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Veröffentlicht am 03.07.2024

Und täglich grüßt der Sexismus

Death. Life. Repeat.
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In "Death. Life. Repeat." von Louise Finch erlebt Spencer wieder und wieder den selben Tag und zwar nicht nur irgendeinen Tag, sondern der erste Jahrestag des Todes seiner Mutter, an dem sein bester Freund ...

In "Death. Life. Repeat." von Louise Finch erlebt Spencer wieder und wieder den selben Tag und zwar nicht nur irgendeinen Tag, sondern der erste Jahrestag des Todes seiner Mutter, an dem sein bester Freund eine Party schmeißt, auf der eine Mitschülerin von einem Auto erwischt wird und stirbt - jetzt muss er den Schlüssen finden, der diese Zeitschleife unterbricht. Spencer und seine Freunde sind das Paradebeispiel für toxische Männlichkeit und Machoverhalten: auf ihre Partys werden möglichst viele Mädchen eingeladen, eine Beziehung braucht es nicht, denn dann kann man jede Party eine andere abschleppen, aber lasst uns nicht vergessen den Mädchen vorab eine "Sternbewertung" zu geben, die ja nicht über 3,5 von 5 hinaus geht und natürlich sinkt, wenn schon mal wer dran war, über Gefühle wird nicht geredet, auf den Partys gibt es möglichst viel Alkohol (Spence hat eindeutig ein schweres Alkoholproblem) - also nicht der sympathische Sunnyboy, der seinem Mädchen jeden Wunsch von den Augen abliest und immer nur ihre Gefühle im Sinn hat, absolut kein "perfect boyfriend"-Material, eher das "mir-wird-schlecht-wenn-ich-noch-mehr-über-dich-erfahre"-Material.
Der Roman spricht nicht nur sehr wichtige Themen an - erstrangig das Männer- und Frauenbild der Gesellschaft -, sondern ist auch fabelhaft geschrieben. Gemeinsam mit der Entwicklung, die Spencer durchmacht, verändert sich auch der Schreibstil. Er beginnt sehr abgehackt und emotionslos und umso näher Spencer der Auflösung des Rätsels kommt und die dunklen Dinge über seinen Freund aufdeckt, umso nüchterner er auch wird, umso klarer, flüssiger und tiefergehender wird auch der Schreibstil. Wenn es auch etwas vorhersehbar ist - nicht alle sind so naiv wie Spencer - ist es ein komplett durchgeplantes und lehrreiches Buch!

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Veröffentlicht am 07.06.2024

Heldinnen-Geschichte

Wir waren nur Mädchen
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"Wir waren nur Mädchen" von Buzzy Jackson erzählt nicht nur die Geschichte des niederländischen Widerstandes während der deutschen Besatzung, sondern auch das beeindruckende Schicksal Hannie Schafts.
Hannie ...

"Wir waren nur Mädchen" von Buzzy Jackson erzählt nicht nur die Geschichte des niederländischen Widerstandes während der deutschen Besatzung, sondern auch das beeindruckende Schicksal Hannie Schafts.
Hannie Schaft stolpert anfangs etwas ungewollt in den Widerstand. Ihr war zwar immer klar, dass sie etwas gegen die Nationalsozialisten tun musste, aber an den Schritt von heimlichen Lieferungen über das Verstecken der jüdischen Freundinnen zu einer der meistgesuchtesten Nazi-Mörderinnen in den Niederlanden, hatte sie wohl selbst von sich nicht erwartet.
Buzzy Jackson erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die bis zum letzten Augenblick Widerstand leistet und ihren Idealen treu bleibt. Die Geschichte einer Heldin, wie sie leider viel zu selten erzählt wird. Eine Heldin, die durchaus auch ihre Weiblichkeit genutzt hat, um ihre Ziele zu erreichen und die nicht für einen Mann sondern für all die starb, die zu Unrecht misshandelt und ermordet wurden. Jackson zeigt auch die vielen Grausamkeiten der Nazis auf, ganz ohne den Blick in ein Konzentrationslager zu werfen, sie zeigt den Wahnsinn auf den Straßen Haarlems und Amsterdams, wie der Terror in das alltägliche Leben geflossen ist. Auch wenn es an manchen Stellen vielleicht etwas zu langatmig wurde, überzeugt das Buch mit einem sehr starken Ende und einer Stimme, die in passender Weise von einem sehr dunklen Kapitel erzählt - nicht reißerisch oder diffamierend - die Worte sprechen für sich.

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Veröffentlicht am 05.05.2024

Wo die Asche blüht

Wo die Asche blüht
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"Wo die Asche blüht" ist Nguyễn Phan Quế Mais zweiter Roman, in dem sie von dem Verlauf und den Auswirkungen des Vietnamskriegs erzählt. Dieses Mal liegt der Fokus auf den bụi đời, den Kindern vietnamesischer ...

"Wo die Asche blüht" ist Nguyễn Phan Quế Mais zweiter Roman, in dem sie von dem Verlauf und den Auswirkungen des Vietnamskriegs erzählt. Dieses Mal liegt der Fokus auf den bụi đời, den Kindern vietnamesischer Frauen und amerikanischer Soldaten. Diese wurden im kommunistischen Vietnam benachteiligt, da sie "Fremde" waren und oft auch Waisen, weil die Mütter sie in ihrer Verzweiflung ausgesetzt haben.
Die Autorin beleuchte dieses Thema, in dem sie die Schicksale mehrerer Personen miteinander verwebt und versucht alle Seiten zu beleuchtet. Da gibt es die beiden Schwestern während des Krieges, die ihren Eltern helfen wollen und nach Saigon gehen, wo sie in einer Bar für amerikanische Soldaten arbeiten, den ehemalige amerikanischen Soldaten, der im Zuge seiner Therapie nochmal nach Vietnam reist und sich dort auf die Sucher nach seiner Frau und seinem Kind macht, und es gibt noch den Amerasier, der sein ganzes Leben den Rassismus der Vietnames:innen zu spüren bekommen hat, der sich mittlerweile ein Leben aufgebaut hat, trotzdem aber versucht nach Amerika ausreisen zu können, was jedoch nicht klappt, wenn er seinen Vater nicht kennt.
Ohne großartig die Moralkeule zu schwingen erschafft Quế Mai ein Bild der vietnamesischen Bevölkerungen und welche Folgen die amerikanische Intervention im Krieg hatte. Als own voice-Autorin scheut sie nicht davor zurück, die westlichen Leser:innen vor ein Buch zu setzen, dass sie vielleicht nicht immer verstehen und das ihnen abverlangt, dass sie sich in eine andere Kultur hineinversetzen müssen. Die Kultur wird gezeigt, aber nicht erklärt. Vietnamesische Namen werden mit den richtigen Sonderzeichen geschrieben und oft werden die vietnamesischen Sätze und Sprichwörter erst durch Dolmetscher:innen im Buch übersetzt. Eine Sache, die andere bestimmt stören würde, die mir aber besonders gut gefällt. Quế Mai ist eine Autorin, die man auf jeden Fall in die Hand nehmen sollte, wenn man etwas über die Geschichte erfahren möchte, die oft ignoriert oder gar verschwiegen wird.

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Veröffentlicht am 10.04.2024

Interessante & schnelle Lektüre

Wir werden jung sein
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"Wir werden jung sein" von Maxim Leo wirft durch seine Handlung große ethische Fragen auf. Was, wenn wir biologisch nicht mehr altern müssten, ewiges Leben erreichen könnten? Wer hätte überhaupt diese ...

"Wir werden jung sein" von Maxim Leo wirft durch seine Handlung große ethische Fragen auf. Was, wenn wir biologisch nicht mehr altern müssten, ewiges Leben erreichen könnten? Wer hätte überhaupt diese Möglichkeit - nur die Reichen und Mächtigen? In diesem Roman ist die biologische Verjüng eine "Nebenwirkung" von neuartigen Herzmedikamenten, die sich noch in der Probephase befinden. Deshalb bekommen vorerst auch nur vier Personen dieses Medikament, ein Jugendlicher mit Herzfehler, eine ehemalige Profischwimmerin, ein in die Jahre gekommener Geschäftsmann und eine junge Frau, die verzweifelt versucht ein Kind zu bekommen. Ihre Herzprobleme lösen sich und auch gegen die biologische Verjüngung spricht zuerst nichts, doch bald tauchen neue Probleme auf.
Maxim Leo hat für seinen Roman sehr viele Charaktere erschaffen, zwischen deren Perspektive von Kapitel zu Kapitel gewechselt wird. Größtenteils sind sie gut gezeichnet und ihr Verhalten verständlich und nachvollziehbar. Die ein oder andere Perspektive hätte man vermutlich weglassen können, ohne viel von der Geschichte zu verlieren, denn bei zu vielen Charakteren ist die Gefahr groß, dass man beim Lesen die Übersicht verliert. Ein weiteres Problem bei zu vielen Charakteren zeigt sich auch gegen Ende des Romans, denn hier fehlt plötzlich die Zeit, den Roman zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen. Handlungselemente folgen viel zu schnell aufeinander und es wirkt übereilt und unstimmig. Während ich es gut finde, dass die großen moralischen Fragen offen bleiben, bleibt trotzdem ein Gefühl der Unvollständigkeit nach dem Beenden des Buches.

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Veröffentlicht am 20.02.2024

Inspirierende Frau

Queen of Fashion
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Ich bin ehrlich: Der Titel "Queen of Fashion" hat mich zuerst abgeschreckt, da ich mit Mode gar nichts am Hut habe. Als ich dann aber gesehen habe, dass es um Vivienne Westwood geht, war mein Interesse ...

Ich bin ehrlich: Der Titel "Queen of Fashion" hat mich zuerst abgeschreckt, da ich mit Mode gar nichts am Hut habe. Als ich dann aber gesehen habe, dass es um Vivienne Westwood geht, war mein Interesse plötzlich geweckt. Über Vivienne Westwood habe ich schon ein bisschen gelesen, als ich eine Seminararbeit über die Punk-Bewegung geschrieben habe und da mich das Thema weiterhin begeistert, konnte ich an diesem Buch nicht einfach vorbeigehen.
Auch wenn es nur im ersten Teil des Buches um Punk geht und die Bewegung hinter dem Erschaffen der Mode und anderen Problemen im Privatleben Viviennes in den Hintergrund rückt, habe ich gerne über Viviennes Leben und ihren Kampf um Anerkennung gelesen.
Ich habe mir kein literarisches oder poetisches Meisterwerk erwartet. Der Schreibstil war angenehm zu lesen, obwohl ab und zu kleine Tippfehler den Lesefluss störten. Die Figuren waren greifbar gezeichnet und die Entwürfe Viviennes waren so beschrieben, dass man sich etwas darunter vorstellen konnte. (Ich habe sie trotzdem immer gegooglet.)
Manchmal wurde das ein oder andere Handlungselement eine Zeit lang vergessen oder gar ganz fallen gelassen (ohne Erklärung), was etwas befremdlich wirkt, wenn Vivienne plötzlich gar keine Gedanken an ihre Kinder verschwendet. Das kann auch daher kommen, dass Zeitsprünge manchmal nicht genau erklärt werden, nicht immer klar ist, welches Jahr ist, wie alt Vivienne oder die Kinder sind... Trotzdem ist "Queen of Fashion" ein solider Roman über eine starke und interessante Frau, die eine Revolution in der Modewelt in Gang gesetzt hat und immer zu ihrer Meinung stand.

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