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Veröffentlicht am 20.07.2024

Mit Zitaten überfrachtet

Altern
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"Altern" ist das erste Hörbuch, das ich von Elke Heidenreich gehört habe. Sie hat es selbst eingesprochen, was dem Hörbuch gut tut, denn Frau Heidenreich ist eine gute Sprecherin - und zu ihrem eigenen ...

"Altern" ist das erste Hörbuch, das ich von Elke Heidenreich gehört habe. Sie hat es selbst eingesprochen, was dem Hörbuch gut tut, denn Frau Heidenreich ist eine gute Sprecherin - und zu ihrem eigenen Buch, das eigene Meinungen transportiert, passt sie natürlich perfekt.

"Altern" ist ein Meinungsbuch; es gibt ausschließlich die Perspektive Elke Heidenreichs wider - naja, und dank zahlreicher Zitate auch die Ansichten einiger anderer Autor*innen, die offenbar Eindruck bei Frau Heidenreich hinterlassen haben.

Nun bin ich nicht mit allem d'accord, was Frau Heidenreich im Lauf der knapp 3 Stunden Erzählzeit (112 Seiten Printausgabe) so von sich gibt. Interessant ist es durchaus trotzdem immer mal wieder.

Warum also nur drei Sterne? Nun, hauptsächlich bin ich relativ streng, was das Buch betrifft, weil es auf mich über weite Strecken den Eindruck hinterlassen hat, sowohl Autorin als auch Verlag wollten schnell viel Geld machen mit diesem Buch. Denn von den drei Stunden bzw. 112 Seiten geht noch einiges ab für meiner Meinung nach viel zu viele Zitate. Offenbar hat Frau Heidenreich versucht, das Buch etwas aufzupumpen.

Zitate können - geschickt gewählt - eine Bereicherung sein. Ohne Frage. Nur wurden in "Altern" dermaßen viele Zitate verwendet, dass man streckenweise meinen könnte, man höre (oder lese) eine Zitatensammlung.

Sympathisch war mir, dass Elke Heidenreich nie so tut, als habe sie die Weisheit mit Löffeln gefressen, als habe sie die Antwort auf alles. Sie weist immer mal wieder darauf hin, dass sie nur ihre Perspektive wiedergibt, dass sie nur ihre eigenen Erfahrungswerte, ihre eigene Lebensrealität einbringen kann, wenn es um ihre Beschäftigung und ihre Gedanken ums Alter geht. Leider ist dadurch aber auch eine gewisse Einseitigkeit gegeben. Man kann ihr das zum Vorwurf machen; ich tue das nicht, denn trotz aller Einseitigkeit stellt Frau Heidenreich immer wieder heraus, dass sie eben nicht allwissend ist und sie kein allgemeingültiges Rezept bieten kann.

Trotz all dessen, was man dieser Veröffentlichung vorwerfen kann, ist das Buch dank seiner Kürze durchaus unterhaltsam und ein bisschen was kann man für sich selbst trotzdem mitnehmen. Das ist schon einmal was.

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Veröffentlicht am 14.06.2024

Leider voller Klischees

Hat irgendjemand Oscar gesehen?
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Leslie Connors "Hat irgendjemand Oscar gesehen?" wird vom Verlag für Leserinnen ab 10 Jahren empfohlen, also habe ich es gemeinsam mit meinem Sohn gelesen.

Erzählt wird die Freundschaft zwischen Aurora ...

Leslie Connors "Hat irgendjemand Oscar gesehen?" wird vom Verlag für Leserinnen ab 10 Jahren empfohlen, also habe ich es gemeinsam mit meinem Sohn gelesen.

Erzählt wird die Freundschaft zwischen Aurora und Oscar, die in einer Kleinstadt in Maine leben. Auch wenn es im Roman nie direkt erwähnt wird, ist Oscar offenbar Autist, während Aurora anscheinend ADHS hat.

Grundsätzlich spielt die Geschichte in einer heilen, stark romantisierten Welt: Die Eltern von Aurora freunden sich ebenso schnell mit der (alleinerziehenden) Mutter von Oscar an wie Aurora mit Oscar. Sie verdienen ihr Geld unter anderem damit, dass sie ihr altes Haus am Strand an Touristen vermieten. Die Nachbarn haben eine Blaubeer-Plantage und verdienen sich ein Zubrot mit frisch gebackenem Blaubeer-Kuchen und so weiter und so fort. Es gibt keine nennenswerten Konflikte.

Probleme werden allenfalls am Rande thematisiert: dass Aurora wegen ihrer lauten, impulsiven Art ab und zu Probleme mit den Mitschüler
innen hat, Oscar von den meisten Mitschüler*innen komplett ignoriert wird, Hänseleien finden praktisch nicht statt und so weiter. Die Erwachsenen aber sind alle auffallend verständnisvoll - vor allem in Bezug auf Oscar.

Gut herausgearbeitet sind einige Aspekte von Oscars Autismus-Spektrum; allerdings ist schade, dass Frau Connor - obwohl sie eigentlich Vorbehalte abbauen und Toleranz bzw. Akzeptanz für Autisten und andere Ausprägungen der Neurodiversität vermitteln möchte - ziemlich viele Klischees verarbeitet. Von allen Möglichkeiten hat sie sich dafür entschieden, dass Oscar als kindliche Version von Raymond Babbitt aus dem Film "Rain Man" (allerdings statt "Zahlengenie" ein Vogelliebhaber) endet.

Zudem wird die Geschichte zwar vor allem aus Auroras Perspektive beschrieben, auch andere Personen bekommen eigene Kapitel und viele Seiten spendiert. Von all diesen Figuren erhält ausgerechnet Oscar die wenigsten Kapitel, die sich mit seiner Sicht befassen. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass er die Hauptfigur des Romans ist. Und es ist schade.

Hier zeigt sich leider, dass Leslie Connor nur die Außenperspektive zum Thema Neurodiversität "recherchiert" hat. Menschen mit Asperger-Syndrom oder ADHS etc. wurden von ihr nicht kontaktiert, sondern nur zwei Eltern und ein Geschwisterteil. Dafür, dass sie laut eigener Aussage (in ihren Anmerkungen zum Buch) "die Figuren gut hinbekommen" wollte, ist das zu wenig.

Ohne Frage: Bei "Hat irgendjemand Oscar gesehen?" handelt es sich - für Außenstehende - um einen warmherzigen Wohlfühl-Roman, der das Thema Neurodiversität für Kinder aufarbeitet - wenn auch einseitig, weil der Heile-Welt-Charakter im Vordergrund steht. Und ganz offensichtlich ist Leslie Connor mit viel gutem Willen ans Werk gegangen. Aber wenn man bedenkt, welchen Anspruch sie in ihren Anmerkungen formuliert, dann muss man konstatieren, dass sie gescheitert ist.

Mein Sohn fand das Buch durchaus nett zu lesen, konnte aber zum Beispiel seinen besten (autistischen) Freund darin nicht wiederfinden und so nichts für sich mitnehmen. Im echten Leben entsprechen die meisten Menschen mit Autismus bzw. Asperger-Syndrom eben nicht den Klischees wie Oscar.

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Veröffentlicht am 04.06.2024

Leider emotional nicht packend

Das Labyrinth des Fauns
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"Pans Labyrinth" ist einer meiner Lieblingsfilme, weshalb ich schon aus reiner Neugier Cornelia Funkes Roman-Version lesen "musste". Den Roman - ein wunderschön gestaltetes Hardcover-Buch - habe ich mir ...

"Pans Labyrinth" ist einer meiner Lieblingsfilme, weshalb ich schon aus reiner Neugier Cornelia Funkes Roman-Version lesen "musste". Den Roman - ein wunderschön gestaltetes Hardcover-Buch - habe ich mir direkt nach dessen Erscheinen in Deutschland gekauft. Gelesen habe ich es erst jetzt.

Angeblich hat Frau Funke das Buch auf Bitten von Guillermo del Toro höchstpersönlich geschrieben. Ob das reine Legendenbildung ist oder nicht: Die Qualität des Romans spiegelt jedenfalls wider, was mir schon oft bei den Büchern del Toros aufgefallen ist: Die Idee ist super und er ist ein toller Regisseur, der fantastische Filme abgeliefert hat (und nach wie vor abliefert), aber seine Bücher kommen bei weitem nicht an seine Filme heran.

So ist es auch mit "Das Labyrinth des Faun", auch wenn es diesmal nicht von del Toro, sondern von Cornelia Funke geschrieben wurde. Sie nutzt zwar die Möglichkeiten des Romans, um ins Innere der Figuren vorzudringen -, aber trotz aller Bemühungen - der wunderbare Umschlag, die wunderschönen Zeichnungen, die den Roman begleiten und so weiter - lässt der Roman die Magie des Films nahezu komplett vermissen.

Das liegt zum einen an der Sprache: Ob es nun an der Übersetzung liegt (Cornelia Funke schrieb das Buch in englischer Sprache) oder die Sprache tatsächlich so von Funke gewählt wurde - ich weiß es nicht. Das Buch richtet sich angeblich an Leserinnen ab 14 Jahren. Sprachlich hatte ich aber oft das Gefühl, die Autorin richte sich an 10jährige Kinder.

Für mich das größte Manko ist aber, dass Funkes "Das Labyrinth des Fauns" mich emotional nicht packen konnte. Dabei gäbe es so viel, das uns Leser
innen packen könnte und sollte - aber es geschieht einfach nicht. Ich weiß nicht, ob ich angesichts des Films zu hohe Erwartungen an den Roman gestellt habe. Ehrlich gesagt bin ich aber aufgrund meiner eigenen Situation emotional leicht zu packen - dass es dieser Roman nicht geschafft hat, spricht eher gegen ihn.

Warum also drei Sterne und nicht nur zwei? Nun, zum einen ist das Hardcover-Buch wie gesagt schön gestaltet. Die Illustrationen sind wunderbar geworden. Zudem ist Cornelia Funkes Version nicht zwingend schlecht; sie hat mich durchaus unterhalten, denn die zugrunde liegende Idee ist nun einmal fantastisch. Ein Meisterwerk oder herausragend ist ihre Umsetzung aber eben nicht.

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Spannend geschrieben

Maria Stuart
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Es gab eine Zeit Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre, da habe ich die Bücher von Stefan Zweig verschlungen. Ich liebte (und liebe) seine Art zu schreiben und ich liebte (und liebe) die Themen seiner ...

Es gab eine Zeit Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre, da habe ich die Bücher von Stefan Zweig verschlungen. Ich liebte (und liebe) seine Art zu schreiben und ich liebte (und liebe) die Themen seiner Bücher. "Die Schachnovelle" zum Beispiel ist eins der wenigen Bücher, die ich gerne mehrfach gelesen habe und lese.

"Maria Stuart" ist kein wissenschaftliches Werk. Obwohl Zweig sich an die Fakten hält, liest sich das Werk wie ein Roman, was daran liegt, dass Zweig es sich nicht nehmen lässt einige Fakten auszuschmücken. Herausgekommen ist dadurch ein spannendes Werk, das sich schwer einordnen lässt. Es fühlt sich an wie ein Roman, ist aber derart faktenbasiert, dass man es genauso gut als Biografie einordnen kann.

Weil Stefan Zweig nun einmal ein sehr guter Schriftsteller war, ist "Maria Stuart" trotz des weitestgehend faktenbasierten Ansatzes entsprechend kurzweilig, spannend und interessant. Insofern ist es meiner Meinung nach absolut empfehlenswert. Wer jedoch ein wissenschaftlich-akademisches Werk mit Quellenangaben und ohne jede literarische Ausschmückung erwartet, der wird unweigerlich enttäuscht werden.

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