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Veröffentlicht am 04.05.2024

Marthas Erbe: Eine bewegende Familiengeschichte vom Verdingkind zur Freiheitssehnsucht

Martha und die Ihren
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Mit "Martha und die Ihren" entführt uns der Schweizer Autor Lukas Hartmann in die bewegende Familiengeschichte seiner Großmutter Martha und ihrer Nachkommen. Hartmann, bekannt für seine Romane für Kinder ...

Mit "Martha und die Ihren" entführt uns der Schweizer Autor Lukas Hartmann in die bewegende Familiengeschichte seiner Großmutter Martha und ihrer Nachkommen. Hartmann, bekannt für seine Romane für Kinder und Erwachsene, präsentiert hier eine fesselnde Erzählung, die sowohl persönliche als auch historische Elemente gekonnt miteinander verwebt.

Martha, eine beeindruckende Frau, die aus ärmsten Verhältnissen zu bescheidenem Wohlstand aufstieg, wird von den Erinnerungen an ihre harte Kindheit als "Verdingkind" geprägt. Ihr Lebensweg beeinflusst nicht nur ihre eigenen Söhne, sondern auch ihre rebellischen Enkel, die nach einem freieren Leben streben.

Das Buch ist quasi in zwei Teilen aufgeteilt. Der erste Teil dreht sich mehr um Martha, im zweiten Teil geht es um die (Enkel-)Kinder. Sehr gut gefallen haben mir die Beschreibung von Marthas Erlebnissen als Verdingkind - davon hätte ich gerne noch mehr gelesen, auch wenn die Zeiten wahrlich nicht leicht waren. Auch ihre (Enkel-)Kinder haben mit einigen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Im zweiten Teil hätte ich mir gewünscht, dass die Figuren ebenso gut gezeichnet werden, wie Martha. Dem Autor gelingt es meiner Meinung nach sehr gut, die Lebensrealitäten der "damaligen" Zeit zu schildern - insbesondere die Erziehung von Kindern, die wenig von Liebe geprägt war. Auch wenn das für mich oder uns heute nicht mehr vorstellbar ist und man Martha das ein oder andere Mal wachrütteln möchte. Ist aber natürlich aus heutiger Sicht immer leicht gesagt. Der Schreibstil des Romans konnte mich leider nicht ganz so sehr fesseln. Ich hatte Mühe mit den Zeitsprüngen und die Kapitelüberschriften verraten meiner Meinung nach zu viel, was die Spannung beeinflusst. Ich lass mich da lieber überraschen. Mir ist auch erst am Schluss klar geworden, dass der Autor ein Stückweit seine eigene Familiengeschichte "verschreibt". Mich hat das Buch dazu angeregt, selbst noch meine Großeltern und Eltern nach ihrer Kindheit zu fragen, da uns das ja doch auch über Generationen mitprägt.

Alles in allem gebe ich dem Buch 3 von 5 Sternen. Obwohl das Buch einiges an Potenzial verschenkt, hat mich die Geschichte insgesamt dennoch berührt und zum Nachdenken angeregt.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Das hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 12.04.2024

"Das kleine Buch der großen Risiken" bietet einen unterhaltsamen Blick auf potenzielle Gefahren unserer Zeit.

Das kleine Buch der großen Risiken
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"Das kleine Buch der großen Risiken: Von Atombombe bis Zombieapokalypse" von Jakob Thomä verspricht eine spannende Reise zu den größten Gefahren unserer Zeit. Thomä, ein renommierter Think-Tank-Begründer ...

"Das kleine Buch der großen Risiken: Von Atombombe bis Zombieapokalypse" von Jakob Thomä verspricht eine spannende Reise zu den größten Gefahren unserer Zeit. Thomä, ein renommierter Think-Tank-Begründer und Geschäftsführer, präsentiert in seinem Werk 26 mehr oder weniger ernst gemeinte Optionen, wie die Menschheit (und andere Spezies) von der Erde verschwinden könnten. Sein lockerer Schreibstil, gepaart mit wissenschaftlichen Fakten und unterhaltsamen Anekdoten, soll uns die Augen öffnen für Risiken, die wir oft ignorieren, ohne das Ganze zu negativ zu betrachten. Das Buch ist nicht nur informativ, sondern auch humorvoll und charmant illustriert.

Thomä nimmt uns mit auf eine Reise durch das Alphabet der Risiken, von A wie Atombombe bis Z wie Zombieapokalypse. Dabei deckt er eine Vielzahl von potenziellen Bedrohungen für die menschliche Zivilisation ab, angefangen bei existenziellen Gefahren wie Asteroideneinschlägen bis hin zu popkulturellen Phänomenen wie einer möglichen Zombieapokalypse. Der Autor stellt die Themen in kurzen, prägnanten Kapiteln dar und schafft es, komplexe Zusammenhänge verständlich zu erklären.

Meine Meinung zu "Das kleine Buch der großen Risiken" ist zwiegespalten. Einerseits schätze ich den humorvollen Schreibstil des Autors und die interdisziplinäre Herangehensweise an die beschriebenen Probleme. Das Buch ist unterhaltsam und leicht zu lesen, und die strukturierte Aufbereitung von A bis Z erinnert an ein Lexikon, was ich persönlich sehr ansprechend finde. Andererseits verliert sich Thomä manchmal zu sehr im Text, was es schwierig macht, am Ball zu bleiben. Auch die fehlenden Fußnoten (Quellenangaben sind alle hinten) stören mich, obwohl der Autor auf wissenschaftliche Fakten verweist. Die Mischung aus verschiedenen Ebenen im Schreibstil kann gelegentlich verwirrend sein und haben mich öfters aus dem Lesefluss gebracht. Inhaltlich ist das Buch jedoch vielfältig und bietet für jeden Lesegeschmack etwas. Während mich manche Themen mehr interessieren als andere, schafft es Thomä, die verschiedenen Risiken auf den Punkt zu bringen und unnötiges Ausschweifen zu vermeiden. Mit knapp 200 Seiten ein Buch, das man schnell lesen kann und den Inhalt auf den Punkt bringt.

Insgesamt gebe ich "Das kleine Buch der großen Risiken" drei von fünf Sternen. Obwohl es mich nicht vollständig überzeugen konnte, schätze ich den informativen Wert und den humorvollen Ansatz des Autors. Das Buch bietet einen interessanten Blick auf potenzielle Risiken unserer Zeit.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hat die Meinung dazu jedoch nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 11.04.2024

Zwischen Poesie und Klischee: Eine Reise durch das Erwachsenwerden in "Gegenlicht".

Gegenlicht
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"Ich muss warten, bis die Geschichte sich von selbst zu Ende schreibt. Ich muss daran glauben, dass mein Leben zu einer Geschichte wird und meine Partnerlosigkeit in etwas Sinnvolles mündet. Ich muss glauben, ...

"Ich muss warten, bis die Geschichte sich von selbst zu Ende schreibt. Ich muss daran glauben, dass mein Leben zu einer Geschichte wird und meine Partnerlosigkeit in etwas Sinnvolles mündet. Ich muss glauben, dass mein Leben zu einer Geschichte wird. Und daran glaube ich." - Buchzitat S. 136

In "Gegenlicht" von Pirkko Saisio begibt sich eine junge Frau auf die Suche nach Liebe und Anerkennung in der Schweiz, nur um festzustellen, dass ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit sie eher einschränkt als befreit. Die Autorin Pirkko Saisio, eine herausragende Stimme der finnischen Literatur, nimmt uns mit auf eine poetische Reise durch das Erwachsenwerden und die Suche nach Identität.

Die Geschichte dreht sich um eine Abiturientin, die im Jahr 1968 Helsinki verlässt, um in der Schweiz ein neues Leben zu beginnen. Trotz ihrer Träume und Hoffnungen stellt sie schnell fest, dass die Realität anders ist als erwartet. Zurückgeworfen in die Enge ihrer Vergangenheit, kämpft sie darum, ihren Platz in der Welt zu finden und sich von den Erwartungen anderer zu befreien.

Meine Meinung zu "Gegenlicht" ist zwiespältig. Während die Erzählung einige wunderbar erzählte Momente und tiefe Einblicke in die Gedankenwelt der Protagonistin bietet, hatte ich Schwierigkeiten, mich mit dem Schreibstil (Prosa) anzufreunden. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist aber gut gelungen und die romantisierte Darstellung der Schweiz und der Waisenhaus-Erfahrung wirkten auf mich realistisch. Und es war faszinierend, die Protagonistin auf ihrem Weg des Erwachsenwerdens zu begleiten und zu sehen, wie sie sich gegen die Erwartungen anderer behauptet.

Insgesamt würde ich "Gegenlicht" mit 3 von 5 Sternen bewerten. Es ist ein Buch, das mit poetischer Sprache und tiefen Einblicken in die menschliche Natur glänzt, aber gleichzeitig durch seinen ungewöhnlichen Schreibstil Leserinnen und Leser abschrecken könnte. Dennoch lohnt es sich, sich auf die Reise der Protagonistin einzulassen und ihre Entwicklung mitzuerleben.

Das Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Das hat meine Meinung jedoch nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Amanda Sthers entführt uns in "Caffè sospeso" in die Welt des Café Nube und präsentiert sieben Kurzgeschichten rund um seine Besucher:innen.

Caffè sospeso
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"Wenn man die Augen schließt, hört man die Wäsche, die im Wind tanzt wie Fahnen, die flirrenden Masten der Schiffe, die Stimmen, die in der Ferne lachen oder schreien, das Tyrrhenische Meer, das kommt ...

"Wenn man die Augen schließt, hört man die Wäsche, die im Wind tanzt wie Fahnen, die flirrenden Masten der Schiffe, die Stimmen, die in der Ferne lachen oder schreien, das Tyrrhenische Meer, das kommt und geht, ein paar wendige Vespas, und dieser bunt gemischte Chor besagt, dass ein Weg bereitet ist für alle, die den Fuß auf neapolitanischen Boden setzen. In Neapel gilt ein Gebot, das sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat: Die Geschichte verläuft hier in Schleifen, denen man sich fügen muss, es gibt ein ausgeprägtes Gespür für das Schicksal. Man entkommt dem nicht, was die Stadt ins Buch unseres Lebens eingeschrieben hat, man muss da- mit verschmelzen, wie man sich, auch wenn man Angst hat, in den Armen des geliebten Menschen fallen lässt." - Buchzitat (S. 1)

Ein Besuch im Café Nube in Neapel birgt mehr als nur eine Tasse Kaffee – es ist eine Einladung, dem Leben anderer zuzuhören und sich von ihren Geschichten berühren zu lassen. In "Caffè sospeso" erzählt Amanda Sthers in sieben Kurzgeschichten von Begegnungen, Verlusten und der Menschlichkeit, die sich zwischen den dampfenden Tassen entfaltet.

Der Protagonist des Romans, in diesem Fall der französische Autor Jacques Madelin, führt uns durch das Gewirr der neapolitanischen Straßen und Herzen, während er die Geschichten der Menschen um ihn herum enthüllt, die, wie er, das Café Nube besuchen. Diese Geschichten, die zwischen 1982 und 2022 angesiedelt sind, bieten einen facettenreichen Einblick in die menschliche Natur und ihre Verbindungen. Wir folgen aber nicht nur den Erzählungen der Figuren, sondern auch der persönlichen Reise des Protagonisten Jacques Madelin, dessen eigene Geschichte uns ebenso enthüllt wird. Manche Figuren tauchen in mehreren Geschichten auf wie alte Bekannte, manche kommen nur in einer Geschichte vor.

Besonders fasziniert und angetan war ich von der poetischen Beschreibungen Neapels, die mir das Gefühl gab, so richtig in das "dolce vita" Neapels einzutauchen und dem Buch eine besondere Lebendigkeit gegeben haben. Leider dominiert meiner Meinung nach das Thema (heterosexuelle) Liebe in fast allen Erzählungen, was sehr schade ist, da ich mir hier wirklich vielfältigere Themen und Lebensentwürfe gewünscht hätte. Zwar werden wichtige gesellschaftsrelevante Themen wie Rassismus, Heteronormativität, Homosexualität, Transsexualität, Patriarchat, Emanzipation, Schönheitsideale, Identität, Feminismus subtil angeschnitten, doch bleibt das Potenzial, diese weiter auszuarbeiten, ungenutzt.

Ein weiterer Kritikpunkt liegt in der teilweise vulgären Sprache und dem problematischen Frauenbild, das in einigen Geschichten präsentiert wird. Frauen werden oft durch den "male gaze" beschrieben und stereotypisiert, was dem sonst vielschichtigen Erzählstil einen bitteren Beigeschmack verleiht. Trotz dieser Mängel bietet "Caffè sospeso" faszinierende Einblicke in die neapolitanische Kultur, sei es durch die Darstellung der Mafia, religiöse Bezüge oder die mythologischen Elemente, die eine wichtige Rolle spielen. Teilweise hatte ich auch Mühe, die Personen auseinanderzuhalten. Manche Aussagen fand ich auch grotesk oder gar widerlich:

"Wie das Schicksal so spielt, sollte sich Rechtsanwalt Pericone eines Tages unsterblich in eine gewisse Flavia verlieben, die ihm zwar keine Kinder würde schenken können, ihm aber einen blasen konnte, wie nur ein Mann es vermag..." - Buchzitat (S. 26)
"Dieses Kind ist noch immer sehr präsent im Körper der erwachsenen Frau, die nicht besonders groß geworden ist und deren Brüste noch nicht einmal eine Männerhand ausfüllen würden." - Buchzitat (S. 65/66)
"Ich weiß nicht, ob ich alte Paare wirklich so reizend finde, diese Ansammlung von welker Haut und Bauchgeräuschen, an die sie sich gewöhnt haben, wie in einem Familiengrab, in dem lauter Körper zu verwesen beginnen." - Buchzitat (S. 112)
"Der Architekt nannte sie »Zigarren-Anzünder<<< und Francesco »die Hauptspeise, sie war ein bisschen zu rund für seinen Geschmack, was er wirklich liebte, waren die kleinen Desserts<<. Die Männer sind immer hart zu denen, die besonders weich sind." - Buchzitat (S. 155)

Meine persönliche Lieblingsgeschichte ist die von Doktor Chen. Ich durfte neues über die Mafia lernen und man erfährt auch viel über die Beziehung zur Religion, Heiligenfiguren und Schutzpatronen, Mythen, Sagen und Gottheiten die eine wichtige Bedeutung für viele Menschen in Neapel zu haben scheinen. Und hier noch einige meiner Lieblingszitate aus dem Buch:

"Worte werden nur lebendig, wenn sie von Schweigen unterbrochen sind; auch in unserem Körper gibt es Leerstellen, unsichtbar schreibt sich das Schicksal in uns ein, das wir mit uns herumtragen wie die Narben alter Wunden." - Buchzitat (S. 92)
"Wir sind nichts als eine Hand, die man jemandem reicht oder die man ergreift. Wenn die Erde bebt und das Leben vergeht, vergrößert all unser Krimskrams die Trümmerhaufen nur noch." - Buchzitat (S. 140)
"Italien ist ein Land, in dem man auch nachts immer eine Möglichkeit findet, um Blumen zu kaufen. Das sagt alles. Über den Umgang mit Unglück, mit Freude, mit Symbolen und mit Leidenschaft." - Buchzitat (S. 173)

Insgesamt bietet das Buch eine ansprechende Mischung aus Tradition, Moderne und menschlichen Begegnungen, die zum Nachdenken anregen. Während einige Geschichten mehr Tiefe verdient hätten und ich die Darstellung der weiblichen Figuren teilweise problematisch fand, hat mich "Caffè sospeso" durch seine atmosphärische Dichte und die kurzweiligen Geschichten trotzdem weitestgehend unterhalten. Daher vergebe ich 3 von 5 Sternen.

"Jetzt, da ich alt werde, habe ich den Eindruck, dass ein caffè sospeso manchmal wertvoller ist als ein Kunstwerk. Für den, der gibt, steckt ebenso wie für den, der empfängt, ein Stück Leben in dieser Tasse, die der eine sich in seiner Fantasie vorstellt und der andere aus unbekannten Händen entgegennimmt. Was hier verschenkt wird, ist nicht ein Kaffee, sondern die Welt darum herum, das Spektakel, das man mit anderen teilt, die Blicke, die sich kreuzen, Menschen, die liebenswert sind. - Buchzitat." (S. 14)

Das Buch war ein Rezensionsexemplar. Dies hat die Bewertung nicht beeinflusst.

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Zwischen Sprachmacht und Diskurschaos: "Die Rassistin" im Universitätskarussell

Die Rassistin
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"Der verdammte Vorwurf! Für ein paar Minuten hat das Existentielle der Insemination das Existentielle des Vorwurfs überdeckt, und jetzt - Rischer stutzt, was ist eigentlich existentieller? Schwanger werden ...

"Der verdammte Vorwurf! Für ein paar Minuten hat das Existentielle der Insemination das Existentielle des Vorwurfs überdeckt, und jetzt - Rischer stutzt, was ist eigentlich existentieller? Schwanger werden oder gecancelt werden?" - S. 40

Nora Rischer, Dozentin in der Germanistik und inmitten der Behandlung in einer Kinderwunschpraxis, gerät durch eine rätselhafte E-Mail in einen Strudel von Selbstzweifeln und moralischen Abwägungen. Jana Scheerer entfacht in "Die Rassistin" eine schwarze Komödie, die nicht nur den Campus-Diskurs, sondern auch Nora's persönliche Identität auf den Prüfstand stellt.

Jana Scheerer, geboren 1978 in Bochum und lebend in Berlin, hat mit "Die Rassistin" einen Roman geschaffen, der sich dem Thema Diskriminierung und dem allgegenwärtigen Wunsch nach moralischer Reinheit auf ironische und tiefgründige Weise nähert. Mit einem Hintergrund in Germanistik, Amerikanistik und Medienwissenschaft sowie ihrer Erfahrung als akademische Mitarbeiterin an der Universität Potsdam, bringt sie eine einzigartige Perspektive in ihre literarische Arbeit ein.

Die Handlung des Romans nimmt Fahrt auf, als Nora Rischer, mitten in ihrer eigenen Lebenskrise, mit rassistischen Vorwürfen gegenüber ihrem Seminar konfrontiert wird. Die Erzählung wirft nicht nur Fragen nach persönlicher Verantwortung auf, sondern unterzieht auch den gesellschaftlichen Diskurs einer kritischen Analyse. In einer schwarzen Komödie aus menschlichen Reflexen und Widersprüchen entfaltet Scheerer eine Geschichte, die sich weigert, sich auf allzu bequeme Gewissheiten zurückzuziehen.

Meine Meinung zu "Die Rassistin" ist zweigeteilt. Auf der einen Seite schätze ich die auditive Darstellung verschiedener Perspektiven und Verhaltensweisen. Die Ironie und die bissigen Spitzfindigkeiten im Schreibstil sind nahezu genial, und die Autorin spielt geschickt mit den Erwartungen der Leser:innen. Andererseits war der Roman für meinen Geschmack etwas zu überladen, schwer zu verdauen und hat mich am Ende verwirrt&ratlos zurückgelassen.

Was mir persönlich gemischt aufstieß, war die Fülle an behandelten Themen. Obwohl die Vielfalt der Themen wie Rassismus, Alltagsdiskriminierung, Frauenfeindlichkeit und mehr ohne erhobenen Zeigefinger beleuchtet wird, fühlte ich mich zeitweise von der Überladung der Handlung überwältigt. Die ironischen und bissigen Spitzen im Schreibstil erforderten eine sorgfältige Verarbeitung, um die tiefgründige Bedeutung nicht zu übersehen.

Trotz der wichtigen Themen, die ohne erhobenen Zeigefinger behandelt werden, und der Anerkennung für die einzigartige Idee hinter dem Buch, konnte ich nur wenig aus dem Werk ziehen. Dies ist vor allem dem Schreibstil geschuldet, der nicht meinem persönlichen Geschmack entspricht, daher 3 von 5 Sternen.

"Das war weder eine Beleidigung noch rassistisch, glaubt mir doch, das war echt nicht rassistisch, wirklich nicht, überhaupt nicht rassistisch, rassistisch - jetzt empfindet Rischer sie doch, die semantische Sättigung, aber sie hilft gar nicht, das Wort kratzt ohne seine Bedeutung genauso schlimm, ihr wird kalt, ihr Herzschlag erhöht sich, das ist nicht auszuhalten, der Vorwurf muss aus der Welt, sofort..." - S. 47

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