Kindisch und klischeehaft
Disclaimer: Ich habe dieses Buch als Hörbuch angehört. Evtl. hat das meine Bewertung etwas beeinflusst.
Ursprünglich habe ich das Buch zum ersten Mal in der Buchhandlung gesehen und es ist mir durch das ...
Disclaimer: Ich habe dieses Buch als Hörbuch angehört. Evtl. hat das meine Bewertung etwas beeinflusst.
Ursprünglich habe ich das Buch zum ersten Mal in der Buchhandlung gesehen und es ist mir durch das echt hübsche Cover aufgefallen. Der Klappentext klang aber wie jedes x-beliebige Academy-Buch, also hab ich es nicht gekauft.
Das zweite Mal bin ich über die Social Media Seite der Autorin darauf gestoßen, die es angepriesen hat, als ein realistisches Pferdebuch mit Romance, das man, obwohl es YA ist, auch als Erwachsener hervorragend noch lesen kann.
Das war für mich eine Überraschung - aus dem Klappentext ging für mich nicht hervor, dass Pferde eine große Rolle spielen würden und ich hätte es eher für Dark Academia oder Mystery, vielleicht sogar Fantasy gehalten. Absolute Fehlanzeige. Pferderomanze in YA hätte ich niemals erwartet.
Riesiger Minuspunkt an das Marketing-Team.
Mit der Beschreibung der Autorin hat es mich somit deutlich mehr angesprochen und ich hab mich kurzerhand entschieden, es einfach mal auszuprobieren.
Naja, was soll ich sagen. Vielleicht hätte ich es doch lassen sollen.
Ach du Schande. Das war mein erster Gedanke, nachdem ich gerade mal die ersten fünf Kapitel angehört hatte. Wie klischeehaft kann ein Buch sein? Gegen das ein oder andere Klischee hab ich wirklich nichts, aber hier war es eins nach dem anderen.
Angefangen mit der Handlung. Wirklich nichts besonderes. Was mich daran am meisten gestört hat, war, dass die eigentliche Handlung ungefähr in den letzten fünf Kapiteln erst vorkommt. Natürlich nur, damit es einen schönen Cliffhanger geben kann. Warum wurde das nicht schon viel früher angedeutet? Also, gewissermaßen wurde es das, aber auf eine Art und Weise die mich absolut kalt gelassen hat. Somit war es mir am Ende dann auch egal. Und der Cliffhanger war für mich ganz offensichtlich nur noch ein Stilmittel, damit die Leser auf jeden Fall weiterlesen - weil ganz ehrlich, einen anderen Anreiz dafür hab ich in diesem Buch nicht gefunden.
Und alles, was in der ersten Hälfte des Buchs relevant war, wurde gegen Ende einfach vergessen. Klar, damit sollen die späteren Bände noch gefüllt werden, aber ich hasse so etwas. Wenn etwas wichtig ist, kümmert man sich gleich drum, oder man lässt es von vornerein solange im Hintergrund, bis es relevant wird. Man tut nicht so, als wäre es die gesamte Handlung, nur um sich plötzlich um 180° zu drehen.
Was das Setting des Elite-Internats angeht - noch so ein Klischee. Mag ja sein, dass es solche Schulen gibt, aber es war ziemlich übertrieben dargestellt. Dazu hat Louisa natürlich keine Ahnung, wie ihr Wohngebäude aussieht, weil sie ihre Schule im gesamten Bewerbungsverfahren scheinbar noch nie gegoogelt hat und sich nicht vorstellen kann, wie ein exklusives Internat aussehen könnte. Weil natürlich beschäftigt man sich nicht mit dem Ort, an dem man womöglich die nächsten Jahre leben wird.
Sie selbst ist logischerweise komplett anders, als die anderen, weil sie ja eine Stipendiatin ist und sich wirklich für das Pferdewohl interessiert und keine Ahnung von Mode hat und in jedes Fettnäpfchen tritt und gar nicht reich und berühmt sein möchte.
Aber von Anfang an denkt sie, dass sich alles nur um sie dreht und kann es nicht akzeptieren, wenn jemand kein Interesse an ihr hat.
Spannenderweise haben die anderen Schüler aber zum größten Teil tatsächlich nichts anderes als Gossip im Kopf - man sollte ja meinen, dass es auf so einem Internat wichtigeres gibt, aber gut.
Auch sonst sind die anderen Schüler unglaublich klischeehaft. Von den reichen Zicken, die auf sie herabschauen und ihr das Leben zur Hölle machen wollen, bis hin zu den attraktiven Typen, die ihr entweder hinterherrennen oder grundlos unhöflich sind.
Dafür, dass das Internat so großartig ist, ist es übrigens richtig seltsam. Teilweise hab ich mich wirklich gefragt, wie so etwas legal sein kann und in was für einer Sekte Louisa da gelandet ist, aber komischerweise wurde das seltsame Verhalten von kaum jemandem hinterfragt. Nicht nur, dass sich die ganzen Schüler wie eine Mischung aus Kindergarten und Untergrund benehmen, die Schulleitung spielt scheinbar noch komplett unbekümmert mit.
Was den Teil der Handlung um die Pferde angeht - ich weiß es zu schätzen, dass die Autorin sich offensichtlich mit Pferden auskennt und das auch zeigt. Ihrem Social Media Account nach, hat sie wirklich Ahnung und kann etwas. Aber was das Buch angeht... realistisch würde ich es nicht wirklich nennen. Dafür, dass Louisa so eine großartige und einfühlsame Reiterin ist, die ein Reiter-Stipendium erhalten hat, kann sie irgendwie relativ wenig und hat überraschend wenig Ahnung von Pferden. Noch nie den Begriff Working Equitation gehört, unfassbar beeindruckt, von einer simplen Freiheitsdressur, obwohl sie mit ihrem eigenen Pferd das angeblich sogar auch schon ausprobiert hat? Haut für mich alles nicht ganz hin.
Was Theo angeht - ich bin ja wirklich ein Fan von alternativen Methoden beim Reiten, aber das ist auch keine Zauberei. Theos Ritte ohne Sattelzeug klangen etwas zu übertrieben. Vom Aufwärmen hat er scheinbar auch noch nie was gehört. Und dass Freiheitsdressur etwas ist, was auch ein Pferd nicht sofort perfekt kann, sondern erst lernen muss - davon merkt man in diesem Buch wenig. Denn natürlich funktioniert alles sofort, wenn man nur die richtige Verbindung zu einem Pferd hat und die richtige Einstellung.
Somit weiß ich wirklich nicht, für welche Zielgruppe dieses Buch gedacht ist. Für Leute, die mit Pferden nichts zu tun haben, ist der Schwerpunkt wahrscheinlich viel zu groß gesetzt. Für Reiter*innen - naja. Wie gesagt, realistisch heißt für mich etwas anderes.
Was den YA-Anteil angeht - ich lese wirklich viel YA. Ich habe kein Problem mit jüngeren Charakteren. Aber dieses Buch fand ich richtig anstrengend. Vielleicht hätte ich es mit 13 richtig großartig gefunden - aber in meinem jetzigen Alter fand ich es furchtbar. Und wie gesagt, das von jemandem, der wirklich viel YA liest.
Louisa und eigentlich alle ihrer Mitschüler sind unfassbar kindisch. Eine schlechte Entscheidung nach der anderen, Kommunikation scheint ein Fremdwort zu sein. Sie stellt sich taub gegen jeden guten Ratschlag, teilweise einfach nur aus Prinzip (und das ist mein voller Ernst). Egal, ob man gestresst ist und andere Gedanken hat, so benimmt man sich doch nocht!
Dafür, dass ihr die Schule so unfassbar wichtig ist, lässt sie sich außerdem ziemlich leicht davon ablenken. Kaum schaut ihr ein gutaussehender Typ hinterher, vergisst sie, wie man atmet (auch das ist nicht wirklich eine Übertreibung).
Ich hatte mehrere Rezensionen gelesen, in denen Louisas reifes Verhalten gelobt wurde und muss mich wirklich fragen, ob wir hier das gleiche Buch gelesen haben. Für mich klang sie nicht wie eine 17-jährige, sondern hätte sehr gut 13 sein können. Über ihr Verhalten habe ich mich einen großen Teil des Buches über einfach nur aufgeregt.
Was das Ende angeht - es wurde einfach nur lächerlich. Als das große Finale kam und alles unfassbar dramatisch werden sollte, konnte ich einfach nicht aufhören, darüber zu lachen, wie unrealistisch das alles ist. Wie aus einem schlechten Film. Und das passt wiederum gar nicht in dieses scheinbar so realistisch aufgebaute Internat.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass das hier immer noch das Elite-Internat voller reicher Promi-Kinder ist, die die besten Anwälte aus der Tasche ziehen könnten.
Ein gewisser Mystery-Aspekt kommt durchaus in die Handlung, aber ich glaube nicht, dass mich die Auflösung davon in einem späteren Buch überraschen wird. Einige Punkte wurden offen gelassen - ich lege keinen großen Wert darauf, sie weiter zu verfolgen.
Was ich dem Buch lassen muss - zwischendurch gab es durchaus ein paar Szenen, die mir echt gut gefallen haben, schön geschrieben und nicht ganz so klischeehaft waren. Eine Vollkatastrophe war es nicht. Zwischendurch hab ich sogar beinahe noch 4 Sterne in Erwägung gezogen, aber mit Hinblick auf das Ende kann ich nicht mal mehr 3 verantworten.
Vielleicht hätte ich das Buch besser gefunden, wenn ich es gelesen und nicht angehört hätte - Hörbücher mag ich wirklich nicht. Und wie gesagt, mit 13 hätte es mir womöglich richtig gut gefallen. Evtl. waren meine Erwartungen auch einfach zu hoch.
Insgesamt kann ich aber nur sagen, dass es furchtbar unrealistisch und klischeehaft ist. Ich habe aktuell wirklich kein Interesse daran, mir den zweiten Band auch noch anzutun.