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Veröffentlicht am 22.10.2017

Mut zum Leben

Die Lichter von Paris
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Die Mittdreißigerin Madeleine lebt in Chicago und könnte eigentlich rundum glücklich sein. Doch ihr Ehemann Phillip, ein erfolgreicher Geschäftsmann, bevormundet und unterdrückt sie, so dass sie sich immer ...

Die Mittdreißigerin Madeleine lebt in Chicago und könnte eigentlich rundum glücklich sein. Doch ihr Ehemann Phillip, ein erfolgreicher Geschäftsmann, bevormundet und unterdrückt sie, so dass sie sich immer mehr in die Enge getrieben fühlt und sich mehr und mehr zurückzieht. Ihren eigenen Traum, Malerin zu werden, hat sie aufgegeben und erfüllt Tag für Tag nur noch Pflichten, die ihr von anderen auf diktiert werden. Um für sich eine Entscheidung zu treffen, besucht sie ihre Mutter in Magnolia und findet dort die Tagebücher ihrer Großmutter Margie auf dem Dachboden ihres Elternhauses. Während der Lektüre lernt sie diese auf eine ganz neue Weise kennen, wobei sie auch viele Parallelen zu ihrem eigenen Leben entdeckt. Margie floh in den 20er Jahren aus ihrem strengen Elternhaus nach Paris, um sich dort als Schriftstellerin auszuprobieren. Dort begegnete sie einem jungen Künstler, der den Sommer in Paris zu den glücklichsten ihres Lebens macht. Wird Madeleine ihr Leben endlich wieder in die eigenen Hände nehmen, anstatt andere über sich bestimmen zu lassen?

Eleonor Brown hat mit ihrem Buch „Die Lichter von Paris“ einen wunderschönen und einfühlsamen Roman vorgelegt, der von der ersten Seite an begeistert. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, der Leser findet sich sehr schnell als unsichtbarer Schatten an Madeleines Seite wieder und begleitet sie bei ihrem Tun, wobei er ebenso Gast ihrer Gedanken und Gefühlswelt wird. Der Roman ist in zwei Handlungsstränge unterteilt, die sich Kapitel für Kapitel abwechseln und zum einen die Gegenwart von Madeleine im Jahr 1999 in Amerika beschreiben, zum anderen die Vergangenheit mit der Zeit um 1924 wiedergeben und Margies Erlebnisse in Tagebuchauszügen schildern. Die Autorin hat ein besonderes Talent, dem Leser die 20er Jahre stimmungsmäßig sehr nah zu bringen. Die Beschreibungen des alten Paris zu seiner Glanzzeit sind so farbenfroh, sowohl die Kleidung und die Künstlerszene als auch die gesellschaftliche Situation und die Stellung der Frau zur damaligen Zeit werden thematisiert. Der historische Hintergrund ist wunderbar mit der Handlung verwebt und macht die Geschichte rundum stimmig.

Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und platziert worden. Sie wirken wunderbar authentisch und lebendig mit ihren Eigenheiten, Sorgen und Nöten, so dass der Leser sich mit ihnen identifizieren und mitfühlen kann. Madeleine ist eine sympathische Frau, die erst unter einer strengen Mutter und dann unter einem hartherzigen Ehemann leiden muss. Sie wirkt nach außen zwar durchaus selbstbewusst, hat sich aber immer mehr in sich zurückgezogen, reflektiert ihre eigene Situation jedoch durchaus realistisch und gesteht sich ihre eigenen Fehler ein. Sie besitzt eine Art Galgenhumor, mit ihrer Lage umzugehen, doch sie ist auch mutig und stark genug, ihr Leben endlich nach ihren eigenen Wünschen ändern zu wollen. Die Entwicklung Madeleines geht leise und langsam vonstatten, beeindruckt dafür umso mehr. Margie ist zuerst eine schüchterne und zurückhaltende junge Frau, die sich mit genügend Mut in eine lebensbejahende und selbstbewusste Frau wandelt. Sie lässt sich von Konventionen nicht einengen und versucht, ihre eigenen Träume zu verwirklichen. Phillip ist ein kontrollsüchtiger Mann, bei dem alles nur nach seinem Kopf zu gehen hat. Er manipuliert, verletzt und beleidigt, um sein Gegenüber einzuschüchtern und zu verletzten. Die wenigen anderen Protagonisten stützen durch ihr Auftreten die Handlung und vervollständigen das Gesamtbild.

„Die Lichter von Paris“ ist ein zauberhafter Roman über Selbstfindung und Selbstbehauptung. Obwohl die Geschichte in zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt wird, zeigt sie die Parallelen vom Leben der beiden Hauptcharaktere auf wunderbare Weise auf. Ein tolles Buch über Mut und Stärke und dass man immer auf sein eigenes Herz hören sollte, wenn es um Entscheidungen für das eigene Leben geht. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.10.2017

Zwei wie Feuer und Wasser

Lichterzauber in Manhattan
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Die Food-Bloggerin Eva lebt in New York und ist Optimistin durch und durch. Sie liebt Weihnachten mit allem Drum und Dran, ob nun kitschiger Weihnachtsschmuck oder herrlicher Plätzchenduft. Nach dem Tod ...

Die Food-Bloggerin Eva lebt in New York und ist Optimistin durch und durch. Sie liebt Weihnachten mit allem Drum und Dran, ob nun kitschiger Weihnachtsschmuck oder herrlicher Plätzchenduft. Nach dem Tod ihrer Großmutter wird sie von ihrem großen Freundkreis unterstützt. Da auf ihrem Konto stets Ebbe herrscht, nimmt sie einen Auftrag an, der sie in das Apartment des bekannten, aber sehr zurückgezogen lebenden Thrilerautors Lucas Bale bringt. Dort soll sie während seiner Abwesenheit das Haus im Auftrag von Lucas Großmutter weihnachtlich-festlich dekorieren. Aber Eva hat keine Ahnung davon, dass Lucas alles hasst, was mit Weihnachten zu tun hat. Deshalb hat er sich auch versteckt, um seiner Trauer freien Lauf zu lassen, denn er hat den Tod seiner vor drei Jahren verstorbenen Frau noch immer nicht verwunden. Als Eva und Lucas aufeinandertreffen, ist der Konflikt vorprogrammiert, denn jeder hat eine andere Sicht auf die Dinge. Gleichzeitig sprühen die Funken zwischen den beiden. Wird Eva Lucas doch noch von Weihnachten und seinem Zauber überzeugen können?

Sarah Morgan hat mit ihrem Buch „Lichterzauber in Manhattan“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Liebesroman vorgelegt, der den Leser bis zur letzten Seite der Geschichte fesselt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und lässt den Leser regelrecht in die Handlung eintauchen lässt, um am Schicksal der beiden Protagonisten teilzuhaben, ihnen bei ihren Gedanken und Gefühlen ebenso beizustehen wie bei ihren Aktivitäten. Die Beschreibungen von New York zur Vorweihnachtszeit sind so bildgewaltig und farbenfroh, dass man am liebsten sofort seine Koffer packen würde, um diesen Lichterglanz bei Eiseskälte mit eigenen Augen zu sehen.

Die Charaktere sind individuell und liebevoll ausgestaltet und platziert worden. Sie haben alle ihre Eigenheiten und gerade deshalb fliegt ihnen das Leserherz zu, denn sie wirken authentisch und sehr lebendig, man kann mit ihnen mitfühlen und sich in sie hineinversetzen. Eva ist eine sympathische Frau, die zwar schon einige Schicksalsschläge einstecken musste, sich jedoch ihre positive Ausstrahlung und ihren Optimismus bewahrt hat. Man spürt richtig, wie sehr sie das Leben liebt sowie die Dinge, die ihr wichtig sind. Eva hat eine romantische Ader und ist vor allem ein großer Fan von Weihnachten. Ihr positiver Blick auf die Dinge überträgt sich bei der Lektüre regelrecht auf den Leser. Lucas ist ein attraktiver Mann, der sich nach dem Tod seiner Frau von der Außenwelt abgeschottet hat und immer noch seine Wunden leckt. Er hasst Weihnachten und will diese Tage am liebsten ignorieren. Lucas wirkt zwar spröde und unnachgiebig, doch er ist auch ein gefühlvoller Mann und hat einen sehr weichen Kern, der durchaus Empathie empfinden kann. Er hat es sich in seinem Schneckenhaus gemütlich gemacht und benötigt einige Zeit, bis er sich langsam daraus hervortraut.

„Lichterzauber in Manhattan“ ist ein bezaubernder Liebesroman, der den Leser mitten ins Herz trifft. Sympathische Protagonisten sowie eine schön erzählte Story mit viel Gefühl lassen das Buch zum Pageturner werden. Alle Romantiker/Innen kommen hier voll auf ihre Kosten. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.10.2017

Annes Entscheidung

Dünengeflüster
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Die 40-jährige Anne erbt überraschenderweise nach dem Tod ihrer Tante Sabine ein kleines Häuschen an der Ostsee. Da sie gerade sowohl ihre Arbeit als auch ihren Freund verloren hat, packt sie ein paar ...

Die 40-jährige Anne erbt überraschenderweise nach dem Tod ihrer Tante Sabine ein kleines Häuschen an der Ostsee. Da sie gerade sowohl ihre Arbeit als auch ihren Freund verloren hat, packt sie ein paar Sachen zusammen und macht sich mit Dackeldame Emma von Berlin aus auf den Weg, um ihr Erbe in Augenschein zu nehmen. Als Kind hat sie dort viele glückliche Sommer verlebt, bis der Kontakt zu Tante Sabine abrupt durch ihre Mutter unterbunden wurde. Dort angekommen, kehren bei Anne die Erinnerungen an viele schöne Momente zurück. Auch alte Bekannte laufen ihr über den Weg und helfen ihr, sich schnell dort einzuleben. Allerdings tut sich Anne schwer, eine Entscheidung zu treffen. Will sie das Haus behalten oder doch lieber verkaufen? Dann bringen sie auch noch zwei Männer völlig durcheinander und ihre Eltern sind ihr auch keine große Hilfe. Anne ist völlig durcheinander und dann bekommt sie vom Notar ihrer Tante auch noch einen geheimnisvollen Schlüssel…

Evelyn Kühne hat mit ihrem Buch „Dünengeflüster“ einen sehr unterhaltsamen und gleichzeitig spannenden Roman vor dem Hintergrund der malerischen Ostseeküste vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und ebenso gefühlvoll, der Leser macht sich gleich zu Beginn mit Anne und Hund Emma auf die Reise ins unbekannte Bekannte, denn es gilt, Altes neu zu entdecken und sich selbst dabei wiederzufinden. Die Landschaftsbeschreibungen sowie die Mentalität der Menschen eines kleinen Ortes werden von der Autorin so lebendig geschildert, dass man alles regelrecht vor sich sehen kann. Da gibt es die laute Nachbarin, die keine Neuigkeit für sich behalten kann oder die alten Freunde, die nicht immer offen sprechen wollen. Der Spannungsbogen baut sich gemächlich auf und steigert sich im letzten Drittel nochmals.

Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Jeder von ihnen hat seine Eigenheiten und gerade deshalb wirken sie so lebensecht und authentisch. Anne ist eine sympathische Frau, die bisher immer bei den falschen Typen gelandet ist. Sie steht an einem Punkt in ihrem Leben, wo sie sich neu orientieren und sich klarmachen muss, wie ihr weiteres Leben aussehen soll. Die Erbschaft ihrer Tante gibt ihr sowohl genügend Ablenkung, allerdings ist sie auch ein weiterer Stein auf ihrem Weg der Entscheidungen. Anne ist gutmütig, verlässlich und hilfsbereit, gerade das macht sie aber auch zum passenden Opfer fieser Typen. Thomas ist Annes alte Jugendliebe, der sie damals sehr verletzt hat. Er wirkt wie der typische erfolgreiche Geschäftsmann, immer auf dem Weg zum nächsten Auftrag. Doch er ist auch sehr hilfsbereit und mitfühlend. Ralph ist ein ganz netter Kerl, der Anne den Kopf verdreht. Doch er hat ein Geheimnis, dass man als Leser unbedingt selbst herausfinden muss. Annes Eltern sind wie Feuer und Wasser. Während ihre Mutter herrisch und bevormundend ist, ist der Vater liebevoll, aber still und nimmt alles hin. Vor allem Emma sollte erwähnt werden, denn die kleine Dackeldame ist einfach nur herzerwärmend und eine treue Seele, die allerdings selbst Einbrecher willkommen heißt, wenn sie denn das richtige Leckerli mitbringen.

„Dünengeflüster“ ist ein sehr schöner gedanklicher Ausflug an die Ostsee, bei dem die Hauptprotagonistin mit vielen Problemen konfrontiert wird und sich selbst neu dabei kennenlernt. Ein toller Roman über Aufbruch, Selbstfindung und natürlich die Liebe. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für entspannte Stunden!

Veröffentlicht am 15.10.2017

Es gibt immer Licht am Ende des Tunnels

Die Symphonie des Augenblicks
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Der 80-jährige Pianist Claude ist bereits seit seiner Kindheit blind und lebt allein. Bis auf die Gemeindefrau, die ihn ein paarmal die Woche besucht, hat er nur noch Kontakt zu dem 17-jährigen Corentin, ...

Der 80-jährige Pianist Claude ist bereits seit seiner Kindheit blind und lebt allein. Bis auf die Gemeindefrau, die ihn ein paarmal die Woche besucht, hat er nur noch Kontakt zu dem 17-jährigen Corentin, den er im Klavierspiel unterrichtet. Seine beiden Neffen hält er auf Abstand, denn sie warten wie die Aasgeier darauf, dass er endlich das Zeitliche segnet und sie seinen Besitz aufteilen können. Corentin ist ein sehr intelligenter Junge, der von seiner ehrgeizigen Mutter zu den Klavierstunden gedrängt wird, während er sich lieber mit seinen Freunden treffen würde. Dem Druck seiner Mutter ist er allerdings nicht gewachsen. Der obdachlose Alain hat sein Lager auf der Bank vor Claudes Haus aufgeschlagen, nachdem er schwer vom Schicksal gebeutelt wurde und alles verlor. Carol, die Nachbarin von Claude, leidet unter einem aggressiven und handgreiflichen Ehemann, gegen den sie sich nicht zur Wehr setzen kann. Eines Tages leistet Claude Alain auf der Bank Gesellschaft, als sie miterleben, wie Carol wieder den Handgreiflichkeiten ihres Mannes ausgesetzt ist. Schnell ist der Entschluss gefasst, sie aus dessen Fängen zu befreien und Corentin soll dabei helfen. Alle vier zusammen machen sich auf eine Reise in den Süden, währenddessen lernen sie voneinander und auch viel über sich selbst.

Marie Fitzgerald hat mit ihrem Buch „Die Symphonie des Augenblicks“ einen wunderschönen, poetischen und lebensbejahenden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und gleichzeitig einfühlsam. Durch die vier verschiedenen Erzählperspektiven, in denen jeder einzelne Protagonist die Dinge auf seine eigene Weise berichtet, angereichert mit Gedanken und Gefühlen, bekommt der Leser einen wunderbaren Rundumblick der Situation und lernt die einzelnen Charaktere sehr gut kennen. Die Autorin gibt dem Leser ebenfalls Einblick über die verschiedensten Themenbereiche wie eheliche Gewalt, ehrgeizige Eltern, Obdachlosigkeit und körperliches Handikap. So ernst diese Themen sind, lässt die Autorin in ihrer Geschichte doch auch immer wieder Hoffnung und Stärke durchschimmern.

Die Charaktere sind individuell ausgearbeitet und liebevoll platziert. Jeder der Hauptprotagonisten wirkt aufgrund seiner Eigenheiten, seiner Lebensumstände und seinem Alter entsprechend sehr authentisch und lebensnah, so dass der Leser sich in jeden von ihnen auf wunderbare Weise einfühlen kann. Claude ist ein Mann, der dem Ende seines Lebens zugeht. Dass er seit seiner Kindheit blind ist, hat nicht nur sein Gehör geschärft. Claude schaut hinter die Fassaden, hört die Zwischentöne und geht intuitiv richtig auf die Menschen ein. Er ist ein sehr lieber Kerl, der trotz seines Handikaps ein großes Herz für andere besitzt und jedem Hilfe bietet, der sie sucht oder nötig hat. Alain ist durch Schicksalsschläge zum Obdachlosen geworden, doch bisher fehlt ihm die Kraft, sich aus dieser Situation zu befreien, zumal es ihm auch durch die Gesellschaft schwer gemacht wird, wieder Fuß zu fassen. Carol ist eine sympathische Frau, die sich in ihrer eigenen Ehe immer mehr zurücknimmt, um ihrem Mann zu gefallen und jedem Anlass aus dem Weg zu gehen, seinen Unwillen zu erwecken. Durch die gewalttätigen Exzesse ihres Ehemannes hat sie sich immer mehr in sich zurückgezogen und an Selbstvertrauen verloren. Corentin ist trotz seiner recht hohen Intelligenz ein typischer Teenager, der gern mit Freunden abhängen möchte und sich ausprobieren will. Seine Eltern haben sein Leben für ihn allerdings schon vorausgeplant und ihr Ehrgeiz übt auf Corentin einen großen Druck aus, die Erwartungshaltung erfüllen zu müssen.

„Die Symphonie des Augenblicks“ ist ein wunderschöner Roman über das Leben, die Hoffnung und neue Freunde. Er gewährt dem Leser Einblick in verschiedene Schicksale, wie sie heutzutage überall vorkommen und zeigt auf, wieviel man mit Aufeinanderzugehen, Einfühlungsvermögen und eine helfende Hand viel bewirken kann. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.10.2017

Weihnachtswunder

Bevor die Stadt erwacht
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Das alteingesessene „Walthers“ ist der Inbegriff von Köstlichkeiten in Berlin– Leckereien, die schon liebevoll im Schaufenster platziert werden, verführen zu einem Besuch des Geschäftes ein. Hier arbeitet ...

Das alteingesessene „Walthers“ ist der Inbegriff von Köstlichkeiten in Berlin– Leckereien, die schon liebevoll im Schaufenster platziert werden, verführen zu einem Besuch des Geschäftes ein. Hier arbeitet die alleinerziehende Mutter Amelie als Zweitjob für einige Stunden, nachdem sie in der Nacht schon eine Stelle als Reinigungskraft erledigt hat und bevor sie ihren Sohn Elias zur Schule bringen kann. Und Elias‘ Brief an den Weihnachtsmann muss noch dringend versandt werden. Doch Amelie kann ihn nicht wiederfinden. - Der Musiker und Komponist Sasse lebt allein in einer riesigen Villa, in der er sich verschanzt, um für das Weihnachtskonzert ein Werk zu komponieren. Doch er hasst Weihnachten und vor allem den Weihnachtsmarkt vor seiner Haustür, bei dem Krach kann er nicht denken, geschweige denn Noten zu Papier bringen. Dabei wird es höchste Zeit, denn Weihnachten naht und Sasse hat noch keine Idee. Da helfen auch die Leckereien von Walthers nicht weiter, die er sich gönnt. - Agnes ist verwitwete Rentnerin, die nicht genügend Geld hat, um den Umzug in eine kleinere Wohnung zu finanzieren. Als sich ihre Freundin Marga das Bein bricht und ihre Stelle als Haushälterin bei Herrn Sasse für einige Zeit nicht ausführen kann, bekommt Agnes die Chance, Marga zu vertreten und sich so etwas dazu zu verdienen. Ob Weihnachten dieses Jahr ausfällt oder geschieht noch ein Wunder?

Kerstin Hohlfeldt hat mit ihrem Buch „Bevor die Stadt erwacht“ einen wunderschönen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser genau in die richtige Weihnachtsstimmung versetzt. Der Schreibstil ist flüssig, dabei warmherzig und leise, so dass er direkt mitten ins Herz trifft. Die Örtlichkeiten sind sehr bildhaft beschrieben, allein das Schaufenster von „Walthers“ beschwört Bilder von schokoladigen Köstlichkeiten herauf, bei dem einem das Wasser im Mund zusammenläuft. Die Autorin bedient sich zudem verschiedener Themen wie Migranten, Rentnerdasein, Alleinerziehende sowie Armut, die sie geschickt in ihrer Handlung unterbringt und miteinander verbindet.

Die Charaktere sind wunderschön ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken alle wie aus dem realen Leben aufgrund ihrer verschiedenen Lebenssituationen und gerade das macht sie so authentisch. Amelie ist eine sympathische Frau mit positiver Ausstrahlung. Sie vermittelt Wärme und Zuversicht, obwohl sie vor allen etwas verbirgt, sogar vor ihrem Sohn. Elias ist ein aufgeweckter Junge, der für sein Alter schon recht selbständig ist und sich auch an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen kann. Agnes ist eine echte Berliner Pflanze mit dem Herz am rechten Fleck und einer frechen Schnauze, die jedoch nie verletzt, sondern die Wahrheit offen ausspricht ohne jegliche Schnörkel. Sasse ist ein gesetzter Herr, der von Kindheit an Luxus gewöhnt ist. Er ist sehr eigen und hat nur wenig Verständnis für die Menschen in seinem Umfeld, wähnt er sich doch in anderen Sphären. Doch gerade bei ihm erlebt der Leser eine große Entwicklung innerhalb der Geschichte. Manchmal braucht es einfach Menschen, die einen daran erinnern, was die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind. Auch die anderen Protagonisten wie Agnes‘ Freundinnen, Amelies Arbeitskolleginnen oder die jungen Migranten Moses und Kofi geben der Handlung einen bunten Strauß voller schöner Nebengeschichten, die am Ende zu einem wunderschönen großen Ganzen führen.

„Bevor die Stadt erwacht“ ist ein modernes und warmherzig erzähltes Weihnachtsmärchen, das keines bleiben muss, denn überall könnte es sich zu dieser Zeit so zutragen. Es wäre uns allen zu wünschen, dann wäre die Welt auf einen Schlag um vieles besser, denn: „man hört nur mit dem Herzen gut…“. Hier kann es nur eine absolute Leseempfehlung geben!