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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.02.2018

tolle Umsetzung, an manchen Stellen zu "niedlich"

Die Stadt der Träumenden Bücher (Comic)
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Die Graphic Novel beinhaltet den ersten Teil des Romans. Die Geschichte, wie Hildegunst von Mythenmetz, der große zamonische Autor von der Lindwurmfeste, die nur große zamonische Autoren hervorgebracht ...

Die Graphic Novel beinhaltet den ersten Teil des Romans. Die Geschichte, wie Hildegunst von Mythenmetz, der große zamonische Autor von der Lindwurmfeste, die nur große zamonische Autoren hervorgebracht hat, sich auf die Suche nach DEM Autor macht. Ein geheimnisvoller Brief und die Sehnsucht nach dem Orm, jener großen ewigen Inspiration, treibt ihn aus der Festung in die Stadt der Bücher, Buchhaim.
Was schon im Roman die Herzen aller bibliophilen erobert hat, ist auch gezeichnet ein Genuss für die Bücherfreundseele. Buchhandlung an Buchhandlung, überall gibt es etwas zu lesen, zu hören, zu sehen. Einmal in die Antiquariate spitzeln. Mit dem Comic klappt das endlich. Am Stil der Zeichnungen von Moers gehalten hat der Illustrator Florian Biege Buchhaim eine neue Form gegeben. Aus den Buchstaben heraus in farbige Bilder.
Die große Fülle der Details, die im Roman begeistern wurde stimmungsvoll übertragen, umgeformt. Als Leserin sah ich meine eigenen Vorstellungen wunderbar ergänzt und konnte mich vor allem der Gestaltung widmen, lernte aber auch die Geschichte noch einmal neu kennen.
Dabei, wie könnte es anders sein, rutschte auch das ein oder andere durch das Raster. Hin und wieder fand ich die Zeichnungen etwas zu verniedlichend. Ausgerechnet der Lindwurm Mythenmetz sah eher putzig, als urzeitlich aus. Das sticht sich für mich mit den berauschenden Beschreibungen der Bücher und der Gefahr für Mythenmetz später im Buch. Ein bisschen mehr Spannung hätten die Bilder aufbauen können, durch farbliche Nuancen oder versteckte Hinweise.
Außerdem hat sich die Herkunft aus dem Roman stark in der dominanten Erzählfigur gezeigt. Für mich hätte einiges, was weiterhin „erzählt“ wird, durch wenig zusätzliche Handlung gezeigt werden können. Dadurch wäre die Graphic Novel nicht nur zu einer Interpretation, sondern zu einem Buch mit inhaltlichem Mehrwert geworden.

Veröffentlicht am 28.02.2018

Tolle Anleitungen, kein Platz zum Üben

Handlettering. Die 33 schönsten Alphabete mit Rahmen, Ornamenten und Bordüren
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Von erstem Fachwissen über Begriffe und Hilfen beim Lettering bis zu kleinen Illustrationen am Schluss ist es wirklich prall gefüllt. Die angekündigten 33 Alphabete sind vielseitig, mal geschwungen, mal ...

Von erstem Fachwissen über Begriffe und Hilfen beim Lettering bis zu kleinen Illustrationen am Schluss ist es wirklich prall gefüllt. Die angekündigten 33 Alphabete sind vielseitig, mal geschwungen, mal eher geometrisch. Großbuchstaben und Kleinbuchstaben, Ziffern und Satzzeichen sind einbezogen wurden, so dass für alle Fälle vorgesorgt ist.
Zu den einzelnen Alphabeten gibt es nicht nur die Vordrucke, sogar genaue Anleitungen, die Versalienhöhe, Länge der einzelnen Striche und mögliche Einbeziehung von Schablonen beinhaltet. Zur vereinfachten Anwendung wird dabei nicht von konkreten Maßeinheiten wie Zentimetern, sondern von Kästchen auf kariertem Papier gesprochen. Beispielanwendungen und Tipps, für was sich die Schriften am sinnvollsten eignen, sind ebenfalls aufgeführt.
Was mir gefehlt hat ist Raum für Übungen. Das Buch ist voll von Beispielen und Anwendungsmöglichkeiten, Übungsseiten fehlen komplett. Die müssten nebenher entsprechendem karierten Papier gemacht werden. Da für mich Praxistauglichkeit auch mit der Möglichkeit der direkten Übung zusammen hängt, finde ich das wirklich schade. Wer eine Sammlung von Alphabeten sucht und ohnehin gerne selbstständig übt, ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 27.11.2017

erschreckend logisch

Requiem für den amerikanischen Traum
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Der amerikanische Traum ist uns allen ein Begriff. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Chomsky dagegen greift in seinem Buch, das auf dem gleichnamigen Film basiert, zehn Prinzipien zu Macht und Reichtum ...

Der amerikanische Traum ist uns allen ein Begriff. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Chomsky dagegen greift in seinem Buch, das auf dem gleichnamigen Film basiert, zehn Prinzipien zu Macht und Reichtum auf. Dabei wird schnell klar, dass der amerikanische Traum dabei gar keinen Platz hat.
Es ist geradezu erschreckend, wie logisch die Prinzipien klingen, die von der Einschränkung von Demokratie, der Bestimmung von Ideologien und dem Übertragen von Lasten auf andere sprechen. Noch gruseliger wird es, wenn diese theoretischen Komplexe mit dem Amerika von heute verglichen werden. Gruselig, weil real oder zumindest realistisch. So realistisch, dass ich im stimmen Kämmerlein auch Strukturen in unserer eigenen Gesellschaft entdeckt habe, die in die gleiche Richtung tendieren.
Neben dem eigentlichen Text haben die Herausgeber zusätzlich Abschriften von Zeitzeugen eingefügt. Ein Auszug von Adam Smiths Der Wohlstand der Nationen von 1776, Ein kurzer Text von David Hume Über die ursprünglichen Prinzipien der Regierung von 1741 oder Harry S. Trumans Rede vom 30.09.1948 beispielweise. Diese ergänzen nicht nur, sondern zeigen auch radikale Brüche in historischen Verlauf und Überlegungen, die bereits früh angefangen haben. Der Ist-Zustand kommt nicht aus dem Nichts, sagen diese Texte und bieten einen interessanten Einblick, der auflockert.
Requiem für den amerikanischen Traum ist kein einfaches Buch, weil es so radikal realistisch ist, aber auch, weil es den Leser permanent fordert. Ein Sachbuch eben. Und doch ist es ein unheimlich wichtiges. Nicht nur im Kontext Amerika, sondern allgemein für alle Machtstrukturen, die mir so einfallen. Tatsächlich finde ich es als Autorin auch hochinteressant im Hinblick auf Weltenbildung und Strukturen.

Veröffentlicht am 14.11.2017

Von Mobbing, Kochen und Erkenntnis

Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe - Band 2
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Lizzy ist eine Außenseiterin uns weiß es. Das ist ihr ziemlich egal, denn sie will mit denen, die sie mobben und denken, sie wären besser, relativ wenig zu tun haben. Als ihr Lehrer für das Schulfest ein ...

Lizzy ist eine Außenseiterin uns weiß es. Das ist ihr ziemlich egal, denn sie will mit denen, die sie mobben und denken, sie wären besser, relativ wenig zu tun haben. Als ihr Lehrer für das Schulfest ein Klischeemotto vorgibt, weil ja an ihrer Schule niemand ausgegrenzt würde, platzt Lizzy der Kragen. Schöner Mist. Denn nun soll sie mit anderen Außenseitern eine eigene Projektgruppe anführen, bei der so ziemlich alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann.
Es ist immer wieder angenehm, wenn Protagonistinnen so herrlich vom typischen Gelschechterschema abweichen, ohne wie Karikaturen zu wirken. Lizzy steht nicht etwa über allem, sondern ihr setzt Mobbing und Alleinsein wirklich zu. Ihre Kraft zieht sie einerseits aus ihren wenigen Freundschaften. So wenig die Eltern am Anfang in Lizzys Leben involviert scheinen, so wunderschön wird aufgedröselt, wie sehr sie hinter ihrer Tochter stehen. Dabei machen sie genauso Fehler, wie jeder normale Mensch.
Überhaupt färbt sich die Geschichte immer wieder neu. Vertrauen wird missbraucht, Steine in den Weg gelegt, unvorhergesehene Ereignisse belasten die Figuren und zeigen, dass es nicht immer nur um eine geht. Lizzy ist zwar Protagonistin, aber nicht zwangsläufig immer der Mittelpunkt. Und ihre wichtigste Lektion ist, zu sehen, wie leicht es ist, mitzumachen und abzurutschen. Rigoros werden hier Schmerzgrenzen überschritten.
Dass es keine schwarz-weiß-Zeichnung gibt und sowohl bei den Jugendlichen, als auch bei den Erwachsenen Fehler zu erkennen sind, gibt dem Roman viel Tiefe. Faszinierend ist dabei, dass mehrere Erzählerinnenstimmen zum Tragen kommen. Zum einen erzählt Lizzy aus der Ich-Perspektive in der Vergangenheit. Reflektierter, aber dennoch direkt erfährt der Leser ihre Geschichte. Daneben führt Lizzy ein Tagebuch. Wie sehr hier eine zweite Erzählerin auftritt, wird kurz vor dem Höhepunkt der Handlung deutlich. Klar ist aber, dass Lizzy auch für sich selbst nicht alles festhält und anders reflektiert, als in der direkten Erzählweise.
Dabei wirkt Lizzy sehr reif für eine Dreizehnjährige, fast zu reif. Als erwachsene Leserin hat mich dieser Punkt wenig gestört, aber gerade Frischpubertierende könnten hier irritiert werden. Ein leichtes Klischee schimmert durch, als alle Außenseiter sich gruppieren. Aber auch innerhalb dieser Gruppe läuft vieles nicht einfach und Vorurteile sind auch hier ein Problem. Das aber geht der Roman authentisch an. Am Ende fand ich es leicht bedenklich, dass Lizzy Carbon und der Club der Verlierer eines nicht einbezieht.
Kommunikation wird im Buch im Grunde auf das Nötigste beschränkt. Dadurch füttert Lizzy das Tagebuch, aber sie redet weder mit ihren Eltern wirklich, noch mit ihren Freunden. Da werden Informationen ausgetauscht, über Zustände gemeckert, Pläne geschmiedet – über ihre Gefühle spricht Lizzy kaum, noch nicht einmal mit sich selbst. Ja, der Roman geht Mobbing mit einer schlagfertigen Protagonistin an, die aber eher unabsichtlich zur Handelnden wird. Eigentlich ist ihr Schlagwort die Passivität. So amüsant und mitreißend der Roman ist, hier hätte ich mir etwas mehr Entwicklung hin zur Offenheit gewünscht.

Veröffentlicht am 20.10.2017

Spannend trotz kleiner Schwächen

Palast der Finsternis
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Anouk reist ohne das Wissen ihrer Familie nach Paris, wo sie mit anderen Jugendlichen an einer besonderen Expedition teilnehmen soll. Doch bald zeigt sich, dass ihre Aufgabe nur Schwindel war. Sie sind ...

Anouk reist ohne das Wissen ihrer Familie nach Paris, wo sie mit anderen Jugendlichen an einer besonderen Expedition teilnehmen soll. Doch bald zeigt sich, dass ihre Aufgabe nur Schwindel war. Sie sind in die Falle getappt und nun bleibt ihnen nur der Kampf ums Überleben und gegen eine Vergangenheit, mit der sie auf groteske Weise verbunden sind.
Der Roman besteht aus zwei Zeitebenen. Einmal die Haupthandlung von Anouk, einer Antiheldin mit Schuldkomplex. Darüber liegt ein Rahmen, der zu Aurélie führt, Tochter eines Adeligen, die 1789 vor der Französischen Revolution geflohen ist. Doch nicht etwa in ein anderes Land oder ein anderes Leben. Aurélie floh unter die Erde in den Palast ihres Vaters. Jenen Palast, den Anouk in der Gegenwart erkunden soll.
Bei der Vorstellung, dass eine Handvoll Jugendliche statt eines archäologischen Teams eine solche Entdeckung als erste untersuchen sollen, schrillen beim Leser die Alarmglocken. Dass die Figuren in ihrer jugendlichen Naivität darüber kaum und erst viel zu spät nachdenken, bleibt als verwirrender Punkt. Aber als Leser lässt man sich auf einen Roman ein, nimmt solche Anfangsprämissen an. Wenn man das nicht kann, wird das ganze Buch dem Leser zur Qual.
Durch die zwei Zeitebenen entwickeln sich mehrere Spannungsstränge, die erst immer wieder leicht und schließlich am Höhepunkt komplett einander bedingen. Der Trick ist gelungen, denn so geht es nicht nur darum, ob und wie Anouk aus ihrer tödlichen Falle entkommen kann, sondern auch wie nah die beiden Handlungen sich sind, welche Auswirkungen die Vergangenheit tatsächlich auf die Gegenwart hat und auch wie Aurélies eigene Geschichte endet. Diese Finesse hält die Spannung immer wieder oben und übt zusätzlich Faszination aus.
Während einige der Nebenfiguren flach bleiben, ist es gerade Anouk, die mich begeistert. Die Menschenfeindin ist eine erholsame weibliche Antiheldin. Etwas, worauf man selten trifft. Eine Figur, die alle hasst, weil sie sich selbst hasst. Die auch gar nicht aus ihrem Menschenhass heraus will. Unterhaltsam und sehr real war mir diese Figur, eine Wohltat zwischen all den weiblichen Figuren der Literatur, die eigentlich nur auf der Suche nach dem Glück sind. Anouk glaubt nicht an Glück. Sie hat eine angenehme „Ihr könnt mich alle mal“-Mentalität, die zwar auf die Probe gestellt, aber nicht von Regen in Sonnenschein verdreht wird. Sie bleibt stimmig und wird zu keinem Moment verkitscht. Von solchen „Heldinnen“ hätte ich gerne mehr.
Auch die anderen Jugendlichen werden psychologisiert, wenn auch nicht so stark wie Anouk. Hier hätte das Buch etwas tiefer gehen können. Mancher Charakter wirkt oberflächlich, ohne, dass es hinterfragt wird. Die Handlangerin von „Dorf“, dem Mann, der die Jugendlichen nach Frankreich lotst beispielsweise. Nein, keine wichtige Figur, dennoch wirkt sie konturlos. Gemeinsam mit den anderen Jugendlichen, die nur selten wirklich aus der Peripherie auftauchen, gewinnt der Roman was die Figuren angeht so an einer Oberflächlichkeit, die ich nur ungern zugebe.
Denn der Roman fesselt. Er machte mich vom ersten Moment an neugierig und Anouks Ablehnung aus Prinzip gefällt mir nach wie vor gut. Das Buch dominiert durch Spannung, Rätsel und die Aufmerksamkeit des Lesers, die permanent gefordert wird, damit er am Ball bleibt. Kein Buch für zwischendurch? Ich glaube doch, denn es liest sich schnell und mit viel Energie, so dass man als Leser seine Mühe hat, aufzuhören. Eine Eigenschaft, die definitiv zu einem guten Roman gehört.