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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.05.2024

Ein gelungener hist. Roman

Der Meister der Karten
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In diesem historischen Roman steht der Kartograf Martin Waldseemüller im Mittelpunkt. Als Vermesserin liebe ich alte Karten und musste dieses Buch der Autorin Johanna von Wild (Pseudonym von Biggi Rist) ...

In diesem historischen Roman steht der Kartograf Martin Waldseemüller im Mittelpunkt. Als Vermesserin liebe ich alte Karten und musste dieses Buch der Autorin Johanna von Wild (Pseudonym von Biggi Rist) unbedingt lesen.

Martin Waldseemüller (geboren um 1472 oder 1475, gestorben 1520) hat 1507 die erste und viel beachtete Weltkarte gezeichnet, die gemeinsam mit einem Globus und einer Beschreibung erstmals die Landmasse im Westen unter dem Namen „America“ dokumentiert. Soweit das historische Verdienst von Martin Waldseemüller.

Schon lange weiß der junge Martin, dass er kein Metzger wie sein Vater werden will. Unterstützt durch den Pfarrer, darf er in die Schule gehen und später die sieben Künste studieren. Dabei entdeckt er unter seinem Lehrer Gregor Reisch die Kosmographie. Gemeinsam mit Mathias Ringmann verlässt die Universität im Breisgau und reist zunächst in das Kloster Saint-Dié-des-Vosges. Später lässt ihn dann die Autorin über Paris nach Lissabon reisen, wo er (die fiktive) Elena De Cabrera kennen- und lieben lernt. Blöd ist nur, dass die verheiratete Elena vor ihrem gewalttätigen Mann nach Lissabon geflohen ist. Allerdings ist Enzo De Cabrera gerade mit Amerigo Vespucci und seiner Flotte auf Reisen und scheint verschollen zu sein. Es kommt wie es kommen muss, plötzlich steht Martin Waldseemüller Enzo gegenüber, und das ausgerechnet am Hof des portugiesischen Königs Manuel ...

Meine Meinung:

Geschickt verquickt Johanna von Wild die historischen Fakten mit der fiktiven Liebesgeschichte. Neben Waldseemüller begegnen wir zahlreichen anderen historischen Personen wie Amerigo Vespucci, Cristóbal Cólon, dem portugiesischen König Manuel I, seiner Gemahlin Maria sowie dem Buchdrucker Valentim Fernandes Alemão.

Die Geschichte wird abwechselnd aus Martins und Elenas Perspektive erzählt. Während Martin ganz in seiner Wissenschaft aufgeht, muss sich Elena der für damalige Zeiten üblichen (Zwangs)Heirat beugen. Gut gelungen ist die Beschreibung von Land und Leuten des ausgehenden Mittelalters. Die Charaktere werden gut durch die Geschichte geführt und wirken richtig lebendig.

Dieser historische Roman lässt sich leicht und flüssig lesen. Das Cover passt sehr gut zum Thema.

Ich persönlich hätte gerne noch mehr über Waldseemüllers kartographisches Werk erfahren.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman rund um Martin Waldseemüller 4 Sterne.

Veröffentlicht am 02.05.2024

Fesselnd bis zur letzten Seite

Das Dunkel aller Tage
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Ein sprichwörtlich explosiver zweiter Fall wartet auf KHK Adam Schmidt und seine Frau OK Linh Schmidt.

Während KHK Adam Schmidt nach wie vor seine schwere Depression mit starken Psychopharmaka bekämpft ...

Ein sprichwörtlich explosiver zweiter Fall wartet auf KHK Adam Schmidt und seine Frau OK Linh Schmidt.

Während KHK Adam Schmidt nach wie vor seine schwere Depression mit starken Psychopharmaka bekämpft und nicht arbeitsfähig ist, kommt es im Berliner Ho-Chi-Center, zu einer folgenschwerer Explosion bei der zwei Menschen sterben. Recht bald ist klar, dass in diesem Teil des vietnamesischen Marktes eine Drogenküche in die Luft geflogen ist. Absicht oder blöder Unfall? Pikant ist, dass dieses Ho-Chi-Center Duc, dem Bruder von Oberkommissarin Linh Schmidt gehört. Während Linh an die Unschuld ihres Bruders glaubt, ist für den leitenden Ermittler klar, dass Duc der Drahtzieher und Drogenboss ist, der Berlin mit Drogen überschwemmen will.

Dass dieser Kriminalbeamte ausgerechnet Adam Schmidts Todfeind ist, der alles, aber auch wirklich alles, daran setzt das Ehepaar Schmidt in Misskredit zu bringen, macht die Ermittlungen nicht einfacher. In Adams Untergebenen POM Thilo Kupferschmidt findet Rabenstein einen willfährigen Handlanger.

Um die wahren Hintergründe der Explosion im Ho-Chi-Center herauszufinden, müssen Adam und Linh zu nicht ganz legalen Mitteln greifen.

Meine Meinung:

„Das Dunkel aller Tage“ ist der 2. Band der Reihe Schmidt & Schmidt von Alexander Oetker und Thi Linh Nguyen. Die Autorin Thi Linh Nguyen ist mir bislang unbekannt. Alexander Oetker kenne ich als Krimiautor der Reihen „Zara & Zoë“ sowie „Luc Verlain“ bzw. sein griechisches Pseudonym.

Obwohl die beiden Krimis unabhängig voneinander gelesen werden können, halte ich es für ratsam, den 1. Band („Die Schuld, die uns verfolgt“) zuerst zu lesen. Dadurch lassen sich die Charaktere und ihre Handlungsweisen besser verstehen.

Der Grund von Rabensteins Rachefeldzug wird hier im 2. Fall nur angedeutet und was ist während der Geiselnahme im ersten Fall wirklich passiert? Mich interessiert das brennend, daher ist das Buch in der Onleihe schon bestellt.

Alexander Oetker und Thi Linh Nguyen beschreiben den schwierigen Polizeialltag in Berlin recht gut. Was für einige „cool“, offen und multikulturell ist, ist für die Polizisten ein kräfteraubender Knochenjob, der weder gut bezahlt noch besonders angesehen ist. Dass hier Frust, Burnout oder Korruption um sich greifen, ist für mich gut verständlich.

Nicht ganz einverstanden bin ich damit, dass Adam seine PTBS alleine nur mit den chemischen Helferleins durchzustehen versucht. Okay, er müsste die angebotene Hilfe auch annehmen. Mein Eindruck ist allerdings, dass man sich seitens Dienstbehörde gar nicht so sehr darum bemüht, Adam zu unterstützen.

Der Schreibstil dieses komplexen Krimis, der ja aus mehreren Handlungssträngen besteht, ist flüssig.

Interessant ist, der Einblick in die vietnamesische Community Berlins. Die genaue Zahl derjenigen, die in den 1970er-Jahren als die sogenannten „Boat-People“, also als Flüchtlinge, in die BRD gekommen sind, ist ebenso unklar, wie jene Vietnamesen, die in den 1990er-Jahren als billige Gastarbeiter in die DDR geholt worden. Man schätzt, dass heute über 200.000 Personen vietnamesischer Abstammung in Deutschland leben, der Großteil vermutlich in Berlin.

Ich bin schon gespannt, wie es mit Schmidt & Schmidt weitergeht und freue mich auf einen dritten Band.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem 2. Fall für Schmidt & Schmidt 4 Sterne.

Veröffentlicht am 30.04.2024

Ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe

Südlich von Porto lauert der Tod
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Ria Almeida, eine Polizistin aus Stuttgart, ist nicht nur wegen der Beerdigung ihres Großvater in das kleine portugiesische Städtchen Torreira gekommen, sondern auch um ein wenig Auszeit vom Job und Liebeskummer ...

Ria Almeida, eine Polizistin aus Stuttgart, ist nicht nur wegen der Beerdigung ihres Großvater in das kleine portugiesische Städtchen Torreira gekommen, sondern auch um ein wenig Auszeit vom Job und Liebeskummer zu nehmen.

Allerdings wird sie unversehens in einen Kriminalfall verwickelt und beginnt mit ihrem angeheirateten Cousin João, der der Leiter der Polizeistation von Torreira ist, zu ermitteln, obwohl sie natürlich keine Befugnisse, sondern nur ihr Bauchgefühl hat.

„Das Bauchgefühl ist eine Ahnung, mit der man eigentlich immer richtig liegt.“

Raquel Martins de Souza, eine Kunsthistorikerin, wird von ihrer Schwester Inêz tot aufgefunden. Da es keine äußerlichen Anzeichen eines unnatürlichen Todes gibt, wird die Leiche zunächst in das örtliche Bestattungsinstitut überführt. Inêz hingegen glaubt felsenfest an ein Verbrechen und als sich João endlich weich klopfen lässt, eine Autopsie anzuordnen, ist die Leiche verschwunden, nur um einige Zeit später als Wasserleiche wieder aufzutauchen.

Die sich daraus ergebenden Komplikationen überstrahlen, ebenso wie die liebe Familie, das Krimi-Geschehen ein wenig.

Meine Meinung:
Da ich zuvor wieder einmal den zweiten Teil einer Reihe („Südlich von Porto wartet die Schuld“) gelesen habe, musste ich mir nun den hier vorliegenden ersten Fall vornehmen. Der Krimi hat mich nicht enttäuscht. Er vermittelt Urlaubsflair und viel Lokalkolorit, denn die Protagonisten dürfen nach Herzenslust schlemmen.

Die Charaktere sind recht gut angelegt und bieten Potenzial für eine Weiterentwicklung.

Insgesamt hat mir die Verquickung von Kriminalfall, Lokalkolorit und Familiengeschichte sehr gut gefallen.

Das Cover mit den blauen Azulejos sticht sofort ins Auge.
Ein nettes Detail sind die Kapitelüberschriften: Hier wird jeweils ein portugiesischer Begriff hübsch umschrieben. Dabei lernen wir auch kräftig fluchen.

Fazit:

Ein gelungenes Debüt, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Wenn Träume zu Albträumen werden

Supermarkt
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In seinem Debütroman erzählt der brasilianische Autor José Falero wie aus dem Traum, „viel Geld zu machen“ ein veritabler Albtraum wird.

Die beiden jungen Männer Pedro und Marques arbeiten in einem Supermarkt ...

In seinem Debütroman erzählt der brasilianische Autor José Falero wie aus dem Traum, „viel Geld zu machen“ ein veritabler Albtraum wird.

Die beiden jungen Männer Pedro und Marques arbeiten in einem Supermarkt in den rauen Favelas von Porto Alegre und träumen davon, ihr Leben zu verbessern. Dass dies nicht ausschließlich durch der Hände Arbeit geschehen kann, ist von vornherein klar. Die Gewinnmargen sind lediglich beim Rauschgifthandel recht hoch. Doch der Handel mit harten Drogen ist bereits durch diverse Gangs besetzt, so dass nur der Verkauf von Marihuana übrigbleibt. Der Coup gelingt und fast unbemerkt von den anderen Dealern und der Polizei bauen sie ein florierendes Unternehmen auf, das ihnen zunächst ihre Träume erfüllt.

"Das Problem ist, der Lebensstandard, den wir jetzt haben, der ist für Leute wie uns nicht vorgesehen, Wir haben gegen die Spielregeln verstoßen."

Dann aber, mit steigenden Umsätzen, kippt die Euphorie über das Erreichte und eine depressive Stimmung greift um sich. Statt Witz und Charme hält nach und nach Gewalt Einzug in ihre Geschäfte. Man unterscheidet sich kaum mehr von den anderen Gangs. Die Spirale der Gewalt dreht sich immer schneller und mündet in einem dramatischen Finale.

Meine Meinung:

José Falero beschreibt das Leben in einem der Elendsvierteln Brasilien eindringlich. Kaum jemand hat die Möglichkeit der Armut und Kleinkriminalität zu entfliehen. Der Autor weiß, worüber er schreibt, ist er doch selbst in Porto Alegre aufgewachsen.

Pedro und Marques philosophieren wie einst Karl Marx & Co. über ungleich verteilten Vermögen und die Ungerechtigkeit, dass Reiche auf Kosten der Armen immer reicher werden. Diese philosophischen Diskurse zu Beginn des Romans geben einen guten Einblick, dass Pedro und Marques unter anderen Lebensbedingungen ganz andere Laufbahnen einschlagen hätten können. Allerdings hemmen diese sozialkritischen Betrachtungen den Fortgang der Geschichte ein wenig.

Die Sprache ist dem Milieu angepasst - einfach, schroff und testosterongesteuert.

Der Roman kann in die Reihe der modernen Arbeiterliteratur, in der es oft um die prekären Arbeitsverhältnisse, die kaum zum Leben reichen, eingeordnet werden. Er greift auch die Bedrohung, die das gewaltsame Streben nach gesellschaftlichen Aufstieg mit sich bringt, auf. Wie weit darf oder soll man gehen, um für sich und seine Familie ein besseres Leben zu schaffen?

Fazit:

Diesem Roman, der erzählt, wie aus einem Traum schnell ein Albtraum werden kann, gebe ich gerne 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.04.2024

Ein leicht zu lesender hist. Roman

Die Hofreiterin – Der Traum von Freiheit
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Die Spanische Hofreitschule mit ihren anachronistisch wirkenden, aber publikumswirksamen Darbietungen der Lippizaner bietet sich förmlich als Kulisse für diesen historischen Roman an, der 1898 in Wien ...

Die Spanische Hofreitschule mit ihren anachronistisch wirkenden, aber publikumswirksamen Darbietungen der Lippizaner bietet sich förmlich als Kulisse für diesen historischen Roman an, der 1898 in Wien spielt.

Worum geht’s?

Das Gestüt, das Julienne Rehberger gemeinsam mit ihren Zwillingen Irma und Anton führt, ist in schweren finanziellen Schwierigkeiten. Als dann noch Anton bei einem Unfall ums Lebens kommt, muss Novio, ein Lipizzanerhengst, an die Spanische Hofreitschule verkauft werden. Da sich Irma, die den Hengst seit seiner Geburt kennt und ihm einige der komplizierten Figuren beigebracht hat, nicht von Novio trennen will, schmiedet sie heimlich einen gewagten Plan. Sie will als Mann verkleidet, in der berühmten Reitschule als Eleve aufgenommen werden.

Zunächst scheint alles gut zu gehen, auch wenn sie als unbedarftes Landei in der Großstadt Wien ein wenig verloren wirkt. Als Konrad trifft sie auf Mizzi Kaspar, ehemalige Geliebte von Kronprinz Rudolph, die recht bald hinter ihr Geheimnis kommt.

Auch in der Spanischen Hofreitschule erfüllen sich Konrads Erwartungen, auch wenn der Tag mit harter Arbeit angefüllt ist und nicht jeder der Eleven, Konrad leiden kann. Vor allem der aufgeblasene Felix von Korthy sieht auf den nichtadeligen Konrad herab. Ausbildner Stefan Gowalka hingegen ist von seinem neuen Eleven, der mit seinem Pferd eins zu sein scheint, begeistert.

Dann kommt es, wie es kommen muss, Konrad wird als Irma entlarvt und muss die Reitschule verlassen. Aber sie ist nicht die einzige, die ein Geheimnis mit sich herumträgt ...

Meine Meinung:

Dieser historische Roman lässt sich sehr gut lesen. Er verbindet gleich mehrere Themen. Da ist zum einen die gesellschaftliche Stellung von Frauen, die lediglich als hübscher Aufputz ihrer Männer gelten, die Töchter werden als Heiratgut gesehen, das möglichst gewinnbringend an den Mann gebracht werden muss. Die gesellschaftliche Ächtung von Frauen, die ohne Ehemann Kinder bekommen wie Julienne. Wer der unbekannte Vater der Zwillinge ist, habe ich sofort herausgefunden. Das schwungvolle „R“ als Unterschrift auf den Briefen ist eindeutig. Die Verkleidung als Mann ist ein beliebtes Sujet, wirkt aber nicht immer authentisch. Aber das macht nichts, denn die Leser wissen ja was los ist und die anderen Figuren des Romans sehen nur das, was sie sehen wollen (oder sollen). Dabei ist es spannend zu lesen, dass Konrad für seine Reitkünste gelobt und teilweise bewundert wird, aber als die Tarnung auffliegt, diese nichts mehr wert sind. Ein bisschen Liebesgeschichte darf auch sein.

Der Schreibstil von Martina Sahler, die hinter dem Pseudonym Franziska Stadler steckt, ist locker und flüssig, so dass das Buch recht schnell gelesen werden kann. Die Autorin hat viel Zeit in die Recherche gesteckt. Historische Personen wie Kaiserin Elisabeth, die kurz nach ihrem Besuch in der Hofreitschule in Genf ermordet wird, oder eben Mizzi Kaspar sind gut eingebunden.

Die auf uns heute anachronistisch wirkenden Darbietungen der weißen Pferde gelten als Touristenattraktion und fast jeder Staatsbesuch darf sich an der Hohen Schule der Reitkunst erfreuen. Jahrhunderte lang war die Spanische Hofreitschule eine ausdrückliche Männerbastion. Erst im Jahr 2008 wurden die ersten jungen Frauen als Elevinnen aufgenommen.

Wie es mit Irma und Novio weitergehen wird, erfahren wir in Teil zwei, der im Herbst 2024 erscheinen wird.

Fazit:

Ein leicht zu lesender historischer Roman rund um die berühmten weißen Hengste der Spanischen Hofreitschule. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.