Klagelied einer verlorenen Liebe
BleibWie schon so oft wollten die Erzählerin S. und ihr Geliebter M. wieder ein romantisches Wochenende in einem abgelegenen Chalet am See in den Bergen verbringen. Doch diesmal sollte es anders kommen, M. ...
Wie schon so oft wollten die Erzählerin S. und ihr Geliebter M. wieder ein romantisches Wochenende in einem abgelegenen Chalet am See in den Bergen verbringen. Doch diesmal sollte es anders kommen, M. verstirbt völlig unerwartet und S. bleibt voller Verzweiflung mit ihrem Schmerz zurück. Nein, sie ist nicht bereit ihren Geliebten gehen zu lassen, solange sie ihn sieht ist er für sie noch da. Sie lebt mit ihm, redet mit ihm, schläft bei ihm und setzt seinen Leichnam nach einigen Tagen ins Auto, um mit ihm ein letztes Mal eine Fahrt an die Orte zu unternehmen, die sie beide so sehr geliebt hatten. Nebenbei schreibt sie Briefe, in denen sie über die große Liebe zwischen ihr und M. erzählt, an eine Person, von der sie hofft, dass sie ihren Schmerz verstehen kann – an M.s ahnungslose Ehefrau.
Adeline Dieudonné, geb. 1982 in Brüssel, ist eine belgische Schriftstellerin, Filmproduzentin und Theaterschauspielerin. Sie lebt mit ihren beiden Töchtern in Brüssel.
Eine beklemmende Geschichte, die uns die Autorin hier präsentiert. Sie überlässt das Erzählen der Hauptfigur, deren Namen (S.) wir nur einmal als Signatur am Ende des letzten Briefes erfahren. Realistisch ist diese ungewöhnliche Handlung nicht, sondern erinnert eher an ein Schauermärchen oder einen wilden Traum. Spannung erhält das Geschehen weil man ahnt, dass es nicht gut ausgehen kann und man deshalb dem Ende bzw. einer Lösung entgegen fiebert. Außer der Protagonistin, in deren Gedanken und Gefühle man tief eintauchen kann, werden die anderen Charaktere nicht differenziert ausgeleuchtet.
S. blickt zurück auf vorangegangene Beziehungen, auf Männer die sie verletzten und missbrauchten, und auf ihre Liebe zu M., bei dem sie erstmals das Gefühl hatte, akzeptiert zu werden und selbstbestimmt leben zu dürfen. Dass sie dies alles, einschließlich intimster sexueller Handlungen mit M., an dessen ahnungslose Ehefrau schreibt ist nur so zu erklären, dass sie ihren großen Schmerz mit jemand teilen will, der ähnlich wie sie fühlen muss. Was die Betrogene dabei empfindet, bleibt leider außen vor.
Fazit: Es braucht starke Nerven und ein robustes Gemüt, um diese Geschichte zu verdauen, bei der die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Meine Leseempfehlung!