Geniales Verwirrspiel
„The Shards“ war mein erstes Buch von Bret Easton Ellis und ich fand es – vielleicht genau deswegen – absolut großartig. Der Sound der 80er-Jahre in L.A. hat mich förmlich durchdrungen, diese Welt der ...
„The Shards“ war mein erstes Buch von Bret Easton Ellis und ich fand es – vielleicht genau deswegen – absolut großartig. Der Sound der 80er-Jahre in L.A. hat mich förmlich durchdrungen, diese Welt der reichen, verwöhnten und zumeist tödlich gelangweilten Kids, die sich Drogen wie Bonbons reinschmeißen und einfach treiben lassen. Vor ihnen, einer müden Verheißung gleich, die sichere Zukunft, eingemeißelt von Papis Geld und Einfluss. Bret heißt der Protagonist und das ist natürlich kein Zufall. Ellis jongliert hier gekonnt mit Phantasie und Wahrheit, lässt eigene Erfahrungen in den Plot einfließen während anderes ganz klar fiktiv ist und spielt so ein geniales Verwirrspiel mit den Lesenden. Bret ist 17 im diesem Sommer 1981 und in der Abschlussklasse der Highschool. Er gehört zu einer festen Clique, zu den coolsten, schönsten Kids und sieht dem letzten Schuljahr mit entspannter Gelassenheit entgegen, alles ist scheinbar bereits gelaufen und entschieden. Doch dann kommt überraschend ein neuer Junge in seine Klasse und die Dynamiken verschieben sich, Robert wird Teil der Gruppe und scheint die Freunde zu manipulieren, Spielchen zu spielen. Bret allein zweifelt Roberts gute Absichten, dessen Ehrlich- und Vertrauenswürdigkeit an und als ein Serienmörder im direkten Umfeld der Jugendlichen sein Unwesen zu treiben beginnt, nimmt ein Drama seinen Lauf, das wie ein Sturm über sie alle hinwegfegt und der Zeit jegliche Unschuld raubt.
Ich kenne natürlich den Film „American Psycho“ und (ohne viel Spoilern zu wollen) kann ich doch sagen, dass es gewisse Parallelen gibt. Ein Hang zur Grausamkeit und sehr explizite Sexszenen scheinen zu Ellis‘ Repertoire zu gehören, ebenso wie das Spiel mit der eigenen Wahrnehmung und das Einsetzen einer unzuverlässigen Erzählstimme. Dass der Autor in seinem neuen Roman nicht das eigene (literarische) Rad neu erfunden hat, ist klar, schaut man sich die Themen seiner Frühwerke an. Doch Ellis’ genaue Beobachtungsgabe, sein Talent winzige Details herauszuarbeiten, zu einem Ganzen zusammenzufügen und unterschwellige Spannung zu erzeugen sind beeindruckend. Für mich als Neuling eine höchst reizvolle, faszinierende Mischung, daher eine klare Leseempfehlung für diesen Pageturner.