unterhaltsam und spannend weg. Gut geschrieben und plastisch erzählt, erinnert es bisweilen ein wenig an einen – vielleicht ein wenig mit einem Augenzwinkern gedrehten – Agentenfilm à la James Bond. Beeindruckend dabei ist vor allem die Kulisse der Schweizer Bergwelt in einem tiefverschneiten Winter, den das Cover gut in Szene setzt. Für einen unterhaltsamen Winterleseabend auf dem Sofa durchaus geeignet.
Eine epische Familiengeschichte ist der Roman „Unsereins“ von Inger-Maria Mahlke eigentlich eher nicht, auch wenn der Familie Lindhorst in ihm mehr Platz eingeräumt wird als anderen Figuren. Neben dem ...
Eine epische Familiengeschichte ist der Roman „Unsereins“ von Inger-Maria Mahlke eigentlich eher nicht, auch wenn der Familie Lindhorst in ihm mehr Platz eingeräumt wird als anderen Figuren. Neben dem Blick auf die Mitschüler und andere höher gestellte Familien des „kleinsten Staates des Deutschen Reiches“ fällt dieser eben auch auf das alternde Hausmädchen Ida, das nicht „im Dienst“ sterben, sondern noch etwas anderer im Leben erreichen möchte, den Ratsdiener Isenhagen und seine Liebe zu Matthilde Helms, die wiederrum mit dem schwulen Lohndiener Charlie eine Scheinehe führt, damit seine Neigungen nicht auffallen. Aber auch die Familien der Senatoren haben so mit ihren Problemen und Sorgenkindern zu kämpfen: die Schillings suchen nach gesellschaftlicher Anerkennung, da macht es eine unverheiratete Tochter aus erster geschiedener (!) Ehe nicht einfacher, zumal wenn sie auch noch Spukgeschichten schreibt, in denen der Nachbar mit seinem Hund die Hauptrolle spielt, und die nach einer Erbschaft ein unabhängiges Leben in der „Kurblase“ leben kann.
Auch die Kinder der Lindhorsts sind alles andere als gesellschaftsfähig, seien es unverwiderte Liebesgefühle, der Hang zur Spielsucht oder die „deutsche Krankheit“, die man sich in Bordellen holen kann. Hinzu kommt eine nervenkranke Mutter mit einem verschwenderischen Lebensstil und schlechter gehende Geschäfte, die, wenn schon keinen gesellschaftlichen Abstieg, so doch den Umzug in einfachere Verhältnisse bedeuten.
Nicht nur der Ort, auch viele Personen und die gesellschaftlichen Um- und Zustände lassen an Thomas Manns „Buddenbrooks“ erinnern. Der Dichter selbst taucht namentlich auf, zunächst noch als Schüler, genannt der Pfau, der allerdings nach dem Tod des Vaters recht klang- und sanglos aus der Gesellschaft verschwindet, um Jahre später mit seinem Buch, das er über die Gesellschaft seines einstigen Heimatortes geschrieben hat, dorthin zurückkehrt. Wer setzt wem hier ein Porträt? Eine Frage mit Tradition, aber letztlich ohne wirkliche Bedeutung. Der Roman ist keine Neuauflage, keine Modernisierung der Buddenbrooks.
Mit ihm gemein hat er die sehr detaillierte, liebevolle Porträtierung seiner Figuren, die sich manchmal aber auch nicht den humorvoll ironischen Seitenhieb verkneifen kann. Auch die Beschreibung von Natur und Stadtleben sind sehr anschaulich und atmosphärisch. Gerahmt – und das ist der jüngeren Zeit durchaus geschuldet – wird der Roman von der Einnahme einer Perspektive, die moderne Errungenschaften und die Erzählweise des Films voraussetzt: Wir nähern uns dem Erzählten aus der Perspektive eines Regentropfens, der auf den „kleinsten Staat des Deutschen Reiches“ fällt, und wir verlassen ihn wieder, indem wir auf die Kinder der Familie Lindhorst am Ende auf dem Dach ihres alten Familienhauses zurücklassen, aus Sicht einer darüber kreisenden Drohne. Auf jeden Fall ein interessanter erzähltechnischer Aspekt.
Einige Fragen sind für mich allerdings bei der Lektüre offengeblieben: Wohin will die Erzählung? Es gibt keinen stringenten Leitfaden, die Erzählung springt mal hier, mal dort hin, mancher Faden wird ab und an wieder aufgegriffen, mancher aber auch nicht mehr: Was wird aus dem Schüler der „Anstalt“ Georg, was aus seinem Mitschüler Otto? Was ist mit Robert, der sich aus Japan auf den Heimweg gemacht hat? Kündigt der Schlusssatz „Aber vielleicht ist dies nicht das Ende, sondern nur der Anfang.“ einen möglichen weiteren Teil an?
Die Geschichte ist nett zu lesen, die Figuren mehr oder minder sympathisch oder zumindest unterhaltsam, aber sind sie „unsereins“? Der Titel gibt Rätsel auf: Unsereins im Sinne der Zugehörigkeit zu einem kleinen Stadtstaat okay, aber dafür sind seine Bewohner viel zu unterschiedlich. Unsereins dann im Sinne einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht? Aber dafür sind die einzelnen Figuren viel zu individuell, kaum eine achtet darauf, sich an die Konventionen zu halten: die Damen reisen allein, betrinken sich, suchen Liebschaften, die Herren haben Liebschaften oder besuchen Bordelle oder andere sexuelle Neigungen. Auch wenn sie es nicht offen ausleben, sondern sich hinter einer bürgerlichen Fassade verbergen – wie auch Thomas Mann, so weiß doch jeder darum. Nach außen hin geht es sehr häufig um gesellschaftliche Akzeptanz, darum, dazugehören zu wollen, wofür die Figur des Charlie Helms sinnbildlich steht, ist es doch seine Aufgabe, gesellschaftliche Kontakte zu den höheren Kreisen zu vermitteln. Am ehesten ist es noch Ida, die Angst hat, gegen ein Rollenbild zu verstoßen, wenn sie sich heimlich aufmacht, um Stenografie zu lernen, um mehr aus sich zu machen. Und doch geht es zugleich auch immer darum, sich selbst zu finden und zu leben, den Neigungen nachzugeben. Meint „unsereins“ insofern auch uns alle: unsereins Menschen? Ansonsten bliebe die Lektüre eines gesellschaftliche Porträts einer Zeit um 1900 zwar nette Unterhaltung und vielleicht historisch nicht uninteressant, aber darüber hinaus auch nicht viel mehr.