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Veröffentlicht am 11.06.2024

Krimidebüt mit Tiefgang

Das Schweigen des Wassers
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem Debütroman „Das Schweigen des Wassers" ist der deutschen Autorin Susanne Tägder eine stimmige Mischung aus fesselndem Kriminalfall und interessantem Gesellschaftsporträt gelungen, ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem Debütroman „Das Schweigen des Wassers" ist der deutschen Autorin Susanne Tägder eine stimmige Mischung aus fesselndem Kriminalfall und interessantem Gesellschaftsporträt gelungen, das uns tiefgründige Einblicke in die Nachwendezeit gewährt. Inspiriert wurde die Autorin von einem auf wahren Begebenheiten beruhenden Mordfall, der sich im Jahr 1979 in Mecklenburg zugetragen hatte. Geschickt hat sie den ungelösten historischen Cold Case mit dem fiktiven Kriminalfall um einen in einem See ertrunkenen Obdachlosen zu einem sehr atmosphärischen, clever angelegten Plot verwoben. Im Mittelpunkt des Krimis steht der Hamburger Kriminalhauptkommissar Groth, der selbst ursprünglich aus dem Osten stammend, in seine alte Heimatstadt Wechtershagen zurückgekehrt ist und zu den Ermittlungen zum rätselhaften, höchst verwickelten Todesfall hinzugezogen wird. Erschwert wird seine Arbeit jedoch nicht nur durch unkooperative Kollegen sondern auch durch die wenig auskunftswillige, misstrauische Bevölkerung, die sich mit ihrer problematischen DDR-Vergangenheit nicht mehr auseinandersetzen möchte.
Durch den prägnanten, ansprechenden Schreibstil konnte ich mühelos in die tiefgründige Geschichte eintauchen, die nach und nach immer mehr an Dynamik gewinnt. Mit geschickten Wechseln der Handlungsstränge und unerwarteten Wendungen sorgt die Autorin in der vielschichtigen Handlung für Spannung.
Sie lässt uns an den unterschiedlichen Entwicklungen bei den Nachforschungen aus wechselnden Perspektiven teilhaben, so dass man anhand der aufgedeckten Details und Erkenntnisse gut selbst miträtseln und eigene Spekulationen zu Täter und Hintergründen anstellen kann.
Besonders gut haben mir psychologische Dichte sowie tiefgründige Auseinandersetzung mit den vielfältigen Folgen der Deutschen Teilung und Wiedervereinigung, den Herausforderungen der Nachwende-Zeit und den Traumata der DDR-Vergangenheit gefallen.
Sehr eindringlich fängt die Autorin die damals nach der deutschen Wiedervereinigung im Osten vorherrschende Atmosphäre ein und führt uns anschaulich und facettenreich die Befindlichkeiten der Bevölkerung vor Augen, die nach anfänglicher Euphorie der Umbruchzeit mit Misstrauen auf alles Westliche, Verunsicherung, Ernüchterung und Zukunftsängsten geprägt sind. Auf beeindruckende Weise spiegeln die vielschichtigen Charaktere die Zerrissenheit einer Gesellschaft wider, die sich nach jahrzehntelanger Teilung nun erst neu finden und zusammenwachsen muss.
Dank seiner umsichtigen Art und des besonders einfühlsamen Ermittlungsstils gelingt es Groth allmählich, die scheinbar undurchdringliche Mauer aus Schweigen, Argwohn und verwirrenden Unwahrheiten zu durchdringen und die unseligen Verstrickungen im DDR-System aufzudecken, um schließlich den komplexen Fall aufzuklären. Am Ende erhalten wir eine glaubwürdige Auflösung des Falls und einen realitätsnahen Ausklang, der uns zum Nachdenken über Schuld, Verdrängung und den Stellenwert von Wahrheit anregt.
Susanne Tägder konnte mich mit ihren interessanten und lebensnah angelegten Charakteren sehr überzeugen, in deren Gedanken- und Gefühlswelt ich mit gut hineinversetzen konnte. Vor allem die differenzierte, glaubwürdige Charakterisierung der facettenreichen Hauptfigur Groth und die sich erst allmählich enthüllenden Einblicke in sein Privatleben sind sehr gelungen.

FAZIT
Ein fesselnder Krimi mit Tiefgang und eine gelungene Mischung aus vielschichtigem Kriminalfall und interessantem gesellschaftlichen Porträt der Nachwende-Ära!

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Veröffentlicht am 30.05.2024

Sehr unterhaltsame Biografie

Der Lärm des Lebens
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MEINE MEINUNG
Mit seinem literarischen Debüt » Der Lärm des Lebens « hat der bedeutende deutsche Charakterdarsteller und Schauspieler Jörg Hartmann, der vielen vor allem durch seine Rolle als Dortmunder ...

MEINE MEINUNG
Mit seinem literarischen Debüt » Der Lärm des Lebens « hat der bedeutende deutsche Charakterdarsteller und Schauspieler Jörg Hartmann, der vielen vor allem durch seine Rolle als Dortmunder Tatortkommissar Faber bekannt sein wird, einen faszinierenden autobiografischen Roman vorgelegt, der mich hervorragend unterhalten konnte.
Jörg Hartmann, der 1969 als Sohn einer Arbeiterfamilie am Rande des Ruhrgebiets in Herdecke aufwuchs, erzählt seine sehr persönliche Lebens- und Familiengeschichte. Er versteht es hervorragend, die facettenreichen Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend nicht nur humorvoll und spannend, sondern auch berührend und nachdenklich stimmend in Szene zu setzen und jeweils genau den richtigen Ton zu treffen. Gekonnt lässt er immer wieder Vergangenheit und Gegenwart in den verschiedenen Kapiteln ineinanderfließen und lässt bereitet uns so manches Mal mit seinen tragischen und urkomischen Geschichten in ein Wechselbad der Gefühle eintauchen.
Aus seiner ganz eigenen Sicht präsentiert er uns ein lebendiges Stück Zeitgeschichte mit faszinierenden Einblicken in sein Privatleben und die verschiedenen Stationen seiner Schauspielkarriere sowie amüsante bis bisweilen skurrile Geschichten seiner Familie. Sympathisch und lebensnah erzählt er über seine eigenen Wurzeln und beleuchtet in seinen nicht chronologische erzählten Episoden Themen wie Herkunft, Heimat und Familienbande und was sonst noch so alles zum Lärm des Lebens dazugehört. In verschiedensten Episoden gewährt er uns einen humorvollen, tiefgründigen und bisweilen auch überraschenden Blick auf sein interessantes Familienleben und nachhaltig prägende Erlebnisse. Uns begegnet ein Panoptikum höchst unterschiedlicher, bemerkenswerter wie auch liebenswerter Menschen. Sehr gelungen empfand ich auch die interessanten Einblicke in seinen schauspielerischen Werdegang und seine charakterliche Entwicklung, in denen er oft sehr offen und selbstkritisch über seine Ängste und Schwächen erzählt, und uns an seiner Einstellung zum Theatergeschäft mit all seinen Licht- und Schattenseiten teilhaben lässt.
Hervorragend gelingt es Hartmann, die den besonderen „Ton des Ruhrpotts“ in seinen mundartlich geprägten Dialogen und die legendäre „westfälische Seligkeit“ beispielsweise bei den Familienzusammenkünften äußerst authentisch einzufangen. Mir hat diese liebevolle Hommage an die Menschen im Ruhrpott und seine Familie sehr gut gefallen.
FAZIT
Ein humorvoller und zugleich berührender Roman mit einer unterhaltsamen Zusammenstellung von sehr persönlichen Geschichten aus dem bewegten Familienleben des sympathischen Schauspielers Jörg Hartmann!

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Veröffentlicht am 30.05.2024

Fesselnde Fortsetzung der historischen Dresden-Saga

Das Opernhaus: Rot das Feuer
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MEINE MEINUNG

Nach dem gelungenen Auftakt „Das Opernhaus: Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ legt die deutsche Bestsellerautorin Anne Stern mit dem zweiten Band „Das Opernhaus: Rot das Feuer“ eine ...

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Nach dem gelungenen Auftakt „Das Opernhaus: Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie“ legt die deutsche Bestsellerautorin Anne Stern mit dem zweiten Band „Das Opernhaus: Rot das Feuer“ eine fesselnde Fortsetzung ihres groß angelegten historischen Dresden-Epos vor, in dem sie wechselvolle Geschichte der Stadt Dresden und der weltberühmten Semperoper weitererzählt. Die Geschichte ist erneut voller Leidenschaft, Dramatik und folgenschwerer Veränderungen, in die viele hervorragend recherchierte historische Fakten eingebettet sind. Die Autorin nimmt uns mit auf eine spannende und lehrreiche Zeitreise in das Dresden Mitte des 19. Jahrhunderts. Wir tauchen in in die historische Vergangenheit Dresdens und eine höchst bewegte Zeit ein, die im Zuge der Märzrevolution von 1848 von einschneidenden politischen Unruhen und gesellschaftlichen Umwälzungen geprägt war. Der erbitterte Kampf um eine Verfassung und Demokratie fand in Sachsen schließlich seinen fatalen Höhepunkt in den Dresdner Maiaufständen von 1849.

Im Mittelpunkt der abwechslungsreichen Saga, die im Dresden von 1849 spielt, steht erneut die charakterstarke Protagonistin Elise Spielmann, die inzwischen als Ehefrau des gestrengen und deutlich älteren Komponisten Adam Jacobi, geschätzte Violonistin und Mutter ihrer quirligen Adoptivtochter Netty ein beschauliches bürgerliches Leben führt. Beinahe vergessen und kaum mehr als eine romantische Erinnerung ist ihre kurze leidenschaftliche Affäre mit dem mittellosen Kulissenmaler am königlichen Hoftheater Christian. Doch eine unverhoffte Wiederbegegnung und familiäre Schicksalsschläge lassen Elises vermeintlich heile Welt rasch aus den Fugen geraten.

Äußerst anschaulich und packend führt uns die Autorin eine von gesellschaftlichen Konventionen geprägte Welt mit allgegenwärtiger Frauenfeindlichkeit vor Augen, in der die sozialen Spannungen und Repressionen in der Gesellschaft sowie die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Umbrüche äußerst greifbar sind.

Hautnah erleben wir vor der zeitgeschichtlichen Kulisse den allmählichen Wandel in der Stimmung der unterdrückten und ausgegrenzten Bevölkerung angesichts der sozialen Ungerechtigkeiten und dem Wunsch nach politischen Veränderungen im Land, die schließlich in einem revolutionären Kampf um mehr Rechte münden.

Stern ist es hervorragend gelungen, aus den vielen sorgsam recherchierten historischen Details ein facettenreiches und spannendes Zeitbild zu zeichnen und das damalige Dresden zum Leben zu erwecken.

Darüber hinaus beleuchtet sie insbesondere die Rolle der Frauenbewegung, die sich nicht nur für karitative Projekte einsetzte sondern sich zunehmend auch für weibliche Teilhabe, Selbstbestimmung und die Rechte der Frauen aus allen Schichten stark machten. Dabei wird sehr deutlich, welchen hohen Preis die Frauen des 19. Jahrhunderts für ihren Freiheitskampf bezahlen mussten. Aber auch die Geschehnisse im Opernhaus als Schauplatz von vielfältigen Dramen auf der Bühne und hinter den Kulissen sind anschaulich eingefangen und kenntnisreich in die fesselnde Handlung eingeflochten. Gekonnt inszeniert die Autorin die faszinierende Opernwelt und den Alltag am königlichen Hoftheater. Insbesondere die lebendigen Schilderungen einiger Aufführungen wie beispielsweise der Zauberflöte beschwören sehr schön die Magie der Musik herauf und konnten mich bestens unterhalten.

Die Figuren sind allesamt detailliert und vielschichtig angelegt, so dass sie sehr lebensnah und stimmig wirken. Sehr gut hat mir erneut die sympathische, deutlich gereifte Protagonistin Elise Jacobi gefallen, die sich schwierigen Entscheidungen zu stellen hat. Gefangen in einer arrangierten Ehe mit einem herrischen, deutlich älteren Mann bricht sich mit jeglichen Konventionen und lässt sich sie trotz großen Risikos wieder auf ihre leidenschaftliche Liebe zu dem feinfühligen, talentierten Kulissenmaler Christian ein. Im Laufe der Handlung begegnen wir zudem zahlreichen historischen Persönlichkeiten wie der bekannten Frauenrechtlerin Luise Otto, aber auch dem exzentrischen Kapellmeister Richard Wagner und dem Opernerbauer Gottfried Semper.

Auch wenn für meinen Geschmack einige dramatische Verwicklungen sich etwas zu vorhersehbar entwickelten, konnte mich die abwechslungsreiche Handlung insgesamt doch sehr fesseln.

Abgerundet wird der historische Roman mit einem interessanten, sehr ausführlichen Nachwort. Hierin vermittelt uns die Autorin zusätzliches Hintergrundwissen zu den historischen Geschehnissen rund um die Revolution von 1848/49 und dem Schicksal der Rädelsführer des Aufstands vermittelt sowie interessante Informationen zur Frauenbewegung.


FAZIT

Eine gelungene Fortsetzung der historischen Saga rund um die Semperoper und eine fesselnde Zeitreise ins Dresden Mitte des 19. Jahrhunderts mit viel historischem Flair!

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Tiefgründiger und bewegender Roman

Leuchtfeuer
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MEINE MEINUNG
In ihrem neuen bewegenden Roman «Leuchtfeuer» erzählt die US-amerikanischen Autorin Dani Shapiro sehr eindringlich über die vielfältigen verhängnisvollen Auswirkungen eines tragischen Unfalls ...

MEINE MEINUNG
In ihrem neuen bewegenden Roman «Leuchtfeuer» erzählt die US-amerikanischen Autorin Dani Shapiro sehr eindringlich über die vielfältigen verhängnisvollen Auswirkungen eines tragischen Unfalls auf eine Familie. Anschaulich führt sie uns vor Augen, wie ein einziger Fehler, das Geheimhalten und Schweigen über jenes fatale Ereignis die Geschicke eines jeden der beteiligten Familienmitglieder lebenslang beeinflusst.
Seinen Ausgang nimmt die Geschichte mit dem tragischen Autounfall im Jahre 1985. Angelegt ist die auf verschiedenen Zeitebenen spielende Handlung jedoch über einen Zeitraum von über 30 Jahren, so dass wir in den unterschiedlichen Episoden in die Jahre 2010, 1999, 2020, 2014 und als Ausklang ins Jahr 1970 blicken. In den nicht-chronologisch erzählten Kapiteln erhalten wir aus wechselnden Perspektiven nicht nur Einblicke in das Leben der verschiedenen Mitglieder der Familie Wilf und wie das unausgesprochene Familiengeheimnis ihr Leben nachhaltig verändert hat, sondern haben auch Anteil an dem Schicksal der Nachbarsfamilie Shenkman mit ihren kleinen Sohn Waldo, das auf schicksalhafte Weise mit der Familie Wilf verbunden zu sein scheint.
Mit außerordentlich gutem psychologischem Feingespür beleuchtet die Autorin in ihrem ergreifenden Roman komplexe Themenfelder wie Schuldgefühle, Trauer, Verlust und Folgen unverarbeiteter Trauma, Einsamkeit, Altern, menschliche Abgründe aber auch Liebe, Verbundenheit und labile Familiendynamiken im Laufe des Lebens.
Durch die unterschiedlichen Sichtweisen erhalten wir tiefgründige Einblicke in das Innenleben der Charaktere, ihre inneren Dämonen, ihre Sorgen und Nöte zu verschiedenen Zeitpunkten in ihrem Leben und haben Anteil an ihrer persönlichen Entwicklung, die durch das fatale Familiengeheimnis und das kaum zu durchbrechende Schweigen negativ beeinflusst wurde. Ob nun der introvertierte Meisterkoch Theo, die erfolgreiche alkoholabhängige Sarah, ihr empathischer Vater Ben oder der hochbegabte Waldo mit seiner Begeisterung für den Sternenhimmel – sie alle sind facettenreiche, sehr glaubwürdig ausgearbeitete Charaktere, die mich mit ihren nuancierten Persönlichkeiten und Hintergrundgeschichten tief berühren und sehr nachdenklich stimmen konnten.
Der permanente Wechsel zwischen den verschiedenen Zeitabschnitten und Perspektiven sowie geschickt eingestreute Andeutungen über zukünftige Entwicklungen und Geschehnisse sorgen für spannungsvolle Dramatik und ziehen einen beim Lesen unweigerlich in den Bann. Nach und nach ergibt sich aus den vielen Puzzlesteinchen ein nachdenklich stimmendes Gesamtbild und dennoch wird uns auch durch die zarte Freundschaft und Verbundenheit zwischen Ben und Waldo ein wundervolles Gefühl der Hoffnung und Zuversicht vermittelt.
FAZIT
Ein tiefgründiger, eindringlich erzählter Roman über fatale Entscheidungen und ein verhängnisvolles Familiengeheimnis! Großartig geschrieben, fesselnd und bewegend!

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Veröffentlicht am 25.04.2024

Lehrreiche Geschichtsstunde

Die Königin
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MEINE MEINUNG
In seinem sehr informativen Sachbuch „Die Königin – Nofretetes globale Karriere“ widmet sich der deutsche Historiker Sebastian Conrad der weltberühmten Büste der sagenhaften Königin ägyptischen ...

MEINE MEINUNG
In seinem sehr informativen Sachbuch „Die Königin – Nofretetes globale Karriere“ widmet sich der deutsche Historiker Sebastian Conrad der weltberühmten Büste der sagenhaften Königin ägyptischen Nofretete, die bis heute als Sinnbild für weibliche Schönheit gilt und eine beachtliche globale, kulturübergreifende Popularität besitzt. Die magische Ausstrahlung dieses besonderen Kunstwerks und ihre zeitlose Schönheit scheinen auch mehr als drei Jahrtausende nach ihrer Erschaffung die Menschen unverändert zu betören.
Der Autor zeigt sehr eindrucksvoll auf, dass die Silhouette der Büste zu einem weltweit erkennbaren Markenzeichen geworden ist, das interessanterweise losgelöst von der Bedeutung des eigentlichen archäologischen Fundstücks mit unterschiedlichen kulturellen Bedeutungen aufgeladen wird.
Conrad versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierten historischen Details anschaulich und unterhaltsam aufzubereiten und uns sehr facettenreich die Rezeption der Nofretete in verschiedenen historischen und kulturellen Kontexten zu vermitteln.
Er nimmt uns mit auf eine faszinierende und lehrreiche Reise in das alte Ägypten und die Welt der Pharaonen und beleuchtet Nofretetes damalige Stellung als Königliche Gemahlin Echnatons und möglicherweise erste weibliche Regentin Ägyptens. Gekonnt lässt er uns an den historischen Hintergründen teilhaben wie beispielsweise der sensationellen Entdeckung der Büste 1912 im ägyptischen Tell el-Amarna durch Muhammad Ahmad al-Sanusi, die offiziell dem deutschen Archäologen und Grabungsleiter Ludwig Borchardt. Er vermittelt uns interessante Einblicke in die recht fragwürdigen Umstände rund um den Erwerb der Nofretete-Büste in der Ära des Kolonialismus, ihre spätere Verbringung nach Deutschland und ihre sensationelle Ausstellung 1924 im Neuen Museum in Berlin. Die damalige Aneignung der Büste als typisches Beispiel für koloniale Denkmuster und das arrogante und ausbeuterische Vorgehen der damaligen Kolonialmächte liefert durchaus reichlich Konfliktpotential. Dies macht eine kritische Aufarbeitung der Besitzverhältnisse notwendig und sollte auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen kolonialen Geschichte einschließen.
Seinen Darstellungen zufolge spricht vieles dafür, dass sich das Artefakt nach heutigen Maßstäben rechtswidrig in Berlin befindet und durchaus berechtigte Ansprüche auf eine Rückgabe an Ägypten bestehen könnten.
Äußerst spannend sind auch seine Ausführungen zu der außergewöhnlichen und "beispiellosen Karriere" der betörenden Büste der berühmten Nofretete als moderne internationale Ikone mit hohem Wiederkennungswert und als universelle Projektionsfläche sowie ihre mediale Inszenierung – gänzlich losgelöst von ihrer antiken Geschichte und ihrem ägyptischen Ursprungs.
So erfahren wir voller Staunen, wie Nofretete von der Popkultur des 20. Jahrhunderts vereinnahmt wird insbesondere von Künstlerinnen wie Beyoncé und Rihanna, sich als ihre Wiedergängerinnen inszenieren, aber auch von modernen Emanzipationsbewegungen. Sogar Multimedia-Künstler wie Awol Erizku nutzen die dunkelhäutige Nofretete-Ikone, um Themen wie Black Empowerment und interkulturellen Austausch zu behandeln.
Abgerundet wird dieses gelungene Sachbuch mit einem umfangreichen Anhang, der eine Zusammenstellung über verwendete Quellen und Literatur, einen sehr vielfältigen farbigen Bildteil zur Illustration sowie Anmerkungen zu den im Text eingefügten Fußnoten umfasst.
FAZIT
Eine lehrreiche, facettenreiche und unterhaltsame Analyse der globalen Karriere der berühmten Büste der Nofretete – hervorragend recherchiert, anschaulich und fesselnd erzählt!

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