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Veröffentlicht am 19.05.2024

Ungewöhnlich

Der Rabengott
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Im Königreich Iraden sorgt eine mächtige Gottheit für die Belange der Einwohner. In Gestalt eines Raben lebt er in einem Turm in der Hafenstadt Vastai und der mit ihm verbundene Statthalter regiert in ...

Im Königreich Iraden sorgt eine mächtige Gottheit für die Belange der Einwohner. In Gestalt eines Raben lebt er in einem Turm in der Hafenstadt Vastai und der mit ihm verbundene Statthalter regiert in seinem Sinne. Eine Bedingung dieses Bundes ist es, stirbt der Vogel, muss auch der Statthalter sterben, als Opfer und Stärkung für seinen Gott und mit der Geburt eines neuen Vogels beginnt die Amtszeit des neuen vorbestimmten Statthalter.

Wir begegnen Mawat, einen impulsiven jungen Heerführer, der der Erbe des derzeitigen Statthalters ist. Schon seit seiner Kindheit wurde er auf dieses Amt vorbereitet und nachdem ihn die Nachricht vom Tod des Raben an der Grenze erreicht, macht er sich auf in die Hauptstadt, um seine Pflicht zu erfüllen und den Platz seines Vaters auf der Bank einzunehmen. Begleitet wird er hierbei von Eolo seinem Freund und Kampfgefährten.

Die Geschichte verläuft in zwei Handlungssträngen. Neben den aktuellen Geschehnissen in Vastai wird der Leser auch weit in den Norden der fiktiven Welt des Buches geführt und lernt hier eine uralte Gottheit kennen, die in einem Stein zu Hause ist. Diese Gottheit lässt den Leser teilhaben an der Entstehung der Welt, erzählt vom Auftauchen der Menschen und wie er Gefallen gefunden hat an ihrer Gesellschaft, wie eine Kommunikation entsteht und er beginnt gegen kleine Opfergaben Wünsche zu erfüllen.

Der Leser erlebt die Ereignisse in der Stadt aus der Sicht Eolos, wobei Eolo nicht der Erzähler ist, sondern vom eigentlichen Erzähler nur beobachtet wird. Die Autorin bedient sich hier einer recht ungewöhnlichen Erzählform, die mich anfangs auch ziemlich irritiert hat, weil nicht direkt klar war, dass da noch eine weitere Person involviert ist. Ich hab mich nur gewundert, warum Eolo von sich selbst in der zweiten Person spricht und erst im weiteren Verlauf der Geschichte wurden die Zusammenhänge deutlich. Keine Ahnung, ob das allen Lesern so geht, oder ob ich da irgendwie auf dem Schlauch gestanden habe, denn natürlich wird im Verlauf der Geschichte klar, wer dieser Erzähler ist.

An und für sich ist der Grundgedanke des Buches recht spannend, die Geschichte rund um Eolo und Mawat hat mir gut gefallen, hier wird dem Leser Action geboten, das Buch folgt hier einem Muster, das man aus anderen High Fantasy Romanen kennt. Bei den Erzählungen der Gottheit im Stein wird es dann etwas schwierig, den diese sind oft langatmig, weitschweifig und philosophisch, sollen so die Wesenheit des Gottes unterstreichen. Leider war mir das dann aber manchmal einfach zu viel und da konnten auch die teils sehr tiefgründigen Dialoge mit einer anderen Gottheit nicht helfen. Wie die beiden Erzählstränge aber letztlich zusammengeführt werden ist gut gemacht. Hier hat die Autorin einen Twist eingebaut, den ich so nicht erwartet habe. Die ungewöhnliche Erzählweise ist mal was anderes, hat mir den Einstieg ins Buch aber etwas erschwert.

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Veröffentlicht am 09.05.2024

Geheimnisse der See

Die Stimme der Kraken
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Con Dao ist eine beschauliche kleine Insel, die versucht vom Tourismus zu leben. In den geschützten Gewässern drum herum kann man gut tauchen und die Meeresbewohner beobachten. Das fragile Ökosystem wird ...

Con Dao ist eine beschauliche kleine Insel, die versucht vom Tourismus zu leben. In den geschützten Gewässern drum herum kann man gut tauchen und die Meeresbewohner beobachten. Das fragile Ökosystem wird allerdings bedroht durch den Diebstahl und den Verkauf von Schildkröteneiern, oder durch Überfischung. Riesige Fischfangtrawler schieben sich voll automatisiert auf der Suche nach den letzten Proteinreserven über die Meere und zerstören so auch die letzten Naturreservate. Rettung für Con Dao verspricht ein Technologiekonzern, der sich dem Umweltschutz verschrieben hat und die Insel aufkauft und weiträumig abriegelt. Nun leben hier nur noch eine Securitybeauftragte, ein Android und eine Wissenschaftlerin.

Als ich den Klappentext zum Buch gelesen hatte, war ich direkt angetan, hatte ich doch in letzter Zeit schon mehrere Bücher, die sich mit Kraken/Tintenfischen beschäftigen gelesen. Das diese Tiere eine immense Intelligenz besitzen ist unumstritten, aber immer noch wissen wir im Grunde nichts über diese beeindruckenden Tiere. Das Buch nimmt diese Intelligenz nun zum Thema und stellt die These auf, dass es möglich sein könnte mit den Tieren auf sprachlicher Ebene zu kommunizieren. Ein durchaus faszinierender Gedanke.

Das Buch spielt in einer nicht näher bezeichneten, hochtechnologisierten Zukunft. Die politische und wirtschaftliche Macht scheint mittlerweile von Asien auszugehen, Staaten, die wir namentlich heute kennen existieren längst nicht mehr. Arbeitsabläufe sind fast alle automatisiert und Ki gesteuert, große Teile der Weltbevölkerung leben in Armut, die Beschaffung von ausreichend Protein aus dem Meer für die Erzeugung von Nahrungsmitteln wird immer schwieriger. Die Entwicklung von KI ist soweit fortgeschritten, dass es Wissenschaftlern gelungen ist einen Androiden zu erschaffen, dem das Bewusstsein mehrerer ausgewählter Personen eingesetzt wurde, um ihn so menschenähnlich wie nur möglich zu machen, mit dem Ergebniss, dass man eigentlich keinen Unterschied mehr feststellen kann. In diesen schwierigen Zeiten kommt es nun zur Entdeckung einer hochintelligenten Krakenpopulation, die Möglichkeit mit ihnen in Kontakt treten zu können ist aber nicht unbedingt vordergründig bei ihrer Erforschung.

Die Geschichte wird über drei Handlungsstränge erzählt, unterbrochen von kurzen Zitaten aus den Büchern der beschriebenen Wissenschaftler. In der Haupgeschichte geht es um die Entdeckung und Erforschung der Kraken. Der zweite Strang ist wie eine Spionagegeschichte aufgebaut und zeigt, wie mit allen Mitteln versucht wird mehr über die Insel, die dort getätigten Arbeiten zu erfahren und das dortige Netzwerk zu infiltrieren. Im dritten Strang begleiten wir Eiko, der als Sklave auf eines der riesigen Fangschiffe verfrachtet wurde und hier nun Dienst tun muss. Lange Zeit laufen die drei Stränge ohne wirklichen Bezug nebeneinander her. Während man die Spionage- und Sabotageaktionen der gegnerischen Konzerne noch mit den Geschehnissen auf der Insel in Verbindung bringen kann,, ist bei der Geschichte rund um die Sea Wolf, das Fischfangschiff, eigentlich nicht wirklich eine Verbindung zu erkennen. Am ehesten kann man hier noch davon ausgehen, dass die Geschehnisse hier dem Leser die aktuellen Lebensumstände klar machen sollen. Natürlich kommt am Ende alles irgendwie zusammen, aber ich persönlich finde das so nicht gut gelöst, da wäre es besser gewesen die Handlung direkt mehr miteinander zu verweben. Das Ganze einen Öko-Thriller zu nennen kann ich leider auch nicht wirklich unterstützen. Klar gibt es entsprechende Elemente im Buch, aber die Rasans, das atemlose, die Spannung, die ich mit einem Thriller verbinde, kommt nur ganz ganz selten auf.

In der Tiefe geht das Buch eigentlich mehr auf die philosophische Ebene. Zum Einen natürlich bei der Thematik rund um den Umgang mit einer weiteren intelligenten Lebensform auf unserem Planeten, um den generellen Umgang mit der Natur, den Tieren, den Ressourcen. Es geht aber auch um den Umgang mit den Möglichkeiten des industriellen Fortschritts, um Fluch und Segen von künstlicher Intelligenz. Darum, wozu wir diese nutzen, wie weit wir sie in unser Leben eindringen lassen und natürlich letztlich darum, ob sie uns tatsächlich einmal überholen und ersetzen könnte.

Die Anzahl der Figuren ist recht überschaubar, eine Beziehung baut man als Leser am ehesten zu Dr. Ha Nguyen, die ihr Leben der Erforschung von Kraken verschrieben hat. Bei den Namen hat man manchmal etwas Schwierigkeiten. Bei der Figur von Evrim, dem Androiden, wird immer wieder darauf hingewiesen, wie leicht er mit einem echten Menschen zu verwechseln wäre, gleichzeitig werden aber auch Details hervorgehoben, an denen er als "Maschine" zu erkennen ist. Seine Darstellung unterscheidet sich stark von der, der durch KI gesteuerte Maschinen, wie etwa dem Fischtrawler.

Ein paar Worte möchte ich in diesem Fall auch zur Covergestaltung des Buches sagen. Ich persönlich finde sie leider sehr unglücklich gewählt, das Original ist hier um einiges besser. Natürlich war das Cover das Erste, was mich auf das Buch aufmerksam werden lies, allerdings hab ich es da erstmal als nichts für mich abgetan. Erst nachdem ich dann beim zweiten Blick auch den Klappentext gelesen hatte, bin ich neugierig geworden. Im Buchladen hätte ich das Buch wahrscheinlich gar nicht erst in die Hand genommen. Das Cover ist im Grunde nicht schlecht gemacht, generell ist das Buch auch durch seinen Farbschnitt ein Hingucker, allerdings steht das Cover im totalen Kontrast zum Inhalt und vermittelt für mich ein völlig falsches Bild.

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Veröffentlicht am 10.04.2024

Zukunftsvision

Der Stillstand
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Als die Welt stehengeblieben ist und die Dinge einfach aufhörten zu funktionieren, ist Drehbuchautor Journeyman gerade auf dem Bio- Bauernhof seiner Schwester Maddy zu Besuch. Wie sich herausstellt kein ...

Als die Welt stehengeblieben ist und die Dinge einfach aufhörten zu funktionieren, ist Drehbuchautor Journeyman gerade auf dem Bio- Bauernhof seiner Schwester Maddy zu Besuch. Wie sich herausstellt kein so schlechter Ort, um im Stillstand zurechtzukommen. Der Hof liegt idyllisch mit einigen Anderen auf einer Halbinsel, die Bewohner, Späthippies, Aussteiger, Eigenbrötler, sind es gewöhnt sich selbst zu versorgen. Was sie nicht gewöhnt sind ist, sich und ihre Enklave zu verteidigen, doch auch dafür gibt es Lösungen.

Autor Jonathan Letham schafft in diesem Roman eine Art Postapokalypse, mit einer kleinen Schar Überlebender, die sich recht gut in ihrem neuen Leben arrangiert haben. Was genau den Zusammenbruch, den Stillstand verursacht hat, wird nicht näher erläutert, wie es ausserhalb der kleinen Blase, in der die Gemeinschaft um Maddy lebt, aussieht wird nur angedeutet. Vieles bleibt hier der Fantasie des Lesers überlassen, man bekommt den Eindruck, dass auch die Figuren nicht wirklich an dem interessiert sind, was sich jenseits der Ortsgrenzen abspielt. Die Figuren sind alle etwas merkwürdige Charaktere, die man aus der Sicht Journeymans kennenlernt, der allerdings nicht als Ich-Erzähler fungiert. Ihre Interaktion miteinander beschränkt sich auf das Nötigste, was sich erst ändert, als Journeymans früherer Partner Todbaum auftaucht. Todbaums Figur ist hier eindeutig der Bösewicht, was besonders aus den Rückblicken deutlich wird, obwohl auch hier einiges etwas nebulös bleibt, wie die Vorkommnisse zwischen ihm und Journeymans Schwester Maddy.

Anhand des Klappentextes hatte ich mit einer Story im Stil von "Postman", oder "Waterworld" gerechnet, vielleicht sowas roadmovieartiges wie "Die Strasse", gern auch ein bisschen Komik wie in "Zombieland", aber irgendwie ist diese Geschichte nichts davon und doch von allem ein bisschen. Es ist schwer zu greifen, eben wie auch Todbaum, seine Intention, seine Geschichten schwer zu greifen sind. In Grundzügen ist die Story sehr spannend, gibt mir als Leser aber irgendwie nicht genug "Futter", um dranzubleiben. Das Potential wäre da, das atomgetriebene Ungetüm, mit dem Todbaum ankommt, die Hass zwischen ihm und Maddy, die Gruppe der Beschützer/Bewacher, immer wird etwas angedeutet, aber nicht konsequent zu Ende gebracht. Es hängt letztlich zu viel in der Luft, als würde man von mir als Leser erwarten, die Geschichte selber weiter zu spinnen (was im Übrigen gar kein so abwegiger Gedanke ist, schreibt Todbaum doch schon seit Ewigkeiten an einem Apokalypse-Drehbuch, das er wieder und wieder und wieder überarbeitet und ändert).

Stellenweise wurde ich richtig gut unterhalten, stellenweise fand ich die Story weitschweifend und langatmig, ganz abgesehen davon, dass keine der Figuren irgendwelche Sympathien bei mir wecken konnte. Ich habe wegen der Sternevergabe mit mir gehadert und lange zwischen 2 und 3 geschwankt, wobei zwei schon fast Totalausfall bedeutet hätte, allerdings wollte ich das Buch zu keinem Zeitpunkt abbrechen, es hat sich sogar ganz flott und flüssig lesen lassen. Wenn ich könnte würde ich wohl am ehesten 2,5 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 25.02.2024

Ermittlungen auf eigene Faust

Skalpjagd
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Ted Garner, Profiler bei der Royal Canadian Police, hadert mit seiner Arbeit und beschließt aus dem Polizeidienst auszuscheiden. Auf einem Therapeutenkongress lernt er die attraktive Dozentin Dr. Hofstätter ...

Ted Garner, Profiler bei der Royal Canadian Police, hadert mit seiner Arbeit und beschließt aus dem Polizeidienst auszuscheiden. Auf einem Therapeutenkongress lernt er die attraktive Dozentin Dr. Hofstätter kennen und lässt sich von ihr zu einer spirituellen Zeremonie mit einem indigenen Medizinmann überreden, bei der auch halluzinogene Drogen eine Rolle spielen. Nach einem ziemlichen Horrortripp erwacht Garner am nächsten Morgen allein im Zelt, in der Hand ein blutiges Messer, neben ihm die brutal verstümmelte Leiche von Dr. Hofstätter.

Als Polizeibeamter würde man im Normalfall natürlich direkt die Kollegen informieren, Ted Garner, für seine Alleingänge bekannt, will allerdings selbst herausfinden was passiert ist.

An sich sind spezielle Ermittlerfiguren, die auch gern mal unkonventionelle Wege gehen, genau mein Ding, mit der Figur Ted Garner bin ich aber irgendwie nicht warm geworden. Sein Handeln war manchmal so gegen jede Regel und hatte dabei nicht unbedingt was von einsamer Wolf, als eher von störrischem Esel. Ganz anders dagegen die offiziellen Ermittler im Mordfall Hofstätter, Frank Lombardi und Nora Jackson. Dieses Ungleiche Paar war mir direkt sympatisch, auch, oder gerade weil die Interaktion der Beiden und ihre Dialoge schon sehr speziell sind. Bei manchen Wortwechseln hab ich mich kurz gefragt, ob man das so eigentlich noch sagen darf.

Der Einstieg ins Buch ist mir sehr leicht gefallen, die Story war direkt meins, es passierte recht schnell etwas, generell hatte ich das Gefühl, dass die Story ein gutes Tempo vorlegt. Durch die Wechsel zwischen den verschiedenen Erzählperspektiven konnte man die Geschichte immer aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Fast in der Mitte des Buches musste ich eine Pause einlegen und danach hab ich dann irgendwie den Flow nicht wiedergefunden. Die Erzählstränge um Lombardi und Jackson fand ich weiter gut, auch weil hier bei Lombardi etwas tiefer aufs Privatleben eingegangen wurde, bei Garner hab ich mich mehr und mehr gefragt, was der Mann da eigentlich treibt und warum er sich so offensichtlich in Gefahr begibt.

Das Buch ist das Dritte in der Reihe um Ted Garner und ich glaube, dass mir die Hintergrundinformationen aus den vorangegangenen Büchern einfach fehlen. Ich kann die Figur und ihr Handeln nicht richtig einschätzen. Ich steige ja oft mittendrin in eine Buchreihe ein, meist ist das kein Problem, hier denk ich aber fällt es mir auf die Füße. Abgesehen davon bietet das Buch einen authentischen, aber auch kritischen Blick auf die Lebensumstände der indigenen Bevölkerung Kanadas, ebenso wie auf die Drogenproblematik in Großstädten. Von der Lösung des Falles hatte ich etwas anderes erwartet, das war mir dann fast ein bisschen zu banal.

Trotz aller Kritik ein solider, spannender Krimi mit speziellen Figuren. Sollte Ted Garner mir durch Zufall in der Buchhandlung noch einmal über den Weg laufen, werde ich ihm wohl noch eine Chance geben.

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Veröffentlicht am 31.01.2024

Hart und Brutal

Letzter Aufruf für die Lebenden
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Charlie ist Student und arbeitet nebenher am Schalter einer Bank in der tiefsten Provinz. Eigentlich verspricht die nächste Schicht ziemlich eintönig zu werden, allerdings hat Ex-Häftling Hicklin andere ...

Charlie ist Student und arbeitet nebenher am Schalter einer Bank in der tiefsten Provinz. Eigentlich verspricht die nächste Schicht ziemlich eintönig zu werden, allerdings hat Ex-Häftling Hicklin andere Pläne.

Nachdem das Buch eher beschaulich anfängt, der Leser lernt den wartenden Hicklin in seinem Auto kennen und erlebt wie Charlie schwerfällig in den Tag startet, wird es recht schnell recht heftig und es gibt den ersten Toten. Danach ist eigentlich alles nur noch eine wirre Hatz, unterbrochen von kurzen momenten zum Lufholen, die aber auch nicht weniger wirr sind.

Der Autor Peter Farris liefert hier einen Kriminalroman mit Extremen. Ex-Knackie Hicklin ist in seinem Handeln und in seiner Sprache ebenso zimperlich, wie seine ehemaligen Kumpanen, die ihm bald auf den Fersen sind. Hier müsste das Buch fast sowas wie einen Warnhinweis bekommen, ähnlich wie bei Serien im Streamingdienst, enthält Gewalt, Schimpfwörter, Sex usw. Gerade bei den sprachlichen Auslassungen der Figuren muss der Leser manchmal schlucken, da ist von Homophobie, über Rassismus, Misogynie und Antsemitismus alles dabei. Bei der Zugehörigkeit einzelner Figuren zur Aryan Brotherhood und der damit verbundenen Gefängnisvergangenheit natürlich kein Wunder. Gewalt gegen Frauen wird ebenso thematisiert, wie sexueller Missbrauch, erzwungene Prostitution, exzessiver Drogen/Alkoholkonsum, oder religiöser Wahn. Die Gewalt im Buch ist jetzt vielleicht nicht unbedingt härter als in anderen Krimis, oder Thrillern, könnte aber manchen Leser verschrecken.

Die Figuren im Buch sind alle irgendwie kaputt, beschädigt. Im Verlauf der Story ist man in Rückblicken Zeuge, wie es zu diesen Entwicklungen gekommen ist. Man begleitet Hicklin bei seinen Bemühungen schnell viel Geld zu verdienen, oder durchlebt das Trauma des ermittelnden Beamten, das ihn verfolgt und letztlich Ehe und Familie zerstört. Hauptfigur Charlie erlebt im Lauf der Geschichte eine unglaubliche Entwicklung, er wächst dem Leser ans Herz, aber eher in einer Art Hassliebe. Seine Figur ist schwer zu beschreiben, er macht anfangs einen naiven, phlegmatischen Eindruck, desinteressiert an allem, was nichts mit seiner Leidenschaft für Raketen zu tun hat, er weckt Beschützerinstinkte, ist aber auch einfach total nervig, sein Umgang mit der gesamten Situation ist nicht immer für den Leser nachvollziehbar, erklärt aber ziemlich gut sein Wesen.

Neben der eigentlichen Krimihandlung gibt das Buch interessante Einblicke in die Gefängnisstrukturen. Man möchte ja gern glauben, dass das im modernen Strafvollzug anders ist, aber leider existieren hier die gleichen kriminellen Verbindungen wie ausserhalb der Mauern, von Drogen bis hin zum Auftragsmord, drinnen wie draußen, ist alles zu bekommen, Mitglied einer bestimmten Gruppierung wird man auf Lebenszeit, Austritt nicht möglich.

Im Bezug auf Krimis und Thriller bin ich einiges gewöhnt, trotzdem musste ich hier das ein, oder andere Mal schlucken. Die Geschichte ist harter Tobak, stellenweise nur schwer zu ertragen. Die Richtung, in die sie sich entwickelt ist dem Leser früher klar als den Figuren, da reicht eine flapsige Bemerkung von Hicklin. Das Finale ist brutal, aber absolut logisch, während die Geschichte für eine der Personen gar nicht anders hätte enden können, hadere ich bei einer Anderen mit der Entwicklung.

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