Habsburger hautnah
Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen ...
Hofdamen nehmen in der Geschichtsschreibung meist nur eine Randposition ein. Sie werden in Büchern vielleicht mit einem Satz oder einem kurzen Zitat erwähnt oder sollen in Historienfilmen als hübsche Frauen in prächtigen Kleidern dem optischen Aufputz dienen.
Dabei hatten sie doch eine wichtige, wenn auch im Hintergrund wirkende, Position inne, waren enge Vertraute der Herrscherfamilie und wurden bisweilen auch in politischen Angelegenheiten um Rat gefragt. Vor allem aber zeichneten sich durch ihr persönliches Naheverhältnis zu den erlauchten Personen aus und ihre Stellung gewährte ihnen intime Einblicke in das Leben der Familie Habsburg.
Viele Hofdamen haben ihre Erlebnisse sowie ihre bisweilen durchaus scharfsinnigen Beobachtungen in Briefen und Tagebuchaufzeichnungen festgehalten – und einige dieser Erinnerungen sind dem Zahn der Zeit entronnen und konnten von Gundula Walterskirchen für das vorliegende Buch verwendet werden.
Die Autorin beschränkt sich dabei auf die Zeit von Mitte des 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. So kann der Leser beispielsweise die Kindheit des späteren Kaisers Franz Josef, die Revolution von 1848, das Verhältnis zwischen Kaiserin Elisabeth und ihrer Schwiegermutter Erzherzogin Sophie oder die Irrwege des abgedankten Kaisers Karl und seiner Frau Zita nach dem Ende der Monarchie hautnah miterleben.
Natürlich muss man im Hinterkopf behalten, dass es sich bei den in diesem Werk mit großer Ausführlichkeit zitierten Texten um private Auszeichnungen handelt, die von ihren Verfasserinnen nie zur Veröffentlichung gedacht waren. So darf man keine geschliffene Ausdrucksweise erwarten und manche Stelle fällt vielleicht etwas holprig aus – andererseits kann man einigen Hofdamen eine gewisse schriftstellerische Begabung nicht absprechen.
Interessant ist die Lektüre aber auf jeden Fall, vor allem deshalb, weil einem hier Personen, die man sonst nur in ihrer „Rolle“ als Adelige kennt, als Menschen begegnen. Ich kann dieses Buch daher allen, die sich für die österreichische Geschichte begeistern, nur empfehlen.