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Veröffentlicht am 01.08.2022

Zutiefst berührendes Schicksal einer ukrainischen Familie

Denk ich an Kiew
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Der deutsche Titel erinnerte mich beim ersten Hinschauen an Heinrich Heine, Denk ich an Deutschland in der Nacht…, ich las den Klappentext und wusste, dieses Buch muss ich lesen. Ich habe es nicht bereut, ...

Der deutsche Titel erinnerte mich beim ersten Hinschauen an Heinrich Heine, Denk ich an Deutschland in der Nacht…, ich las den Klappentext und wusste, dieses Buch muss ich lesen. Ich habe es nicht bereut, aber es hat mich tief betroffen gemacht.
Die amerikanische Originalausgabe hat den Titel The Memory Keeper of Kyiv, der Roman bewahrt tatsächlich die Erinnerung an die schändliche russische Aushungerungspolitik von Anfang der 1930er Jahre. Vor den Augen des Lesers entsteht eine für menschliche Dimensionen eigentlich nicht vorstellbare, katastrophale Situation. Stalin beschließt die Vernichtung des ukrainischen Volkes auf die perfideste Weise, der Holodomor wird in der Ukraine als Genozid betrachtet. Wer dieses Buch gelesen hat, wird eher verstehen, warum noch heute, 90 Jahre nach dieser menschengemachten Hungersnot und den Millionen Toten abgrundtiefer Hass zwischen Ukrainern und Russen besteht. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß dann auch, dass der Ausspruch „Die Zeit heilt alle Wunden“ nur eine leere Phrase ist.
Der Roman beginnt 2004, wir lernen Cassie kennen, eine junge Frau am seelischen Abgrund, die versucht, sich und ihr Töchterchen Birdie über die Runden zu bringen. Ein Jahr zuvor verlor Cassie ihren Ehemann und Birdie den Vater durch einen Autounfall. Birdie überlebt nur knapp, spricht seitdem kein einziges Wort. Cassie ist nicht in der Lage, zu arbeiten, sie ist Journalistin und findet keinen Zugang mehr zum Schreiben. In diese Situation platzt ihre Mutter mit der Nachricht, dass die Oma, genannt Bobby, Hilfe braucht. Cassie und Birdie ziehen also kurzerhand zur Großmutter. Für Cassie beginnt eine neue Zeitrechnung. Es wird noch eine Weile dauern, bis sie sich öffnet, sie lernt den Feuerwehrmann Nick kennen, es beginnt eine Freundschaft, die sich auf sehr subtile Weise entwickelt. Beide haben etwas gemeinsam: ihre Vorfahren kamen aus der Ukraine nach Amerika. Nick jedoch ist derjenige, der die Sprache spricht und auch über die Vergangenheit und die Geschichte der Ukraine einiges weiß. Cassie hat zwar ab und an versucht, der Großmutter einige Erinnerungen zu entlocken, aber diese verschloss sich wie eine Auster.
Nun ist die Großmutter nicht nur alt, sie ist auch krank, es macht sich eine Art Verwirrtheit und beginnender Demenz bemerkbar. Cassie findet merkwürdige Zettel, entdeckt ein Tagebuch, alles Ukrainisch, und sie entdeckt Lebensmittel an den merkwürdigsten Stellen. Nick hilft ihr, zuerst die Zettel und später die Tagebuchaufzeichnungen zu entschlüsseln. Es wird langsam deutlich, was die Großmutter – als Katja – in ihrer Jugend erleiden musste.
Die zweite Ebene des Romans geht zurück in die Ukraine der frühen 1930er Jahre. Der Leser lernt ein fröhliche, funktionierende Bauernfamilie kennen: Katja, ihre Eltern, ihre Schwester Alina, die Nachbarn und deren Söhne Pawlo und Kolja. Die Schwestern werden die beiden Brüder heiraten, aber das Leben steht schon unter einem schlechten Stern. Stalin hat seine „Aktivisten“ in die Ukraine geschickt, um insbesondere Getreide zu requirieren, er will eine Kollektivierung durchsetzen, die auf Widerstand stößt. Aber Widerstand erweist sich als tödlich, viele Menschen werden deportiert, die verbleibenden Bauern müssen für die Kolchosen schuften und erhalten von Monat zu Monat weniger zu essen. Sie werden einfach ausgehungert. Das von Cassie und Nick entzifferte Tagebuch bringt diese Perfidie zu Tage. Cassie ist kaum in der Lage, diese Enthüllungen zu ertragen. Hinzu kommt ihre selbstauferlegte Schuld ihrem verstorbenen Ehemann gegenüber, sie wagt nicht, sich neu zu verlieben und einem neuen Leben zu öffnen. Es ist ein schwieriger Prozess, den sie durchläuft, Nick versucht ihr diesen Weg zu erleichtern, aber er braucht viel Geduld. Fast nebenbei gelingt es ihm, Birdie zum Sprechen zu bringen. Die Kleine blüht auf in seiner Gegenwart, aber sie entwickelt auch zur Uroma Bobby ein liebevolles Verhältnis.
Der Roman wechselt von Kapitel zu Kapitel Ort und Zeit, in jedes Kapitel findet man sofort hinein, die Autorin bringt den Leser dazu, mitzudenken, mitzufiebern, mitzuleiden. Je mehr Katja erleiden muss, umso schwerer fiel mir das Lesen, die schrecklichen Schilderungen der Hungersnot und ihre Auswirkungen auf jeden Menschen sind schwer zu ertragen. Die Verluste, die Katja erträgt und die trotz allem nicht aufgibt, mit der selbst auferlegten Pflicht, Halya, die Tochter ihrer ermordeten Schwester, zu retten, durchzieht das Buch.
Das Buch hat einen klaren, gut lesbaren Stil, aus meiner Sicht eine sehr gute adäquate Übersetzung. Ich habe das Buch auch in der Originalausgabe, der Stil, das Gefühl und die immer spürbare Trauer sind wunderbar wiedergegeben im Deutschen. Die beiden Übersetzer Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher haben einen tollen Job gemacht.
Über die vielen geschilderten Ereignisse und den Fortgang der Geschichte muss sich jeder Leser selbst ein Bild machen, für mich waren die letzten Seiten sehr emotional, das möchte ich niemandem vorher erzählen.
Ich würde mir wünschen, dass dieses Buch auch als Warnung gelesen wird, welche Grausamkeiten in der Ukraine durch den russischen Krieg heute verübt werden oder noch geplant sind. Wer dieses Buch gelesen und verstanden hat, kann die Parallelen deutlich sehen: die Ukraine soll wieder unterworfen werden.
Ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit! Danke an Erin Litteken.

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Veröffentlicht am 24.06.2024

Vergangenheit ist der Ursprung der Gegenwart

zusammen bleiben
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Sylvia Schmieder beweist in ihrem zweiten Roman einmal mehr, wie sehr sich die Vergangenheit, die eigene, die der Heimat, die der Vorfahren auf die Gegenwart auswirkt. Nicht immer sind die Einflüsse so ...

Sylvia Schmieder beweist in ihrem zweiten Roman einmal mehr, wie sehr sich die Vergangenheit, die eigene, die der Heimat, die der Vorfahren auf die Gegenwart auswirkt. Nicht immer sind die Einflüsse so positiv wie die Erinnerung an einen verwunschenen Garten oder ein Lieblingsgericht.
Dem Leser wird eine große, weit verzweigte und sehr unterschiedliche Familie vorgestellt. Im Fokus steht Mari, die Großmutter, aber Claudia, ihre Enkelin, ist diejenige, die als autofiktionale Person prägend ist für das Schreiben dieser Familiengeschichte. Die Herkunft von Mari, der Frau aus dem Dreiländereck Österreich – Ungarn – Slowakei mit ihrem nicht ganz hundertprozentigen Deutsch, heiratet Ludwig, den Deutschen, mit dem sie bald drei, vier, später sogar fünf Kinder hat und mit dem sie versucht, Freud und Leid zu teilen, bis dass der Tod sie scheidet. So hat sie es bei der Trauung wohl versprochen, davon wird sie nichts und niemand abbringen. Sie folgt also Ludwig in jungen Jahren hoffnungsvoll nach Deutschland, in die Stadt Frankfurt, wo sie ein Haus kaufen, das sie sogar bis zum Ende der Geschichte bewohnen werden. Dass ihnen ihr Familienglück durch den zweiten Weltkrieg gestört, ja fast zerstört wird, ahnt man ab der ersten Seite. Ludwig meldet sich freiwillig zur Waffen-SS und Mari muss zuerst drei, dann vier Kinder – denn es kommt noch Heinerle, das Fronturlaubskind, hinzu, – vor Hunger, Krankheiten, Bomben und anderem Unheil schützen. Die drei Großen sind Rudolf, Dieter und Klara, die im Roman später die Mutter von Claudia wird. Die Kinder sind sehr unterschiedlich, trotzdem halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Mari flieht im Krieg zeitweise zu den Verwandten in die Slowakei, aber der Ausflug wir jäh abgebrochen und das Kriegsende müssen alle in Frankfurt erleben. Ich will nicht zu viel preisgeben von der Geschichte, aber eines will ich doch noch beschreiben. Klara will nach dem Krieg von ihrem Onkel Peter, dem Bruder von Mari, mehr über das KZ Mauthausen erfahren, in das er wegen defätistischer Artikel eingesperrt wurde. Dass Klara nur wenige Sätze reichen, um ihren Wissensdurst jäh zu stoppen, weil die Geschichte, die Peter erzählt, zu grausam ist, um sie zu ertragen, das hat mich sehr bewegt. Gerade dieses Wegschauen, das ihre Brüder mit stoischem Schweigen über die Kriegseindrücke auch versuchen, das muss auch heute noch immer wieder ins Gegenteil verkehrt werden. Das versucht dieses Buch und schafft es, meine Distanziertheit zu der Familie Wachholz doch etwas aufzubrechen. Täter-Opfer-Sichten verwandeln sich manchmal ins Gegenteil. Und Sylvia Schmieder gelingt es, jeden ihrer Protagonisten lebendig darzustellen, zu charakterisieren, auch wenn das manchmal nur kurz ausfällt, wie beispielsweise das Verhalten von Ludwig, als er plötzlich wieder zurück ist aus der Gefangenschaft. Denn es ist nicht nur für ihn typisch, sondern für einen Großteil der Weltkriegsteilnehmer. Sie leben mit ihren Traumata, ihren Ängsten und ihrer Schuld, nichts davon wird ihnen genommen. Der Gang zum Therapeuten auf die Couch war nach Kriegsende keine Option, so mussten die Familien die Dramen ertragen und konnten froh sein, wenn der Vater, Großvater, Bruder überhaupt lebendig geblieben war.
Claudia wächst in den 1960er, 1970er Jahren heran und trägt das Trauma des Krieges noch in der zweiten Generation auf ihren Schultern und ihrer Seele. Dass sie, trotzdem oder gerade, weil man es ihr so schwer machte, ihre Ziele erreicht hat, ist umso schöner.
Der Ausklang des Romans versucht, alles vorher Geschriebene in einer perlenbunten Traumwelt zu verarbeiten. Doch Träume enden und die Wirklichkeit bleibt, jeder ist seines Glückes Schmied, dem einen gelingt ein filigranes Kunstwerk, der andere schmiedet ein Hufeisen.
Da ich den Nationalsozialismus, den zweiten Weltkrieg und den Holocaust vorrangig, bedingt durch meine eigene Familiengeschichte, aus der Rolle der Opfer betrachte, empfand ich den Roman als Bereicherung, was meine Kenntnisse und Erkenntnisse über das Leben und die Rolle der Mitläufer oder Täter anbelangt. So ließ die Erzählung über die Aneignung von arisiertem Eigentum bei mir natürlich alle Alarmglocken schellen. Selbst wenn später „Wiedergutmachung“ geleistet wurde, die ermordeten Juden hat es nicht wieder lebendig gemacht.
Der Roman hat sich nicht ganz flüssig gelesen, viele Namen, Orte, unterschiedliche Schreibweisen, man geriet leicht aufs falsche Gleis, wenn man nicht aufmerksam war. Nicht alles war wegen abrupter gedanklicher Richtungsänderungen oder ungewöhnlicher Formulierungen sofort verständlich. Wie gesagt, das Buch fordert die komplette Aufmerksamkeit, Ablenkungen sollte man vermeiden. Mir hätte tatsächlich eine Familienübersicht oder ein Stammbaum das Ganze etwas erleichtert.
Zum Buch, zur Gestaltung: Die kleine Schrift ist (für mich als Brillenträger) sehr anstrengend zu lesen, fast hätte ich kapituliert. Leider gibt es kein E-Book, das in Hinsicht auf die Schriftgröße wesentlich komfortabler wäre. Gleiches gilt für das Aufsuchen von bestimmten Textstellen, so bleiben nur ein Bleistift und bunte Klebemarker, wenn man sich etwas notieren will. Warum das Inhaltsverzeichnis am Ende steht, weiß ich nicht, ich glaube es wäre am Anfang besser platziert. Das Cover gefällt mir recht gut, der Titel „zusammenbleiben“ passt zu dem, was ich zu Beginn schrieb.
Fazit: Eine lesenswerte, nicht alltäglich Familiengeschichte, die Einblicke gewährt in das Leben und Überleben, und nicht wegschaut, wenn es hart und unmenschlich zugeht.

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Veröffentlicht am 10.06.2024

Beziehungsstress zwischen Long Island und Irland

Long Island
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Colm Tóibín hat mit "Long Island" den Folgeband von "Brooklyn" als eigenständiges Buch herausgebracht, aber ich glaube, das Lesen von Band Eins wäre hilfreich gewesen. Es wird doch recht viel auf vergangene ...

Colm Tóibín hat mit "Long Island" den Folgeband von "Brooklyn" als eigenständiges Buch herausgebracht, aber ich glaube, das Lesen von Band Eins wäre hilfreich gewesen. Es wird doch recht viel auf vergangene Ereignisse eingegangen.

Hauptperson ist Eilis, gebürtige Irin, 20 Jahre in Amerika verheiratet mit einem Italiener und der italienischen Großfamilie. Als sie erfährt, dass ihr Ehemann Tony ganz nebenbei ein Kind mit einer seiner Kundinnen gezeugt hat und der gehörnte Ehemann ihr droht, das Kind vor die Tür zu legen, wenn es geboren ist, rastet sie aus. Für sie ist dieses Kind aus meiner Sicht nur ein willkommener Anlass, für geraume Zeit zu ihrer Mutter nach Irland zu reisen. Dass sich in der alten Heimat einiges getan hat und immer noch tut, muss sie mit Erstaunen zu Kenntnis nehmen. Die Verwicklungen, die sich anbahnen sind nicht minder brisant, als die in ihrem Zuhause auf Long Island.

Colm Tóibín versucht, all seine Protagonisten ausführlich vorzustellen, aber gerade was die innere Zerrissenheit und Verwirrtheit anbelangt, zeichnet er recht holzschnittartige Charaktere. Die da sind: Nancy, ehemalige Schulfreundin, Jim, der ehemalige Freund und Kurzzeitgeliebte, Eilis' Mutter und Geschwister, auch der in Amerika gebliebene Ehemann Tony und auch die beiden fast erwachsenen Kinder. Ich habe das Hörbuch in recht kurzer Zeit gehört und war vom letzten und 7. Kapitel wirklich überrascht. Eine Fortsetzung könnte ich mir auf jeden Fall vorstellen.

Moral von der Geschichte ist für mich, man kann nicht alles im Leben haben oder erzwingen, aber ab und zu sollte man auch zu Entscheidungen kommen und das Leben selbst in die Hand nehmen. Ob es hilfreich ist, weiß man sowieso erst hinterher.

Fazit: unterhaltsame Stunden, gut gelesen von Katja Danowski, die ich aber schon intensiver erlebt habe (Zum Beispiel bei Nachts ist man am besten wach). Gute vier Sterne!

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Ein ganz ungewöhnlicher Krimi

Ein Toter lag im Treppenhaus
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Ein ganz ungewöhnlicher Krimi, den Andreas Neuenkirchen hier geschrieben hat. Ich kenne den Autor bisher nur von dem sehr ernsthaften, historischen Buch über den Japaner Sempo (Chiune Siguhara). Jetzt ...

Ein ganz ungewöhnlicher Krimi, den Andreas Neuenkirchen hier geschrieben hat. Ich kenne den Autor bisher nur von dem sehr ernsthaften, historischen Buch über den Japaner Sempo (Chiune Siguhara). Jetzt reizt er mich schon tagelang zum Lachen. Ja, es ist ein Krimi, aber ein fröhlicher, abgedrehter. Was man mit einem Baby vorm Bauch als junger Schriftsteller und Vater so alles erleben kann, das sucht schon seinesgleichen.
Neuenkirchen übertreibt es manchmal ein wenig, dann ufert das Geschehen etwas aus und wird langatmig. Aber mit jedem neuen Abschnitt kommt dann auch wieder "Leben in die Bude". Das Charakterisieren seiner ungewöhnlichen Protagonistenhorde gelingt dem Autor richtig gut. Am Anfang gibt es einen Toten, das Ende verrate ich natürlich nicht.
Für mich hat das Buch eine gute Abwechslung von zeitgeschichtlichen und schicksalhaften Büchern gebracht, ich kann es als Unterhaltung vorbehaltlos empfehlen.

EinToterlagimTreppenhaus

NetGalleyDE

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Besser Texten will gelernt sein

Einfach können - Gute Texte
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Der Titel "Einfach können - Gute Texte" ist vielleicht etwas irreführend. So einfach ist es leider nicht, wirklich gute und lesbare Texte zu verfassen. Das kleine Büchlein will auf jeden Fall dabei helfen, ...

Der Titel "Einfach können - Gute Texte" ist vielleicht etwas irreführend. So einfach ist es leider nicht, wirklich gute und lesbare Texte zu verfassen. Das kleine Büchlein will auf jeden Fall dabei helfen, auch oder besonders ins Denken vor dem Schreibprozess Struktur zu bringen. Gegliedert in vier Hauptkapitel findet sich jeder Interessierte schnell zurecht, wenn er Spezielles sucht. Man kann es natürlich auch wie ich machen und das ganze Buch lesen. Interessant fand ich von Anfang an die "Schreibstimme", das ist etwas, was man ja unbewusst hat. Wenn man es aber ins Bewusstsein holt, bemerkt man auch, dass diese Schreibstimme nicht immer stimmt.

Ganz wichtige einzelne Elemente des Ratgebers möchte ich aufzählen: die Frage nach dem Ziel/der Zielperson, nach dem Kerngedanken des Textes und nach der endgültigen, passenden Formulierung.

Ich habe diverse Anregungen bekommen, über manches macht man sich nach vielen Jahren Redaktionsarbeit tatsächlich überhaupt keine Gedanken mehr. Aber immer zu schreiben, wie einem die Gedanken gerade in die Feder oder Tastatur fließen, ist offenbar auch nicht ideal.

Ich empfehle das Buch jedoch eher für den beruflichen Alltag. Aber auch, wer privat schreibt, findet jede Menge gute Ideen und Tipps.

Obwohl das Buch nur knapp 100 Seiten hat, habe ich doch eine ganze Weile darin gelesen. Immer wieder habe ich hin und her geblättert, mir die Textverweise noch einmal angeschaut und versucht, die vielen Tipps mit meinem eigenen Schreibstil zu vergleichen. Nicht mit allem bin ich "schreibtechnisch" einverstanden, aber besonders das konkrete Benennen von Fakten und die schnörkelfreien Beispielsätze ohne "Schmus" sind anregend!

Die allgemeinen Schreibtipps und am Schluss die 9 goldenen Regeln für gute Texte nehme ich gern gedanklich auf.

Einzig die vielen "Lesenden" und die "Schreibenden" im Ratgeber störten meinen Lesefluss. Ich kann mich mit dieser Art geschlechtergerechter Sprache nicht anfreunden. Das hat aber keinen Einfluss auf meine Sterne-Bewertung!

Fazit: das Buch gibt viele Anregungen, nicht nur fürs Schreiben sondern auch fürs Denken!

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