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Veröffentlicht am 23.02.2019

Zwischen Traum und Wirklichkeit

Valerie und die Woche der Wunder
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Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den ...

Neugierig gemacht auf Valeries Geschichte hat mich der Hinweis darauf, dass es ein „Poetistischer Schauerroman“ aus der Tschechoslowakei ist. Geschrieben von Vítězslav Nezval 1935, hat Ondřej Cikán den Roman übersetzt. Erschienen ist er im Verlag Kētos, der sich auf poetische Abenteuerromane spezialisiert.

Meine Neugier für ein mir unbekanntes Genre wurde belohnt mit einer Geschichte, deren Schreibstil schaurig-schön, unheimlich, gruselig, liebevoll und dabei immer poetisch ist. Eine faszinierende Mischung, die es sich lohnt kennenzulernen!

Jeden Tag der Woche erlebt Valerie ein Wunder, lernt dabei den gleichaltrigen Orlik kennen, der ganz besondere Gefühle in ihr weckt, und sie erkennt völlig neue Seiten an ihrer Großmutter. Ein ungeheuerlicher Missionar begegnet ihr – und wer oder was verbirgt sich eigentlich hinter dem „Ratz“? Bis zum Ende hin bleibt die Geschichte spannend. Das letzte Kapitel ist märchenhaft und es schließt ab mit einem zauberhaften Gedicht.

Ebenso mysteriös und wie verschleiert wirken die Illustrationen, die die Fantasie beflügeln und zum Träumen anregen!

Einige Begriffe werden in der Originalsprache belassen und durch Fußnoten gut erklärt.
Im Anschluss gibt es auf etwa 30 Seiten viele Informationen nicht nur über Poetismus und Surrealismus, sondern auch Biografisches über den Autor und Hinweise auf weitere seiner Werke, Erklärungen zu vielen Passagen des Romans und Vieles mehr.
Wer sich einlassen mag auf Neues, wird Wunder erleben!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Martha wie Paula sie sieht

Hemingway und ich
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Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 ...

Paula McLain schreibt ihre eigene Geschichte über die Schriftstellerin und Journalistin Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau des Schriftstellers Ernest Hemingway. Sie umfasst dabei eine Zeitspanne von 1936 bis 1945. Nach guter Recherche ist es der Autorin außerordentlich gut gelungen, Fakten und Fiktion miteinander zu verbinden. Die Protagonisten Martha und Ernest werden lebendig und realitätsnah dargestellt, dazu kommt Martha als Ich-Erzählerin, wodurch es manchmal schwer fällt daran zu denken, dass es sich hier um einen Roman handelt und nicht alles so gewesen ist, wie es dargestellt wird, aber durchaus so hätte sein können.
Schon als Kind spürte Martha den Drang nach Freiheit – ein kleiner Gruß an die Mutter und dann nichts wie hinaus in die weite Welt! Ein Anfang war gemacht, auch wenn sie am Abend schon wieder zu Hause war.
Martha war 28, als sie zufällig Hemingway begegnete. Sein Bild auf einem Zeitungsausschnitt trug sie schon lange bei sich. Was zunächst freundschaftlich begann – Martha mochte auch Hemingways Frau Pauline und deren zwei Kinder – entwickelte sich bald in eine andere Richtung.
Im Bürgerkrieg in Spanien trafen sie sich – Ernest wollte den Spaniern mit einer Filmdokumentation helfen, Martha war als Kriegsberichterstatterin unterwegs – und nach kurzem Sträuben beim Gedanken an Ernests Frau und Kinder hatten beide ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle und das Herz siegte über den Verstand.
Martha war in Kriegsgebieten in aller Welt unterwegs und oft waren es Einzelschicksale unschuldiger Menschen, die sie besonders bewegten und die sie zum Inhalt ihrer Berichte machte.
Als Schriftstellerin war sie nicht so erfolgreich wie Ernest, der mit dem Roman „Wem die Stunde schlägt“ einen Welterfolg feiern konnte. Sie fühlte sich ihm in ihrer Arbeit immer unterlegen und es gelang ihr nicht, aus seinem Schatten herauszutreten.
In vielen Dingen waren sich Martha und Ernest sehr ähnlich, hatten beide ihren eigenen Kopf, wenn es um die Verwirklichung ihrer Pläne oder um das Leben an sich ging. Das Ende ihrer Ehe war lange in Sicht, allerdings hätte ich mir einen weniger schmutzigen Ausgang gewünscht.
Was mir besonders gefallen hat:
Es ist ein bewegender Roman, der den Unterschied zwischen Realität und Fiktion manchmal vergessen lässt.
Ganz besonders durch die Erzählungen aus den verschiedenen Kriegs- und Krisengebieten wird zusätzlich zu einer unterhaltsamen Geschichte spannendes Wissen vermittelt.

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Veröffentlicht am 06.07.2024

Heimatlos

Die unendliche Reise der Aubry Tourvel
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Aubry hat eine rätselhafte Krankheit, die es ihr unmöglich macht, länger an einem Ort zu bleiben. Wenn sich erste Anzeichen ihrer Krankheit zeigen, muss sie sich auf den Weg machen und weiterziehen. ...

Aubry hat eine rätselhafte Krankheit, die es ihr unmöglich macht, länger an einem Ort zu bleiben. Wenn sich erste Anzeichen ihrer Krankheit zeigen, muss sie sich auf den Weg machen und weiterziehen.
Auch wenn die Geschichte dem Reich der Fantasy entspringt, fühlt Aubry sich so echt an. Es ist berührend, wie sie ihr Schicksal in die Hand nimmt und versucht, ihrer Krankheit keine Chance zu geben, sich immer wieder trennt, auch wenn der Abschied nicht immer leicht ist.
Aubry lernt überall Menschen kennen, denen sie offen gegenübersteht. Manchmal sind es nur ein paar Worte, manchmal etwas zum Essen, das sie miteinander teilen oder austauschen. Doch ab und zu entstehen auch intensivere Beziehungen, bei denen eine ganz besondere Anziehungskraft zu spüren ist. Immer wieder sind es gerade diese Menschen, denen sich Aubry öffnet und von ihren Erlebnissen und Begegnungen spricht. Ich teile gern ihre Art zu leben, kann mit ihr fröhlich, aber auch traurig sein. Ich lerne sie kennen als eine sehr mutige Frau, die sich vieles selbst aneignet – nicht nur, um zu überleben, sondern auch, um lauernde Gefahren abwehren zu können. Abenteuerlich und gefahrvoll ist ihre Reise. Immer ist sie wachsam und lässt nicht nach in ihrer Hoffnung, irgendwo und irgendwann ein Heilmittel zu finden.
Das Buch bereitet Spannung, aber es macht auch großen Spaß, Aubrys Erzählungen zu lauschen und in Gedanken bei ihr zu sein. Dem Autor, Douglas Westerbeke, gelingt es, mich an das Buch zu fesseln. Faszinierend ist es, die Welt einmal ganz anders zu erleben mit verwunschenen Orten und grenzenloser Weite oder im dichten Dschungel. Vor allem, wenn Aubry in der geheimnisvollen Bibliothek unterwegs ist, bin ich ihr ganz nah und hoffe, dass sie irgendwann Ruhe und einen Platz finden kann, von dem sie nicht mehr vertrieben wird.
Sehr gern gebe ich eine Leseempfehlung an alle, die Lust haben auf eine fantastische und abenteuerliche Reise.

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Veröffentlicht am 02.07.2024

Spielereien mit KI

Die nackte Kuh
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Künstlicher Intelligenz stehe ich eher etwas ängstlich und skeptisch gegenüber. Eigentlich möchte ich darüber auch gar nicht viel nachdenken. Als ich dann aber „Die nackte Kuh“ von Jürgen Ehlers entdeckte, ...

Künstlicher Intelligenz stehe ich eher etwas ängstlich und skeptisch gegenüber. Eigentlich möchte ich darüber auch gar nicht viel nachdenken. Als ich dann aber „Die nackte Kuh“ von Jürgen Ehlers entdeckte, wurde ich doch neugierig, denn bisher kannte ich Ehlers nur als Autor gut recherchierter historischer Kriminalromane.

Ehlers hat sich zweier Programme bedient, mit deren Hilfe man Bilder erzeugen kann: Chat GPT und Bing Image Creator. Durch seine Vorgaben sind großartige Bilder entstanden, die mich gut unterhalten und zum Nachdenken anregen.

So sehe ich beispielsweise den Kaiser Maximilian von Mexiko in einem Gemälde van Goghs in einem Pariser Straßencafè. Spannend und interessant sind die Informationen zu jedem Bild. In diesem Beispiel erfahre ich, warum van Gogh den Kaiser nie porträtiert haben kann.

Über das Bild, das nach dem Buch „Der Herr der Fliegen“ entstanden ist, habe ich lange nachgedacht. Bei dem von Ehlers gewählten Schauplatz hatte ich dabei ein ganz spezielles Bild im Kopf.

Den Abschluss bildet eine dörfliche Idylle in Norddeutschland. Aber bis dahin gibt es viele weitere Bilder, die man bewundern und bestaunen, sich daran erfreuen und über die man nachdenken kann.

KI zur rechten Zeit und am rechten Ort zu nutzen, mag sinnvoll sein. Aber sie sei trotzdem mit Vorsicht einzusetzen und zu genießen, bleibt auch nach diesem Buch meine Meinung.

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Veröffentlicht am 16.05.2024

Der eine Sommer in Cape Cod

Treibgut
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Erzählt wird eine undurchsichtige Familiengeschichte, in der jedes Familienmitglied seine ganz speziellen Geheimnisse in sich trägt.
Adam Gardner steht kurz vor seinem 70. Geburtstag und damit ...

Erzählt wird eine undurchsichtige Familiengeschichte, in der jedes Familienmitglied seine ganz speziellen Geheimnisse in sich trägt.
Adam Gardner steht kurz vor seinem 70. Geburtstag und damit auch vor dem Eintritt ins Rentnerleben. Seine Kinder Abby und Ken hat er allein großgezogen, nachdem seine Ehefrau kurz nach Abbys Geburt vor fast vierzig Jahren gestorben war. Besonders behütet sind die Kinder nicht aufgewachsen. Adam war sein Beruf als Meeresbiologe und hier besonders das Leben und Erforschen von Buckelwalen immer wichtiger als die Familie.
Ken ist drei Jahre älter als Abby und hat den frühen Tod seiner Mutter nie richtig verarbeiten können. Aber er ist ehrgeizig, strebt nach Macht und Geld, was ihm als Immobilienunternehmer auch gelingt.
Abby ist Künstlerin, die sich am liebsten in der Natur, am Strand und in der Landschaft von Cape Cod aufhält und viele Fundstücke mit nach Hause in ihr Atelier bringt.
Früher waren Abby und Ken unzertrennlich, aber das liegt in weiter Vergangenheit. Heute haben sich die beiden kaum noch etwas zu sagen. Sie wirken manchmal fast wie Feinde.
Und dann gibt es noch die große Unbekannte, die kurz vor dem Geburtstag von Adam auf der Bildfläche erscheint.
Adrienne Brodeur erzählt die Geschichte der geheimnisumwobenen Familie aus Sicht der einzelnen Protagonisten. Die Kapitel haben eine übersichtliche Länge und durch die Verschiedenheit der Familienmitglieder entsteht eine durchaus fesselnde Geschichte, die mir tolle Lesestunden geschenkt hat.
Besonders interessant finde ich die Gestaltung des Covers, das sich aus Ausschnitten von Bildern zweier verschiedener Künstler zusammensetzt.

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