Schmerzhafte Veränderungen aufs Lässigste verhandelt
Marian ist ganz unten angekommen. Die ehemals erfolgreiche Modedesignerin hat alles verloren, mit der Bankenkrise und daraufhin ausbleibenden Kundschaft fing es an, falsche Entscheidungen und irrwitzige ...
Marian ist ganz unten angekommen. Die ehemals erfolgreiche Modedesignerin hat alles verloren, mit der Bankenkrise und daraufhin ausbleibenden Kundschaft fing es an, falsche Entscheidungen und irrwitzige Investitionen folgten und am Ende - der freie Fall, ohne Netz und doppelten Boden. Aufgeschlagen ist die Wienerin auf dem Land, in dem geerbten Häuschen ihrer verstorbenen Tante, das Marian in einem überaus klarsichtigen Moment ihrer Tochter Kim überschrieben hat. Hier darf sie bleiben, hier ist sie sicher, zumindest vor den Banken und Gläubigern. Wovor sie nicht fliehen kann, sind ihre Gedanken, und die sind trübe in diesem ersten Winter im Wald, das erfahren wir in Rückblenden; lernen die unabhängige Marian kennen, das gute Leben in Saus und Braus, als sie noch wer war, etwas zählte. Damit ist es nun vorbei, Ende, aus, Feierabend. Mit dem Geld und der Reputation sind auch die Freunde weg, die romantischen Liebschaften mit geistreichen Männern, Vergangenheit, stattdessen ist da Franz, Herr über die Ländereien, solide und bodenständig, einer, dessen Handschlag etwas wert ist, und bald das kleine Wörtchen HUR an Marians Tür.
Wie Marian die schmerzhaften Veränderungen reflektiert, Beziehungen und deren Motive verhandelt und sich das kleine, störrische Stückchen Land zum Freund macht, es erobert wie sie auch ihr eigenes Leben, ihren Stolz zurückerobert ist ein wahrer Lesegenuss. Was für ein tolles Buch, was für eine genial lässige Sprache, was für kluge Gedanken! Ich bin restlos begeistert (ihr merkt’s vielleicht) von meiner ersten Doris Knecht-Erfahrung (btw eins der schönsten Cover ever) und lege „Die Nachricht“ direkt mal ganz nach oben auf meinen Lesestapel.
„Und das war ihr schon auch bewusst, das war ihr klar, dass es hier in erster Linie darum ging, satt zu werden, und sie dachte in diesen ersten Wochen mit Franz viel nach. Über Abhängigkeiten und Verträge, über Selbstaufgabe, über den Preis eines Menschen und darüber, was man so wert war. Was sie so wert war. Wie viel sie bereit war zu zahlen und in welcher Währung.“ S. 204