Überlebende eines Massakers
MenschenwerkINHALT:
"Ich kämpfe, jeden Tag. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Und Sie, ebenso ein Mensch wie ich, ...
INHALT:
"Ich kämpfe, jeden Tag. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Und Sie, ebenso ein Mensch wie ich, welche Antworten können Sie mir geben?"
Ein Junge ist gestorben, und die Hinterbliebenen müssen weiterleben. Doch was ist ihnen ihr Leben noch wert? Han Kang beschreibt in ihrem neuen Roman, wie dehnbar die Grenzen menschlicher Leidensfähigkeit sind. Ein höchst mutiges Buch und ein brennender Aufruf gegen jede Art von Gewalt.
MEINUNG:
Ich habe von Han Kang bereits Die Vegetarierin gelesen und ich war nach dem Lesen nur mäßig begeistert. Wenn ich heute darüber nachdenke, dann würde ich meine Bewertung von drei Sternen auf jeden Fall nochmal nach oben korrigieren. Aus diesem Antrieb heraus war ich total gespannt auf das neue Werk von Han Kang. Menschenwerk ist ein Werk für sich und sollte auf keinen Fall mit Die Vegetarierin verglichen werden.
Menschenwerk beruht auf wahren Begebenheiten und zwar aus dem Gwangju-Massaker in den frühen 1980er in Südkorea, von dem ich zu meiner Schande behaupten muss, noch nie etwas gehört zu haben. Die Charaktere sind allerdings fiktiv. Da Han Kang selbst aus Gwangju stammt und zu der Zeit ca. zehn Jahre alt war, könnte man vermuten, dass hier auch persönliche Erfahrungen miteingeflossen sind. Vielleicht ist auch eine Art Aufarbeitung, weil sie vielleicht selbst jemanden verloren hat, der ihr wichtig war. Im Epilog kommt sich auch noch einmal selbst zu Wort. So ein Massaker verursacht in der Regel immer ein Trauma bei den Hinterbliebenen und den Überlebenden und genau darum geht es in dem Buch.
Die Geschichte beginnt direkt nach dem Massaker und arbeitet sich dann langsam in die Gegenwart vor. Jedes Kapitel ist aus der Sicht einer anderen Person geschrieben und doch hängen alle miteinander zusammen. Anfangs war es schwierig mit den koreanischen Namen zurecht zu kommen, da man diese einfach nicht gewohnt ist. Ich musste ein paar Mal hin und her blättern. Die verschiedenen Perspektiven auf das gleiche Ereignis haben mich ein wenig an Geständnisse Kanae Minato erinnert.
Die Erzählungen der einzelnen Personen habe alle eines gemeinsam: Sie sind schmerzlich und sie kämpfen damit überlebt zu haben. Jeder geht damit anders um, aber alle sind innerlich zerbrochen und sie versuchen ihren Weg alle irgendwie weiterzuleben. Dem einen gelingt es. Der andere zerbricht an den Nachwirkungen von Gefängnis und Folter. Immer wieder gewehrt Han Kang auch Einblicke in die südkoreanische Gesellschaft, so z.B. unterliegen Bücher zumindest zu dieser Zeit ein strengen Zensur und werden vor Veröffentlichung durch eine staatliche Stell geprüft. Das Dinge, die man sich irgendwie als Deutscher schwer vorstellen kann.
Die geschilderte Brutalität und Gewalt ist grausam zu lesen, dennoch fand ich die Erzählung recht nüchtern und konnte mich wenig in die Charaktere hineinfühlen. Vielleicht ist das auch eine kulturelle Art damit umzugehen, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Dennoch bleibt Fassungslosigkeit zurück und das Unverständnis, wie eine vermeintlichen studentischer Aufstand so eskalieren konnte. Nachdem Lesen habe ich mich mit dem Massaker noch einmal ausführlicher beschäftigt und das sollte man auch, um zu verstehen, was dort wirklich passiert ist.
FAZIT:
Menschenwerk ist der Versuch einer Verarbeitung des Traumas aus dem Gwangju-Massaker in Südkorea. Ein Buch, welches sehr ehrlich und bewegend ist. Es gibt uns einen Teil Geschichte, der Mahnung für all jene Massaker stehen sollte, an dem unschuldige Menschen ums Leben gekommen sind.