Gruß aus der Küche
Die 40jährige Irma führt ein vegetarisches Gasthaus. Der dorfbekannten „Zum Hirschen“ hat sie dazu in „Aubergine“ umgetauft und trägt fortan immer ein dazu passendes Kostüm, wenn sie den Gastraum betritt. ...
Die 40jährige Irma führt ein vegetarisches Gasthaus. Der dorfbekannten „Zum Hirschen“ hat sie dazu in „Aubergine“ umgetauft und trägt fortan immer ein dazu passendes Kostüm, wenn sie den Gastraum betritt. Aber auch ihre Mitarbeiter sind so kurios wie selten. Die 17jährige Schulabbrecherin Lucy, die nach ihrem Platz in der Gesellschaft sucht und sich dabei in den 32jährigen Weltenbummler und Kellner verliebt. Die Hilfsköchin und beste Freundin von Irma, die viel tratscht und dabei immer gestresst wirkt. Sowie der 80jährige Gemüsemann, der beim Gemüseschneiden hilft und von dem alle glauben, er wäre taub und senil.
Sie alle sorgen dafür, dass das „Aubergine“ seine Gäste mit leckeren Gerichten versorgen kann. Was aber, wenn einer mal aus der Reihe tanzt?
Das Buch ist mit seinen 304 Seiten auf recht kleinem Format nicht gerade umfangreich und doch steckt mehr drin als gedacht. Ingrid Noll beschreibt jeden ihrer Charaktere mit seinen Eigenarten nicht nur, sondern lässt sie diese auch ausleben. Das spürt man deutlich auch an der Wortwahl, dem Satzbau und nicht zuletzt am Verhalten. Damit dies auch gelingt, gerade bei den jüngeren Protagonisten, hat sich Ingrid Noll Hilfe geholt, Personen befragt und ihre Enkel testlesen lassen. Die Jugendsprache ist immerhin nicht ohne für eine fast 90 jährige Autorin.
Die Geschichte an sich trägt sich fort, es gibt einen Lesefluss, der mich mitnahm, was auch an der wohlgefeilten Sprache von Ingrid Noll lag. Und dennoch fehlte mir etwas. Ich hatte mich auf einen Krimi eingestellt und diesen suchte ich. Die letzten Seiten, die etwas zügiger erzählt wurden, bekamen ein wenig Krimiflair, doch der Hauptteil ähnelt mehr einer Alltagsgeschichte, die etwas verzwickt, aber durchaus plausibel in einem Gasthaus hier um die Ecke spielen könnte.
Fazit:
Ein unterhaltsames Buch mit sehr facettenreichen Protagonisten, bei dem man sich eingeladen fühlt, Teil der Gemeinschaft zu werden und wo – zumindest ich – gerne einmal Gast im Restaurant gewesen wäre.