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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die tiefste Form der Liebe

Wahr
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WAHR
ist, dass dies ein stilles Buch ist. Wer Spannung erwartet ob des angekündigten Geheimnisses wird enttäuscht sein.

WAHR
ist, dass Elsa sterben wird. Sie ist 70 Jahre alt, eine bekannte Psychologin, ...

WAHR
ist, dass dies ein stilles Buch ist. Wer Spannung erwartet ob des angekündigten Geheimnisses wird enttäuscht sein.

WAHR
ist, dass Elsa sterben wird. Sie ist 70 Jahre alt, eine bekannte Psychologin, und es scheint, dass sie alles in ihrem Leben erreicht hat: beruflichen Erfolg und eine Familie. Da sind ihr Mann Martti, ein Maler, ihre Tochter Eleonoora, genannt Ella, eine Ärztin, und ihre Enkelinnen Anna und Maria. Eine heile Welt.

WAHR
ist, dass der Schein trügt. Für ihre Freiheit, als Psychologin Erfolg zu haben, hat Elsa bitter bezahlt. Denn ihr Mann verliebt sich in Eeva, die junge Frau, die Ella als Kind über drei Jahre lang betreute.

WAHR
ist aber auch, dass Elsa die Kraft zum Verzeihen hat und den Mut, die Vergangenheit zu offenbaren. Deshalb ist sie für mich die beeindruckendste Person dieses Romans.

'"Mit einer Entschuldigung bittet man darum, so angenommen zu werden, wie man ist, egal was man getan hat. Und einem anderen zu verzeihen, ist die tiefste Form der Liebe, zu der ein Mensch fähig ist.'"

WAHR
ist, dass sich die junge Autorin mit sehr viel Reife und Respekt den Themen Liebe, Trauer, Leben und Verlust nähert.

"'Das Leben, auch ein glückliches, ist in seinem Vollzug immer schlichter als in den Träumen. Aber es wiegt mehr.'"

WAHR
ist, dass die Liebe im Mittelpunkt des Geschehens steht. Liebe ist vielschichtig. Es gibt kein richtig oder falsch.

"Du kannst von mir nicht verlangen, gemäßigt zu lieben. Da könntest du auch gleich verlangen, dass ich mich in einen Stein verwandle.'"

WAHR
ist, dass keiner der Romanhelden 'vorgeführt' und verdammt wird, sondern die Empfindungen der einzelnen Personen nachvollziehbar dargestellt sind. Eine Wertung überlässt die Autorin dem Leser.

WAHR
ist, dass mir der Wechsel der verschiedenen Erzählzeiten gefallen hat. Eevas Gedanken und Empfindungen lesen wir wie in einem Tagebuch, und auch mit Anna befinden wir uns in der Gegenwart. Dadurch werden gleichfalls die Parallelen zwischen den beiden Frauen offenbart: Beide verlieben sich in verheiratete Männer mit kleinen Töchtern. Beide Männer entscheiden sich für ihre Familien. Beide jungen Frauen leiden sehr darunter.

WAHR
ist, dass ich von der feinfühligen Erzählweise und der zarten und wiederum ebenso intensiven Ausdruckskraft, den ruhigen und poetischen Momenten begeistert bin.

"'Die Beziehungen zwischen Menschen sind wie dichte Wälder. Oder vielleicht sind die Menschen selbst Wälder, in denen sich immer neue Pfade eröffnen. Manche dieser Pfade bleiben nahezu geheim, zeigen sich nur zufällig einem anderen Menschen, der zur richtigen Zeit da sein muss.'"

'WAHR'
ist berührend. Kein Buch für einen Abend. Zwischendurch habe ich es aus der Hand gelegt und darüber nachgedacht.

WAHR
ist, dass ich sehr froh bin, diesen großartigen Roman gelesen zu haben und ich ihn uneingeschränkt empfehlen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das faszinierende Wesen Alma

Das Wesen der Dinge und der Liebe
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Es gibt Romane, die kann man aus der Hand legen, ein paar Tage ruhen lassen und findet sofort den Einstieg wieder. Das mag an der Überschaubarkeit der Handlung und der Personen liegen. Oder aber auch am ...

Es gibt Romane, die kann man aus der Hand legen, ein paar Tage ruhen lassen und findet sofort den Einstieg wieder. Das mag an der Überschaubarkeit der Handlung und der Personen liegen. Oder aber auch am Erzählstil. Auf "Das Wesen der Dinge und der Liebe" trifft jedenfalls beides zu. Allerdings sei hier gleich zu Beginn angemerkt, dass ich es für ausreichend erachtet hätte, den originalen Buchtitel "The Signature of All Things" ohne das Hinzufügen "der Liebe" in der Übersetzung zu verwenden, weil es die Vermutung hervorrufen könnte, es handelte sich um eine Liebesgeschichte. Das ist der Roman von Elizabeth Gilbert - jedenfalls in der sonst üblichen Form - definitiv nicht. Diesbezüglich halte ich auch den Umschlagtext für irreführend. Das Cover spricht mich sehr an. Gelungen finde ich auch die Gestaltung mit Pflanzentafeln, die sich zu Beginn einen jeweiligen Teils des Romans wiederfinden.

Der Roman erzählt vom Schicksal der brillanten Alma Whittaker, Tochter eines verschrobenen englischen Botanikers und einer ehrbaren Holländerin. Alma wird am 5. Januar des Jahres 1800 geboren. Ihr Vater notiert hierzu mit der ihm eigenen willkürlichen Rechtschreibung in seinem Wirtschaftsbuch "Eine ehrbare noia mittreisende ist Zu uns geschtossen". Und da die ersten fünf Jahre ihrer "Mitreise" uninteressant zu sein scheinen, lernt der Leser auf den ersten gut 60 Seiten zunächst Henry Whittaker genauer kennen. Er hat es mit Spürsinn, Geschick und Durchhaltevermögen zu Wohlstand gebracht und kann damit seiner Familie ein sorgenfreies Leben bieten.

Alma ist die Tochter ihres Vaters. Sie sieht nicht nur so aus wie er, nein sie ist genauso klug und robust, störrisch, forsch, rastlos. Von Anbeginn will sie die Welt verstehen und das dafür notwendige Wissen finden. Unermüdlich fragt sie, und sie hat diesbezüglich Glück mit ihren Eltern, die keine geistige Trägheit dulden und den Wissensdurst ihrer Tochter fördern.

Alma wird eine Spezialistin im Bereich der Bryologie, der Erforschung der Moose. Darüber vergehen die Jahre. Sie ist über fünfzig, als Ambrose kennenlernt. Beide verbindet die gemeinsame Leidenschaft für das Wissen, das Bedürfnis, die Funktionsweise der Welt zu verstehen und den Mechanismus des Lebens zu erkennen. Doch Alma ist eine klar denkende Wissenschaftlerin, Ambrose dagegen Künstler, der Orchideen voller empfindsamer Schönheit malt, weil er in ihnen und anderen Pflanzen göttliche Hinweise über ihr Wesen sieht und sich wünscht, ein Engel Gottes zu sein. Dem kann Alma nicht folgen. Trotzdem bleibt sie stets weiter auf der Suche nach dem Wesen der Dinge und gelangt wie Charles Darwin und Alfred Russel Wallace zu ihrer eigenen Theorie über die Umbildung der Arten. Am Ende ihres Lebens ist sie, die nie etwas anderes kennenlernen wollte als die Welt, glücklich...

Ich mochte Alma, deren Namen im Spanischen/Portugiesischem die Bedeutung von Seele, Geist oder auch Verstand hat, von Anfang an. Diese ungewöhnliche Person, die eben mit einem ausgezeichneten, intelligenten, präzisen Verstand ausgestattet ist, deren Kopf zwar nicht schön, aber vollgestopft mit Wissen ist, das sie aufsaugt wie ein Moospolster. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass sich der Roman nicht nur eine bildhafte Sprache auszeichnet, sondern sich auch philosophische Momente entdecken lassen und vor allem eine warmherzige, humorvolle Ausdrucksweise findet. Hier ein Beispiel, ein Gespräch zwischen Alma und der Hanneke de Groot, der holländischen Hauswirtschafterin:

"Jeder Mensch erlebt Enttäuschungen, Kind...
Mir ist durchaus bewusst, dass jeder Mensch Enttäuschungen erlebt, Hanneke...
Da bin ich mir nicht so sicher. Du bist noch jung, deshalb denkst du nur an deine eigene Person Du merkst nichts von den Kümmernissen anderer... Die Jugend ist nun einmal selbstsüchtig... Schade, dass wir einen alten Kopf nicht auf junge Schultern setzen können, dann wärest du jetzt schon klug. Irgendwann wirst du freilich verstehen, dass niemand imstande ist, ohne Leid durchs Leben zu gehen - wie auch immer du das vermeintliche Glück der anderen einschätzen magst...
Aber was tun wir mit unserem Leid?...
Nun Kind, mit deinem Leid kannst du tun und lassen, was du willst...Es gehört dir. Doch ich will dir sagen, was ich mit meinem tue. Ich packe es an den Haaren, werfe es zu Boden und zermalme es unter den Absätzen meiner Stiefel. Ich schlage vor, dass du lernst, es genauso zu halten."

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Schaut... auf die Stadt! Dort liegt Berlin."

Das Mädchen aus Bernau
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"Pass ma uff Keule. Berliner sin nett untananda und ooch zu ihre Jäste"_, hätte es vielleicht im 14. Jahrhundert gut heißen können, wenn es denn die Berliner Kodderschnauze schon gegeben hätte, die manch ...

"Pass ma uff Keule. Berliner sin nett untananda und ooch zu ihre Jäste"_, hätte es vielleicht im 14. Jahrhundert gut heißen können, wenn es denn die Berliner Kodderschnauze schon gegeben hätte, die manch empfindliche Ohren und Wesen heute als etwas derb und plautzig wahrnehmen und sich daher eingeschüchtert fühlen. Doch im Gegensatz zum Ruf des Berliners, unfreundlich, rücksichtslos, ruppig und rechthaberisch zu sein, meint der Berliner es meist aber nicht so, wie es vorne rauskommt. Denn im Grunde haben die Berliner immer ein großes Herz, das sie auf der Zunge tragen. Und das trotz ihrer schnoddrigen Art und entwaffnenden Direktheit. Denn die "große Klappe" ist eigentlich nur der Ausdruck ihrer (angeborenen) Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe. Statt langatmig und arglistig um den Brei herumzureden, wird einfach gesagt, wie es ist, quasi Tacheles geredet.

Mit diesem Bild eines Berliners vor Augen, der kein Blatt vor den Mund nimmt und diesen noch unverhältnismäßig weit aufreißen kann, begeben wir uns 1325 mit der Bernauer Familie Harzer mitten hinein in die lebendige Doppelstadt Cölln-Berlin, die aus zwei jungen aufstrebenden Metropolen besteht, die sich zu beiden Seiten der Spree, im heutigen Stadtbezirk Mitte, aus zwei Kaufmannssiedlungen entwickelten. Da die Lage am Spreeübergang und Schnittpunkt bedeutender mittelalterlicher Handelsstraßen günstig war, nahmen beide Städte innerhalb kurzer Zeit einen schnellen Aufschwung und bildeten 1307 eine Union.

Über 400 Jahre existierten beide Städte in enger Abstimmung und Zusammenarbeit parallel nebeneinander, bevor sie sich 1709/1710 auf Befehl des preußischen Königs Friedrich I. unter Einschluss der weiteren Städte Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur Residenzstadt Berlin vereinigten.

In der Doppelstadt brodelt es. Ludwig der Bayer und Papst Johannes XXII. streiten darum, wem die Kaiserkrone zusteht. Davon bekommen Magda, "Das Mädchen aus Bernau", und ihre drei Brüder Lenz, Utz und Diether sowie der Großvater zunächst nicht viel mit. Sie haben eigene Sorgen. Als Bierbrauer waren sie in Bernau angesehen, nun versuchen sie nach einigen Schicksalschlägen einen Neustart als Händler am Alten Markt. Doch Utz, den es mit aller Macht zu den Kaufleuten zieht, hat sich übers Ohr hauen lassen, und sie bekommen kein Standrecht. Bis auf Magda versinken die sonst so arbeitsamen Männer sämtlichst in Resignation. Erst als sie sich auf ihr Können, das Brauen von Bier besinnen, geht es aufwärts. Und mit Thomas scheint es auch die Liebe in Magdas Leben wieder zu geben. Währenddessen wird die Stimmung immer gereizter und zusätzlich durch Nikolaus, den Probst von Bernau, mittels seiner bedrohlichen menschenfeindlichen Predigten angeheizt. So kommt es zum Eklat, die Wut der Bevölkerung entlädt sich, und Nikolaus findet vor den Toren der Marienkirche den Tod.

Gekonnt verwebt Charlotte Lyne historische Ereignisse mit den handelnden Personen und lässt die Zeit des Geschehens so bildhaft vor dem Auge erstehen, dass man meint, dabei zu sein. Dazu ist zum einen auch die Karte aus dem 14. Jahrhundert, die den Umschlag innen ziert, hilfreich. Viele Straßen, Plätze und Bauwerke gibt es immer noch, so dass man sich mit ein wenig Kenntnis des heutigen Berlins in der Doppelstadt des 14. Jahrhunderts gut zurechtfindet. Zum anderen verschafft einem die Autorin mit ihrer feinfühligen und ausdrucksvollen, fernab von Klischees gewählten Sprache eine vorstellungsintensive Teilnahme nicht nur am Leben der Menschen unter zum Teil widrigen Umständen, sondern ebenso an ihrem Handeln, Denken und Fühlen, so dass man sich zugehörig fühlt und bereits beim Lesen bedauert, sich irgendwann von den lieb gewonnenen Personen verabschieden zu müssen.

Mir werden sie deshalb alle fehlen: Opa Harzer, dessen Versuch, seine Enkel zu lebenstüchtigen Menschen zu erziehen, nicht in Gänze gelungen, der jedoch immer noch zu Einsichten fähig ist. Diether, den ich trotz seiner Eskapaden schnell ins Herz geschlossen habe. Denn einer, der an sich zweifelt und der Meinung ist, zu nichts zu taugen, weil es es mit Schlägen und Schelte fast täglich belegt bekommt, kann schon dumm und unüberlegt handeln. Doch wenn in so einem Menschen ein guter Kern steckt, der nur freigepellt werden muss, ist er nicht verloren. Nicht vergessen werde ich den "Drachentöter" Hans, der für Freunde auch in die Bresche springt, wenn sie ihm ein X für ein U vormachen wollen, der vorlaute Petter, der wie ein echter Berliner gern mit dem Mund vorneweg ist, aber trotzdem zu seinem Wort steht, und all die anderen, die wie Pech und Schwefel zusammenhalten, füreinander einstehen und Berlin zu etwas Besonderen machen (werden). Sie haben das Zeug dazu, den Mut und die Hingabe, etwas Neues schaffen zu wollen...

Natürlich werde ich auch Thomas vermissen, dieses kraftstrotzende Mannsbild, das ein Erdrutsch in Mönchskutte ist, das sich schon mal in die Hand beißen lässt und dann trotzdem die Schönheit des Mädchens rühmt und sie küsst. Dessen Augen manchmal wie eine Laute schlagen, und in dessen Wimpern sich ein Funkeln verkriecht.

Vor allem aber werde ich Sehnsucht nach Magda haben, diesem würzschönsten, krautstämmigen, auf guter Brandenburger Erde gewachsenen Mädchen mit ihrem eindrucksvollem Mut und ihrer beachtlichen unversiegbaren Hoffnung, deren bescheidener Wunsch es ist, dass ihre Familie zusammen ist, dass sie es alle warm beieinander haben und dass über dem Feuer stets ein Topf hängt, in dem dicke Erbsen für den Abend köcheln, und die zupackt und nicht viel Gedöns darum macht, die von Innen strahlt und einfach das Herz auf dem rechten Fleck hat. Eine Berlinerin eben...

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hexenliebe

Hexenliebe
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Marita Spang hat sich für ihren Debütroman kein neues Thema gewählt: die Hexenverfolgung. Allerdings schuf sie mit "Hexenliebe" ein Werk, dem es gelingt, den Leser in seinen Bann zu ziehen und im Gedächtnis ...

Marita Spang hat sich für ihren Debütroman kein neues Thema gewählt: die Hexenverfolgung. Allerdings schuf sie mit "Hexenliebe" ein Werk, dem es gelingt, den Leser in seinen Bann zu ziehen und im Gedächtnis zu bleiben.

Auf dem Cover ist eine junge Frau zu sehen. Sie hat ein hübsches, offenes Gesicht, doch liegt auch der leichte Schimmer eines Lächelns in ihren Augen. Sie trägt ein prächtiges Kleid im herrschenden Barockstil des ersten Drittel des 17. Jahrhunderts und edlen Schmuck. Also ist sie aus gutem Hause, eine Adlige:

Claudia von Leuchtenberg. Eine außergewöhnliche junge Frau. Intelligent, aufrichtig, mitfühlend, aber durchaus auch scharfzüngig und manchmal etwas unbeherrscht. Sie pflegt eine Freundschaft zur bürgerlichen Barbara Dietz, obwohl beide sowohl unterschiedlichen Standes als auch Charakters sind. Denn während sich Claudia in der Zeit ihres gemeinsamen Klosteraufhaltes auf Grund ihrer Klugheit die Wissenschaften erschließt, sieht Barbara ihre Bestimmung in einem gemütlichen Heim mit Mann und Kindern, weswegen sie hausfrauliche Tugenden beherrscht, für die Claudia keinerlei Geschick aufzubringen vermag. Diese Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt, als 1612 in der Heimat der beiden Frauen, in der Eifelherrschaft Neuerburg, der Hexenwahn beginnt, der vor niemandem, nicht einmal vor Priestern, Halt zu machen scheint...

Die Autorin hat einen ausgefeilten und gekonnten Schreibstil, der so manches bildhaft vor Augen führt und deutlich die Gefühle der Menschen transportiert. Dadurch gelingt es, Sympathien oder Antipathien auf die entsprechend Personen zu verteilen und mit ihnen schnell vertraut zu werden.

Neben der selbstbewussten Claudia, die über einen messerscharfen Verstand verfügt...

"Alles wird besser beim zweiten Versuch. Vielleicht war Adams Rippe das Einzige, mit dem Gott so zufrieden war, dass er sie beider Schöpfung des Weibes ein zweites Mal nutzte. Den Rest erschuf er neu und vollkommener." (Seite 125)

... und damit in der Lage ist, einen religiösen Disput mit dem Burgkaplan Bernhard Josten zu führen, dem es selbst tatsächlich an einer Geistesgabe wie Klugheit mangelt, ihrer Freundin Barbara, die ein gutes Herz und Verhältnis zu ihrem Vater, dem Bürgermeister, hat, mit dem sie Dinge besprechen kann und durch den sie Rat und Unterstützung erfährt, stehen unterschiedliche Menschen im Mittelpunkt des Geschehens:

Sebastian de la Val, der auf Grund eines Arrangements seines Vater mit Barbara verlobt wird, jedoch beginnt, der ihm geistig ebenbürtigen Claudia Gefühle entgegen zu bringen. Ein Mann, der die Rechte studiert und im Laufe seiner Studien die Erkenntnis gewonnen hat, dass es überhaupt keine Hexen und Zauberer gibt. Der der Meinung ist, dass die Geschichten über Hexensabbat und Teufelsbuhlschaft zu gleichen Teilen auf den schmutzigen Phantasien des "Hexenhammers" und den unter der Folter erpressten Geständnissen beruhen.

Magdalena Pirken, die ehemalige Amme von Barbara, die als heilkundige Kräuterfrau den Menschen in ihrem Umfeld so manchen Mal Gutes getan hat, gleichwohl aber nun - verursacht von deren Aberglauben und Missgunst - zur Hexe stigmatisiert wird. Insbesondere bei ihrer ungerechten und demütigenden Behandlung habe ich empfindsam reagiert. So lässt einen die Autorin unter anderem an der entwürdigenden Leibesvisitation durch den lüsternen Hexenkommissar Pergener teilhaben. Nicht nur in diesem Fall sind die Hilf- und Machtlosigkeit der Menschen, sich gegen falsche Vorwürfe zur Wehr zu setzen, spürbar, weil offensichtlich ist, dass hier weniger die Fragen des Glaubens, sondern mehr Fanatismus, Machtausübung, Missgunst und Gier neben der Unwissenheit und ja auch Dummheit des einfachen Volkes eine Rolle spielen. Das verursacht Gefühle wie Aufregung, Empörung, sogar Wut.

Natürlich - so soll es in einer Geschichte sein, wachsen einem die Guten ans Herz. Dabei vergisst Marita Spang jedoch nicht, diese mit Fehlern zu versehen, die sie erst menschlich machen.

Zu den perfiden Gestalten, die die Autorin ersonnen hat, gehören neben dem bereits erwähnten Hexenkommissar Pergener weitere "Typen" wie Caspar Scholer, dessen hinterhältige und brutale Machenschaften viel Leid und Unglück verursachen.

Auch einige weibliche Personen haben es auf die Liste der "Bösen" geschafft, wobei insbesondere die schlaue, intrigante und tatsächlich als Hexe zu bezeichnenden Kusine Claudias, Adela, die größtes Unbehagen nicht nur bei Menschen ihrer Umgebung hervorruft, erwähnt sei.

In ihrem nicht nur vom Aberglauben geprägten Hexenwahn verlieren die Menschen jegliches Unrechtsbewusstsein und lassen es an Mitgefühl mangeln.

Und doch gibt es sie, die selbstlose Liebe der "Hexe". Dafür legt Marita Spang mit diesem Buch ein eindrucksvolles Beispiel vor.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Buch für jedes Tier

Buchtiere
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Dass es Leseratten und Leseeulen gibt, wusstet ihr sicher schon. Aber kennt ihr "Buchtiere"? Nein? Dann will ich sie euch hier mal vorstellen. Denn Waldemar Mandzel hat es geschafft, einige Buchtiere aufzuspüren. ...

Dass es Leseratten und Leseeulen gibt, wusstet ihr sicher schon. Aber kennt ihr "Buchtiere"? Nein? Dann will ich sie euch hier mal vorstellen. Denn Waldemar Mandzel hat es geschafft, einige Buchtiere aufzuspüren. Was ihnen allen gemeinsam ist, dass sie sich ebenfalls gern mit Büchern beschäftigen. Ihr werdet staunen...

Da haben wir zum Beispiel den Falter Frederik, der ganz angetan von Romanen ist, die ihn zu einem glücklichen Wesen machen. Neben Blütennektar, versteht sich.

Jaguar Jan-Waldemar folgt immer seinem Jagdinstinkt. Und so ein Buch scheint durchaus verlockend zu sein, aber eher zum Lesen als zum Fressen.

Maulwurf Maximilian ist trotz seiner schwachen Augen ein wahrer Schnellleser. Ist ein Buch ausgelesen, wandert es flugs zu den anderen ans Tageslicht. Es hat schon seine Vorteile, wenn das "Haus" unterirdisch liegt...

Klar gibt es auch noch welche, die die Bücher nur zum Fressen gern haben. Alligator Al-Ali, Gänsegeier Guiseppe oder Haushuhn Hilde, das nie lesen gelernt hat, gehören zu diesen eher rabiateren Buchtieren. Doch um sie kennenzulernen, müsst ihr selbst zum "Buchtier" werden und euch das Büchlein besorgen.

Wenn ihr es dann in den Händen haltet, lernt ihr sie alle kennen. Waldemar Mandzel hat für jeden Buchstaben des Alphabets ein Buchtier gefunden, ein paar gereimte Zeilen ersonnen und das passendes Bild gezeichnet (oder vielleicht hat er zuerst gemalt und dann gereimt). Jedenfalls sind die Reime nicht nur humorvoll und verführen zum Schmunzeln, sie bergen auch oft einen tieferen Sinn.

Beispielsweise, wenn sich der Orang-Utan seine Gedanken darüber macht, was das Überleben des Urwalds betrifft und damit auch das seinige.

Die Zeichnungen lassen die Feder eines erfahrenen Illustrators und Karikaturisten erkennen, sind insgesamt fröhlich und geistreich, realitätsnah und wohltuend entfernt von bunten Bildchen. Sie sprechen Kinder und Erwachsene gleichermaßen an und passen bestens zum Inhalt der zum Nachdenken durchaus anregenden Reime.

Ein Buch, das nicht nur Lesenden Spaß macht, sondern das auch Leseanfängern unterhaltsam das ABC vermittelt.