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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2024

Fähigkeiten für den Schulanfang spielerisch trainieren

Das dicke Quatsch-Rätselbuch
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Auf über 100 Seiten vereint „Das dicke Quatsch-Rätselbuch“ insgesamt 150 Rätsel (und die dazugehörigen Lösungen). Diese sind hinsichtlich der Aufgaben und Themengebiete sehr vielfältig, was mir ausgesprochen ...

Auf über 100 Seiten vereint „Das dicke Quatsch-Rätselbuch“ insgesamt 150 Rätsel (und die dazugehörigen Lösungen). Diese sind hinsichtlich der Aufgaben und Themengebiete sehr vielfältig, was mir ausgesprochen gut gefällt. So geht es beispielsweise um Tiere und Pflanzen, Spielzeuge, Haushaltsgegenstände, Alltagssituationen und vieles Weitere. Kinder sind dazu aufgefordert, Fehler in Bildern zu suchen, Unterschiede zu finden, Zeichnungen zu ergänzen, Dinge zu zählen oder nach vorgegebenen Kriterien miteinander zu verbinden, Reimwörter zu erkennen… Der Schwierigkeitsgrad ist dabei so gestaltet, dass sich das Buch für Kinder ab 4 Jahren eignet. Ich denke, die ideale Zielgruppe sind Vorschulkinder und Grundschüler der 1. und 2. Klasse, denn mit den Rätseln lassen sich Fähigkeiten entwickeln bzw. festigen, die für den Schulanfang relevant sind. Hierzu zählen u. a. die Wahrnehmung, die ebenso wie die Feinmotorik trainiert wird. Kinder absolvieren erste Schwungübungen, üben außerdem das Zählen, die Orientierung mit rechts und links und können phonologische Bewusstheit erlangen – Fähigkeiten also, die beim Schriftspracherwerb und dem Rechnenlernen essenziell sind. All das geschieht auf spielerische Art und Weise, sodass Kinder eine Menge Spaß beim Lernen haben können. Die farbenfrohe Gestaltung der einzelnen Seiten tut hier ihr Übriges und ist in meinen Augen absolut zielgruppengerecht.
Die Besonderheit dieses Rätselbuches liegt für mich in dem damit verbundenen breit gefächerten Lerneffekt, der das Buch damit zu einem tollen Geschenk für Kinder macht.

Veröffentlicht am 08.06.2024

Eine Geschichte, die alles ist: mitreißend, bewegend, überwältigend, traumatisierend

Solito
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Javier wünscht sich nichts mehr als endlich wieder mit seinen Eltern vereint zu sein. Diese waren in seiner frühen Kindheit aus El Salvador nach La USA geflohen, sodass der Junge seither bei seiner Tante ...

Javier wünscht sich nichts mehr als endlich wieder mit seinen Eltern vereint zu sein. Diese waren in seiner frühen Kindheit aus El Salvador nach La USA geflohen, sodass der Junge seither bei seiner Tante und seinen Großeltern in einfachen Verhältnissen aufwächst. Javier träumt oft davon, wie es wohl wäre, seine Mutter umarmen zu können, seinen Vater zu sehen, bei großen Fastfoodketten zu essen und die Schule der Gringos zu besuchen.
Als er neun Jahre alt ist, nimmt ihn Kojote, der als Schlepper schon vielen Menschen in die USA verholfen hat, mit auf die lange Reise. Vor dem Jungen liegen Wochen voller Strapazen, ungeahnten Herausforderungen und Gefahren. Begleitet wird er von Fremden, die für ihn zur Familie werden – und mit ihm ist immer auch die Ungewissheit, ob er es bis in das Land seiner Hoffnung schaffen wird, ohne von La Migra entdeckt zu werden.

In „Solito“ erzählt Javier Zamora die wahre Geschichte seiner Flucht in die USA. Obwohl er diese erst viele Jahre später als Erwachsener zu Papier gebracht hat, schafft er es die Reise so zu erzählen, als hätte er sie erst gestern erlebt. Seine detailreichen Beobachtungen, Gedanken und Empfindungen sind die eines Neunjährigen, was der Autor mit seiner Erzählweise gut vermittelt. In seine Geschichte fließen insbesondere in der wörtlichen Rede immer wieder spanische Wörter und Sätze ein. Das macht das Erzählte noch authentischer, sorgt allerdings auch dafür, dass der Lesefluss gestört wird, da man immer wieder für die Übersetzung ins Glossar blättern muss.
Zamora lässt uns an allen Einzelheiten seiner Flucht teilhaben (wer vorab keine groben Informationen zum Inhalt wissen möchte, sollte ab hier nicht mehr weiterlesen!). Der Autor nimmt uns mit bei seinem schweren Abschied von seiner Familie in El Salvador und bei langen Busfahrten durch Guatemala. Er erzählt davon, was es wirklich heißt, 18 Stunden lang in einem kleinen und überfüllten Boot auf dem offenen Meer vor Mexiko zu treiben. Er berichtet von der Isolation, wenn er eine Unterkunft tagelang nicht verlassen durfte, von unbequemen Nächten in zu engen Betten und von seiner Wanderung quer durch die Sonora-Wüste. Er schreibt von dem Durst, der ihn plagte, von den Schmerzen in seinen Beinen, der Angst vor der Polizei und der Einwanderungsbehörde, der Sehnsucht nach seinen Eltern und dem Druck, stark sein zu müssen.
Mit Javier Zamora wird die Flucht so lebendig als wäre man selbst dabei gewesen. Seine Geschichte lässt sich daher kaum mit einem Wort beschreiben. „Solito“ ist mitreißend, herzergreifend und traurig, überwältigend und traumatisierend. In jedem Fall ist sie aber eines: eine unbedingte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 31.05.2024

Ein kleines Gesamtkunstwerk in unverwechselbarem Schreibstil

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
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Stell dir vor, es gäbe einen Raum, in dem du eine Variante deines Lebens unter all den Möglichkeiten, die dir die Zukunft bietet, für 10 Minuten ausprobieren darfst. Gefällt dir, was du siehst, loggst ...

Stell dir vor, es gäbe einen Raum, in dem du eine Variante deines Lebens unter all den Möglichkeiten, die dir die Zukunft bietet, für 10 Minuten ausprobieren darfst. Gefällt dir, was du siehst, loggst du es ein. Magst du es nicht, kannst du direkt eine andere Version testen.
Als Fatih 1994 mit seinen Freunden im Weinberg zusammensitzt, kommt ihm genau diese Idee eines Anproberaums.
Saša Stanišić erzählt vom Grübeln an den Kreuzwegen einer Biografie und von Entscheidungen über die eigene Zukunft.

Nachdem ich das Buch mit dem langen und sperrigen Titel in der Buchhandlung entdeckt habe, war ich neugierig darauf, was sich dahinter verbirgt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Autor bis dato kein Begriff war – gut, dass sich das nun geändert hat, denn mit Sicherheit war dieses nicht das letzte Buch von Saša Stanišić, das ich gelesen habe.
„Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ ist eine Sammlung mehrerer Kurzgeschichten. Wir lernen Dilek kennen, die ihrer Heimat den Rücken gekehrt hat und nun seit Jahren als Reinigungskraft arbeitet. Wir erfahren von Georg, dessen Sohn Paul ihn mühelos beim Memory schlägt. Außerdem ist da auch Gisel, die ihre Tage nach dem Tod ihres Mannes recht einsam verbringt und mit ihrer Zeit oft nichts anzufangen weiß. Alle Kurzgeschichten sind fein miteinander versponnen und ergeben ein kleines Gesamtkunstwerk.
Ganz angetan bin ich von der Sprache, in der Stanišić erzählt. In meinen Augen besitzt er einen unverwechselbaren Schreibstil, mit dem er es schafft, seine Figuren zum Leben zu erwecken und die Handlung Wirklichkeit werden zu lassen. Beschreibungen wie die „beruflich diverse(n) Badeenten“, außergewöhnliche Vergleiche und die trockene Ehrlichkeit mancher Protagonisten haben mich an etlichen Stellen schmunzeln lassen.
Mit seinem Werk zeigt der Autor auf, dass es sich lohnt, für eine gute Zukunft schon heute ein guter Mensch zu sein: Wie wir handeln und welche Entscheidungen wir treffen, beeinflusst unser persönliches Glück. Bedeutsam ist außerdem, wie wir auf unser Leben blicken. Sehe ich das Glas also halbleer oder halbvoll? Kurzum: Jeder Mensch hat sein Leben und sein persönliches Glück selbst in der Hand – man muss sich dessen nur bewusst sein.

Veröffentlicht am 23.05.2024

Ein Buch schon für die ganz Kleinen

Ein kleines Geheimnis – Spiel mit mir und ich verrat es dir!
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"Ein kleines Geheimnis" richtet sich an die ganz Kleinen. Obwohl das Lesealter ab 2 Jahren angegeben ist, denke ich, kann man das Buch auch schon mit so manchem Einjährigen ansehen. Es besteht aus stabiler ...

"Ein kleines Geheimnis" richtet sich an die ganz Kleinen. Obwohl das Lesealter ab 2 Jahren angegeben ist, denke ich, kann man das Buch auch schon mit so manchem Einjährigen ansehen. Es besteht aus stabiler Pappe und hat sehr kurze Texte. Darin geht es um ein Eichhörnchen, das Kinder zum Mitmachen auffordert. So soll das Tier beispielsweise zwischen Bäumen gesucht werden, es sollen Seifenblasen zum Platzen gebracht und in die Hände geklatscht werden. Zur Belohnung erfährt das Kind am Ende ein Geheimnis des Eichhörnchens. Aufgefallen ist mir auf einer Seite, dass das Eichhörnchen ein Stück Himbeertorte frisst. An dieser Stelle hätte ich es für besser befunden, mit Haselnüssen oder anderen Nüssen/Früchten etwas aufzuzählen, was tatsächlich auf dem Speiseplan des Tieres steht. Die Illustrationen sind ansprechend gestaltet und die Seiten nicht zu überfrachtet.

Veröffentlicht am 18.05.2024

Ein vielschichtiger Roman über die Abläufe und Rassismus in der Literaturbranche

Yellowface
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Athena Liu hat alles erreicht, wovon ihre Freundin Juniper Hayward nur träumen kann: Ihr Debütroman wurde zum Bestseller und machte sie zu einer der bekanntesten Autorinnen des Landes. Alle weiteren Werke, ...

Athena Liu hat alles erreicht, wovon ihre Freundin Juniper Hayward nur träumen kann: Ihr Debütroman wurde zum Bestseller und machte sie zu einer der bekanntesten Autorinnen des Landes. Alle weiteren Werke, die sie nachlegte, wurden von Publikum und Kritikern mit Spannung erwartet und mit Begeisterung aufgenommen.
Als Athena bei einem tragischen Unglück ums Leben kommt, sieht Juniper ihre Chance gekommen. Sie nimmt Athenas gerade vollendetes und bislang unveröffentlichtes Manuskript an sich und bringt es unter ihrem Künstlernamen Juniper Song auf den Markt. Juniper wird für das Buch gefeiert und genießt allen Ruhm, bis erste Zweifel an der Autorenschaft auftauchen…

„Yellowface“ ist das erste Buch, das ich von Rebecca F. Kuang gelesen habe. Ihren Schreibstil mochte ich auf Anhieb. Die Sätze lassen sich angenehm lesen und die Handlung ist spannungsvoll aufgebaut.
Die Geschichte gewährt einen tiefen Einblick in die Literaturbranche. Thematisiert wird alles von der Zusammenarbeit zwischen Autoren und ihren Agenten über die Korrekturen mit den Lektoren, umfangreiche Werbekampagnen bis hin zu Vorschüssen und Tantiemen.
Die Charaktere sind mitunter facettenreich ausgearbeitet. Vor allem zur Protagonistin hatte ich dadurch beim Lesen ambivalente Gefühle: Einerseits habe ich mit ihr mitgefiebert, oft auch mit ihr gelitten. Andererseits empfand ich ihre Taten an vielen Stellen als niederträchtig, sie selbst bisweilen als narzisstisch und arrogant. Juniper selbst stellt sich zwar an einigen Stellen die Frage, ob ihr Handeln vertretbar ist, zeigt schlussendlich aber doch immer wieder eine verfälschte Selbstwahrnehmung, die mich beim Lesen förmlich kopfschüttelnd zurückließ. Genau diese Figurencharakterisierung hat für mich aber den Reiz der Geschichte ausgemacht – hier gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern auch viele Grautöne.
Während der Roman anfangs vor allem ethisch-moralische Bedenken zum Diebstahl geistigen Eigentums thematisiert, wird aus der Angelegenheit rasch eine Debatte über die Herkunft von Autoren. Die sozialen Medien spielen bei dieser Hetzjagd eine große Rolle. Darf eine weiße Frau ein Buch über asiatische Geschichte veröffentlichen? Wer darf überhaupt worüber schreiben? Und wie viele Autoren mit Migrationshintergrund „braucht“ ein Verlag, um bei seinem Publikum als weltoffen und tolerant zu gelten, mit Diversität werben zu können und dabei glaubwürdig zu wirken?
Moral, Rassismus, Missgunst und Rache gepaart mit Rebecca F. Kuangs Talent zum Schreiben sind die Zutaten für „Yellowface“. Zurecht wurde dieser vielschichtige Roman in den vergangenen Wochen so hochgelobt!