Es mangelte dem Plot an Ideen
ScandorErzählt wird diese Geschichte in erster Linie aus der Sicht von Philipp, einem Studenten. Er möchte diesen Wettbewerb anfangs nur antreten, um ein Mädchen zu beeindrucken und um in Ruhe ohne Nebenjob fertig ...
Erzählt wird diese Geschichte in erster Linie aus der Sicht von Philipp, einem Studenten. Er möchte diesen Wettbewerb anfangs nur antreten, um ein Mädchen zu beeindrucken und um in Ruhe ohne Nebenjob fertig studieren zu können. Wer hat schon Bock, bei seinen ständig streitenden Eltern leben zu müssen? Und es geht um Tessa, eine junge Frau, die ihren Lebensweg noch sucht, sich mit Aushilfsjobs über Wasser hält, aber zeitgleich ihrem Elternhaus entfliehen möchte. Doch hinter den oberflächlich wirkenden Beweggründen verbirgt sich sehr viel mehr Tiefe, als man anfangs erwartet…
Insgesamt ist die Geschichte flüssig zu lesen. Die regelmäßigen Perspektivwechsel, in denen auch andere Teilnehmer immer wieder eingebunden werden, sorgen für ein kurzweiliges Leseerlebnis, und man erfährt etwas über die Hintergründe und Ängste der jeweiligen Personen. Der Gänsehautfaktor erhöht sich deutlich, als die Macher von Scandor Challenges ins Leben rufen, die die Teilnehmer vor unangenehmen oder auch für Ärger sorgenden Aufgaben führen. Nicht selten bietet aber auch der Alltag seine Hürden. Tessa beispielsweise, die in einem Café jobbt, setzen die Challenges sehr zu und sie wird mit schwierigen Konsequenzen konfrontiert. Ebenso sind weitere (Rand)Figuren bestimmten Aufgaben und Ängsten ausgesetzt, die einerseits Gänsehaut bescheren, andererseits für Nervenkitzel und somit für Spannung sorgen. Ich hätte mit keinem der Betroffenen tauschen wollen! Und als wäre das alles nicht genug, gibt es zudem Spieler, die über unfaire Mittel versuchen, ihre Kotrahenten zu eliminieren, und gezinkte Figuren, die ihre eigenen Pläne verfolgen. Man ist als Leser hin- und hergerissen zwischen Sympathie und Antipathie, Wahrheit und Lüge, Vertrauen und Misstrauen. Ich fand dieses Verwirr- und Machtspiel super!
Der Leser wird bei jedem Kapitelanfang optisch bei der Zahl der aktiven Teilnehmer abgeholt, das in Scandor-Scanner-Manier dargestellt wird. Ab der zweiten Hälfte verdichten sich die ersten Anzeichen, wer und was alles hinter dem Plan steckt. Die Auflösung ist für mich allerdings viel zu konstruiert, zu unrealistisch und einfach over the top. Sie ließ meinen Lesefluss inklusive -begeisterung sehr ins Stocken geraten. Dass das Buch im Hollywoodstil endet à la Friede, Freude, Eierkuchen und auch die obligatorische Liebesschnulze nicht fehlt, hat mir einen großen Dämpfer verpasst. Manchmal ist weniger eben mehr.
Dieses Buch hat mich reflektieren lassen, wie oft ich eher Grauzonen benutze, als die harte Wahrheit herauszulassen. Aber richtig beschäftigt haben mich vor allem die Zusatzaufgaben, die mich selbst vor die Frage gestellt haben, wie ich mit einer solchen Situation umgehen würde und was meine größten Ängste sind, die ich mit niemandem teilen möchte. Der Thrill des Buches geht am stärksten von dieser Reflexion aus und zieht einen dadurch extrem in seinen Bann. Leider ist die Auflösung der Geschichte alles andere als glaubwürdig und wirkt mehr als konstruiert. Als ob der Autorin plötzlich die Ideen ausgegangen sind, um diese unglaubliche Spannung der anfänglichen Geschichte zu halten. Schade, denn da steckt sehr viel mehr Potential dahinter!
Fazit: Man hätte noch so viel mehr aus diesem Plot herausholen können, leider mangelt es diesem an Kreativität und weitestgehend an Spannung. Das coole Grundthema reicht leider nicht aus, um über die Defizite hinwegzutrösten. So hinterlässt SCANDOR einen bitteren Nachgeschmack - und die Hoffnung, dass das nächste Werk der Autorin wieder mehr zusagt. Sie kann es definitiv besser!