Worum geht es?
Von heute auf morgen wird Flerya der Boden unter den Füßen weggerissen: Der Vater, bei dem sie sich stets geborgen und wohlbehütet fühlte, stellt sich als ihr Entführer heraus, der sie nur als Mittel zum Zweck wie seine eigene Tochter aufzog. Sie ist nämlich die Trägerin Kemanties, die die einzige ist, die die Ghulkönigin Aine aus ihrem Gefängnis auf der Verbrecherinsel Mongana befreien kann, und für Yadiran, den obersten Feldherr der Ghulkönigin, damit von unschätzbarem Wert. Fleryas wahrer Vater, Drachenkönig Gardorath, ahnt nichts davon, dass seine totgeglaubte Tochter noch lebt und fristet ein einsames, trauriges Dasein, während sich Flerya damit auseinandersetzen muss, dass sich alles, was sie für wahr hielt, als Lüge herausgestellt hat. Yadiran lehrte sie, die Drachen zu hassen und sich vor ihnen zu fürchten – das Wesen, das auch in ihr wohnt und mit ihrem sechzehnten Geburtstag entfesselt wird. Während sie vor Yadiran davonläuft, muss sie gleichzeitig herausfinden, wie sie das ihr verhasste Wesen in sich akzeptieren kann, vor dem sie nicht davonlaufen kann. Als überraschende Unterstützung stellen sich dabei Liam, der Heerführer des Drachenkönigs, seine Freunde Navarion und Dagal und deren Geisttiere heraus, die ihr Wissen über die Welt gehörig auf den Kopf stellen…
Meine Meinung
Cover und Klappentext hatten mich auf Anhieb angesprochen: Drachen, Ghule, eine böse Königin, die befreit werden möchte, und eine verlorene Drachenprinzessin. Klingt doch spannend, oder? War es auch!
Mit Flerya bekommt man eine toughe Protagonistin vorgesetzt, die sich verbal und körperlich verteidigen kann und nicht immer beschützt werden muss, obwohl alle männlichen Personen um sie herum das noch nicht so ganz gerafft haben. Liam beschreibt sie als tough und aufmüpfig, unterstrichen von ihrem feuerroten Haar, gleichzeitig aber auch als verletzlich, weshalb die jungen Männer in diesem Buch wohl durchgehend den Wunsch verspüren, die schöne Prinzessin zu beschützen.
Bei Liam ist dieser Wunsch ganz besonders ausgeprägt, denn als Heerführer des Königs sieht er es als seine Aufgabe an, die verlorene Prinzessin heil zu ihrem Vater zurückzubringen. Ihn treibt jedoch mehr als nur Pflicht- und Ehrgefühl an, er möchte dem König auch weiteres Leid ersparen und ihn endlich mit seiner Tochter vereinen, da er selbst seinen Vater im Kindesalter verlor. Als jüngster Heerführer, der je gelebt hat, wird er von der Bevölkerung und auch auf Seiten der Ghule ständig in Zweifel gezogen, beweist im Laufe des Buches jedoch, mit vielen Tricks gegen Ende hin, dass er sich den Titel redlich verdient hat. Er war ein sehr interessanter Charakter, der vor allem zu Anfang sehr ruppig und verbissen wirkte, mit der Zeit jedoch immer mehr auftaute und eine total gegensätzliche Seite an sich zur Schau stellte, die mich sehr überrascht hat. Ich kenne nicht viele männliche Protagonisten, die so oft rot werden wie Liam. Diese verlegene, unsichere Seite, die im direkten Gegensatz zu seinem Auftreten als Anführer stand, machte ihn unglaublich liebenswert.
Insgesamt waren die Charaktere in diesem Buch bunt gemischt. Es gab nur wenige, die ich nicht mochte: Selbst Yadiran war eine Figur, gegenüber der ich zwiespältige Gefühle hatte. Er verfolgt seine Ziele zwar mit Starrsinn und völlig gnadenlos, aber auch er ist nicht frei von Zweifeln und hadert mit den Vatergefühlen, die sich im Laufe der Jahre sehr zu seinem Missfallen doch in ihm geregt haben. Eine süße Ergänzung waren die Geisttiere von Liam, Navarion und Dagal, die mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben.
In dieser Geschichte gibt es so viel Potential, das in diesem ersten Band noch nicht annähernd ausgeschöpft wurde. Die Autorin bindet unglaublich viele neue Ideen ein, die die Geschichte dynamisch, spannend und interessant gestalten und Lust auf mehr machen. Mit „Drachenschlaf“ ist die Geschichte keinesfalls fertig erzählt, jetzt geht es erst richtig los.
Dennoch ist die Geschichte nicht frei von Kritikpunkten meinerseits, weshalb es auch nicht bis zur vollen Punktzahl gereicht hat. Diese beziehen sich vor allem auf die Entwicklung. Und zwar nicht auf die Entwicklung an sich, sondern auf ihre Schnelligkeit. Liams Zuneigung Flerya gegenüber entwickelte sich für meinen Geschmack zu schnell und deshalb nicht ganz nachvollziehbar. Auch in Bezug auf andere Aspekte hatte ich manchmal das Gefühl, dass es hier noch ein paar mehr Seiten gebraucht hätte, um die Authentizität aufrechtzuerhalten. Das ist aber Geschmackssache und hat meinen Spaß beim Lesen nicht geschmälert. Besonders authentisch war allerdings Fleryas innerer Kampf mit sich selbst und dem Wissen um ihre lügenbasierte Vergangenheit, der nicht innerhalb weniger Seiten vom Tisch, sondern ihr ständiger Begleiter war. Die Autorin hat ihre Gefühle sehr glaubwürdig beschrieben, sodass man sich als Leser gut in sie hineinversetzen und mit ihr mitfühlen konnte.
Abschließend finde ich noch erwähnenswert, dass die Autorin einen fantastischen, bildhaften Schreibstil hat. Normalerweise mag ich ausschweifende Beschreibungen der Umgebung nicht sonderlich, hier jedoch driftete meine Aufmerksamkeit zu keinem Zeitpunkt weg, da die Autorin eine Welt gezeichnet hat, die durchgehend interessant klang. Sie malt uns mit ihren Worten wirklich schöne Orte, an die man sich gerne hindenkt. Bereichernd war zudem der ständige Sichtwechsel zwischen Flerya, Liam, den Ghulen (vor allem Yadiran) und dem allwissenden Erzähler, der jeweils durch die Bildchen am Anfang sichtbar gemacht wurde. Darauf musste ich aber auch erstmal aufmerksam gemacht werden, um das zu bemerken: Flerya = Drache, Liam = Seehund, Ghule = Ghule (:D) und allwissender Erzähler = Schloss.
Fazit
Mit Flerya – Drachenschlaf habe ich wieder eine neue Fantasy-Reihe gefunden, die ich interessiert weiterverfolgen werde. Hier wurden so viele Ideen eingebracht, dass es vor allem gegen Ende hin so spannend wurde, dass man einfach weiterlesen musste. Ich bin gespannt auf die Fortsetzungen und vergebe 4 Sterne.