Berührende Familiengeschichte
Die Reisenden der NachtDer Roman umspannt eine Zeit von rund 80 Jahren und begleitet dabei vier Generationen einer Familie, allesamt Frauen.
Zu Beginn bin ich sofort in das Setting der 1930iger Jahren eingetaucht und habe Allys ...
Der Roman umspannt eine Zeit von rund 80 Jahren und begleitet dabei vier Generationen einer Familie, allesamt Frauen.
Zu Beginn bin ich sofort in das Setting der 1930iger Jahren eingetaucht und habe Allys Lebensweg und Schicksalsschläge berührt verfolgt. Sie wird ungeplant von ihrem schwarzen Freund Marcus schwanger und muss ab der Geburt ihrer Tochter Lilith mit Anfeindungen, Diskriminierung, bis hin zu tätlichen Übergriffen durch „wahre“ Deutsche leben. Besonders Lilith schwebt relativ bald in Lebensgefahr, bedingt durch Hitlers Rassenideologie. Deshalb entschließt sich Ally zu dem schweren Schritt und schickt sie mit einem jüdischen Ehepaar nach Kuba.
Doch auch dort ist Lilith auf Dauer nicht sicher, denn ihr späterer Ehemann wird von Fidel Castros Männer gefangen genommen. Somit ist auch ihr Leben und das der gemeinsamen Tochter Nadine in Gefahr. Und Nadine teilt das Schicksal ihrer Mutter, als sie in die USA ausgeflogen wird und dort von einer Familie adoptiert wird.
Erst Jahrzehnte später, zurück in Deutschland und durch ihre Tochter Luna, wird die Familiengeschichte aufgearbeitet und in Gänze erzählt.
Der Plot an sich hat sehr viel Potential und tatsächlich hätte jedes der vier Schicksale genügend Stoff für einen eigenen Roman geliefert.
Leider hat der Autor diese Chance, in meinen Augen, nicht genutzt. Stattdessen sind für mich die Geschehnisse häufig zu sehr aneinander gereiht ohne ihnen den nötigen Raum zu geben. Denn wenn der Autor ins Erzählen kommt, sind es wirklich gelungene Bilder, die er entstehen lässt. Dann habe ich mit gefiebert und gelitten mit den Frauen. Bin abgetaucht im dunklen Deutschland kurz vor dem 2. Weltkrieg oder dem warmen Kuba der 1940er und 1950er. Aber dazwischen liest es sich, wie zu kurze Momentaufnahmen.
Das Ende hat mich dann wiederum sehr berührt. Es war stimmig und gelungen für diese fiktive Familiengeschichte.
In Summe habe ich das Buch gerne gelesen, der Schreibstil ist flüssig und es ist historisch gut recherchiert. Gerade der andere Einblick in unsere deutsche Geschichte beziehungsweise die Auswirkungen in diese Richtung, hatte ich bis dato so noch nicht gelesen.
Wer also gerne historische Roman liest, die nicht zu tief in die Einzelschicksale eintauchen, wird hier gut unterhalten.