Heute: Nina, gerade noch am Burnout vorbeigeschrammt, nimmt eine Auszeit von ihrer Arbeit als Ärztin und zieht sich mit ihrem aus Rumänien "adoptierten" Hund nach Mecklenburg in die Nähe des Stettiner ...
Heute: Nina, gerade noch am Burnout vorbeigeschrammt, nimmt eine Auszeit von ihrer Arbeit als Ärztin und zieht sich mit ihrem aus Rumänien "adoptierten" Hund nach Mecklenburg in die Nähe des Stettiner Hauffs zurück. Sie beginnt sich gerade an die Landschaft und die Leute zu gewöhnen, als der Hund ein menschliches Knochenfragment findet. Nur allzu gern würde sie herausbekommen, was hinter dem Fund nahe eines Fangeisens, in das auch ihr Hund geraten ist, liegt.
1936: es wird von Gine erzählt, Kind einer Künstlerfamilie in Berlin, die zum Landjahr nach Mecklenburg beordert wird. Sie erlebt viel Schreckliches und Verstörendes, nach einem abrupten Ende ihrer Landjahreszeit kehrt sie traumatisiert nach Hause zurück. Dank ihrer Eltern wird sie den Krieg überleben.
1978/1979: Sigrun, eine junge Ehefrau und Mutter von Baby Marco gerät zwischen die Fronten. Auch ihr Lebensgeschichte wird in einem Erzählstrang gut beschrieben. Die DDR-Atmosphäre wird sehr echt eingefangen, so oder ähnlich haben sie viele Menschen erlebt, auch ich.
Alle drei Erzählstränge werden von der Autorin einzeln erzählt, wie die Puzzleteile am Ende zusammenpassen, wie Nina stückweise die Wahrheiten erfährt, das ist spannend und hat mich bis zum Ende des Hörbuchs fasziniert.
Die Naturbeschreibungen, die Wolfsgeschichten und auch die Rolle der Hündin Ayla waren für mich etwas sehr ausführlich, aber der Schreibstil insgesamt hat mir doch gefallen. Das Hörbuch wurde von Verena Wolfien gelesen, sie hat sich der Personen gut angenommen, sie alle gut mit ihrer Stimme charakterisiert.
Fazit: hörenswert und ganz sicher auch lesenswert!
Erzählt wird die Lebensgeschichte des Ehemanns von Thekla, der Protagonistin des Romans „Als Großmutter im Regen tanzte“. In diesem ersten Roman erweckte Trude Teige die junge Juni als Erzählerin und Familienforscherin ...
Erzählt wird die Lebensgeschichte des Ehemanns von Thekla, der Protagonistin des Romans „Als Großmutter im Regen tanzte“. In diesem ersten Roman erweckte Trude Teige die junge Juni als Erzählerin und Familienforscherin zum Leben, ließ sie forschen und berichten, welche Familiengeheimnisse sie ausgegraben hatte. Ein fulminantes Werk, ein wunderbarer Auftakt für das nun folgende Buch über den Großvater Konrad. Aber der Sog des ersten Buchs ging verloren, ich brauchte lange, um mich in die Lage des Konrad hineinversetzen zu können. Auch er ein Norweger, unterwegs auf einem Handelsschiff namens Anitra während des zweiten Weltkriegs, der auch im Pazifik tobte, der die fanatischen Japaner dort zum übermächtigen Gegner der Alliierten machte. Konrads Schiff wird versenkt, er und sein Freund Jakob können sich retten, aber nur Konrad wird überleben und auf Java gerettet. Er gerät in japanische Gefangenschaft und er lernt dort die Krankenschwester Sigrid, auch Norwegerin, kennen und lieben.
Die Geschichte dieser beiden, ihrer Liebe, aber auch der furchtbaren Entbehrungen in den Lagern der Japaner beschreibt Trude Teige sehr anschaulich, auch mit sehr poetischen Worten.
Erst weit in der Mitte des Romans hatte mich diese Geschichte dann auch gepackt. Alles, was erzählt wird, erinnert an die Konzentrationslager der Nazis, an ihre perfide Ausrottung durch Arbeit und Hunger und Krankheiten. Die Japaner sparten sich die Gaskammern, die Menschen starben auch ohne diese Mordmaschinen. Trotzdem gelingt es einigen, sich zu widersetzen, zu überleben und anderen, schwächeren zu helfen.
Erst der Abwurf der Atombomben auf Japan brachte die Wende, Japan kapitulierte. Für die Menschen in den Lagern ein Lichtblick, aber bis zur endgültigen Freiheit immer noch ein weiter Weg. Auch für Konrad dauert es Jahre, bis er endlich wieder norwegischen Boden unter den Füßen spürt.
Fazit: ein eindringlicher Roman über Liebe und Durchhaltewillen, nicht so fesselnd wie das erste Buch, aber durchaus lesenswert.
Warum habe ich dieses Buch ausgewählt?
Der poetische Titel in Verbindung mit der Inhaltsangabe, die Thematik Holocaust und Wiedergutmachung, die biografische wie autobiografische Sicht der Autorin. Das ...
Warum habe ich dieses Buch ausgewählt?
Der poetische Titel in Verbindung mit der Inhaltsangabe, die Thematik Holocaust und Wiedergutmachung, die biografische wie autobiografische Sicht der Autorin. Das alles hat mich neugierig gemacht. Das freche Kindergesicht im altmodischen Rahmen ließ mich auch zugreifen.
Worüber schreibt Nadine Olonetzky in ihrem über 400 Seiten starken Buch?
Die Autorin hat ein umfangreiches Werk verfasst, dass in kein Genrekorsett zu zwingen ist. Sie bietet dem Leser ihre Autobiografie, insbesondere über ihre Kindheit und Jugend. Sie berichtet von den Schwierigkeiten der Suche nach der Wahrheit ihrer Vorfahrengeschichte. Sie schreibt ein poetisches und fast philosophisches Gartentagebuch, das sie offensichtlich zur Ablenkung von den schicksalhaften Ereignissen vor allem für sich selbst schreibt. Sie dokumentiert detailreich die tragische Lebensgeschichte ihres Vaters vor allem anhand von Tausenden Seiten aus Archiven. Sie versucht eine Biografie ihres Großvaters zu erstellen, die überwiegend ihrer Fantasie entspringen muss, weil die Fakten fehlen. Sie klagt des Rechtssystem der Bundesrepublik und die bürokratische Gesetzgebung zu Wiedergutmachung und Entschädigung an. Sie beschreibt Vernichtungslager und Deportationen, Flucht, Rettung, Auswanderung, es gibt ausreichend Beispiele in ihrer Familie, wie man die Juden beseitigen und vernichten wollte im Dritten Reich. Sie erzählt von der Suche nach echten Orten ihrer familiären Vergangenheit.
Was habe ich empfunden beim Lesen des Buches?
Zu Beginn, bis weit über die Mitte hinaus, habe ich mich sehr schwergetan mit dem Schreibstil von Nadine Olonetzky. Das ständige Wechseln der Themen und Zeiten, die Gartenbeschreibungen, später das alles überschattende Erlebnis eines einzigen Tages, an dem ihr Vater auf einer Parkbank die „Wahrheit“ über sein Leben und das seiner Familie erzählt, an dem sie erfährt, dass ihr Großvater durch die Nazis ermordet wurde, ihr Vater wie durch ein Wunder überlebte und in die Schweiz fliehen konnte. All das prasselt in komprimierter Form auf die 15jährige Nadine ein. Und lässt sie nie mehr los.
Ich habe die Gartenbeschreibungen meist überblättert, wie auch einige sehr lange Zitate aus der Wiedergutmachungsakte, es war einfach zu viel des Guten. Trotzdem hat mich das Buch dann bis zum Ende nicht losgelassen, ich musste es ganz genau lesen bis hin zum Anhang, der mich auch interessierte, insbesondere die Quellen.
Was hat mich am meisten bewegt?
Das ist der Mut der Autorin, sich den vielen Dokumenten zu stellen, den eigenen Vater zu „sezieren“, sich auch kritisch über ihn zu äußern. Dass er Massel hatte, viele Male, dass seine Geschwister Massel hatten und auswanderten, dass auch die Überlebenden gezeichnet und traumatisiert sind, dass die Nachgeborenen all das einfach ignorieren oder wie die Autorin, bis ins letzte Detail erforschen wollen. Dass Traumata vererbt werden wie Rheuma oder ein Gendefekt. Dass in den deutschen Amtsstuben nach 1945 wahrscheinlich die gleichen Beamten und Angestellten tätig waren, die in den Finanzbehörden des Dritten Reiches das Eigentum der Juden zählten, bewerteten, inventarisierten und verschacherten.
Was konnte ich aus eigenem Erleben und Forschen nachvollziehen?
Die Angst, die unbegründete und doch vorhandene Angst als Kind. Den Schrecken, den die Enthüllungen über die Familiengeschichte in einem Kind auslösen. Auch mein Großvater wurde in Auschwitz ermordet. Auch von meiner Familie sind viele Tote zu beklagen, aber es gibt auch eine bedeutende Anzahl, die die Auswanderung schafften. Es ist eine Freude, heutzutage über das Internet ihre Nachkommen zu finden und kennenzulernen. Die Entschädigungsakte des eigenen Vaters zu lesen, das stelle ich mir schlimmer vor als das Lesen einer ebensolchen Akte eines entfernten Verwandten. Das gleiche trifft auch auf die sogenannten Vermögenserklärungen zu, es ist erschütternd, wenn man liest, was, wie wenig den Juden überhaupt noch geblieben war vor der Deportation.
Dass das Schweigen solange Bestand hatte, dass der richtige Moment immer gerade nicht da war. Dass Tausend Fragen vom Vater nie beantwortet wurden. Dass manche Fragen nie, nicht einmal durch Dokumente beantwortet werden. Und ich kann mich gut hineinversetzen in die Autorin, wenn sie von heutigem Standard und Luxus, von vielen nützlichen und unnützen Gegenständen schreibt, die unsere Wohnungen bevölkern und die wir heiß und innig lieben, und die doch von einem Tag auf den anderen verloren gehen können durch die Gewalt von Verbrechern, Mördern und Despoten. Wie haben sich die Juden gefühlt, wenn sie geliebte Dinge abgeben mussten, Radios, Fotoapparate, Bilder, Silberbestecke, all das hat zu ihrem Leben gehört und war weg. Dass die Nachkriegsrechtsprechung kaum zur Entschädigung dieser Dinge bereit war, weil sie am Ende ja nie auf den Vermögenserklärungen auftauchten, ist umso bitterer.
Der Satz „Du bist wie dein Vater, warf sie mir dann vor.“, der kommt mir sehr bekannt vor, den hörte ich von meiner Mutter nicht nur einmal.
Meine Gedanken zum Vater, dem Hobbyfotografen
Die Autorin schildert die Besessenheit ihres Vaters, alles, jeden Moment des Glücks im Foto festzuhalten. Sein Hobby war seine Erlösung, er gestaltete die Fotoalben, damit niemals wieder einfach alles weg wäre. Auch das Tagebuch für die Tochter fällt in dieses Hobby ein. Für die Autorin als Kind oftmals eher lästig, hat sie als Erwachsene etwas, das ihr niemand nehmen kann, die bildliche Erinnerung an Momente des Glücks. Ich weiß das umso mehr zu schätzen, weil z. B. von meinem ermordeten Großvater nicht einmal ein Foto geblieben ist.
Was hat mich gestört in diesem Buch?
Geschlechtergerechtigkeit scheint an keinem aktuellen Buch vorbeizugehen, aber die endlosen Doppelnennungen beider Geschlechter trüben den Eindruck eines flüssig zu lesenden Schreibstils. Dass niemand, auch Nadine Olonetzky nicht, das konsequent durchhalten kann, liegt auf der Hand. Das Gerede von „Jüdinnen und Juden“ ist ebenso lächerlich, wie von „Chelmerinnen und Chelmern“ zu schreiben, dass dann irgendwie auch Russen, Holländer und Belgier auftauchen, ist wahrscheinlich normal, aber man denkt unwillkürlich, was, keine Frauen aus diesen Ländern? Dann kommen plötzlich wieder „Holländer und Belgerinnen“ oder „tschechische Juden…“ Formulierungen wie, „erschossen sie ihn, erschossen sie sie“, sind doch völlig überflüssig. Aus meiner Sicht verliert das Buch durch dieses merkwürdige Hin- und Herschreiben der Geschlechter deutlich an Qualität.
Wird von einem Autor ein genaues historisches Datum genannt, erwartet der Leser, dass es gut recherchiert ist. Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht die Atombomben auf Japan am 2. Mai 1945 das Datum des Kriegsendes in Europa bestimmten. Die beiden Atombomben wurden erst am 6. August 1945 auf Hiroshima und dann am 9. August auf Nagasaki abgeworfen. Erst danach kapitulierte Japan.
Die Gartenphilosophie hat mir nicht gefallen, weil sie vom Wesentlichen ablenkt, es zu weich und anschmiegsam macht.
Die Kapitelüberschrift wirken im Gegensatz zu dem sehr weitschweifigen Text verkürzt und sehr abrupt.
Welches Zitat aus diesem Buch ist mir besonders ans Herz gegangen?
Die Frage der Autorin „Wie hätte ich mich wohl verhalten?“, lässt mich innehalten und mich fragen, hätte ich immer richtig gehandelt? „Ich weiß nicht, was alles in mir schlummert.“ ist ihre kluge Antwort.
Fazit
„Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist? … Und was ist mit all den Menschen und ihrem Massel und Schlamassel, wo gehen die hin, wenn die Zeit vergeht? Sie sind erst weg, wenn sich niemand mehr an sie und ihre Geschichten erinnert, wenn niemand mehr ihre Bilder betrachtet, ihre Namen kennt. Wenn niemand mehr von ihnen erzählt.“ Für diese Worte hat es sich gelohnt, dieses Buch zu Ende zu lesen.
Ich kann dieses Buch nur empfehlen, so ausführlich und eindringlich habe ich selten über den Holocaust, die Opfer und Überlebenden gelesen. Es hat mich tief berührt.
Potsdamer Intrigen ist mein Einsteiger in die Reihe der Enne-von-Lilienthal-Krimis. Mir sind also schon vier Bände entgangen und ich musste erst einmal die Protagonisten kennenlernen. Enne also ist pensionierte ...
Potsdamer Intrigen ist mein Einsteiger in die Reihe der Enne-von-Lilienthal-Krimis. Mir sind also schon vier Bände entgangen und ich musste erst einmal die Protagonisten kennenlernen. Enne also ist pensionierte Fallanalytikerin und Mutter vom frischernannten Kriminalrat Maik von Lilienthal. Sie lebt in lockerer Liaison mit dem ebenfalls pensionierten Kriminalisten Körner, der sich bei ihr einquartiert hat und seine Daseinsberechtigung vor allem übers Kochen von Gourmetmenüs und das Kredenzen besten Weins definiert. Er war bis zu einem nicht näher definierten Unfall der Chef von Maik und kann das ganze Buch über noch nicht so ganz von der Polizeiarbeit lassen. Und Enne ist da keinen Deut zurückhaltender. Nicht unerwähnt lasse ich die etwas zickige, aber wild entschlossene Kriminalkommissarin Susanne Riemeister, die auf dem Absprung die Karriereleiter rauf in Richtung Berlin ist und sich wohl etwas hormongesteuert gerade vom Lebensgefährten Maik von Lilienthal trennen will. Hinzu kommen noch einige Kollegen der beiden, allen voran der immer hungrige Leo. Eine bunte Truppe, die plötzlich im schönen, kulturvollen Potsdam mit zwei merkwürdigen Morden konfrontiert wird, die sich binnen kurzer Zeit als miteinander verbunden darstellen. Professionelle und private Ermittlungen nehmen ihren Lauf, immer tiefer geht es in den Sumpf der früheren DDR und die damaligen und immer noch nachwirkenden Verstrickungen von Staat, Partei und Staatssicherheit. Die Autorin legt jede Menge Spuren und Fährten, verleitet den Leser zu Spekulationen und hektischem Weiterlesen. Ich fand das recht spannend, obwohl mir die Häufung der Verbrechen und deren Vertuschung manchmal schon etwas übertrieben erschien. Der Countdown belehrt dann aber, schlimmer geht es immer. Heftig. Nach der letzten Seite denke ich, dass ein weiterer Band bestimmt schon in Arbeit ist.
Fazit: gute Krimiunterhaltung, ein paar Stereotypen, ein bisschen Übertreibung, geschichtliche Rückblicke, eine Mischung, die jedenfalls nicht langweilig war. Auflösung inklusive.
Mir hat dieser Krimi gefallen, obwohl der Mord am Millionär Theo Ellerbeck manchmal etwas in den Hintergrund trat ob der vielen verschiedenen Handlungsstränge. Hauptperson und Ich-Erzählerin ist die angehende ...
Mir hat dieser Krimi gefallen, obwohl der Mord am Millionär Theo Ellerbeck manchmal etwas in den Hintergrund trat ob der vielen verschiedenen Handlungsstränge. Hauptperson und Ich-Erzählerin ist die angehende Kriminalwachtmeisterin Lucia Specht, die in Düsseldorf gerade bei der Sitte ihre Ausbildung absolviert. Für das Jahr 1970 alles andere als normal, es sind die ersten Frauen, die eine solche Ausbildung machen können und die Männerwelt und eingespielte Routinen machen es ihnen nicht gerade leicht. Machos, sexistische Sprüche, Anmachen aller Art, Herabwürdigen aller Art, ein gefährliches Arbeitsumfeld, da haben die jungen Frauen reichlich zu knabbern. Lucia ist aus Essen, kommt aus einer Arbeiterfamilie und hat zudem eine mehr als zehn Jahre zuvor ermordete Mutter. Dass der Fall unaufgeklärt blieb, ist vielleicht einer der Gründe, warum sie zur Polizei will. Sie ist frech, draufgängerisch und manchmal etwas zu wild entschlossen, ihrer Profession zu folgen. Und ihre Profession ist nicht nur die Mordaufklärung im Fall Ellerbeck, der Fall ihrer Mutter nimmt nicht nur im Buch sondern auch in Lucias Kopf einen übergroßen Teil ein. Dass Lucia dabei auch allerlei lernt, ergibt sich von selbst, einschließlich der Tatsache, das sie wohl doch nicht soviel Alkohol verträgt wie Vater und Bruder. Die beiden lernt man im Verlauf der Handlung auch noch kennen, aber sehr in die Tiefe geht es hier nicht.
Am meisten amüsiert habe ich mich über die kleinen Liebesbriefchen, die Lucia allzu oft auf ihrem Schreibtisch findet. Auch hier ermittelt sie mit Vehemenz und Wut den Schreiberling. Wer es ist, verrate ich natürlich nicht. Ebenso wenig nehme ich den Lesern die Spannung, wie sich der Fall Ellerbeck aufklären wird. Geschickt legt auch der Autor seine Fährten!
Der Schreibtstil von Mathias Berg ist eingängig und man liest das Buch schnell und leicht, gute Unterhaltung. Die kursiv eingestreuten, nicht ausgesprochenen Gedanken von Lucia lockerten das Lesen zusätzlich auf. Dass der Autor in sein Siebzigerjahremilieu so ziemlich alles packt, was ihn bewegt, was er an Details erfahren hat bei seinen Recherchen, ist für jüngere Leser bestimmt eine Offenbarung. Für mich war es teilweise eher ein Wiedererkennen, besonders die Musiktitel, die er nennt und in die Handlung einbaut, erklangen wie von Geisterhand in meinem Ohr. Die neben Lucia auftretenden Protagonisten werden mehr oder weniger intensiv vorgestellt und charakterisiert. Dass ich da natürlich besonders den Herrn Müller recht brachial fand, will ich hier nicht weiter ausführen, um den Überraschungseffekt beim Lesen nicht vorwegzunehmen. Die im Verlauf der Handlung angesprochenen Probleme der Kollegen und der anderen Anwärterinnen entsprechen der damaligen Zeit. Wer könnte sich heute noch vorstellen, dass der Ehemann das Einverständnis für Arbeitsvertrag oder Ausbildung erteilen musste. Oder dass ein Schwuler nicht Polizist werden darf. Alles aus der Zeit gefallen, da haben wir heute mehr Glück. Da ich aber weder begeisterte Feministin noch Anhängerin der LGBT...-Szene bin, fand ich manches etwas dick aufgetragen, aber das ist ja subjektiv und reine Geschmackssache.
Dieses Buch ist bekanntlich schon der zweite Band der Reihe "Die Kriminalistinnen". Da ich den ersten Band "Der Tod des Blumenmädchens" nicht kenne, weiß ich natürlich nicht, ob es besser wäre für das Verständnis der Rückblicke und Probleme von Lucia und ihren Mitstreiterinnen, dass man ihn zuvor gelesen hätte. Ich habe mir die Rezensionen angeschaut und denke, ja, es wäre besser.
Fazit: ein unterhaltsamer Krimi mit vielen Handlungssträngen und einer sehr echt wirkenden Beschreibung der Siebziger Jahre.