Die Mitford Schwestern
Die Mitford SchwesternZwischen den Weltkriegen dominieren die sechs Mitford-Schwestern die politische, literarische und gesellschaftliche Szene Englands – eine schöner, brillanter und exzentrischer als die andere. Als Diana ...
Zwischen den Weltkriegen dominieren die sechs Mitford-Schwestern die politische, literarische und gesellschaftliche Szene Englands – eine schöner, brillanter und exzentrischer als die andere. Als Diana sich von ihrem wohlhabenden Ehemann scheiden lässt, um einen faschistischen Führer zu heiraten, und ihre Schwester Unity ihr bis nach München folgt, gerät das Familiengerüst ins Wanken. Es geht das Gerücht um, dass Unity Mitford Hitlers Geliebte sei.Während die Nazis an Macht gewinnen, wird die Schriftstellerin Nancy Mitford misstrauisch gegenüber den ständigen Besuchen ihrer Schwestern in Deutschland. Als sie beunruhigende Gespräche belauscht und verräterische Dokumente entdeckt, muss Nancy eine schwere Entscheidung treffen, während Großbritannien in den Krieg gegen Deutschland zieht.
Als ich zum ersten Mal den Titel "Die Mitford Schwestern" hörte, erinnerte ich mich an den Namen Mitford, den ich zuvor schon gehört hatte. Vor dem Lesen des Romans recherchierte ich über die Schwestern, die zu den "Bright Young Things" gehörten – einer Gruppe von Aristokratinnen und Künstlerinnen, die das gesellschaftliche Leben in London prägten. Diese Schwestern verkörperten die Exzentrik und den Glamour der 1920er Jahre und waren in zahlreiche Skandale verwickelt, was sie zu einem Medienphänomen machte.
Der Roman konzentriert sich auf das Leben von drei der Schwestern: Nancy, die älteste, war nicht nur Schriftstellerin und Journalistin, sondern auch eine kritische Stimme in einer Zeit des politischen Umbruchs. Diana, das strahlende Zentrum der englischen High Society, heiratete den Brauereierben Bryan Walter Guinness, bevor sie sich Sir Oswald Mosley zuwandte, einem prominenten Faschisten. Unity hingegen war eine glühende Verehrerin Hitlers und reiste im Alter von 20 Jahren nach München, wo sie Hitler persönlich traf. Der britische Geheimdienst beschrieb sie als „mehr Nazi als die Nazis“.
Die weiteren Geschwister – Jessica (Decca), Tom, Pamela und Deborah – werden leider nur am Rande erwähnt.
Marie Benedict schildert das Leben der Familie Mitford zwischen den beiden Weltkriegen und in den ersten Kriegsjahren. Nancy wird vom Ehemann ihrer Cousine, Winston Churchill, gebeten, mehr über die Beziehungen ihrer Schwestern Diana und Unity zu Hitler herauszufinden. Die Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt: Nancy als Ich-Erzählerin und die Geschichten von Diana und Unity durch einen neutralen Erzähler. Marie Benedict gelingt es meisterhaft, die Leser:innen tief in das Leben ihrer Protagonist:innen eintauchen zu lassen.
Aus heutiger Sicht musste ich oft den Kopf schütteln über die Naivität, die Unity und Diana an den Tag legten, besonders angesichts ihrer Nähe zu Hitler. Es erscheint unvorstellbar, dass sie nicht über viele seiner Pläne informiert waren – ein Gedanke, der mich nachdenklich zurücklässt. Gleichzeitig lassen sich besorgniserregende Parallelen zur aktuellen politischen Entwicklung erkennen. Die unterschiedlichen politischen Interessen innerhalb der Familie – Jessica als Kommunistin, Diana und Unity als Faschistinnen sowie Nancy, die zwischen diesen Extremen steht – stellen die Familie auf eine harte Probe.
Insgesamt ist "Die Mitford Schwestern" ein fesselnder Roman, der nicht nur das Leben dieser außergewöhnlichen Frauen beleuchtet, sondern auch die politischen Spannungen ihrer Zeit eindrucksvoll darstellt. Benedict gelingt es, ein komplexes Bild der Schwestern zu zeichnen und gleichzeitig die Herausforderungen zu thematisieren, mit denen sie konfrontiert waren – Herausforderungen, die auch in unserer heutigen Zeit von Bedeutung sind.
Im Nachwort erläutert die Autorin, wie herausfordernd es für sie war, Adolf Hitler durch die Augen von Unity und Diana Mitford zu betrachten. Diese Einsicht empfinde ich persönlich als besonders bedeutsam, da sie die Darstellung eines der größten Verbrecher der Geschichte in ihrem Buch relativiert.