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Veröffentlicht am 31.05.2024

Wunderschön und nervig zugleich

Yours Truly
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Briana leidet noch unter ihrer Scheidung, ist in ihr abgelebtes Elternhaus gezogen und sorgt sich um ihren Bruder, der eine Organspende benötigt und das Leben immer mehr aufgibt. Da taucht auf der Arbeit ...

Briana leidet noch unter ihrer Scheidung, ist in ihr abgelebtes Elternhaus gezogen und sorgt sich um ihren Bruder, der eine Organspende benötigt und das Leben immer mehr aufgibt. Da taucht auf der Arbeit ein neuer Kollege auf, Jacob, der ihr anscheinend ihre Beförderung streitig macht. Doch der anfänglich negative erste Blick ändert sich, als Jacob ihr einen Brief schreibt und sich erklärt. Er hat eine Sozialphobie, was ihm den Umgang mit seinen Mitmenschen erschwert. Den Job an Brianas Krankenhaus hat er angenommen, um seiner Ex zu entfliehen, die nun seinen Bruder heiraten wird. Seine Familie achtet deswegen auf jeder seiner Gefühlsregungen, weshalb Jacob sich gezwungen fühlt eine Freundin zu erfinden, die angeblich mit ihm im Krankenhaus arbeitet. Also fragt er Briana, ob sie seine feste Freundin spielen möchte.

Der Roman startet wirklich schön, als Jacob, der Tagebuch führt, seine Gefühle nicht darin beschreibt, sondern einen Brief für Briana verfasst. Darauf folgt ein Hin und Her von Briefen im Fach und Zettelchen am Computer. Dadurch freunden sich die beiden schnell an und eine Fake Beziehung scheint nicht weit hergeholt. Es ist so schön zu folgen, wie sich die beiden immer besser kennenlernen, mein Herz ist aufgegangen. Ich mochte die Momente von Briana und Jacob, weil sich die beiden so gut verstehen und zusammenpassen, egal ob sie über ihre Ex‘ reden, gemeinsam essen oder einfach nur über Brianas Fragen lachen. Die Momente hab ich sehr genossen. Und in Jacob hab ich mich ein bisschen verliebt, weil er sehr herzlich ist und Pflanzen und Bücher liebt, was sich in seiner Wohnung widerspiegelt. Auch der Schreibstil mit seinem Humor und viel Gefühl hat dazu beigetragen. Da die Geschichte aus beiden Perspektiven erzählt wird, kann man auch richtig gut Jacobs Sozialphobie nachvollziehen, denn die Autorin beschreibt wirklich anschaulich und nah, wie die Protagonisten sich fühlen.

>>Trotz der Schmerzen und meiner Müdigkeit hätte ich mir nichts Schöneres vorstellen können, als mit der Frau, die ich liebe, dort auf dem Boden zu kauern. Ich wollte lieber wach bleiben, als einen Traum ohne sie zu riskieren.<<, S. 436

In der zweiten Hälfte des Buches hat mich die Geschichte schon ein klein wenig, okay teilweise sehr, aufgeregt. Die Wendung in der Liebesgeschichte hat mir gar nicht gefallen, weil Briana so nervig wurde. Von Anfang an war sie so empathisch, aber hier scheint sie diese Charaktereigenschaft völlig vergessen zu haben und schreibt Jacob einfach Gefühle zu. Seine Kapitel gingen mir hier sehr nah - herzzerreißend. Da musste ich das Buch für einige Tage zur Seite legen. Das Problem hat sich irgendwann gelegt und die beiden sind so schön als Pärchen zusammen. Leider kommt dann noch eine Wendung, die auch von Briana ausging, wo sie ebenfalls Jacob irgendwelche Gefühle und Absichten zuschreibt, die er einfach nicht hat. Hier geht es um ein anderes Problem als bei ersten Mal und objektiv gesehen kann ich das voll verstehen, aber insgesamt beinhaltet die zweite Hälfte der Geschichte und die Beziehung von Jacob und Briana wegen ihr viel zu viel Drama. Dafür wurde das Ende dann noch sehr romantisch und ich mag die große Geste, mein Herz ist geschmolzen! Der Epilog setzt noch eins drauf, ist vielleicht sogar zu kitschig. Deswegen sind meine Gefühle nach Beenden des Buches nun bittersweet, denn ich wünschte, ich wüsste mit Gewissheit, dass beide miteinander glücklich werden (persönliche Meinung, als tatsächlicher Spoiler).


Fazit:
„Yours Truly“ ist zunächst eine humorvolle und liebenswürdige Fake Dating Geschichte, aber die beiden Wendungen haben mir überhaupt nicht zugesagt, weil die eigentlich sympathische Protagonistin total nervig wurde. Die Geschichte hat oft mein Herz berührt, weil sie romantisch ist, aber manchmal auch gebrochen, weil ich so viel Mitgefühl für Jacob hatte. Leider nur Mittelmaß, aber aufgrund des gefühlvollen Schreibstils von Abby Jimenez freu ich mich auf ihr neues Buch!

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Veröffentlicht am 28.04.2024

Lustige und gekünstelte RomCom

Unwritten Love
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Livia ist im Geheimen Bestsellerautorin, deren Buch nun verfilmt werden soll. Julian ist für den männlichen Protagonisten vorgesehen, doch er hat keine Lust mehr in Liebesgeschichten mitzuspielen. Und ...

Livia ist im Geheimen Bestsellerautorin, deren Buch nun verfilmt werden soll. Julian ist für den männlichen Protagonisten vorgesehen, doch er hat keine Lust mehr in Liebesgeschichten mitzuspielen. Und auch Livia ist kein großer Fan von ihm, wodurch das erste Zusammentreffen sehr ruppig verläuft. Als Julian die Rolle ablehnt, steht jedoch die Buchverfilmung auf der Kippe und Livia will alles daran setzen, dass er die Rolle doch spielt, wodurch die beiden ins Fake Dating rutschen.

Gleich die ersten Sätze haben mich grinsen lassen. Teresa Sporrer hat einen leichten und sehr amüsanten Schreibstil. Es gibt immer wieder witzige Situationen, wobei mir der Humor mit der Zeit zu übertrieben wurde. Weil Livia Autorin und selbst auch begeisterte Leserin ist, gibt es sehr viele Anspielungen auf Bücher, was mir sehr gut gefallen hat. Auch die Kapitelanfänge mit kurzen Absätzen von meist Social Media-Beiträgen, die Kapitelüberschriften (da achte ich wirklich nie drauf, aber hier habe ich sie ganz interessiert gelesen und Vermutungen über das Kapitel angestellt) und die Skizzen von einem Buch (Livia) und Filmklappe (Julian) finde ich richtig schön und runden das Buch perfekt ab.

"Eigentlich wollte ich mich nur in meinem Bett verkriechen und mein neues Buch lesen. Ich wollte jemand anderen die Protagonistin der Geschichte sein lassen." S. 26

Es hat mich überrascht, dass von Anfang an so viele sex. Anspielungen und kurz darauf auch Anziehung da ist. Hier waren mir manche Situationen bezüglich Julian auch zu sehr übertrieben und ich bin kein Fan von vielen spicy Szenen. Die Fake-Dates der beiden sind sehr amüsant und nach der anfänglichen Anziehung merkt man auch langsam, dass die beiden sich beieinander wohlfühlen. Die beiden passen einfach gut zusammen und ich bin auch mit dem Ende zufrieden, obwohl ich währenddessen oft mit den Augen rollen musste, weil so viele Klischees herangezogen werden, z. B. hat Livia drei Mal eine Bestätigung gebraucht, dass der sexy grumelige Schauspieler wirklich sie erwählt hat. Obwohl sie in einigen Situationen sogar sehr selbstbewusst auftritt, wodurch ich ihren Charakter bis heute nicht richtig fassen kann. Die individuellen Probleme der beiden werden aus dem Nichts gelöst, was ich ebenfalls zu übertrieben und gewollt empfunden habe. Die Geschichte hat wirklich viel Gutes, das mir gefällt, aber die Autorin hat statt einer 100%-igen tollen Liebesgeschichte 110 % gegeben, was ja nicht möglich und deshalb einfach zu viel des Guten ist.



Fazit:
„Unwritten Love“ schreibt eine humorvolle Fake-Dating-Lovestory mit viel Bezug zu Büchern und Lesen. Eigentlich eine schöne Liebesgeschichte, wenn nicht mit dem Humor, der sex. Anziehung, den klischeehaften Problemen in der Beziehung und den Wendungen am Ende übertrieben worden wäre.

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Veröffentlicht am 26.11.2023

Wunderschönes Setting in Irland

Songs of Emerald Hills
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Carolines Freundin ist vor einem Jahr gestorben und sie fühlt sich immer noch dumpf und ohne jegliches Gefühl, wo doch alle zu erwarten scheinen, dass sie ihr Leben wieder in die Hand nimmt. Vor allem ...

Carolines Freundin ist vor einem Jahr gestorben und sie fühlt sich immer noch dumpf und ohne jegliches Gefühl, wo doch alle zu erwarten scheinen, dass sie ihr Leben wieder in die Hand nimmt. Vor allem auch ihre Unentschlossenheit bezüglich ihrer beruflichen Zukunft gibt ihr keinen Halt. Als Caroline bei der Werbung für eine Reise plötzlich wieder ein aufgeregtes Herzklopfen verspürt, reist sie kurzerhand nach Irland. Dort trifft sie auf Conor, der für den Erhalt seiner gälischen Sprachschule kämpft, und dessen Beziehungen zum Zwillingsbruder und Freunden immer mehr zerbrechen.

Jeder der beiden Protagonisten erhält anfangs im Prolog ein eigenes Kapitel: Caroline befindet sich auf der Beerdigung ihrer besten Freundin und Conor erwischt seine Freundin bei seinem Zwillingsbruder im Bett. Ein einschneidendes Erlebnis für beide und ich konnte ihren Schmerzen aus den Zeilen heraus so gut nachempfinden. Der Prolog ist der berührendste Teil der Geschichte und hat mich direkt gecatcht. Und dann treffen Caroline und Conor an ihrem ersten Tag in Baile na Mara aufeinander und es funkt auf beiden Seiten gewaltig. Das war mir viel zu schnell. Ich mag keine Liebesgeschichten auf den ersten Blick und auch hier haben mich die Gefühle der beiden nicht erreicht. Ihre späteren Aufeinandertreffen fand ich oft auch romantisch und haben mir gut gefallen (z. B. Schafe streicheln), aber in mir leider nicht mehr den Funken geweckt. Die individuellen Probleme und damit verbundenen Emotionen der Protagonisten haben mich aber erreicht und ich finde beide sympathisch (Conor mag ich ein bisschen mehr, obwohl ein Charakterzug anfangs nicht wirklich zu dem traditionsbewussten Iren passt).

Anabelle Stehls Schreibstil ist angenehm und schön, besonders der Prolog ist herzzerreißend geschrieben und hat mich direkt in die Geschichte gezogen. Auch ein Gespräch zum Ende des Buches hin ist so passend zu den Charakteren geschrieben. Ich finde, dass Anabelles Schreibstil sich seit der „Away“-Reihe positiv entwickelt hat. Allerdings finde ich einige Dinge repetitiv, was mich zunehmend genervt hat. Die Formulierungen, dass Caro endlich wieder etwas fühlt oder Conor sie vermissen wird, sobald sie Irland wieder verlässt, sind oft die gleichen gewesen, was es noch verstärkt hat.

Das Dorf Bail ne Mara an der Küste Irlands ist ein wunderschönes Setting! Die weite Landschaft mit dem aufwühlenden Meer und dem Leuchtturm gehört genauso zur Rahmenhandlung wie die Dorfgemeinschaft im Pub oder die aufgeweckte Liv, die dort eine neue Heimat gefunden hat. Man merkt richtig, dass Anabelle während ihres Studiums länger in Irland gelebt hat und auch die Unterschiede zwischen Deutschland und Irland aufzeigt. Zusätzlich wird in Bayle na Mara nur Gälisch gesprochen, was öfter in den Gesprächen der Charaktere eingebaut wurde. Deshalb gibt es am Anfang des Buches Übersetzungen, sowie eine Liste mit gälischen Namen und ihrer Aussprache.


Fazit:
„Songs of emerald Hills“ ist ein New Adult Roman mit wunderschönem Setting inmitten eines charmanten Dorfes an Irlands Küste. Genauso gut konnte mich die Liebesgeschichte leider nicht begeistern, weil die Gefühle von Caro und Conor aus dem Nichts da waren und mich auch nicht überzeugen konnten. Die Liebe muss mich in Liebesromanen erreichen und berühren, deshalb bin ich traurig, dass mich das Buch nicht gänzlich überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 25.11.2023

Interessante Frage über das Leben etwas kurios umgesetzt

Das vorläufige Ende der Zeit
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Die Archäologin Mi-Ra reist nach Frankfurt a. d. Oder um dort den alten jüdischen Friedhof zu untersuchen und eine Artikel darüber zu schreiben. Dort trifft sie auf Artur, den Friedhofswärter, der dort ...

Die Archäologin Mi-Ra reist nach Frankfurt a. d. Oder um dort den alten jüdischen Friedhof zu untersuchen und eine Artikel darüber zu schreiben. Dort trifft sie auf Artur, den Friedhofswärter, der dort Ordnung hält. Kurz darauf taucht Horatio auf, ein älterer Herr, der viel mehr über den jüdischen Friedhof zu wissen scheint und von der Möglichkeit erzählt, dort in der Zeit zu reisen. Somit lassen sich Mi-Ra und Artur auf das Experiment ein und reisen in ihre eigene Vergangenheit zurück – zu Momenten, die sie tief geprägt haben. Mi-Ra wurde sehr streng erzogen und findet heute selbst kaum eine Verbindung zu ihrem Sohn. Wo sie eher vorlaut und ehrlich agiert, ist Artur eine in sich gekehrte und ruhige Person, nicht zuletzt auch wegen dem großen Verlust, als er seine kleine Tochter an den Krebs verloren hat, was zu einer distanzierten Beziehung in seiner Ehe geführt hat.

Somit geht Berni Mayer mittels zwei gut ausgearbeiteten Charaktere und deren Lebenswege der Frage nach, ob wir unsere Vergangenheit ändern können und inwieweit sich dies auf die Gegenwart auswirkt. Laut Horatio soll dies möglich sein. Doch auch er möchte einen wichtigen Aspekt in seiner Vergangenheit ändern und beobachtet deshalb Mi-Ras und Arturs Handlungen genau. Ist der mystische, längst verlassene Friedhof die Möglichkeit auf ein besseres Leben oder nur die Bestätigung des eigenen Schicksals? Der Autor hat mir mit einem angenehmen Schreibstil die beiden Lebensgeschichten von Mi-Ra und Artur sehr berührend vermittelt. Auch wenn die Geschichte etwas langwierig ist, konnte sie mich am Ende fesseln und die Botschaft nachvollziehbar schildern.

Da dies ein Roman ist und nicht SciFi, habe ich nicht mit damit gerechnet, dass die Thematik der Zeitreisen vollständig und wissenschaftlich geklärt wird. Die philosophische Frage dahinter, ob eine Änderung der Vergangenheit möglich wäre und wie sie sich auf die Gegenwart auswirkt, steht hier natürlich im Mittelpunkt. Trotzdem hat Horatio mit den Zeitreisen der beiden Protagonisten experimentiert und es wurde vieles angedeutet, z. B. eine Geheimgesellschaft, die völlig fixiert auf dieses Thema war, oder dass Horatio viel länger leben würde, als andere Menschen. Auch das Vorhandensein des einen Charakters, der durch eine falsche Entscheidung seine Firma und Annehmlichkeiten verloren hat, erschließt sich mir nicht. Hier wurden mehr Mystik und theoretische Thesen angedeutet, was für den eigentlichen Kernpunkt der Geschichte nicht gebraucht wird und mich viel zu neugierig macht, dann aber leider ohne nähere Antworten zurückgelassen hat.


Fazit:
„Das vorläufige Ende der Zeit“ behandelt anhand von Horatios Zeitreisen die Frage, ob und wie die beiden Protagonisten ihre Vergangenheit ändern können. Der Autor hat die Lebenswege der beiden gekonnt dargestellt, was mich berühren konnte. Doch einige Aspekte hätte man getrost weglassen können, weil sie nichts für den Verlauf oder die Kernfrage der Geschichte beitragen.

Veröffentlicht am 23.09.2023

Verliert an Spannung

Der Porzellaner
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Gleich zu Beginn des Buches begleiten wir 1719 den flüchtenden Samuel, was zugleich die Frage aufwirft, wie es dazu kommen konnte und somit direkt Spannung bringt. Denn danach folgen die Kapitel von 1706 ...

Gleich zu Beginn des Buches begleiten wir 1719 den flüchtenden Samuel, was zugleich die Frage aufwirft, wie es dazu kommen konnte und somit direkt Spannung bringt. Denn danach folgen die Kapitel von 1706 an chronologisch, während der Bergmann Samuel nach Meißen in die Albrechtsburg kommt, um dort mit Kollegen bei der Herstellung von Gold helfen soll. Böttger hat dies dem Kurfüsten von Sachsen demonstriert, der ihn seitdem gefangen hält und auf das ersehnte Gold wartet, dass er so dringend für seinen teuren Krieg benötigt. Doch was bisher nur ein Trick war, ist nicht leicht zu entwickeln, weswegen Böttger nun zusammen mit Tschirnhaus zunächst hinter das Geheimnis der Porzellanherstellung kommt – das erste Mal außerhalb Asiens. Doch Tschirnhaus stirbt und Böttger leitet die Porzellanmanufaktur mit Nehmitz, der das Bindeglied zum Kurfürsten darstellt, die sich beide ständig uneins sind und streiten. Die erfolgreiche Produktion von vergleichbarem Porzellan aus China geht einen langen Weg.

"Und doch ist es zerbrechlich, das Porzellan, wie unser Glück, der Reichtum, unser Leben. Im Streit und ohne Frieden bleibt davon nicht mehr als ein paar Scherben.", S. 226

In diesen Roman wird auch die politische Lage von Sachsen und das Leben des Kurfürsten August aufgegriffen. Denn Augusts Gier auf das Gold und sein Umgang mit der Manufaktur sind genauso ausschlaggebend für das weiße Gold, wie die Erfindungen von Böttger und die Leitung von Nehmitz, sowie schlussendlich auch die Flucht und der Verrat von Samuel Stöltzel. Die politische Lage und Samuels Leben werden durch unterschiedliche Perspektiven dargestellt. Neben dem eigentlichen Protagonisten Samuel, kommt auch seine große Liebe Sophie in einigen Kapiteln zu Wort, genauso wie Constantia, die Mätresse des Kurfürsten Sachsens, und August selbst. Die unterschiedliche Sichtweise der Kapitel gefällt mir und gibt der Geschichte ein umfassendes Bild. Man erfährt die Motive und Wünsche der Charaktere, deren Beziehungen verwoben und anschaulich dargestellt sind, sodass alle Reibereien, Streit und Eifersucht nachvollziehbar werden. Constantia ist dabei eine der interessantesten Charaktere im Buch. Sie ist klug und wissenschaftlich interessiert, kein Wunder also, dass sie als die Mätresse Augusts sogar politisch auf ihn eingewirkt hat. Durch ihre Abhängigkeit und Augusts Eifersucht zeichnet die Autorin hier ein sehr gutes Bild über Constantias Leben.

Leider wird die Geschichte dann irgendwann ermüdend, denn die erfolgreiche Porzellanherstellung lässt auf sich warten. Viele Probleme, die dem im Weg standen, werden auch ausgeräumt, doch irgendwie kommt trotzdem nicht richtig Fahrt auf, irgendein Hindernis ist zur Stelle und verhindert eine funktionierende Manufaktur. Vielleicht empfand ich die Geschichte auch irgendwann als langwierig, weil das Potenzial der europäischen Porzellanherstellung zum Greifen nah war, aber doch nie genutzt wurde. Weil aus heutiger Sicht so ein Drama bei der Führung der Manufaktur und die große Gier nach Gold in Akkordherstellung einfach unvorstellbar sind. Auch politisches oder die einzelnen Charaktere nehmen immer mehr Raum ein, weshalb das Thema der Porzellanherstellung noch mehr in den Hintergrund rückt. Die Geschichte zieht sich also, bis am Ende doch wieder mehr Spannung aufkommt und man endlich erfährt, wie es zu Samuels Verlassen der Meißner Manufaktur kam. Andererseits hat mir das Ende nicht ganz gefallen und ich hätte mir zumindest einen Epilog zur Manufaktur gewünscht. Was ich mir auch sehr gewünscht hätte und eigentlich essentiell für einen Roman mit wahrem Hintergrund ist, ist ein Nachwort: Welche Charaktere sind real? Was ist genauso passiert, was wurde für die Spannung des Romans verändert? Nicht einmal die Dankesworte der Autorin lassen die Recherche erkennen, die sie doch gemacht haben muss. Nach dem Beenden des Buches habe ich direkt die Geschichte des Meißner Porzellans auf deren Website und in Wikipedia nachgelesen.


Fazit:
„Der Porzellaner“ ist die Geschichte über Samuel, der maßgeblich an der Erfindung und Entwicklung des europäischen Porzellans beteiligt war. Darüber hinaus wird auch die politische Seite zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den Kurfürsten August und seiner Maträsse Constantia erläutert, die auch in eigenen Kapiteln zu Wort kommen und den Aufbau der Porzellanmanufaktur beeinflusst haben. In diesem Buch geht es aber vielmehr über die erste Entdeck des Porzellans außerhalb Asiens, als um die Erfolgsgeschichte der Meißner Manufaktur. Mit der Zeit wird die Geschichte langwieriger und gipfelt in einem unzufrieden stellenden Ende. Das fehlende Nachwort und damit Informationen über tatsächliche Begebenheiten und Personen ist leider auch ein Defizit.

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