Profilbild von tinstamp

tinstamp

Lesejury Star
offline

tinstamp ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit tinstamp über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2017

Tödliches Klassentreffen

Nimmerwiedersehen
0

Der Klappentext dieses Eifelkrimis versprach eine tolle und spannende Story rund um ein Klassentreffen. Nach zwanzig Jahren treffen sich die ehemaligen Abiturenten des Jahrganges 1995 des Münstereifeler ...

Der Klappentext dieses Eifelkrimis versprach eine tolle und spannende Story rund um ein Klassentreffen. Nach zwanzig Jahren treffen sich die ehemaligen Abiturenten des Jahrganges 1995 des Münstereifeler Gymnasiums wieder. Die Klassenkameraden von damals feiern zusammen auf dem abgelgenen Pferdehof eines Mitschülers. Wie es immer bei solchen Zusammenkünften ist, bilden sich auch nach all den Jahren sofort wieder Grüppchen. Jeder möchte den Anderen übertrumpfen mit seinem eingeschlagenen Berufsweg und wenn vorhanden, seiner Familie. Nur Cornelius ist zum Klassentreffen gekommen, um den Mörder seines damals besten Freundes zu einem Geständnis zu zwingen. Während einige sich bereits schlafen gelegt haben und der Rest noch feiert, sind Cornelius und Karsten plötzlich verschwunden. Während man die Leiche des Ersten auf einem Feld unweit des Pferdehofes findet, aufgespießt mit einer Heugabel, ist Karsten wie vom Erdboden verschluckt. Als die beiden Ermittler, Jan Grimberg und sein älterer Kollege Jürgen Wagner, am Hof eintreffen, ist klar, dass nur einer der Klassengemeinschaft von damals der Mörder sein kann....

Ähnlich wie bei einem Krimi von Agathe Christie, wo sich alle Verdächtigen in einem Raum befinden, hat Stefan Barz die Gruppe der Verdächtigen versammeln lassen. Die vielen Namen zu Beginn der Geschichte haben mich anfangs ganz schön verwirrt. Mit der Zeit merkt man sich aber die wichtigsten Figuren, die alle sehr gut dargestellt sind. Man fühlt sich wie selbst anwesend in dieser Gruppe.
Auch die beiden Ermittler sind sehr authentisch und vorallem Jan Grimberg war mir sofort sympathisch. Dem älteren Kollegen ist Jan eher ein Dorn im Auge. Jürgen Wagner ist extrem ehrgeizig und er knabbert noch immer daran, dass sein jüngerer Kollege den letzten Fall gelöst hat. Außerdem steht er gerade vor der Scheidung und ist etwas angeschlagen.
Der Autor beschrieb auch die Umgebung und alle Schauplätze sehr bildhaft. Mein Kopfkino lief die ganze Zeit richtig mit.
Warum dann "nur" 3 1/2 Sterne? Spätestens nach zwei Drittel wusste ich, was hier gespielt wird. Ich durchschaute das Konstrukt, das der Autor aufgebaut hatte viel zu schnell und konnte auch die Täter richtig identifizieren. Das hat mir ziemlich den Spaß genommen und auch die Spannung ließ deswegen für mich abrupt nach. Ich hatte dann nur mehr den Wunsch den Krimi zu Ende zu lesen, damit ich weiß, ob ich richtig gelegen bin...und ja...es war genauso. Komischer Weise dürfte ich aber die Einzige in der Runde gewesen sein, was mich nun wirklich sehr verwundert hat.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist einfach und lässt sich schnell lesen. Die Figuren und Schauplätze sind sehr bildhaft und lebendig beschrieben. Leider gab es auch einige Fehler im Buch. Das zeigt leider, dass der Krimi nicht genau lektoriert wurde. Das ist schade!

Fazit :
Ein spannender Regionalkrimi, bei dem ich aber leider das Konstrukt nach 2/3 des Buches durchschaute und auch die Täter überführen konnte. Das hat mir leider etwas den Spaß genommen! Die charismatischen Figuren und die bildhafte Beschreibung des Schauplatzes fand ich allerdings gelungen.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Das Geheimnis des blauen Medaillons

Das blaue Medaillon
1

Venedig 1676: Die 21jährige Alessa wurde von ihrem Großvater in der Kunst des Diebstahls ausgebildet. Als junge Meisterdiebin klettert sie, behände wie eine Katze, auf den Dächern Venedigs umher, um durchs ...

Venedig 1676: Die 21jährige Alessa wurde von ihrem Großvater in der Kunst des Diebstahls ausgebildet. Als junge Meisterdiebin klettert sie, behände wie eine Katze, auf den Dächern Venedigs umher, um durchs Fenster in fremde Gemächer einzusteigen. Auf dem Sterbebett erzählt ihre Tante Zenobia, eine Schauspielerin, Alessa ein Geheimnis. Ihre Eltern wurden ermordet, weil sie bei einem Einbruch kompromittierende Dokumente gefunden haben. Ein blaues Medaillon, das Zenobia Alessa aushändigt, ist der Schlüssel zum Versteck. Doch Alessa hat kaum Zeit sich Gedanken darüber zu machen, denn kurz darauf wird ihr Großvater ermordet und der Auftragsmörder ist der jungen Frau bereits auf den Fersen. Alessa schließt sich einem Wandertheater an, die auf dem Weg nach Deutschland an den Hof des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg sind. Dort will Alessa auch ihren einzig noch verbliebenen Verwandten aufsuchen, den unehelichen Sohn von Zenobia und Herzog Georg Wilhelm...

Ich bewarb mich bei der Lesejury für ein Manuskript des Romans von Martha Sophie Marcus, nachdem mich die Leseprobe sofort begeistern konnte. Hier schrie alles nach einem historischen Abenteuerroman und einer wirklich außergewöhnlichen Protagonistin. Irgendwie hatte ich den Film von Alfred Hitchcock mit Grace Kelly und Gray Grant aus den Fünfziger Jahren im Hinterkopf. Auch hier klettert ein Juwelendieb auf den Dächern und Hausfassaden von Nizza herum....
Doch bei "Das blaue Medaillon" befinden wir uns natürlich nicht im Zwanzigsten, sondern im Siebzehnten Jahrhundert. Das bemerkt man auch sehr schnell, wenn man sich mit Alessa und der Schauspieltruppe nach Celle aufmacht. Am Hof des Herzogs erlebt man das höfische Leben hautnah mit: Intrigen, Katz- und Mausspielchen, Liebeleien und Machtdemonstrationen. Natürlich durfte auch eine kleine Liebesgeschichte nicht fehlen...die von meiner Seite her aber nicht unbedingt nötig gewesen wäre.

Besonders im Mittelteil hatte ich Probleme an der Geschichte dranzubleiben. Nach der Ankunft der Schauspieltruppe am herzoglichen Hof zog sich die Handlung etwas und ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu treten. Erst im letzten Drittel kam wieder etwas mehr Spannung auf, wobei mir die Auflösung rund um das Geheimnis dann wiederum fast zu schnell vonstatten ging.

Die Charaktere waren teilweise sehr lebendig dargestellt, andere wiederum treten nur kurz auf und bleiben farblos, wie Alessas Cousin. Besonders am Herzen lag mit der kleine Flori, hingegen fand ich Arthur etwas eindimensional. Auf jeden Fall bereicherten die vielen Figuren und Charaktere die Geschichte. Unsere Hauptprotagonistin Alessa hat das Herz am richtigen Fleck. Obwohl sie von Kind auf lernte zu stehlen, ist sie aufrichtig und ziemlich tough. Manche Aktionen, die die Autorin der jungen Frau auf dem Leib schrieb, fand ich jedoch etwas zu übertrieben und unglaubwürdig. Das Ende rund um das Geheimnis fand ich dann etwas zu schnell abgefertigt.

Mich konnte die Geschichte leider nicht gänzlich packen. Trotz der Kritikpunkte ist es ein etwas anderer historischer Roman, der in der Leserunde sehr gut ankam und von meinen Mitlesern großteils besser aufgenommen wurde, als von mir. Deswegen empfehle ich euch selbst ein Bild davon zu machen, denn Gott sei Dank sind Geschmäcker verschieden...

Schreibstil:
Ich kenne die Autorin bereits von einem Roman aus der Gegenwartsliteratur und war schon gespannt auf meinen ersten historischen Roman von Martha Sophie Marcus. Auch hier ist der Schreibstil genauso flüssig und lebendig. Vorallem die Gepflogenheiten und Sitten der damaligen Zeit, sowie die bildhafte Darstellung der Schauplätze sind absolut gelungen. Obwohl das Setting perfekt ins 17. jahrhundert passt, war mir der Schreibstil etwas zu "modern"für einen historischen Roman.

Die historischen Hintergründe wurden von der Autorin sehr gut recherchiert. Sie hat in ihrem Roman historische Persönlichkeiten und fiktive Figuren zu einer abenteuerlichen Geschichte verbunden.
Am Ende der Geschichte findet man ein Verzeichnis der mitwirkendenen historischer Personen.

Fazit :
Ein historischer Abenteuerroman mit einer ungewöhnlichen Hauptprotagonistin. Für mich war der Mittelteil leider etwas zu langatmig und das Ende zu schnell abgehandelt. Trotzdem bot der Roman nette Unterhaltung - nicht mehr und nicht weniger.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Thema
Veröffentlicht am 24.09.2017

Was wäre gewesen wenn.....

Die Melodie meines Lebens
0

Laut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die ...

Laut Klappentext stellt sich Antoine Laurain in seinem neuen Roman die Frage, wie das Leben der ehemaligen Bandmitglieder der alternativen Achziger New Waveband "Les Hologrammes" gelaufen wäre, wenn die Post die Zusage der Plattenfirma rechtzeitig und nicht nach 33 Jahren zugestellt hätte. Diese kurze Zusammenfassung fand ich sehr interessant, vor allem weil ich selbst in den Achziger Jahren meine Jugend verbracht und die Musik dieser Epoche liebe. Der Roman entwickelt sich jedoch in eine gänzlich andere Richtung. Der Autor versucht mit seinen Protagonisten, die er nacheinander mehr oder weniger vorstellt, der Gesellschaft von heute einen Spiegel vorzuhalten....

Der eher phlegmatische Alain ist nicht wirklich der Hauptprotagonist der Erzählung, doch dieser Brief, der 33 Jahre zu spät kommt, lässt sein Leben etwas aus den Fugen geraten. Gelangweilt in seinem Arztberuf und in der Ehe mit seiner Frau Véronique, beginnt er zu träumen was gewesen wäre.... Wäre er berühmt geworden, wenn dieser Brief damals pünktlich zugestellt worden wäre? Wie hätte sein Leben ausgesehen? Angetrieben von diesen Fragen versucht der damalige E-Gitarrist seine ehemaligen Bandkollegen zu kontaktieren, zu denen er keinerlei Kontakt mehr hat. Jeder ist nach der Auflösung der Band seine eigenen Wege gegangen. Das Demo-Tape von damals hat Alain vor ein paar Jahren entsorgt. Um die Lieder nochmals hören zu können und den Freunden von damals die Neuigkeit zu erzählen, versucht Alain diese ausfindig zu machen...

Die einzelnen Charaktere werden nun nacheinander und teilweise etwas überspitzt vorgestellt. Keiner der ehemaligen Bandmitglieder ist der Musik treu geblieben. Jeder hat sich in eine andere Richtung entwickelt, wobei einige doch sehr erfolgreich geworden sind.
Da ist zum Beispiel der rechtsradikale Sébastian Vaugan - damals ein begnadeter Bassist und heute Kandidat zur Präsidentschaftswahl. Auch der ehemalige Schlagzeuger Stanislas Lepelle hat Karriere gemacht. Er ist Künstler, exzentrisch und verbittert und genauso unsympathisch, wie sein rechtsradikaler ehemaliger Bandkollege. Wo Bérangère, die damalige Sängerin, in die alle verliebt waren, abgeblieben ist, weiß niemand. Der ehemalige Pianist Frédéric Lejeune lebt in Thailand. Die Brüder Pierre und Jean-Bernard (kurz JBM genannt) Mazart, die für Text und Produktion zuständig waren, sind ein verschrobener Kunsthändler und ein Computergenie. Letzter ist ungewollt zum Präsidentschaftskandidat aufgestiegen und ist gemeinsam mit seiner intelligenten Assistentin das einzige sympathische Gespann.
Alle Charaktere sind nicht wirklich Sympathieträger mit Ausnahme von JBM. Der Autor hat die Bandmitglieder teilweise mit sehr exzentrischen Eigenschaften erschaffen. Während JBM sehr viele Seiten gewidmet sind, werden andere Bandmitglieder nur kurz erwähnt. Das fand ich schade! Leider geht es hier auch kaum um Musik, was ich vermisst habe.

Zu Beginn hatte ich ein paar Probleme die Namen den richtigen Personen zuzuordnen. Wie schon bei "Der Hut des Präsidenten" wechseln die Charaktere und erst am Ende ergibt sich ein Ganzes, auch wenn es sich in Antoine Laurains neuem Roman nicht ganz so anfühlt. Mit jeder Figur, die er vorstellt, vermittelt er ein bestimmtes Thema und ist dabei ziemlich politisch unterwegs. Er wirft dabei immer wieder einen kritischen Blick auf die heutige Gesellschaft. Leider gibt es im Mittelteil einige Längen, auch wenn der Roman nur 256 Seiten.

Im letzten Viertel kommt der Roman ziemlich in Fahrt und das Ende konnte mich wirklich überraschen. Für mich leider zu spät! Zum Thema Brief hat der Autor noch eine sehr interessante Wendung eingebaut, die ich absolut gelungen fand.

Schreibstil:
Antoines Laurains Schreibstil ist charmant und manchmal etwas überspitzt. Französische Autoren schreiben meiner Meinung einfach anders und Laurain ist ein typischer Vertreter des Landes. Seine Figuren haben Ecken und Kanten und wirken trotz seiner Überzeichung lebendig und authentisch. Über jedes Kapitel hat der Autor einen passenden Satz zum nachfolgenden Inhalt gesetzt.

Fazit:
Der Roman lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Eigentlich hatte ich mir durch den Klappentext etwas anderes erwartet, aber die Geschichte hat auf ihre eigene Weise trotzdem Charme. Hauptsächlich legte der Autor sein Augenmerk auf die kritische Darstellung an der heutigen Gesellschaft, was mit dem Klappentext nicht wirklich viel zu tun hat. Das enttäuscht natürlich viele Leser und ist schade.....! Schlussendlich kann ich sagen, dass es vom Autor bessere Romane gibt.


Veröffentlicht am 30.08.2017

Starke Frauenfreundschaft

Die Stunde unserer Mütter
0

Ich lese sehr gerne Bücher über den Zweiten Weltkrieg. Mit "Die Stunde unserer Mütter" befand sich wieder ein Roman, der dieses Zeitepoche beschreibt, auf meiner Wunschliste.
Im Gegensatz zum Klappentext, ...

Ich lese sehr gerne Bücher über den Zweiten Weltkrieg. Mit "Die Stunde unserer Mütter" befand sich wieder ein Roman, der dieses Zeitepoche beschreibt, auf meiner Wunschliste.
Im Gegensatz zum Klappentext, sind nicht nur Maria und Vivien hier die Hauptfiguren, sondern auch ihre Töchter Anna und Antonia. Diese sind zu Beginn des Romanes, der von 1940 - 1945 spielt, etwa vierzehn Jahre alt und am Ende des Romans junge Frauen.

Vivian, Marias Schwägerin und gebürtige Engländerin, wird gemeinsam mit ihrer Tochter Antonia von München aufs Land geschickt, da ihr Mann Philipp für den Widerstand arbeitet. In einer nicht näher genannten bayrischen Kleinstadt müssen Maria und Vivien eine Zweckgemeinschaft gründen, denn besonders sympathisch sind sie sich nicht. Auch Anna und Antonia sind von ihrem Wesen her ziemlich verschieden. Während Maria ihren Werner gegen den Willen ihrer Eltern geheiratet hat, aber an ihrer Ehe zweifelt, liebt Vivian Marias Bruder Philipp von Herzen und vermisst ihn schrecklich. Doch der Krieg dauert an und während die Jahre vergehen, wandelt sich die anfängliche Zweckgemeinschaft zu einer wahren und tiefen Freundschaft zwischen den beiden Frauen.
Neben der Geschichte um Maria, Vivian und ihren Töchtern, bekommen wir noch Einblick in das Leben von Marias Eltern, Friedrich und Elsa. In diesem Handlungsstrang wird ausnahmsweise nicht auf Elsa, sondern auf Friedrich das Hauptaugenmerk gelegt und aus seiner Sicht erzählt. Diese Geschichte um ein Familiengeheimnis war zwar interessant, hat aber nicht wirklich etwas mit der eigentlichen Handlung zu tun.

Persönliche Familienerinnerungen, sowie die Feldpostbriefe ihres Vaters inspirierten Katja Maybach zu diesem sehr persönlichen Roman.
Die Autorin beschreibt die Rolle der Frau während der Kriegsjahre sehr lebendig, jedoch fand ich zum Beispiel "Die Nachtigall" von Kristina Hannah viel detaillierter und vorallem eindringlicher. Mir fehlte hier die Dichte und insbesonders ein Mehr an historischen Hintergründen. Außer den Denunzierungen durch die Bevölkerung und das Lager für Frauen in der nahen Umgebung hatte ich oftmals nicht wirklich das Gefühl ein Buch, das während des Zweiten weltkrieges spielt, zu lesen. Natürlich meine ich damit nicht, dass ich lieber nur über Kämpfe an der Front gelesen hätte, aber der Krieg wurde eher eine Rahmenhandlung. Im Vordergrund standen eindeutig die Gefühle der beiden Frauen. Gefallen hat mir aber der Einblick in die deutsche Gesellschaft und der Hinweis, dass nicht jeder Hitleranhänger war. Da spielt der Bäcker, der kleine Botschaften in seinen Brötchen versteckt, die Maria und Vivien ins Frauenlager bringen eine besondere Rolle oder auch Manfred, der sich zu Kriegsbeginn freiwillig gemeldet hat und seinem Vater, der ein SS-Mitglied ist nacheifern möchte, jedoch kurz vor Kriegsende desertiert.
Doch Männer sind in diesem Roman Randfiguren. Von Philipp und Werner bekommt man leider nur ein verschwommenes Bild vorgesetzt. Erster tritt überhaupt nie in Erscheinung und wird nur erwähnt, während man Werner bei einem kurzen Heimaturlaub kurz auf einigen Seiten kennenlernt. Die plötzliche Annäherung des Ehepaares, das sich schon vor dem Krieg entfremdet hat, kam mir jedoch zu unglaubwürdig vor. Ebenfalls erfuhr man auf den ganzen 320 Seiten leider nie, warum oder wodurch diese Entfremdung stattgefunden hat. Auch die große Liebe von Vivian und Philipp konnte ich nicht nachvollziehen. Philipp nahm die ganzen Kriegsjahre über keinerlei Kontakt zu seiner Frau und auch nicht zu seiner Tochter auf. Erst als sich Antonia, kurz vor der Kapitulation der Deutschen, überlegt in München zu studieren, erhält diese einen nichtssagenden Brief ihres Vaters.

Leider habe ich aber auch einige Logikfehler gefunden. Im Frühjahr 1941 bekamen Maria und Vivien vom Bauer frische Birnen und ebenso gingen sie die laubbedeckte Straße entlang. Entweder wurde bei der Kapitelüberschrift die falsche Jahreszeit genannt oder dem Lektorrat fiel nicht auf, dass es im Frühling wohl kaum laubbedeckte Straßen gibt, weil die Blätter auf den Bäumen erst wachsen müssen....

Emotional konnte mich der Roman leider nicht zu 100% überzeugen. Zu diesem Thema gibt es meiner Meinung nach eindringlichere Lektüre!
Dafür hat die Autorin die beiden Frauen sehr lebending dargestellt und vorallem den Unterschied zwischen Maria und Vivien gut vermittelt. Wie sie während der Jahre von einer anfangs eher distanzierten Zweckgemeinschaft zu einer tiefen Freundschaft finden, hat Katja Maybach sehr eindringlich und glaubhaft beschrieben. Hier konnte mich die Autorin absolut überzeugen. Ebenso bei der Erzählung von Antonias tragischer ersten Liebe, die mich sehr berührt hat. Ein paar Seiten mehr und etwas Detail-Liebe hätten dem Roman gut getan, dafür hätte man auch den Handlungsstrang rund um Marias Eltern weglassen können.

Das Ende fand ich allerdings wieder absolut gelungen. Es punktet durch eine sehr bedeutungsvolle und starke Szene zwischen den vier Frauen, die berührt und zeigt, dass man über sich selbst hinauswachsen kann. Ein toller Abschluss, der gleichzeitig ein Beginn eines neuen Lebensabschnittes für Maria, Vivian, Anna und Antonia ist.

Schreibstil:
Den Schreibstil der Autorin fand ich eher einfach. Zu Beginn hatte ich ein paar Probleme in die Geschichte hineinzufinden. Durch die Logikfehler, die ich bereits oben erwähnt habe, fand ich ebenfalls schwer Zugang zu den Charakteren und der Geschichte. Doch nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten ließ sich der Roman gut lesen und ich fand Zugang zu den Figuren.

Fazit:
Eine sehr interessante Geschichte über eine Frauenfreundschaft, wie der Krieg das Leben beeinflusst und was wir daraus machen. Trotzdem hat mich der Roman nicht so gepackt, wie ich es mir gewünscht hätte. Meiner Meinung nach habe ich zu diesen Themen bereits bessere Romane gelesen. Bitte bildet euch aber selbst eine eigene Meinung, da der Roman begeisterte Rezensionen bekommen hat. Ich gehöre eben nicht dazu....aber Geschmäcker sind nun mal verschieden.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Kann man zwei Menschen aufeinmal lieben?

Die Endlichkeit des Augenblicks
0

Viele von euch haben die Danny-Trilogie der Autorin oder so wie ich zumindest den ersten Band der Reihe "Dem Horizont so nah" gelesen. Dieser hat mich ja wirklich begeistert und sehr berührt. Deswegen ...

Viele von euch haben die Danny-Trilogie der Autorin oder so wie ich zumindest den ersten Band der Reihe "Dem Horizont so nah" gelesen. Dieser hat mich ja wirklich begeistert und sehr berührt. Deswegen war ich schon sehr auf Jessica Kochs neuen Roman gespannt, der heute, am 18. August 2017 bei Rowohlt erscheinen wird (Coverabbildung)
Ich habe über LB ein eBook gewonnen, obwohl ich mich für das Taschenbuch beworben hatte und welches ich ohne Reader natürlich nicht lesen konnte. So habe ich mir das Buch gekauft, welches kurze Zeit auf Amazon direkt von der Autorin als selfpublishing erhältlich war.

Auch der neue Roman von Jessica Koch ist wieder sehr bewegend. Durch den Tod meiner Mutter musste ich das Buch allerdings einige Zeit zur Seite legen und unterbrechen, denn ich brauchte zu dieser Zeit eher leichtere und humorvolle Kost oder etwas Spannendes, aber kein Buch, das sehr emotional, problembeladen und eher bedrückend ist. Und das war "Die Endlichkeit des Augenblicks" letztendlich....

Es gibt einige Passagen, die mich an "Dem Horizont so nah" erinnerten. Die sehr bedrückende Stimmung findet man ebenfalls in beiden Romanen vor. Hier geht es jedoch um zwei Jungen, Basti und Josh, beste Freunde seit Kindestagen, deren Leben seit einer Mutprobe mit tragischen Ausgang nicht mehr daselbe ist. Basti sitzt seitdem im Rollstuhl und Joshua gibt sich die Schuld daran. Er leidet ebenfalls unter dem Tod seiner Mutter und an schweren Depressionen, außerdem hat er bereits einige Selbstmordversuche hinter sich. Josh hat außer Basti keine Freunde und als Samantha in ihr beider Leben tritt, ist er zwar von ihr fasziniert, aber gleichzeitig fürchtet er um die Freundschaft mit Basti.

Sebastian hat sich mit seinem Leben im Rollstuhl abgefunden, obwohl er zuvor ein richtiger Draufgängertyp und Mädchenschwarm war. Er hat auch die finanzielle Unterstützung seiner Familie und seine Wohnung ist nicht nur behindertengerecht ausgebaut, sondern besitzt so einige technische Spielereien, die ihm sein Leben erleichtern sollen. Beide Jungs fühlen sich für den Anderen verantwortlich. Seit seinem Unfall hatte Basti auch keine Beziehung mehr, bis die beiden Samantha kennenlernen, die keine Hemmungen gegenüber "Behinderten" zeigt, denn ihre kleine Schwester Melanie ist Autistin. Während Basti anfangs voller Lebensfreude ist, ist Josh total negativ und depressiv und trotzdem verliebt sich Samantha in beide Jungs.

Mit Joshua wurde ich lange Zeit nicht wirklich warm und ich konnte auch seine Handlungen (besonders eine) kaum nachvollziehen und akzeptieren. Er stalkt Sam zu Beginn regelrecht und obwohl Basti sich für ihn verantwortlich fühlt, möchte Josh, dass die Beziehung der Beiden zerbricht. Die beiden Jungen sind auf eine bestimmte Art voneinander abhängig, die der Freundschaft letztendlich nicht wirklich gut tut.
Auch Sams Handlungen konnte ich teilweise nicht verstehen. Ihre überzogene Reaktion, als Basti im Urlaub ist und sich nicht jeden Tag bei ihr meldet, war mir zu kindisch. Als ein Unglück geschieht wird ihr die Wahl zwischen den beiden Männern abgenommen....

Vieles fand ich zu melodramatisch und kaum ist eine herzzerreißende Situation beendet, stolpert man schon in die Nächste. Manche Handlungen waren für mich schwer nachvollziehbar. Mit Samantha hatte ich ein paar Schwierigkeiten. Sie ist zwar ein liebenswertes Mädchen, aber manche Handlungen konnte ich nicht verstehen. Mit Josh wurde ich nicht wirklich warm, nur Basti war mir wirklich sympathisch.
Vielleicht hatte ich einfach zu große Erwartungen nachdem ich von "Dem Horizont so nah" so begeistert war oder es war der falsche Zeitpunkt für mich, obwohl ich mir extra etwas Zeit damit gelassen habe.

Schreibstil:
Jessica Koch kann definitiv schreiben und auch ihre Leser mitreißen. Der Roman ist eine emotionale Achterbahnfahrt, wie wir es schon von der Autorin gewohnt sind. Man versinkt in ihren Romanen und leidet mit den Protagonisten mit. Wunderschön fand ich einzelne Gedichte und Gedanken, die Josh's Mutter in ihrem Tagebuch festggehalten hat. Ich habe mir unzählige Aussprüche notiert.
Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von Sam (aus der Ich-Perspektive), Basti und Josh geschildert. Über jedem Kapitel steht jeweils der Name der erzählenden Person.

Fazit:
Ein weiterer sehr emotionaler und bewegender Roman der Autorin, den man vielleicht nur lesen sollte, wenn es einem selbst gut geht. Mir war einiges zu melodramatisch und ich wurde nicht mit allen Charakteren wirklich warm. Trotzdem hat Jesica Koch wieder eine berührende Geschichte geschrieben, die sicherlich in Erinnerung bleiben wird. An "Dem Horizont so nah" kommt aber "Die Endlichkeit des Augenblicks" meiner Meinung nach nicht heran.